European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E124345
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Beim Betroffenen besteht eine psychische Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis.
Das Arbeits- und Sozialgericht Wien regte am 3. 4. 2018 die Prüfung der Notwendigkeit einer Sachwalterbestellung für den Betroffenen an. Begründet wurde die Anregung mit einer vom Betroffenen eingebrachten Klage über 431.208,23 EUR sowie dessen einer Rechtsbelehrung unzugänglichem und prononciertem Verhalten (ON 407).
Das Erstgericht bestellte mit Beschluss vom 6. 8. 2018 den nunmehrigen Revisionsrekurswerber zum Erwachsenenvertreter und betraute ihn „mit der Besorgung folgender Angelegenheiten gemäß § 272 Abs 1 ABGB [...]: Vertretung vor Gerichten, Behörden, Dienststellen und Sozialversicherungsträgern“. Genaueres zu diesen Angelegenheiten war weder dem Spruch noch der Begründung der Entscheidung zu entnehmen (ON 431). Der nunmehrige Revisionsrekurswerber war bereits zuvor mit Beschluss vom vom 4. 5. 2018 zum einstweiligen Sachwalter mit einem mit dem späteren Bestellungsbeschluss identen Wirkungskreis bestellt worden (ON 414).
Der gerichtliche Erwachsenenvertreter ließ – wie auch der Betroffene – den Bestellungsbeschluss vom 6. 8. 2018 unbekämpft, beantragte aber – am letzten Tag der Rechtsmittelfrist – seine „Enthebung“. Anlassfall für seine Bestellung sei die Klage des Betroffenen gegen L* Z* auf Zahlung von 431.208,23 EUR gewesen. Ungeachtet dessen habe es eine weitere Klage des Betroffenen gegen die Pensionsversicherungsanstalt beim Arbeits- und Sozialgericht Wien gegeben. Mit Schreiben vom 6. 8. 2018 habe der Betroffene die beiden beim Arbeits- und Sozialgericht Wien anhängigen und dem Erwachsenenvertreter bekannten Verfahren eigenständig zurückgezogen, was von diesem genehmigt worden sei. Sonstige anhängige Verfahren, bei denen absoluter Anwaltszwang bestehe, seien dem Erwachsenenvertreter nicht bekannt, sodass dessen weiteres Einschreiten nicht notwendig sei (ON 435).
Das Erstgericht wies den Enthebungsantrag mit der (einzigen) Begründung ab, aus der Aktenlage ergebe sich, dass jederzeit damit zu rechnen sei, dass der Vertretene neuerliche Verfahren einleite (ON 436).
Das Rekursgericht gab mit der angefochtenen Entscheidung dem Rekurs des Erwachsenenvertreters nicht Folge. Diesem sei zwar beizupflichten, dass nach § 272 ABGB nach Erledigung der übertragenen Angelegenheit die gerichtliche Erwachsenenvertretung einzuschränken oder zu beenden sei. Weder der angefochtenen Entscheidung noch dem Bestellungsbeschluss vom 6. 8. 2018 lasse sich entnehmen, aufgrund welcher damals konkret zu erledigenden Angelegenheiten der gerichtliche Erwachsenenvertreter bestellt worden sei, weshalb die angefochtene Entscheidung insoweit an einem Begründungsmangel leide. Auch erweise sich eine rein „vorsorgliche“ Aufrechterhaltung der bestehenden gerichtlichen Erwachsenenvertretung ohne konkrete, gegenwärtig zu erledigende Angelegenheiten als rechtlich verfehlt. Ungeachtet dessen fänden sich aber laut Aktenlage auch gegenwärtig weiterhin noch zu besorgende Angelegenheiten. In diesem Zusammenhang traf das Rekursgericht folgende ergänzende Feststellungen:
„Am 13. 9. 2017, ON 362, regte das Bezirksgericht Gänserndorf erneut die Einleitung eines Sachwalterschaftsverfahrens an und verwies in diesem Zusammenhang auf ein anhängiges Verfahren zur Verlängerung der am 13. 9. 2016 erlassenen einstweiligen Verfügung gegen den Betroffenen, der Drohungen gegen den Bruder zu Grunde lagen.
In der Folge erließ das Landesgericht für Strafsachen Wien ein Hausverbot und ebenso die U* Bank *. Am 3. 4. 2018, ON 407, regte das ASG Wien im Zusammenhang mit der vom Betroffenen eingebrachten 'Mahnklage' über € 431.208,23 und der Unbelehrbarkeit des Betroffenen erneut die Einleitung eines Sachwalterschaftsverfahrens an. In ihrem Gutachten vom 28. 5. 2018, ON 421, diagnostizierte die Sachverständige Dr. L* (erneut) eine Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis und konstatierte die Hilfebedürftigkeit im Zusammenhang mit der Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und Sozialversicherungsträgern.
Mit Schreiben vom 3. 8. 2018, ON 434, ersuchte das Verkehrsamt um Bekanntgabe, ob für den Betroffenen ein Erwachsenenvertreter bestellt wurde. Die Erhebungen des Rekursgerichtes beim Verkehrsamt ergaben, dass sich der Betroffene regelmäßig um die Wiedererlangung der ihm bereits vor Jahren entzogenen Lenkerberechtigung bemüht und dabei ein massives und aggressives Auftreten an den Tag legt. Aus dem ADV-Register ist zudem ersichtlich, dass der Betroffene am 6. 9. 2018 zu 120 BAZ 741/18w der StA Wien Anzeige gegen unbekannte Täter wegen § 127 StGB erstattet hat. Dieses Verfahren ist weiterhin anhängig.“
Den ergänzten Sachverhalt beurteilte das Rekursgericht rechtlich dahin, dass eine Beendigung der Erwachsenenvertretung ausscheide, weil das Zustandsbild des Betroffenen weiterhin unverändert sei und die dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter übertragenen Angelegenheiten noch nicht vollständig erledigt seien.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu § 272 Abs 2 ABGB idF des 2. Erwachsenenschutz-Gesetzes (ErwSchG) zu.
Hiergegen richtet sich der aus den Rechtsmittelgründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revisionsrekurs des gerichtlichen Erwachsenenvertreters mit einem auf „Aufhebung“ der gegenständlichen Erwachsenenvertretung gerichteten Abänderungsantrag.
Der Betroffene erstattete keine Rechtsmittelbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt.
1. Voranzuschicken ist, dass auf den vorliegenden Fall sowohl in materiell-rechtlicher als auch verfahrensrechtlicher Sicht die Rechtslage nach dem grundsätzlich am 1. 7. 2018 in Kraft getretenen 2. ErwSchG (BGBl I 2017/59) Anwendung findet. Wie noch zu zeigen sein wird, liegt ein Antrag eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters nach § 128 Abs 2 Satz 1 AußStrG iVm §§ 246 Abs 3 Z 3 Fall 1, 272 Abs 2 ABGB (jeweils idF des 2. ErwSchG) auf Beendigung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung vor. § 272 idF des 2. ErwSchG ist gemäß § 1503 Abs 9 Z 4 ABGB auf Sachverhalte anzuwenden, die sich nach dem 30. 6. 2018 ereignen oder über diesen Zeitpunkt hinaus andauern. Über die Beendigung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung ist – wie aus § 128 Abs 1 AußStrG ersichtlich – ein eigenes Verfahren zu führen. Gemäß § 207m Abs 1 AußStrG sind die Bestimmungen des AußStrG über das Erwachsenenschutzverfahren (§§ 116a bis 131) idF des 2. ErwSchG auf Verfahren anzuwenden, die nach dem 30. 6. 2018 anhängig sind oder anhängig werden. Das Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz für den Bereich des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (ErwSchAG-Justiz), BGBl I 2018/58, brachte keine hier relevanten Änderungen.
2. Voranzuschicken ist weiters, dass der Bestellungsbeschluss vom 6. 8. 2018 unbekämpft in Rechtskraft erwuchs. Ob dieser Beschluss der Vorschrift des § 272 Abs 1 ABGB idF des 2. ErwSchG entspricht, wonach ein Erwachsenenvertreter nur für einzelne oder Arten von gegenwärtig zu besorgenden und bestimmt zu bezeichnenden Angelegenheiten bestellt werden darf, ist daher hier nicht zu prüfen.
3.1. Die gerichtliche Erwachsenenvertretung ist gemäß § 246 Abs 3 Z 3 ABGB idF 2. ErwSchG zu beenden, wenn die übertragene Angelegenheit erledigt ist (Fall 1) oder die Voraussetzungen für die Bestellung nach § 271 ABGB weggefallen sind (Fall 2). Betrifft dies nur einen Teil der Angelegenheiten, so ist der Wirkungsbereich gemäß dem 2. Halbsatz von § 246 Abs 3 Z 3 Satz 1 ABGB insoweit einzuschränken.
Dass die Voraussetzungen des § 271 ABGB nicht (weiterhin) erfüllt wären und deshalb die gerichtliche Erwachsenenvertretung nach § 246 Abs 3 Z 3 Fall 2 ABGB zu beenden wäre, behauptet der Revisionsrekurswerber (zu Recht) nicht. Entscheidungsrelevant ist damit allein die Frage einer Beendigung bzw Einschränkung der Erwachsenenvertretung nach § 246 Abs 3 Z 3 Fall 1 ABGB. Diese Bestimmung steht in Verbindung mit § 272 Abs 2 Satz 1 ABGB, wonach die gerichtliche Erwachsenenvertretung nach Erledigung der übertragenen Angelegenheit einzuschränken oder zu beenden ist. Sinn dessen ist, „die– vom Willen der vertretenen Person – unabhängige Stellvertretung nur solange und so weitgehend wie unbedingt nötig aufrecht zu erhalten“ (ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 26, 43).
3.2. Ob eine Angelegenheit, für die der gerichtliche Erwachsenenvertreter bestellt wurde, „erledigt“ und damit die Erwachsenenvertretung zu beenden oder zumindest einzuschränken ist, hängt sehr von der Art der zu besorgenden Angelegenheit ab. So ist bei der Betrauung des Erwachsenenvertreters mit dem Verkauf des Hauses und der Übersiedelung in eine Pflegeeinrichtung die Angelegenheit erfüllt, wenn der Verkauf grundbücherlich durchgeführt ist und der Betroffene auf Basis eines wirksamen Heimvertrags in der Pflegeeinrichtung wohnt. Bestimmte andere Angelegenheiten werden hingegen ihrer Art nach kaum jemals als „erledigt“ angesehen werden können, man denke etwa an den Wirkungsbereich der Zustimmung zu medizinischen Behandlungen bei einer älteren und kränklichen Person, die immer wieder medizinische Hilfe in Anspruch nehmen muss (so zutr Weitzenböck in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 246 Rz 15). Für die Frage, ob die Angelegenheit, für die der gerichtliche Erwachsenenvertreter bestellt wurde, „erledigt“ ist, ist im Übrigen – im Sinne der herrschenden Auffassung zur Vorläuferbestimmung des § 278 Abs 2 aF („Der Sachwalter [Kurator] ist auf Antrag oder von Amts wegen zu entheben, wenn die Voraussetzungen für seine Bestellung nach den §§ 268 bis 272 wegfallen; fallen diese Voraussetzungen nur für einen Teil der dem Sachwalter [Kurator] übertragenen Angelegenheiten weg, so ist sein Wirkungskreis einzuschränken. [...]“) – nicht allein auf die aktuelle Situation (in der allenfalls kein Vertretungsbedürfnis vorliegt) abzustellen. Es ist vielmehr – zur Vermeidung eines „Einschränkungs- und Ausdehnungs-Ping-Pongs“ – einzuschätzen, ob und welche Angelegenheiten in absehbarer Zeit anfallen werden (s Stabentheiner in Rummel/Lukas, ABGB4 § 278 Rz 2 mzwN sowie Weitzenböck aaO).
Eine „Erledigung“ der übertragenen Angelegenheit liegt demnach vor, wenn vom Erwachsenenvertreter nichts mehr zu tun ist und auch in absehbarer Zeit nichts mehr zu tun sein wird, sodass kein Bedarf mehr an einer Vertretung des Betroffenen durch den Erwachsenenvertreter besteht. Für die Beendigung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung nach § 272 Abs 2 (iVm § 246 Abs 3 Z 3 Fall 1) ABGB ist daher erforderlich, dass die übertragenen Angelegenheiten zur Gänze erledigt wurden (Fritz in Schneider/Verweijen, AußStrG § 128 Rz 11). Nur eine solche Situation rechtfertigt die „Beendigung“ der Erwachsenenvertretung im Sinne ihrer völligen ersatzlosen Beseitigung (vgl Schauer in Deixler-Hübner/Schauer, Erwachsenenschutzrecht Handbuch Rz 4.127).
3.3. Der gerichtliche Erwachsenenvertreter hat nach § 272 Abs 2 Satz 2 ABGB nach Erledigung der übertragenen Angelegenheit auf eine Einschränkung bzw Beendigung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung, „unverzüglich bei Gericht hinzuwirken“. Das Gericht hat die in § 128 Abs 1 AußStrG genannten Verfahren, hierunter jenes auf Einschränkung bzw Beendigung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung, „auch auf Antrag des gerichtlichen Erwachsenenvertreters einzuleiten“.
4.1. Mit seinem Antrag auf „Enthebung“ intendierte der nunmehrige Revisionsrekurswerber – wie aus der Antragsbegründung, alle Angelegenheiten seien erledigt, ersichtlich – eine Beendigung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung iSd §§ 246 Abs 3 Z 3 Fall 1, 272 Abs 2 ABGB iVm § 128 AußStrG. Dies leuchtet auch aus dem Revisionsrekurs hervor, dessen Rechtsmittelantrag darauf lautet, dass „dem Antrag des Erwachsenenvertreters auf Aufhebung der gegenständlichen Erwachsenenvertretung stattgegeben werde“.
4.2. Der Antrag wurde am letzten Tag der Rechtsmittelfrist gegen den Bestellungsbeschluss vom 6. 8. 2018 gestellt. Zwar kommt eine Beendigung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung erst nach rechtskräftiger Bestellung des Erwachsenenvertreters in Betracht, zumal es sich zuvor um eine Einstellung des Verfahrens nach § 122 AußStrG handeln würde (Fritz in Schneider/Verweijen, AußStrG § 128 Rz 9; s auch RIS‑Justiz RS0130296). Es schadet aber nicht, wenn der Antrag auf Beendigung bereits vor Eintritt der Rechtskraft des Bestellungsbeschlusses gestellt wurde.
5. Mit den geltend gemachten Rechtsmittelgründen der Nichtigkeit und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens wird im Revisionsrekurs beanstandet, die Berücksichtigung der vom Rekursgericht ergänzend angeführten Verfahren verstieße gegen das Neuerungsverbot, das auch nicht von Amts wegen umgangen werden dürfe.
5.1. Das Verfahren über die Beendigung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung unterliegt gemäß § 16 Abs 1 AußStrG dem Untersuchungsgrundsatz (vgl auch Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 16 Rz 21). Es wäre daher am Erstgericht gelegen gewesen, zu untersuchen, ob es iSd § 272 Abs 2 ABGB aktuell Verfahren des Betroffenen vor „Gerichten, Behörden, Dienststellen und Sozialversicherungsträgern“ gibt, oder ob solche zumindest in absehbarer Zeit zu erwarten sind, oder ob dies derzeit nicht der Fall ist. Solche Feststellungen fehlten im Beschluss des Erstgerichts vom 29. 8. 2018, der damit an einem sekundären Feststellungsmangel litt.
5.2. Nach § 55 Abs 1 AußStrG 2005 ist das Rekursgericht grundsätzlich angehalten in der Sache selbst zu entscheiden. Grundvoraussetzung einer Rückverweisung der Sache an das Gericht erster Instanz ist gemäß § 57 AußStrG, dass dadurch der Verfahrensaufwand und die den Parteien erwachsenden Kosten voraussichtlich erheblich verringert würden (RIS‑Justiz RS0120319; G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 57 Rz 8; Klicka in Rechberger, AußStrG2 § 57 Rz 1). Ist dies nicht der Fall, ist eine Verfahrensergänzung durch das Rekursgericht selbst vor allem dann geboten, wenn das Erstgericht Feststellungen, Erörterungen und Beweisaufnahmen zu punktuellen Fragen des Sachverhalts unterließ, die in keinem untrennbaren Sachzusammenhang mit den übrigen relevanten Urteilsannahmen stehen (RIS‑Justiz RS0107620; zum außerstreitigen Verfahren: 7 Ob 221/05h; G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 55 Rz 3; Motal/Krist in Schneider/Verweijen, AußStrG § 55 Rz 1). Das – an die Parteien gerichtete – Neuerungsverbot des § 49 Abs 2 AußStrG steht einer Verfahrensergänzung durch das Rekursgericht nicht entgegen, ebenso wenig der Umstand, dass die Beweiswürdigung zu vom Rekursgericht getroffenen ergänzenden Feststellungen in einem Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof, weil dieser keine Tatsacheninstanz ist, grundsätzlich nicht überprüft werden kann (vgl G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 55 Rz 28).
Mangels jeglicher Feststellungen im Beschluss des Erstgerichts zu zu erledigenden Verfahren vor „Gerichten, Behörden, Dienststellen und Sozialversicherungsträgern“ und zumal nicht ersichtlich ist, dass durch eine Aufhebung des Beschlusses und Zurückverweisung an das Erstgericht der Verfahrensaufwand und die den Parteien erwachsenden Kosten voraussichtlich erheblich verringert worden wären, entsprach es daher dem Gesetz, dass das Rekursgericht die fehlenden Feststellungen zur Vervollständigung der Entscheidungsgrundlage nachtrug. Eine Mangelhaftigkeit oder gar Nichtigkeit des rekursgerichtlichen Verfahrens kann aus der vorgenommenen Verfahrensergänzung nicht abgeleitet werden.
6. In seiner Rechtsrüge releviert der Revisionsrekurswerber, die gerichtliche Erwachsenenver-tretung sei gemäß § 272 Abs 2 ABGB zu beenden, weil die ihm bekannten Verfahren beendet seien bzw dass „[a]lle genannten Verfahren“ rechtskräftig abgeschlossen seien.
6.1. Auf die einleitenden Ausführungen zu den Voraussetzungen einer Beendigung der Erwachsenenvertretung nach § 272 Abs 2 ABGB kann verwiesen werden. Wurde – wie hier – ein Erwachsenenvertreter zur Vertretung des Betroffenen vor „Gerichten, Behörden, Dienststellen und Sozialversicherungsträgern“ bestellt, kommt es nicht darauf an, ob die dem Erwachsenenvertreter „bekannten“ Verfahren beendet sind. Vielmehr ist auf eine objektive allumfängliche Erledigung der in den Wirkungsbereich des Erwachsenenvertreters fallenden Verfahren abzustellen.
6.2. Aufgrund des vom Rekursgericht festgestellten Sachverhalts ist von einem „anhängigen Verfahren zur Verlängerung der am 13. 9. 2016 erlassenen einstweiligen Verfügung gegen den Betroffenen, der Drohungen gegen den Bruder zu Grunde lagen“, auszugehen. Zum anderen ist von einem Verfahren aufgrund einer Anzeige des Betroffenen auszugehen. Weiters ist aufgrund der Feststellungen davon auszugehen, dass beim Verkehrsamt ein Verwaltungsverfahren auf Rückerlangung der Lenkerberechtigung des Betroffenen behängt. Im Hinblick auf das vom Rekursgericht festgestellte Hausverbot des Präsidenten des Landesgerichts für Strafsachen Wien ist auch zu erwähnen, dass der Revisionsrekurswerber selbst in seinem Antrittsbericht vom 1. 8. 2018 eine von ihm namens des Betroffenen eingebrachte Beschwerde gegen den betreffenden Bescheid vom 21. 6. 2018 vorlegte und nicht ersichtlich ist, dass dieses Verwaltungsverfahren bereits beendet wurde.
Es liegen damit jedenfalls aktuelle Verfahren vor, sodass von einer gänzlichen Erledigung der dem Revisionsrekurswerber übertragenen Angelegenheiten nicht die Rede sein kann. Wurde der Erwachsenenvertreter mit der Besorgung einer Art von Angelegenheiten betraut – hier die Vertretung des Betroffenen „vor Gerichten, Behörden, Dienststellen und Sozialversicherungsträgern“ –, reicht es für eine Aufrechterhaltung der Erwachsenenvertretung, dass diese Art von Angelegenheiten als solche weiterhin den Erwachsenenvertreter erfordert (vgl Schauer in Deixler‑Hübner/Schauer, Erwachsenenschutzrecht Handbuch Rz 4.96).
Ausgehend von dem vom Rekursgericht ergänzend festgestellten Sachverhalt liegen damit die Voraussetzungen einer Verfahrensbeendigung nach § 272 Abs 2 ABGB idF des 2. ErwSchG nicht vor.
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