European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00569.850.1218.000
Spruch:
Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.
Begründung:
Die am 22. Dezember 1959 geschlossene Ehe der Streitteile wurde mit dem am 16. April 1981 rechtskräftig gewordenen Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 30. März 1981 zu 18 Cg 12/80 aus beiderseitigem gleichteiligen Verschulden geschieden. Die tatsächliche Trennung der Ehegatten erfolgte am 7. Oktober 1977. Der Ehe entstammen die am 6. März 1961 geborene Tochter Evelyne und der am 8. Oktober 1967 geborene Sohn Ferdinand.
Mit ihrem am 24. Dezember 1981 eingebrachten Antrag begehrte die Antragstellerin, ihr das lebenslängliche Fruchtgenußrecht an den dem Antragsgegner gehörigen Hälfteanteilen an den Liegenschaften EZ 118, 119 und 1654 KG ***** gegen ein monatliches Benützungsentgelt von 2.500 S grundbücherlich einzuräumen und dem Antragsgegner für die Benützung der Hälfteanteile der Antragstellerin an den Liegenschaften EZ 922 und 2440 KG ***** ein monatliches Benützungsentgelt von 23.000 S aufzuerlegen. Hinsichtlich der auf den Liegenschaften lastenden Verbindlichkeiten solle es bei der bisherigen faktischen Regelung bleiben, wonach der Antragsgegner seine Firmenverbindlichkeiten und sie die ihre bezahle. Das auf der Liegenschaft EZ 118 KG ***** sichergestellte Bauspardarlehen sollten beide Teile je zur Hälfte zurückzahlen. In der Folge erstattete die Antragstellerin weitere Aufteilungsvorschläge, insbesondere den: Sie übernehme die Liegenschaften am ***** (EZ 118, 119 und 1654 KG *****) und der Antragsgegner die in der ***** (EZ 922 und 2440 KG *****), wobei der Antragsgegner das restliche Bauspardarlehen und sämtliche auf allen Liegenschaften haftenden den Betrieb in der ***** oder ihn selbst betreffenden Verbindlichkeiten in sein persönliches Zahlungsversprechen übernehme und sie die ihren Betrieb „G*****“ und selbst betreffenden Verbindlichkeiten. Darüber hinaus solle sie noch eine Ausgleichszahlung von 750.000 S erhalten. Mit Schriftsatz vom 14. Juni 1982 (ON 21) beantragte die Antragstellerin die Einbeziehung von 5 näher bezeichneten Jagdwaffen im Wert von 150.000 S in die Aufteilung. In der Tagsatzung vom 25. Mai 1984 (ON 59) beantragte sie die Einbeziehung von Schmuck im Wert von 53.000 S in die Aufteilung.
Der Antragsgegner erstattete seinerseits andere Aufteilungsvorschläge, unter anderem den: Die Antragstellerin werde grundbücherliche Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 118 KG *****, die von ihm bis auf das Bauspardarlehen (derzeit offen mit rund 870.000 S) grundbuchmäßig entlastet werde; die Antragstellerin werde auch aus ihrer bisherigen Mithaftung bei der Steiermärkischen Bank (derzeit offen mit rund 4,600.000 S) entlassen. Die übrigen Liegenschaften erhalte der Antragsteller in sein Alleineigentum, davon die Liegenschaften EZ 119 und 1654 KG ***** lastenfrei.
Das Erstgericht ordnete die Übertragung des Hälfteeigentums des Antragsgegners an der Liegenschaft EZ 118 KG ***** auf die Antragstellerin an (Punkt 1 des Beschlusses), ferner die Übertragung des Hälfteeigentums der Antragstellerin an den Liegenschaften EZ 1654 und 119 KG ***** auf den Antragsgegner (Punkt 2 des Beschlusses). Es verpflichtete die Antragstellerin zur Schad‑ und Klagsloshaltung des Antragsgegners bis zum Betrag von 3,370.000 S für den Fall, daß er für eine von ihm allein oder gemeinsam mit der Antragsgegnerin eingegangene und auf der Liegenschaft EZ 118 KG ***** sichergestellte Verbindlichkeit in Anspruch genommen wird (Punkt 3 des Beschlusses). Es verpflichtete den Antragsgegner zur Schad‑ und Klaglosstellung der Antragstellerin bis zum Betrag von 158.580 S für den Fall, daß sie für eine von ihr allein oder gemeinsam mit dem Antragsgegner eingegangene und auf der Liegenschaft EZ 1654 KG ***** sichergestellte Verbindlichkeit in Anspruch genommen wird (Punkt 4 des Beschlusses). Es verpflichtete die Antragstellerin, Zug um Zug mit der Übertragung laut Punkt 1) dem Antragsgegner zur Sicherung seiner in Punkt 3) eingeräumten Forderung von 3,370.000 S abzüglich der ihr in Punkt 4) eingeräumten Forderung von 158.580 S, also von 3,211.420 S (unrichtig 3,221.420 S), ihre Liegenschaft EZ 118 KG ***** zu verpfänden und in die Einverleibung von Löschungsverpflichtungen zu Gunsten des Antragsgegners bei den vorrangigen Pfandrechten einzuwilligen (Punkt 5 des Beschlusses). Es ordnete an, daß die laut Punkt 3) und 4) festgesetzten wechselseitigen Forderungen bis zur endgültigen Regelung zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner betreffend die Vermögensmasse des Unternehmens „*****“ gestundet werden (Punkt 6 des Beschlusses). Es wies dem Antragsgegner die Jagdhütte in Kammern – Fadelgraben samt Inventar und den Hausrat der ehemaligen Ehewohnung in der ***** (Posten 1 bis 12 und 14 bis 27 des Gutachtens ON 19) zu (Punkt 7 des Beschlusses), ferner aus der Ehewohnung ***** an Hausrat die Posten 45, 50, 56 und 61 des Gutachtens ON 19 (Punkt 8 des Beschlusses). Es wies die Anträge auf Einbeziehung der Jagdwaffe und des Schmuckes in die Aufteilung ab (Punkt 9 des Beschlusses). Es wies den Antrag der Antragstellerin auf Festsetzung eines Benützungsentgeltes für ihre Liegenschaftshälften EZ 922 und 2440 KG ***** ab (Punkt 10 des Beschlusses) und verwies den Antragsgegner mit seinen Anträgen auf die getroffenen Entscheidungen (Punkt 11 des Beschlusses).
Das Erstgericht ging dabei im wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:
Schon vor ihrer Eheschließung wohnten die Streitteile bei den Eltern der Antragstellerin in *****. Diese betrieben in der ***** und ***** ein Gasthaus, wo die Antragstellerin bis 1964 gegen Kost und Quartier für sich und den Antragsgegner mitarbeitete. Der Antragsgegner war von 1958 bis 1962 selbständiger Handelsvertreter. Im Jahr 1962 gründete er einen auf seinen Namen lautenden Gewerbebetrieb für den Handel mit Gastronomiegeräten, den er im Jahr 1970 nach Ausweitung der Verkaufspalette in „*****“ umbenannte. Ab 1964 erfolgte ein Um‑ und Ausbau des Gebäudekomplexes in der *****, wobei auch eine Wohnung im ersten Stock des Geschäftsgebäudes etabliert wurde, in die die Streitteile mit ihrer Tochter einzogen. Sie wohnten dort bis 1975.
Die Antragstellerin erhielt von ihrer Mutter mit dem Erbvorhilfevertrag vom 24. Juli 1964 drei Parzellen (1857, 1859 Hofwohngebäude ***** und 1860 im Gesamtausmaß von 1758 m 2 aus deren Liegenschaft EZ 921 KG ***** und mit dem Schenkungs‑ und Erbverzichtsvertrag vom 26. Mai 1971 der Rest der EZ 921 KG ***** (Grundstück 1858/2 Hofgebäude *****) und die EZ 2043 KG ***** (Parzelle 1858/1 Wohn‑ und Gasthaus *****). Jeweils die Hälfte dieser ihr zugekommenen Liegenschaften schenkte sie dem Antragsgegner mit den Schenkungsverträgen vom 27. Juli 1964 und 27. Mai 1971. Dieser Liegenschaftskomplex mit zwei zwischenzeitig von den Streitteilen dazugekauften Parzellen (1856/3 und 1856/4) bildete dann die EZ 2440 KG ***** und die von den Streitteilen mit Kaufvertrag vom 20. März 1964 je zur Hälfte erworbene Parzelle 1861 im Ausmaß von 162 m 2 bildete die EZ 922 KG *****. Diese beiden Liegenschaften gehören zum Unternehmen „*****“. Laut Schätzungsgutachten des Dipl.Ing.Satzinger repräsentiert die erstgenannte Liegenschaft zum 7. Oktober 1977, dem Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft, einen Verkehrswert von 6,300.000 S.
Mit Erbvorhilfevertrag vom 19. Oktober 1964 erhielt der Antragsgegner von seinen Eltern aus der EZ 118 KG ***** die 2643 m 2 große Parzelle 511/2, die nunmehrige EZ 1654 KG *****, geschenkt; er hat seinerseits die Hälfte davon der Antragstellerin mit Schenkungsvertrag vom 30. Oktober 1964 weitergeschenkt. Diese Liegenschaft hat einen Verkehrswert von 634.320 S.
1970 erbte der Antragsgegner nach seinen Eltern die Liegenschaften EZ 118 und 119 KG *****. Mit der Hälfte dieser Liegenschaften war die Antragstellerin letztwillig bedacht. Aus finanztechnischen Überlegungen schlug sie dieses Legat aus und erhielt dann die Hälfte dieser Liegenschaften vom Antragsgegner in Form einer Schenkung. Auf der 6120 m 2 großen Liegenschaft EZ 118 KG ***** befindet sich das Wohnhaus ***** mit einem Verkehrswert von 3,993.840 S und das Gasthaus *****, mit einem Verkehrswert von 70.560 S. Der Gesamtverkehrswert dieser Liegenschaft beträgt 6,740.000 S.
Mit dem Bau des Hauses ***** begannen die Streitteile im Jahr 1972. Sie bauten mit einem Baumeister und mit privat organisierten Arbeitskräften. Die Finanzierung erfolgte mit einem Bausparkredit von 1,056,500 S und mit einem Betriebsmittelkredit von 1,859.496 S. Im Jahr 1975 zogen die Streitteile mit ihren beiden Kindern in dieses Haus. Die Wohnung in der ***** wurde vermietet und der Mietzins als betriebliche Einnahme verbucht. Das Gasthaus ***** wurde nach dem Tod der Eltern des Antragsgegners (1970) bis 31. Dezember 1981 verpachtet und der Pachtzins ebenfalls als betriebliche Einnahme verbucht.
Für die EZ 119 KG *****, die lediglich aus der Wegparzelle 522/214 im Ausmaß von 74 m 2 besteht, ist kein gesonderter Verkehrswert zu veranschlagen.
Die Antragstellerin, die den Haushalt führte und die Kinder betreute, arbeitete von 1962 bis Oktober 1977 im Unternehmen „*****“ mit. Sie versah den Telefondienst, schrieb die Fakturen und befaßte sich mit den Vertretern und mit Angelegenheiten, die mit der Betriebsführung im Zusammenhang standen, während der Antragsgegner vorwiegend im Ein‑ und Verkauf tätig war. Bis 1976 war die Antragstellerin auch über das Firmenkonto verfügungsberechtigt; bis zur tatsächlichen Trennung im Oktober 1977 hat sie auch die Mithaftung für die vom Antragsgegner aufgenommenen Kredite übernommen. Ab 1974 war die Antragstellerin als Angestellte gemeldet und erhielt ein monatliches Nettogehalt von rund 8.000 S. Ab 1965 war sie nur halbtägig im Betrieb tätig.
Im Jahr 1970 ließen die Streitteile in K***** (Fadelgraben) ein Jagdhaus (ein erdgeschoßiges Holzhaus) auf fremdem Grund errichten, das in Verbindung mit der Jagdpacht einen Verkehrswert von 56.000 S hat. Dieses Jagdhaus wurde von den Streitteilen und ihren Kindern während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft benützt.
Das Erstgericht traf umfangreiche Feststellungen über die bücherliche Belastung der Liegenschaften der Streitteile, deren Wiedergabe im einzelnen unterbleiben kann.
Ferner stellte es fest, daß der in der ehemaligen Ehewohnung in der ***** noch vorhandene Hausrat einen Schätzwert von 53.100 S hat, der in der Ehewohnung ***** einen solchen von 304.710 S und der in der Jagdhütte in Kammern einen solchen von 13.860 S, sodaß sich für alle Hausratsgegenstände ein Gesamtschätzwert von 371.670 S ergibt.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die im Hälfteeigentum der Streitteile stehenden Liegenschaften EZ 922 und EZ 2440 KG ***** wegen ihrer Zugehörigkeit zum Unternehmen „*****“ nicht der Aufteilung unterliegen. Dagegen würden der Aufteilung unterliegen 1) die ideellen Hälften der Antragstellerin an den Liegenschaften EZ 1654 und 199 KG *****, weil diese ihr vom Antragsgegner und nicht von einem Dritten geschenkt worden seien; 2) die gesamte Liegenschaft EZ 118 KG *****, weil sich darauf die Ehewohnung befinde, auf deren Weiterbenützung die Antragstellerin und der bei ihr lebende Sohn angewiesen seien; 3) das Jagdhaus, weil es die Streitteile gemeinsam geschaffen hätten und es dem Gebrauch beider Teile gedient habe und 4) der Hausrat (das Inventar) in der Ehewohnung *****, in der ehemaligen Ehewohnung ***** und im Jagdhaus.
Die Anträge der Antragstellerin auf Einbeziehung der Jagdwaffen und des Schmucks seien abzuweisen, weil sie erst nach Ablauf der einjährigen Fallfrist des § 95 EheG gestellt worden seien.
Bei der Aufteilung des angeführten ehelichen Gebrauchsvermögens sei von einer gleichwertigen Beitragsleistung der vormaligen Ehegatten auszugehen.
Die Zuweisung der Liegenschaft EZ 188 KG ***** ins Alleineigentum der Antragstellerin entspreche der Billigkeit, weil sich darauf die Ehewohnung befinde, auf die sie und der minderjährige Sohn Ferdinand zur Sicherung ihres Wohnbedürfnisses angewiesen seien. Die Hälfteanteile der Antragstellerin an den Liegenschaften EZ 119 und 1654 KG ***** seien dagegen schon zwecks Erreichung eines teilweisen billigen Ausgleiches dem Antragsgegner ins Eigentum zu übertragen. Mit der Festsetzung einer De‑facto‑Ausgleichszahlung jeweils in der Höhe der Hälfte des Verkehrswertes der aufzuteilenden Liegenschaften– hinsichtlich der EZ 1654 KG ***** mit einem Viertel des Verkehrswertes – sei auch gleichzeitig auf die mit der Aufteilungsmasse im Zusammenhang stehenden Schulden Bedacht genommen worden.
Diese Entscheidung wurde von beiden Streitteilen mit Rekurs bekämpft.
Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluß beiden Rechtsmitteln (dem der Antragstellerin nur teilweise) Folge. Es hob den Beschluß des Erstgerichtes, den es in seinem Punkt 9) bestätigte, im übrigen auf und trug dem Erstgericht in diesem Umfang die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Rekursgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.
Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, es sei dem Erstgericht hinsichtlich Erfassung des Umfanges des Aufteilungsvermögens, Ermittlung des Aufteilungsschlüssels und hinsichtlich Zuweisung des Aufteilungsvermögens grundsätzlich zuzustimmen. Die ehemalige Ehewohnung in der ***** (bzw. deren Wert) falle wegen ihrer Zuordnung zum Unternehmen „*****“ nicht in die Aufteilungsmasse. Eine Aufteilung des Vermögens unter den Ehegatten je zur Hälfte sei schon dann gerechtfertigt, wenn ein Ehegatte neben seiner Erwerbstätigkeit oder Mitarbeit im Erwerb des anderen den Haushalt geführt und die Kinder betreut und sonst keinen Beitrag zum Zugewinn geleistet habe. Im Anlaßfall komme auf Seiten der Antragstellerin als weitere Beitragsleistung noch ihre Mitarbeit beim Hausbau und ihre Mithaftung für die Firmenkredite hinzu, sodaß sich der Antragsgegner durch eine Aufteilung im gleichteiligen Verhältnis nicht für beschwert erachten könne. Im übrigen sei die Aufteilung nicht streng rechnerisch nach dem Wert des Vermögens im Verhältnis von 50 : 50, sondern nach Billigkeit vorzunehmen, wobei auch die Erfordernisse der zukünftigen Lebensführung der Ehegatten zu berücksichtigen seien, sodaß jeder Ehegatte wohl bestehen könne. Auch sei der Zuweisungsanordnung des Erstgerichtes grundsätzlich beizupflichten, weil damit die häufig eine ständige Quelle für Auseinandersetzungen bildenden vermögensrechtlichen Bindungen der früheren Ehegatten weitestgehend aufgehoben würden, hinter welchem leitenden Grundsatz der gesetzlichen Aufteilungsregelung (§ 84 EheG) auch der im § 90 Abs. 1 EheG verankerte Bewahrungsschutz, daß jedem Ehegatten sein Eigentum an Grund und Boden möglichst erhalten bleiben solle, zurückzutreten habe.
Allerdings habe das Erstgericht der im § 81 Abs. 1 zweiter Satz EheG aufgestellten Forderung, daß bei der Aufteilung die Schulden, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen in einem inneren Zusammenhang stehen, in Anschlag zu bringen seien, nicht oder nur unzureichend Rechnung getragen. In Anschlag bringen heißt, daß die Schulden bei der Ermittlung der den Ehegatten zukommenden Vermögenswerte als wertmindernd in Rechnung zu stellen seien. Mit der im Beschluß des Erstgerichtes aufgenommenen Verpflichtung der Schad‑ und Klagsloshaltung des anderen Ehegatten bis zum Wert des zugewiesenen Liegenschaftsanteiles sei diesem Erfordernis nicht entsprochen. Vielmehr müsse festgestellt werden, mit welchen Beträgen (Kapital und Zinsen) die auf den Liegenschaften lastenden Schulden im Zeitpunkt der Entscheidung der ersten Instanz noch offen seien; denn nur aus dem Vergleich zwischen den einem Ehegatten zur Tragung zugewiesenen bestimmten Verbindlichkeiten und den ihm zugeteilten Vermögenswerten könne ersehen werden, welche reinen Vermögenswerte ihm letztendlich zukämen und ob damit ein dem Aufteilungsschlüssel entsprechender Ausgleich geschaffen werde. Bei der Verpflichtung eines Ehegatten zur Tragung bestimmter Verbindlichkeiten (§ 92 EheG) sei wieder zu prüfen, ob diese mit dem Aufteilungsvermögen in einem inneren Zusammenhang stünden, wobei Firmenverbindlichkeiten, gleichgültig ob auf der Antragsteller‑ oder Antragsgegnerseite, auf jeden Fall auszuscheiden seien.
Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren diese Umstände zu erheben und festzustellen haben. Diese Umstände beeinflußten aber die im Aufteilungsverfahren zu treffenden Billigkeitsentscheidung im gesamten, weshalb die Entscheidung des Erstgerichtes– mit Ausnahme ihres Punktes 9) – aufzuheben sei. in ihrem Punkt 9) (Abweisung des Antrages der Antragstellerin auf Einbeziehung von Jagdwaffen und Schmuck in die Aufteilungsmasse) sei sie zu bestätigen.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Rekurse der Antragstellerin und des Antragsgegners. Die Antragstellerin stellt den Rekursantrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, „daß 1) der Wert des ersten Stockes des Hauses ***** der Antragstellerin zukomme und 2) die Liegenschaften EZ 1654 und EZ 119 KG ***** der Antragstellerin zur Gänze zukommen“; hilfsweise beantragt sie, „die Rechtssache an die erste oder an die zweite Instanz zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung im Sinne des Punktes 1) und 2) zurückzuverweisen“. Der Antragsgegner stellt den Rekursantrag, „den bekämpften Beschluß dahingehend abzuändern, daß in sonstiger Aufhebung der Antrag auf Einbeziehung der Liegenschaft EZ 118 KG ***** (Ausnahme das Grundstück 511/1 Garten) abgewiesen wird“.
Rekursbeantwortungen wurden von beiden Streitteilen nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Beide Rekurse sind zulässig. Die Rechtsmittelzulässigkeit richtet sich im vorliegenden Fall nach § 232 AußStrG. Diese Vorschrift ist nicht nur bei rekursgerichtlicher Bestätigung oder Abänderung der erstinstanzlichen Sachentscheidung, sondern auch bei deren Aufhebung zur neuerlichen Entscheidung anzuwenden, wenn es sich nicht um eine Aufhebung aus rein verfahrensrechtlichen Gründen handelt (SZ 54/44 u.a.), was hier nicht der Fall ist.
Gemäß § 81 Abs. 1 EheG unterliegen das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse der Aufteilung nach den Vorschriften der §§ 81 ff. EheG. Eheliches Gebrauchsvermögen sind die beweglichen oder unbeweglichen körperlichen Sachen, die während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft dem Gebrauch beider Ehegatten gedient haben; hierzu gehören auch der Hausrat und die Ehewohnung (§ 81 Abs. 2 EheG). Eheliche Ersparnisse sind Wertanlagen, gleich welcher Art, die die Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft angesammelt haben und die ihrer Art nach üblicherweise für eine Verwertung bestimmt sind (§ 81 Abs. 3 EheG). Gemäß § 82 Abs. 1 EheG unterliegen Sachen, die dem ehelichen Gebrauchsvermögen oder den ehelichen Ersparnissen zuzuordnen sind, unter anderem dann nicht der Aufteilung, wenn sie ein Ehegatte von Todes wegen erworben hat oder sie ihm von einem Dritten geschenkt wurden oder wenn sie zu einem Unternehmen gehören oder Anteile an einem Unternehmen sind, außer es handelt sich um bloße Wertanlagen. Die Ehewohnung und Hausrat, auf dessen Weiterbenützung ein Ehegatte zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist, sind allerdings in die Aufteilung auch dann einzubeziehen, wenn sie ein Ehegatte in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder ihm ein Dritter geschenkt hat (§ 82 Abs. 2 EheG).
Ausgehend von dieser gesetzlichen Regelung ist zu den vorliegenden Rekursen wie folgt Stellung zu nehmen:
I) Zum Rekurs des Antragsgegners:
Der Antragsgegner erachtet sich dadurch beschwert, daß die Liegenschaft EZ 118 KG ***** zur Gänze in das Aufteilungsverfahren einbezogen wurde; es sei nur das zum Gutsbestand dieser Liegenschaft gehörige Grundstück 511/1 Garten, auf dem die zuletzt als Ehewohnung dienende Villa stehe, in das Aufteilungsverfahren einzubeziehen.
Auch eine Liegenschaft mit einem Haus kann Ehewohnung sein, und zwar insoweit, als sie für die ehelichen Zwecke verwendet worden ist. Bei der Beurteilung dieser Frage ist zu berücksichtigen, daß die Ehewohnung der Abwicklung des ehelichen Lebens dient. Es handelt sich um jenen Bereich, in dem der Haushalt geführt wird, in den sich die Familienmitglieder nach Ausübung ihres Berufes oder nach dem Schulbesuch zurückziehen, der ihrer Privatsphäre im Gegensatz zur beruflichen oder schulischen Sphäre zuzuordnen ist (EFSlg. 38.850; EFSlg. 41.353). Unter diesem Gesichtspunkt ist nicht nur ein Wohnhaus als Ehewohnung zu qualifizieren; dazu gehört vielmehr auch ein im Sinne obiger Ausführungen verwendeter Garten.
In welchem Umfang die Liegenschaft EZ 118 KG ***** im Sinne dieser Ausführungen als Ehewohnung diente, ist den Feststellungen der Vorinstanzen nicht zu entnehmen. Die Klarstellung dieser Umstände ist erforderlich, um über die Zuteilung der Ehewohnung im Sinne der §§ 81 ff. EheG absprechen zu können.
Was den restlichen Teil dieser Liegenschaft betrifft, ist den Feststellungen der Vorinstanzen nur zu entnehmen, daß sich auf einem Teil dieser Liegenschaft das Gasthaus ***** befindet, das von 1970 bis Ende 1981 verpachtet war, wobei der Pachtzins als betriebliche Einnahme verbucht wurde. Auch dies reicht für eine erschöpfende rechtliche Beurteilung nicht hin. Es wird vielmehr klarzustellen sein, insoweit der Teil dieser Liegenschaft, der nicht im Sinne obiger Rechtsausführungen als Ehewohnung zu beurteilen ist, als eheliches Gebrauchsvermögen (weil er etwa dem Gebrauch beider Ehegatten diente) oder als eheliche Ersparnis (weil er der Erzielung von Einkünften im Wege der Verpachtung diente) zu qualifizieren ist. Aus der Feststellung, daß der für die Verpachtung des Gasthauses ***** erzielte Pachtzins als „betriebliche Einnahme“ gebucht wurde, läßt sich noch nicht ableiten, daß dieser Teil der Liegenschaft zu einem Unternehmen gehört hätte; maßgeblich dafür ist, ob die Eigentümer diesen Teil ihrer Liegenschaft als Bestandteil eines Unternehmens gewidmet haben. Darüber ist den Feststellungen der Vorinstanzen nichts zu entnehmen. Sollte der nicht als Ehewohnung zu qualifizierende Teil der Liegenschaft EZ 118 KG ***** als eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnis zu beurteilen sein und der Ausnahmetatbestand des § 82 Abs. 1 Z 3 EheG nicht vorliegen, dann wird nur der Hälfteanteil der Antragsgegner hat den ihm verbliebenen Hälfteanteil an dieser Liegenschaft während aufrechter Ehe von Todes wegen erworben und insofern liegt der Ausnahmetatbestand nach § 82 Abs. 1 Z 1 EheG vor. Hingegen hat die Antragstellerin ihren Anteil an dieser Liegenschaft vom Antragsgegner geschenkt erhalten. Sachen, die ein Ehegatte dem anderen schenkte, fallen nicht unter den Ausnahmstatbestand des § 82 Abs. 1 Z 1 EheG (Koziol‑Welser Grundriß2 II 211; EFSlg. 38.862).
Es zeigt sich somit, daß auf Grund der bisher vorliegenden Verfahrensergebnisse nicht darüber abgesprochen werden kann, in welchem Umfang die Liegenschaft EZ 118 KG ***** als Ehewohnung zu qualifizieren ist und ob und in welchem Umfang sie insoweit, als die Qualifikation als Ehewohnung nicht zutrifft, überhaupt in das Aufteilungsverfahren einzubeziehen ist.
Die aufgezeigten Umstände werden im fortgesetzten Verfahren zu klären sein.
II) Zum Rekurs der Antragstellerin:
Die Antragstellerin macht in ihrem Rechtsmittel zunächst geltend, daß die ehemalige Ehewohnung im Haus ***** bzw. deren Wert im Aufteilungsverfahren zu berücksichtigen sei.
Ehewohung im Sinne des § 81 Abs. 2 EheG ist jene Wohnung, in der die Ehegatten bei Wirksamwerden der Scheidung im gemeinsamen Haushalt leben oder zuletzt gelebt haben (SZ 54/114 mit weiteren Nachweisen). Dies trifft für die frühere Wohnung der Streitteile im Haus***** nicht zu. Wenn gemäß § 82 Abs. 1 Z 3 Liegenschaften, die zu einem Unternehmen gehören, nicht in die Aufteilung einzubeziehen sind, so besagt dies nicht, daß nicht einzelne Teile solcher Liegenschaften, sofern sie nicht zu einem Unternehmen gehören, in die Aufteilung einbezogen werden können, sofern es sich dabei um eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnis handelt.
Aus den Feststellungen der Vorinstanzen ist lediglich zu entnehmen, daß die Wohnung im Haus ***** nach dem Umzug der Streitteile in ihre letzte Ehewohnung im Haus ***** im Jahr 1975 vermietet und der Mietzins als betriebliche Einnahme verbucht wurde. Daraus läßt sich nicht beurteilen, ob der Wert der Wohnung im Haus ***** in die Aufteilung einzubeziehen ist. Für die Frage, ob diese Wohnung zu einem Unternehmen gehört, ist, wie bereits oben ausgeführt, entscheidend, ob die Eigentümer diesen Teil ihrer Liegenschaft als Bestandteil eines Unternehmens gewidmet haben. Darüber ist den Feststellungen der Vorinstanzen nichts zu entnehmen. In diesem Zusammenhang ist allerdings der Hinweis angezeigt, daß die Streitteile in dem zu 13 Nc 203/83 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz zwischen ihnen anhängigen Verfahren wegen Festsetzung eines Benützungsentgeltes für die vom Antragsgegner benützte Hälfte der Liegenschaften EZ 2440 und 922 KG ***** übereinstimmend davon ausgingen, daß diese Liegenschaften zur Gänze vom Antragsgegner für Betriebszwecke benützt werden. Sollte keine Widmung der Wohnung im Haus ***** als Bestandteil eines Unternehmens vorliegen, wird sie unter der Voraussetzung, daß es sich um eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnis handelt, in die Aufteilung einzubeziehen sein. Dabei könnte hinsichtlich dieses Bestandteiles der Aufteilungsmasse nicht vom Vorliegen des Ausnahmetatbestandes nach § 82 Abs. 1 Z 1 EheG ausgegangen werden, weil die Liegenschaften EZ 2440 und 922 KG ***** nach den Feststellungen der Vorinstanzen zumindest zum Teil von den Streitteilen während aufrechter Ehe käuflich erworben wurden und eine genaue Abgrenzung der Wertanteile dieser Liegenschaften nach den geschenkten und den käuflich erworbenen Teilen nicht möglich ist.
Ferner führt die Antragstellerin in ihrem Rechtsmittel aus, daß die Liegenschaften EZ 1654 und 119 KG ***** „nicht mit Sicherheit“ Bestandteil der Aufteilungsmasse seien. Sollte dies aber zutreffen, dann seien beide Liegenschaften zur Gänze der Antragstellerin zuzuweisen, weil ansonsten ein für beide Streitteile abträgliches Naheverhältnis zwischen ihnen begründet würde.
Den Feststellungen der Vorinstanzen ist lediglich zu entnehmen, daß der Antragsgegner die Liegenschaft EZ 1654 KG ***** während aufrechter Ehe von seinen Eltern geschenkt erhielt und die Liegenschaft EZ 119 KG ***** gleichfalls während aufrechter Ehe nach seinen Eltern erbte; er schenkte Hälfteanteile an diesen beiden Liegenschaften der Antragstellerin. Daraus läßt sich nicht beurteilen, ob diese Liegenschaften dem ehelichen Gebrauchsvermögen oder den ehelichen Ersparnissen zuzuordnen sind. Die im Sinne obiger Rechtsausführungen dafür notwendigen Feststellungen werden im fortgesetzten Verfahren zu treffen sein. Sollten diese Liegenschaften als eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnis zu qualifizieren sein, wird im Sinne obiger Rechtsausführungen der Hälfteanteil der Antragstellerin in die Aufteilungsmasse einzubeziehen sein, während hinsichtlich des Hälfteanteiles des Antragsgegners der Ausnahmetatbestand des § 82 Abs. 1 Z 1 EheG vorliegt. Eine Übertragung der Hälfteanteile des Antragsgegners an diesen Liegenschaften auf die Antragstellerin kommt daher im Rahmen dieses Aufteilungsverfahrens nicht in Betracht.
Soweit sich das Rechtsmittel der Antragstellerin gegen die Wertfeststellungen auf Grund der vorliegenden Sachverständigengutachten wendet, kann darauf nicht eingegangen werden, weil die Bekämpfung einer der Tatsachengrundlage zuzuordnenden Schätzwertermittlung im Rahmen eines im Sinne des § 232 Abs. 2 AußStrG auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung beschränkten Rechtsmittel nicht möglich ist (SZ 54/149; 8 Ob 628/84; 8 Ob 581/84 u.a.).
Es zeigt sich somit, daß auf Grund der bisher vorliegenden Sachverhaltsgrundlage noch nicht einmal über den Umfang des aufzuteilenden Vermögens, geschweige denn über die Art der Aufteilung abgesprochen werden kann.
Es hat daher bei der aufhebenden Entscheidung des Rekursgerichtes zu verbleiben. Im fortgesetzten Verfahren vor dem Erstgericht werden auch die im Sinne obiger Ausführungen erforderlichen ergänzenden Feststellungen zu treffen sein.
Der Vorbehalt der Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 234 AußStrG.
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