OGH 8Ob581/84

OGH8Ob581/8428.2.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Karl N*****, vertreten durch Dr. Harry Zamponi, Rechtsanwalt in Linz, wider die Antragsgegnerin Waltraud N*****, vertreten durch Dr. Georg Maxwald, Rechtsanwalt in Linz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 25. April 1984, GZ 13 R 312/84‑44, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 26. Jänner 1984, GZ 21 F 39/81‑41, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00581.840.0228.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die von den Parteien am 7. 6. 1965 geschlossene Ehe wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 26. 8. 1980 aus beiderseitigem Verschulden geschieden. Die eheliche Lebensgemeinschaft der Parteien war bereits seit 7. 3. 1980 aufgelöst. Der eheliche Sohn Christian, sowie der außereheliche Sohn der Antragsgegnerin, Klaus, befinden sich nach der Ehescheidung im Haushalt der Antragsgegnerin. Anläßlich der Ehescheidung teilten die Ehegatten Wäsche, Geschirr und Hausratsgegenstände gleichwertig auf. Die Antragstellerin erhielt auch die für die Kinder benötigte Kinderzimmereinrichtung. Die Ehewohnung verblieb dem Antragsteller.

In dem am 13. 8. 1981 zunächst als Klage eingebrachten Aufteilungsantrag begehrte der Antragsteller wegen seines Beitrages zur Errichtung eines im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Hausanbaus zu einem bereits stehenden Wohnhaus (Altbau) eine Ausgleichszahlung von S 200.000,- samt 4 % Zinsen seit 19. 8. 1981. Dieser Anbau sei bis zur Scheidung bis zum Rohbau einschließlich Dach, Türen, Fenster und kompletter Installation gediehen, jedoch noch nicht bewohnbar.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung dieses Begehrens mit der Begründung, der Wert des Anbaues sei durch die Nutzung seitens ihrer Mutter beeinträchtigt. Weiters habe sie mit ihrem Verdienst nicht nur den gesamten Unterhalt für die Familie bestritten, sondern auch gemeinsam mit den Kindern jedes Wochenende am Anbau gearbeitet. Darüber hinaus habe sie Anspruch auf die Hälfte des Restwertes eines vom Antragsgegner angeschafften und ihm verbliebenen PKWs, nämlich S 60.000,- und sie wende diesen Betrag aufrechnungsweise neben Unterhaltsforderungen für sie sowie das eheliche Kind und Rückforderungsansprüchen ihrer beiden außerehelichen Kinder gegen den geltend gemachten Anspruch ein.

Das Erstgericht sprach dem Antragsteller als Ausgleichszahlung einen Betrag von S 120.000,- samt 4 % Zinsen seit 7. 3. 1980 unter Einräumung einer 3‑monatigen Zahlungsfrist zu, ohne das Mehrbegehren ausdrücklich abzuweisen. Das eheliche Gebrauchsvermögen und die Ersparnisse wurden in der Weise aufgeteilt, daß jeder Ehegatte diejenigen Sachen behalten durfte, in deren Besitz er sich befand.

Infolge Rekurses des Antragstellers, der lediglich den Zuspruch einer weiteren Ausgleichszahlung von S 80.000,- anstrebte, den Beschluß des Erstgerichtes im übrigen aber nicht bekämpfte, sodass die Entscheidung in diesem Umfang in Rechtskraft erwuchs, hob das Gericht zweiter Instanz die Entscheidung des Erstgerichtes auf und trug der ersten Instanz eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Rekursgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.

Zur Tatsachenrüge des Rekurses führte die zweite Instanz unter anderem aus, der Beschluß des Erstgerichtes lege als Grundlage seiner Erwägungen den Wert des Hausanbaues mit einem Betrag von S 352.405,- zugrunde, wobei dieser Wert auf Grund des Sachverständigengutachtens so ermittelt worden sei, daß einerseits vom Wert zum Stichtag 7. 3. 1980 in Höhe von S 498.452,- ein Abzug von 10 % durch den bestehenden Anbau und ein weiterer Abzug von 20 % für die Herstellung in Eigenregie vorgenommen worden sei. Beide Abzüge seien aber aus dem SV-Gutachten nicht schlüssig ableitbar. Bei der Bewertung des nun rechtskräftig der Frau zugewiesenen Anbaues müsse berücksichtigt werden, daß für die Beurteilung der Höhe der Ausgleichszahlung nach § 94 Abs 1 EheG grundsätzlich vom gemeinen Wert i.S. des § 305 ABGB auszugehen sei. Der maßgebliche Verkehrswert für die Ausmittlung der Ausgleichszahlung bestehe im Verkaufswert; bei diesem Anbau liege nämlich der Wert nicht im Ertrags- oder im Kostenwert, sondern in der Werterhöhung der gesamten Liegenschaft und damit im Verkaufswert. Bei der Ermittlung des Verkaufswertes dürfte nicht außer acht gelassen werden, daß bei der Wertermittlung alle den Verkehrswert beeinflussenden tatsächlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Umstände zu berücksichtigen seien und sich die Funktion des neu errichteten Gebäudes im Verhältnis zum Altbau in einem entsprechenden Abstrich niederschlage. Das Rekursgericht zeigte sodann Widersprüche und Mängel des Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Berechnung der Abzüge auf und erachtete daher eine Aufhebung des Beschlusses des Erstgerichtes für erforderlich, um das Ergebnis einer eingehenden Erörterung und Ergänzung des Gutachtens mit dem Sachverständigen einer neuen Entscheidung zu unterziehen.

In Erledigung der Rechtsrüge des Rekurses führte das Gericht zweiter Instanz aus, das Erstgericht komme im Ergebnis zu einer Aufteilung des von ihm angenommenen Nettovermögens im Verhältnis von 3 : 4 zugunsten der Antragsgegnerin. Bei der Aufteilung sei in Übereinstimmung mit dem Erstgericht der Beitrag jedes Ehegatten zu berücksichtigen, den dieser bei der Ansammlung der ehelichen Ersparnisse geleistet habe, wobei auch die Pflege und Erziehung der Kinder und die Führung des Haushaltes einen Beitrag darstelle. Der Beitrag der Antragsgegnerin bestehe nun zweifellos darin, daß sie den Haushalt geführt sowie die Kinder gepflegt und erzogen habe, aber auch teilweise halbtags, teilweise ganztags berufstätig gewesen sei. Demgegenüber stehe der Beitrag des Antragstellers, der die weitaus höheren finanziellen Mittel und zwar sowohl durch ständige Berufstätigkeit, als auch durch nebenberufliche Tätigkeit und schließlich durch die teilweise Mithilfe am Bau erbracht habe. Wollte man eine finanzielle Bewertung der Beiträge vornehmen, so müsse mit Rücksicht auf das weitaus höhere Einkommen des Antragstellers zweifellos gesagt werden, daß die finanziellen Mittel, die zur Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten erforderlich waren, und aus denen die ehelichen Ersparnisse angeschafft wurden, die nunmehr zur Aufteilung heranstehen, zum weitaus überwiegenden Teil vom Antragsteller beigebracht wurden, eine Aufteilung nach diesem Gesichtspunkt also zugunsten des Antragstellers im Sinne eines höheren Anteiles ausgehen müßte. Werte man nun in diesem Zusammenhang die Tätigkeit der Antragsgegnerin, so müsse man bei billiger Betrachtung zu dem Ergebnis gelangen, daß der Beitrag, den die beiden Ehegatten zur Erwirtschaftung der ehelichen Ersparnisse geleistet haben, als gleichwertig anzusehen sei. Dies auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß zahlreiche Familienmitglieder der Antragsgegnerin bei der Errichtung des Rohbaues teils unentgeltlich mitgeholfen hätten, da jedenfalls für den Zeitpunkt der Erbringung dieser unentgeltlichen Mithilfe wohl davon auszugehen sei, daß sie im Interesse beider Ehegatten, damit aber auch im Interesse des Antragstellers, erbracht wurden. Bei entsprechender Befolgung der Aufteilungsgrundsätze werde daher das Erstgericht zum Ergebnis gelangen müssen, daß der Beitrag der beiden Ehegatten gleich groß sei, was eine Aufteilung im Verhältnis von 1 : 1 erfordern werde. Der angefochtenen Entscheidung sei jedoch insoweit zu folgen, daß der Antragsteller deswegen an der seit dem Aufteilungsstichtag eingetretenen Werterhöhung der ehelichen Ersparnisse teilnehmen müsse, weil sich diese ehelichen Ersparnisse im Besitz der Antragsgegnerin befänden und bloß durch die Dauer des Aufteilungsverfahrens einerseits und die Tatsache, daß sich die Antragsgegnerin geweigert habe, auch nur irgendeine Ausgleichszahlung zu leisten, keine Verschiebung zum Nachteil des Antragstellers eintreten dürfe. Diesen Ausgleich treffe die angefochtene Entscheidung mit den zugesprochenen Zinsen aber nur unvollständig, da ein Vergleich der Verkehrswerte zeige, daß im Zeitraum vom 7. 3. 1980 bis 4. 5. 1983 eine Steigerung im Ausmaß von 24 % eingetreten sei, während die zugesprochenen 4 % Zinsen seit 7. 3. 1980 ja nur auf den Betrag von S 120.000,- bezogen seien, also die Wertsteigerung überwiegend zugunsten der Antragsgegnerin ausfallen ließen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätten daher das Erstgericht von dem nach den aufgezeigten Grundsätzen ermittelten Differenzverkaufswert vom 6. 5. 1983 ausgehen müssen.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes.

Der Antragsteller hat keine Rekursbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Antragsgegnerin rügt zunächst als Feststellungsmangel, daß in erster Instanz die Eigentumsverhältnisse am Altbau nicht erörtert worden seien. Der Altbau stehe nämlich nach wie vor im Eigentum ihrer Mutter. Zu Unrecht gehe das Rekursgericht davon aus, daß die gesamte Liegenschaft im Eigentum der Antragsgegnerin stehe.

Dem ist zu erwidern, daß das Rekursgericht nur davon ausgegangen ist, daß das Grundstück, auf dem der Anbau errichtet wurde, im Eigentum der Antragsgegnerin stehe, was auch zutrifft, nicht aber, daß auch der Altbau in ihrem Eigentum stehe. Die zweite Instanz hat vielmehr darauf verwiesen, daß bei der Wertermittlung des Anbaues alle den Verkehrswert beeinflussenden tatsächlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Umstände zu berücksichtigen seien und sich die Funktion des neu errichteten Gebäudes im Verhältnis zu dem Altbau in einem entsprechenden Abstrich auswirken werde. Hieraus ergibt sich, daß im fortgesetzten Verfahren ohnehin auch die Eigentumsverhältnisse am Altbau zu berücksichtigen sein werden. Die behaupteten Feststellungsmängel liegen daher nicht vor. Im übrigen versucht die Antragsgegnerin darzutun, daß die vom Erstgericht auf Grund des Sachverständigengutachtens vorgenommene Wertermittlung des Anbaues richtig sei und nicht die vom Rekursgericht hiefür aufgezeigten Richtlinien.

Bei diesen Ausführungen übersieht die Antragsgegnerin, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes gemäß § 232 Abs. 2 AußStrG nur wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung in materiellrechtlicher Hinsicht bekämpft werden kann. Die Ausführungen des Revisionsrekurses richten sich jedoch gegen die Auffassung des Rekursgerichtes, wegen Widersprüchen und Mängeln des SV-Gutachtens bedürfe es einer eingehenden Erörterung und Ergänzung des Gutachtens, um auf Grund einer erweiterten Tatsachengrundlage eine neuerliche Entscheidung fällen zu können. Dabei handelt es sich jedoch ausschließlich um Fragen des Tatsachenbereiches, die einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nach der Bestimmung des § 232 Abs 2 AußStrG nicht zugänglich sind (vgl. SZ 54/149, EFSlg 39.914, 2 Ob 581/83 u.a.). Auf die diesbezüglichen Ausführungen war daher nicht einzugehen.

Die Antragsgegnerin führt weiter aus, die Rechtsansicht der zweiten Instanz, daß der Verkehrswert zum Stichtag 6. 5. 1983 der Wertermittlung zugrunde zu legen sei, sei verfehlt. Maßgebend für die Wertermittlung sei vielmehr der Tag der Auflösung der Hausgemeinschaft.

Hiezu ist darauf zu verweisen, daß der Zeitpunkt der Aufhebung der Hausgemeinschaft nur für die Feststellung des zu verteilenden Vermögens maßgebend ist, nicht aber für dessen Bewertung. Der Wert des nach dem Stichtag der Auflösung der Ehegemeinschaft aufzuteilenden Vermögens ist vielmehr in der Regel (wenn nämlich nicht eine nachträgliche Wertvermehrung nur auf die Tätigkeit eines Ehegatten zurückzuführen war) bis zum Tage der tatsächlichen Auseinandersetzung, das ist bis zur Entscheidung der ersten Instanz im Aufteilungsverfahren aufzuwerten. Nur auf diese Weise ist sichergestellt, daß demjenigen ehemaligen Ehegatten, der eine Ausgleichszahlung erhält, jener Wert zukommt, der ihm auch bei realer Aufteilung zugekommen wäre ( Bydlinski in FS Schwind 38 f., Pichler in Rummel , ABGB, Rdz 9 zu § 84 EheG; nunmehr ständige Rechtsprechung RZ 1981/76, JBl. 1983, 316 und 648, 7 Ob 515/84 u.a.). Das Rekursgericht hat aber ohnehin, gestützt unter anderem auch auf die in JBl. 1983, 648 veröffentlichte Entscheidung ausgeführt, daß der Antragsteller deswegen an der seit dem Aufteilungsstichtag eingetretenen Werterhöhung der ehelichen Ersparnisse teilnehmen müsse, weil sich diese ehelichen Ersparnisse im Besitz der Antragsgegnerin befänden und bloß durch die Dauer des Aufteilungsverfahrens einerseits und die Tatsache, daß sich die Antragsgegnerin geweigert habe, auch nur irgendeine Ausgleichszahlung zu leisten, keine Verschiebung zum Nachteil des Antragstellers eintreten dürfe. Die näheren Einzelheiten der Ermittlung des Verkehrswertes des Neubaues entziehen sich aber, wie schon dargelegt, als zum Tatsachenbereich gehörend, einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof.

Auch soweit die Antragsgegnerin die vom Rekursgericht festgesetzte Aufteilungsquote von 1 : 1 bekämpft, kann ihr nicht gefolgt werden. Zutreffend hat vielmehr die zweite Instanz darauf verwiesen, daß der Beitrag der Antragsgegnerin darin bestehe, daß sie den Haushalt geführt sowie die Kinder gepflegt und erzogen habe, aber auch teilweise halbtags, teilweise ganztags berufstätig gewesen sei. Dem ist aber der Beitrag des Antragstellers gegenüberzustellen, der die weitaus höheren finanziellen Mittel, sowohl durch ständige Berufstätigkeit, als auch durch nebenberufliche Tätigkeit und schließlich auch durch die teilweise Mithilfe am Bau erbracht hat. Unter Bedachtnahme auf diese Umstände kann nach den im § 83 EheG festgelegten Aufteilungsgrundsätzen, insbesondere dem Gebot der Billigkeit, in der Annahme des Rekursgerichtes, die Beiträge der beiden Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und zur Ansammlung der Ersparnisse seien etwa gleich groß zu bewerten, so daß ein Aufteilungsschlüssel von 1 : 1 gerechtfertigt sei, keine unrichtige rechtliche Beurteilung erblickt werden. Ohne Rechtsirrtum hat das Rekursgericht auch angenommen, daß die Mithilfe von Familienmitgliedern der Antragsgegnerin bei der Errichtung des Anbaues im Zeitpunkt der Erbringung dieser Leistungen nach den Umständen des vorliegenden Falles im Interesse beider Ehegatten, damit auch im Interesse des Antragstellers, gelegen waren.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens war vorzubehalten, weil erst nach Abschluß des Verfahrens eine solche Entscheidung im Sinne des § 234 AußStrG nach billigem Ermessen getroffen werden kann.

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