OGH 8Ob555/86

OGH8Ob555/8628.8.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** S***

S***, reg.Genossenschaft mit beschränkter Haftung, 8983 Bad Mitterndorf, vertreten durch Dr. Hans Pirker, Rechtsanwalt in Irdning, wider die beklagte Partei Dr. Franz L***, Rechtsanwalt, 8990 Bad Aussee, als Masseverwalter im Konkurs gegen Helmut P***, Sportartikelhändler, 8990 Bad Aussee, Hauptstraße 49, vertreten durch Dr. Karl Heinz Angerer, Rechtsanwalt in Bad Aussee, wegen Herausgabe (S 400.000,-) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 24. Juni 1985, GZ 2 R 107/85-33, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 31.Jänner 1985, GZ 7 Cg 16/83-25, bestätigt wurde sowie Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 21.März 1986, GZ 2 R 107/85, womit der Urteilsspruch ergänzt (berichtigt) wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

I. Der Rekurs wird zurückgewiesen.

II.

1) Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, der Beklagte sei schuldig, der Klägerin die Dreibankenanleihe 79 (SV Oberbank) im Nominale von S 100.000 und die Sparkassenanleihe 80 (SV Sparkasse) im Nominale von S 100.000 binnen 14 Tagen bei Exekution herauszugeben, abgewiesen wird. Im übrigen wird das angefochtene Urteil bestätigt.

2) Die Kosten des Verfahrens erster, zweiter und dritter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte vom Beklagten als Masseverwalter im Konkurs des Helmut P*** die Herausgabe einer Dreibankenanleihe 79 (SV Oberbank) im Nominale von S 100.000, einer Sparkassenanleihe 80 (SV Sparkasse) im Nominale von S 100.000 und des Sparbuches mit der Nr.784256 lautend auf "Sicherheit" Konto Nr.32.012.817. Diese seien der Klägerin mit dem Pfandvertrag vom 12.März 1982 (Beilage C - die Anleihepapiere betreffend) und dem Pfandvertrag vom gleichen Datum (Beilage D das Sparbuch betreffend) verpfändet worden. Im Sommer 1982 habe die Klägerin an Helmut P*** treuhändig und vorübergehend die zwei Anleihepapiere und das Sparbuch ausgefolgt; Helmut P*** sollte diese im Herbst 1982 wiederum zurückgeben. Dies erfolgte bisher nicht. Im Schriftsatz ON 12 wurde das Klagevorbringen dahin berichtigt, daß die Wertpapiere noch nicht übergeben gewesen seien. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er sei bereit, die Urkunden herauszugeben, doch habe die Klägerin vorerst ihre Verpflichtungen aus dem mit Helmut P*** abgeschlossenen Kreditvertrag, zu dessen Besicherung die Urkunden angeboten wurden, zu erfüllen. Die Klägerin habe vereinbarungswidrig den Kreditbetrag von S 700.000 nicht zur Verfügung gestellt. Sie habe im übrigen auch auf die Herausgabe des Sparbuches verzichtet. Die Rechtssache sei außerdem verglichen und schließlich sei die Forderung vom Masseverwalter im Konkursverfahren anerkannt worden. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf nachstehende Feststellungen:

Im März und April 1981 gewährte die Klägerin Helmut P*** drei Kredite, nämlich einen Abstattungskredit im Betrage von S 700.000, einen Betriebsmittelkredit über S 200.000 und einen weiteren Betriebsmittelkredit über S 1,300.000, somit insgesamt Kredite im Betrage von S 2,200.000, welche zum Teil zur Abdeckung bzw. Umschuldung bereits vorhandener Verbindlichkeiten verwendet wurden. Bezüglich des Kredites von S 1,300.000 verpfändete Helmut P*** eine Liegenschaft. Weitere Sicherheiten im Zusammenhang mit der Umschuldung und Kreditaufnahme wurden vorerst nicht verlangt, da die Klägerin verschiedene Wertpapiere des Beklagten in Verwahrung hatte und dieser ein Sparbuch mit einer höheren Einlage im Zuge der Umschuldung bei der Klägerin deponierte. Dies war auch Voraussetzung für die Genehmigung des Kredites durch den Vorstand. Anläßlich einer im Herbst 1981 durchgeführten Revision wurde von den Prüfern eine weitere Besicherung bezüglich der Helmut P*** gewährten Kredite verlangt. Nach Vorgesprächen mit dem Leiter der Zweigstelle Bad Aussee der Klägerin, Günther K***, unterfertigte Helmut P*** tatsächlich am 12.3.1982 zwei Pfandverträge zur Besicherung der im Jahre 1981 aufgenommenen Kredite, deren gesamt aushaftende Höhe von mittlerweile S 2,200.000 auf S 3,062.000 am 19.1.1982 angewachsen war. Am 19.1.1982 beantragte Helmut P*** eine Rahmenerweiterung des bereits bestehenden Betriebsmittelkredites von S 1,3 Millionen, welcher mittlerweile eine aushaftende Höhe von S 2,003.906 erreicht hatte, um diese Überziehung abzudecken, insbesondere durch die Rahmenerweiterung eine gegenüber der gegebenen Überziehung niedrigere Verzinsung zu erlangen.

In einem am 12.3.1982 unterfertigten Pfandvertrag (Globalverpfändung von Wertpapieren) verpfändete P*** die im Depot bei dem Kreditgeber erliegenden und anderen Verwahrstellen im freien Eigentum des Pfandbestellers stehenden Wertpapiere samt Zinsgewinnanteil und Erneuerungsscheinen sowie allfällig bestehende oder künftige Bezugsrechte, darunter auch die noch in seinen Händen befindliche Dreibankenanleihe 79 (SV Oberbank) im Nominale von S 100.000 und die Sparkassenanleihe 80 (SV Sparkasse) im Nominale von S 100.000 (Pfandvertrag Beilage C).

Im weiters am 12.3.1982 unterfertigten Pfandvertrag (Verpfändung einer Spareinlage) verpfändete Helmut P*** das in seinem freien Eigentum stehende, bei der R*** S*** S***

Bankstelle Bad Aussee, erlegte Sparguthaben von derzeit S 381.174,24 samt Zinsen und Nachträgen über das Sparbuch Nr.784256 Konto Nr.32012817 lautend auf "Sicherheit" zur Besicherung eines Kredites im Gesamtbetrage von S 700.000, welchen die Klägerin dem Beklagten gewährt hat. Im Pfandvertrag ist ausdrücklich festgehalten, daß das Pfandrecht durch die vorübergehende Herausgabe des Sparbuches an den Pfandbesteller zur Durchführung von Abhebungen bzw. Einzahlungen in keiner Weise beeinträchtigt wird und die Änderungen des Kontostandes vom Pfandbesteller dem Kreditgeber zu bestätigen sind. Beide Pfandverträge dienten der Besicherung des im Jahre 1981 aufgenommenen Abstattungskredites über den Betrag von S 700.000. Am 21.4.1982 suchte Helmut P*** die Zweigstelle der Klägerin in Bad Aussee auf, um die Richtigkeit der Gutschriften aus den Wertpapieren auf dem Sparbuch Nr.784256 zu überprüfen.

Ausschließlich zu diesem Zweck wurde ihm von dem Angestellten der Klägerin Peter S*** das Sparbuch vorerst vorgelegt. Mit der Erklärung, er könne eine Überprüfung nur an Hand seiner Unterlagen zu Hause vornehmen, nahm Helmut P*** das Sparbuch an sich und bemerkte, daß er es nun auch wo anders verpfänden könne. Der Sparkassenangestellte Peter S***, welcher die Erklärung nur als Scherz auffaßte, machte Helmut P*** ausdrücklich darauf aufmerksam, daß er das Sparbuch sofort wieder zurückbringen müsse. Nachdem Helmut P*** nach mehrfacher Aufforderung das Sparbuch nicht zurückstellte, wurde er mit Schreiben vom 11.5.1982 zur Einlieferung des als Sicherstellung verwendeten Sparbuches bis letztlich Montag, den 17.Mai 1982, aufgefordert. Da Helmut P***

diesen Aufforderungen nicht Folge leistete, wurde er mit einem weiteren Schreiben vom 27.10.1982 zur Übergabe der Dreibankanleihe und der Sparkassenanleihe, die sich noch nicht in Händen der Klägerin befunden hatten, sowie des Sparbuches 784256 bei sonstiger Herausgabeklage binnen einer Woche aufgefordert.

Am 19.November 1982 verwies der Rechtsvertreter Helmut P*** auf Schwierigkeiten seines Mandanten mit einem ungetreuen Angestellten, bot eine Abtretung zur Sicherstellung einer Forderung gegenüber diesem im Betrage von S 500.000 an und führte weiters aus, daß die genannten Dokumente wie Dreibankenanlage, Sparkassenanleihe sowie Sparbuch 784256 der Klägerin selbstverständlich wieder zur Verfügung gestellt werden.

Im Zuge der Besprechungen und des Schriftverkehrs brachte die Klägerin zwei Klagen gegen Helmut P*** beim Kreisgericht Leoben ein. In der am 31.August 1982 zu 3 Cg 425/82 eingebrachten Klage begehrte sie die Rückzahlung eines aus dem Abstattungskreditvertrag und weiterer Kreditverträge aushaftenden Betrages von S 1,003.572,10 s. A. sowie in der gleichzeitig eingelangten Klage zu 3 Cg 426/82 des Kreisgericht Leoben aus einem Kreditvertrag vom 31.3.1981 die Zahlung von S 1,826.166,05 s.A. Die miteinander verbundenen Verfahren wurden in der Streitverhandlung vom 7.11.1983 zu 3 Cg 425/82 prozessual durch einen Vergleich beendet.

Im Punkt 1. dieses Vergleiches verpflichtete sich Helmut P***, der Klägerin das klagsgegenständliche Sparbuch mit dem damaligen Guthaben von S 454.271,23 bis längstens 25.11.1983 heauszugeben, ferner im Punkt 2. einen Teil seiner Liegenschaft abzuverkaufen und der Klägerin vom Erlös S 500.000 bis 31.3.1984 zur Verfügung zu stellen. Im Punkt 3. verpflichtete sich die Klägerin, bis längstens 25.11.1983 bekanntzugeben, ob dieser Vergleich von den zuständigen Gremien der Klägerin genehmigt wird, wobei im zweiten Absatz des Punktes 3. enthalten ist, daß im Falle der Nichtgenehmigung oder wenn der Beklagte das Sparbuch nicht an die Klägerin herausgibt, der gesamte Vergleich hinfällig ist. Im Punkt 4. verpflichtete sich die Klägerin, unverzüglich nach Erhalt des Sparbuches, längstens aber bis 31.3.1984 das Sparbuch und die im Depot erliegenden Wertpapiere des Beklagten zu verwerten und den Erlös auf die Schuldverpflichtung des Beklagten anzurechnen. Im Punkt 5. wurde festgehalten, daß im Falle der Vergleichswirksamkeit die Vertragsbedingungen hinsichtlich des Abstattungskredites und des Kontokorrentkredites ab 26.11.1983 wieder in Kraft treten. Punkt III des Vergleiches enthält eine generelle Schuldtilgung durch Helmut P***. Nach Punkt I. konnte Helmut P*** bis längstens 25.11.1983 nach seiner Wahl erklären, ob er die Vereinbarungen laut Punkt 1. bis 5. erfüllen will oder ob er die im Punkt III getroffene Vereinbarung zuhält. Laut Punkt II sollten sämtliche Bekanntgaben und Mitteilungen als Einschreibebrief zwischen den Parteienvertretern, wobei der 25.11.1983 als Postaufgabedatum noch rechtzeitig ist, ergehen.

Mit Schreiben vom 24.11.1983 teilte der Beklagtenvertreter dem Vertreter der Klägerin mit, daß er die Punkte II bis V zuhalten werde.

Dieser Vergleich wurde zu 3 Cg 425/82 (2 R 84,85/84 des Oberlandesgerichtes Graz) als wirksam erachtet und der mit der Nichterfüllung des Punktes 1. des Vergleiches gestellte Fortsetzungsantrag der Klägerin rechtskräftig abgewiesen, da die prozessuale Erklärung eines allfälligen Widerrufes fehlte (3 Cg 425/83-26).

Am 23.2.1984 wurde zu 2 b S 13/84 des Kreisgerichtes Leoben das Konkursverfahren über das Vermögen des Helmut P*** eröffnet. Am 29.3.1984 meldete die Klägerin ihre Forderung gegen Helmut P*** mit dem Betrage von S 4,070.753,60 als Konkursforderung an, da eine Schuldtilgung nicht erfolgte und auch die Vergleichspunkte nicht eingehalten worden waren. Die Forderung wurde vom Masseverwalter im Betrage von S 3,500.000 anerkannt. Mit Schriftsatz vom 29.3.1984 wurde bezüglich des Sparbuches ein Absonderungsrecht behauptet; vom Masseverwalter wurde lediglich darauf verwiesen, daß ein Rechtsstreit hierüber anhängig sei.

Der am 10.1.1982 von P*** beantragte Kredit wurde nicht bewilligt und P*** mit einem Schreiben im Mai 1982 mitgeteilt, daß er nicht weiterbehandelt werde, solange das Sparbuch nicht wieder in Händen der Klägerin sei.

Im Herbst 1982 übergab P*** das klagsgegenständliche Sparbuch der Bank für Oberösterreich und Salzburg zur Besicherung eines Kredites. Nachdem die Klägerin die Herausgabe des Realisates verweigerte, wurde zu 3 Cg 83/84 des Kreisgerichtes Leoben am 28.2.1984 die Klägerin von der Bank für Oberösterreich und Salzburg Zug um Zug gegen Übergabe des klagsgegenständlichen Sparbuches auf Zahlung von S 460.618,47 geklagt. Das Klagebegehren wurde in erster Instanz abgewiesen; die Entscheidung war zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung noch nicht rechtskräftig. Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß P*** die Wertpapiere und das Sparbuch rechtswirksam an die Klägerin verpfändet habe. P*** habe in weiterer Folge vertragswidrig das verpfändete Sparbuch an sich genommen und nicht mehr zurückgestellt.

Die wiederholten Aufforderungen der Klägerin an P***, die Wertpapiere und das Sparbuch im Sinne des Pfandvertrages zur Verfügung zu stellen, seien erfolglos geblieben. Auf Grund der vorliegenden Pfandverträge sei der Beklagte verpflichtet, die Wertpapiere und das Sparbuch herauszugeben.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge, sondern bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung. Es sprach in Ergänzung bzw. Berichtigung seines Urteilsspruches aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, hinsichtlich des die beiden Anleihepapiere betreffenden Herausgabeanspruches S 60.000, nicht aber S 300.000 übersteigt und erklärte die Revision diesbezüglich für zulässig. Hinsichtlich des Herausgabeanspruches, der sich auf das Sparbuch bezieht, wurde ausgesprochen, daß der Streitgegenstand diesbezüglich S 300.000 übersteigt. Das Gericht zweiter Instanz vertrat folgende Auffassung:

Zunächst müsse davon ausgegangen werden, daß Helmut P*** am 12.3.1982 das strittige Sparbuch und die in Klage gezogenen Wertpapiere wirksam der Klägerin verpfändete. Durch die Vorgangsweise, die P*** in weiterer Folge an den Tag legte, sei das Pfandrecht nicht erloschen. Das Sparbuch - die Pfandsache - sei nicht ohne Vorbehalt bzw. nicht gewollt zurückgestellt worden, es sei vielmehr von P*** der Klägerin "praktisch herausgelockt" worden. In einem solchen Fall erlösche das Pfandrecht, ebenso wie im Falle der Entwendung oder des Verlustes der Pfandsache nicht. Die Wertpapiere habe Helmut P*** wirksam mit Vertrag an die Klägerin verpfändet; die Herausgabepflicht beruhe auf dem zwischen P*** und der Klägerin abgeschlossenen Verpfändungsvertrag. Ein solcher sei die ohne wirkliche Einräumung des Pfandrechtes getroffene Vereinbarung, für eigene Schuld erst künftig ein Pfand zu bestellen - hier die Wertpapiere - , also eine Sache als Pfand übergeben zu wollen. Dieser Vertrag verschaffe zwar mangels Übergabe kein dingliches Recht, doch einen obligatorischen Anspruch auf Pfandgabe der bestimmten zugesagten Sache. Das gelte auch für den Pfandvertrag, bei dem die zugesagte Übergabe (Verwahrung) der Pfandsache noch nicht erfolgt ist. P*** habe sich dadurch, daß er die Wertpapiere nicht der Klägerin übergeben hat, vertragswidrig verhalten. Da bezüglich der Wertpapiere und des Sparbuches rechtswirksam zustande gekommene Verträge vorliegen und P*** einerseits die Wertpapiere vertragswidrig nicht übergeben und andererseits das bereits übergebene Sparbuch ebenso vertragswidrig wieder an sich genommen und nicht zurückgestellt hat, habe das Erstgericht richtig dahin entschieden, daß der Beklagte die in Klage gezogenen Wertpapiere und das Sparbuch herausgeben müsse. Der Beklagte habe erstmals im Berufungsverfahren hinsichtlich des Sparbuches Unmöglichkeit der Leistung eingewendet. Nur dauernde und unverschuldete Unmöglichkeit der Leistung hebe jedoch die Obligation auf. Keine dauernde Unmöglichkeit liege vor, wenn sich die Sache - hier das Sparbuch - bei einem Dritten befindet, der sie nicht abzugeben bereit ist. Der Beklagte habe im Verfahren nicht einmal behauptet und zu beweisen versucht, daß er alles unternommen hat, den Dritten zu einer die Erfüllung ermöglichenden Handlung zu bewegen.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs 1 Z 1 bis 4 ZPO mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. In seinem Rekurs gegen den dargestellten Berichtigungsbeschluß beantragt der Beklagte, eine Zusammenrechnung der Streitwerte aller geltend gemachten Forderungen vorzunehmen oder zumindest die Revision hinsichtlich der beiden Anleihen als eine solche gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO aufzufassen. Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Beklagten ist unzulässig, die Revision teilweise berechtigt.

I.) Zum Rekurs des Beklagten:

Der Beklagte wendet sich mit seinen Rekursausführungen zunächst dagegen, daß das Berufungsgericht - dem Ergänzungsauftrag des Obersten Gerichtshofes folgend - eine gesonderte Bewertung der Streitwerte hinsichtlich der Forderungen auf Herausgabe der beiden Anleihepapiere und des Sparbuches vorgenommen hat. Er sucht demnach im Grunde durchzusetzen, daß für die beiden Anleihepapiere ebenfalls ein Streitwert über der Grenze von S 300.000 angenommen wird. Damit wendet er sich gegen einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 ZPO. Ein solcher ist gemäß § 500 Abs 4 ZPO nicht selbst mit Rekurs anfechtbar. Im übrigen ist der Eventualantrag des Beklagten, die Revision hinsichtlich der Anleihen als eine solche gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO anzusehen, lediglich als ein Hinweis darauf zu werten, daß er die - im übrigen diesbezüglich ohnedies als zulässig erklärte - Revision als eine solche im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung aufgefaßt wissen will.

II.) Zur Revision des Beklagten:

1.) Der Beklagte macht zunächst eine angebliche Nichtigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens geltend, weil dieses "gegen die Mindestvoraussetzungen der Entscheidungsgewalt verstoßen" habe, indem es auf die Berufung nicht eingegangen sei. Weder der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO liegt jedoch vor, noch jener der Z 9 der genannten Bestimmung: Der Beklagte wendet sich mit seinen im wesentlichen summarisch gehaltenen Ausführungen im Grunde bloß gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanzen. In der Entscheidung von Beweiswürdigungsfragen nach freier Überzeugung kann aber keine Nichtigkeit begründet sein. Soweit der Beklagte außerdem noch behauptet, daß Nichtigkeiten des Erstgerichtes durch das Berufungsgericht nicht behoben worden seien, ist er darauf zu verweisen, daß er keine Berufung wegen Nichtigkeit erhoben hat und daß er demnach eine solche Anfechtung im Revisionsverfahren nicht mehr geltend machen kann (EvBl 1957/145; SZ 54/190 u.z.a.).

2.) Der Rechtsmittelwerber behauptet weiters, daß das Berufungsgericht Verfahrensmängel erster Instanz zu Unrecht verneint habe. Damit wird jedoch keine Mangelhaftigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens dargetan, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).

3.) Unter dem Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit rügt der Beklagte wieder die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen. Auch dieser Anfechtungsgrund liegt daher nicht vor, was ebenfalls nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).

4.) Die Rechtsrüge baut der Beklagte darauf auf, daß er in summarisch gehaltener Darlegung behauptet, die Vorinstanzen hätten nicht alle maßgeblichen Rechtsnormen ermittelt. Dazu war zu erwägen:

Zunächst ist davon auszugehen, daß der Entscheidung des Rechtsfalles die Sach- und Rechtslage zugrundezulegen ist, wie sie sich im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz darstellte (Fasching Zivilprozeßrecht Rdz 1456; vgl. auch 8 Ob 545/85 u.a.). Es ist daher auf die vom Beklagten erst im Berufungsverfahren erhobene Einwendung der Unmöglichkeit der Leistung - im Revisionsverfahren kommt er darauf nicht mehr zurück - nicht weiter einzugehen, weil diesbezüglich die Behauptungs- und Beweislast ausschließlich dem Schuldner obliegt (Pisko, Gschnitzer in Klang 2 VI 550; 8 Ob 583/78; 6 Ob 560/79

u. a.).

Weiters ist zu unterscheiden zwischen der Rechtslage, die a) die beiden Anleihen betrifft und jener, die b) für das Sparbuch gilt.

a) Nach den getroffenen Feststellungen haben sich die beiden "verpfändeten" Anleihen bisher nicht in Händen der Klägerin befunden. Da die aus den Anleihen resultierenden Forderungen in Urkunden verkörpert sind, wäre zur Begründung des Pfandrechtes daran die Übergabe der Papiere erforderlich gewesen (vgl. Petrasch in Rummel Rdz 4 zu § 453 ABGB). Richtig hat daher das Berufungsgericht erkannt, daß es sich bei der "Verpfändung" der beiden Anleihen in Wirklichkeit bloß um einen sogenannten "Verpfändungsvertrag" ohne wirkliche Einräumung des Pfandrechtes gehandelt hat, also um einen Vertrag, eine Sache als Pfand geben zu wollen. Dieser Vertrag verschafft mangels Übergabsaktes kein dingliches Recht, sondern nur den obligatorischen Anspruch auf Pfandgabe der bestimmt zugesagten Sache (Petrasch in Rummel Rdz 5 zu § 1368 ABGB; vgl. auch 3 Ob 629/83; 3 Ob 77/85 u.a.). Die bloße Zusage der Pfandbestellung verschafft aber kein Absonderungsrecht (Petrasch in Rummel a.a.O.). Nach der Konkurseröffnung können überhaupt keine Pfandrechte an zur Konkursmasse gehörigen Sachen erworben werden (SZ 27/13 u.a.). Soweit die Klägerin daher durch die Geltendmachung des Anspruches auf Herausgabe der beiden Anleihen in Wirklichkeit die Begründung des bisher mangels Übergabsaktes nicht entstandenen Pfandrechtes daran anstrebt, steht dem die Konkurseröffnung über das Vermögen P*** entgegen, weshalb das Klagebegehren - ohne daß auf Fragen der Anmeldung der Herausgabeansprüche im Konkurs näher einzugehen war - abgewiesen werden mußte. In diesem Belang erweist sich die Revision des Beklagten daher als berechtigt.

b) Anders verhält es sich mit dem Sparbuch Nr.784256. Daran wurde nach den getroffenen Feststellungen der Klägerin tatsächlich die Sachherrschaft im Sinne des § 1368 ABGB eingeräumt. Allerdings ging sie dieser insoweit wieder verlustig, als Helmut P*** das Sparbuch zur Überprüfung der Richtigkeit der Gutschriften mit der Auflage ausgehändigt wurde, es "sofort wieder zurückzubringen". Diesem Auftrag kam er nicht mehr nach. Nach insoweit nahezu einhelliger Auffassung (vgl. hiezu Petrasch in Rummel zu § 467 ABGB, Rdz 5 und die dort vollständig dargelegte veröffentlichte Judikatur) ist der "Vorbehalt" des Pfandrechtes bei der Rückstellung des Pfandes an den Schuldner zwar bei dauernder oder zeitlich unbestimmter Rückstellung unwirksam; dies kann aber jedenfalls dann, wenn die Rückstellung wie hier gleich erwartet, dies deutlich zum Ausdruck gebracht und kein Anhaltspunkt erkannt wird, daß die bloße gefälligkeitshalber gestattete Einsichtnahme in das als Pfand dienende Sparbuch, den Entzug des Pfandes bezweckte, nicht gesagt werden (vgl. SZ 25/89; SZ 41/140; EvBl 1960/220; EvBl 1970/109 u. a.). Das Pfandrecht am Sparbuch besteht daher immer noch, und zwar unabhängig davon, ob Helmut P*** die Gelegenheit, das Sparbuch weiterzuverpfänden, wirksam wahrgenommen hat oder nicht (vgl. 7 Ob 599/85). Demgemäß ist das auf das erworbene Absonderungsrecht daran gestützte Herausgabebegehren - wie die Vorinstanzen diesbezüglich zutreffend erkannten - berechtigt. Der Revision war somit insoweit der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 43 Abs 1, 50 ZPO.

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