OGH 3Ob112/68

OGH3Ob112/6823.10.1968

SZ 41/140

Normen

ABGB §358
ABGB §467
ABGB §358
ABGB §467

 

Spruch:

Stellt der Gläubiger eine ihm zur Sicherheit übereignete oder verpfändete Sache dem Schuldner nicht bloß vorübergehend, sondern auf unbestimmte Zeit zurück, so erlischt das Eigentum oder das Pfandrecht am Gegenstand.

Entscheidung vom 23. Oktober 1968, 3 Ob 112/68.

I. Instanz: Bezirksgericht Bregenz; II. Instanz: Landesgericht Feldkirch.

Text

Auf Grund des Versäumungsurteiles des Landesgerichtes F. vom 29. Dezember 1966 wurde dem Beklagten wider die Verpflichteten Horst H. und Gerda R. die Pfändung, Verwahrung und Verkauf der in der Gewahrsame der Verpflichteten beweglichen Sachen zu E .../67 des Bezirksgerichtes B. bewilligt. Unter PZ. 9 wurde ein Fernsehprojektor, unter PZ. 10 ein PKW Jaguar und unter PZ. 11 ein VW-Bus gepfändet.

Der Kläger bringt vor, daß ihm an diesen Gegenständen Rechte zustunden, welche die Vornahme der Exekution unzulässig machen würden, er sei deren Eigentümer. Die Pfandsachen seien ihm vom Verpflichteten Horst H. zur Sicherung einer Forderung übereignet worden.

Der Beklagte bestreitet das Vorbringen des Klägers und verweist darauf, daß sich die Gegenstände zur Zeit der Pfändung in der Gewahrsame des Verpflichteten befunden hätten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die vom Bezirksgericht B. gepfändeten Gegenstände PZ. 9 bis 11 stehen seit 1 1/2 Jahren im Eigentum des Klägers Walter G. Schon vor Abschluß der unten näher geschilderten schriftlichen Verträge vom 19. Juli 1966 wurden diese Gegenstände dem Kläger vom Verpflichteten ins Sicherungseigentum übertragen und körperlich übergeben. Walter G. war stiller Gesellschafter des Verpflichteten Horst H. und brachte diesem eine Einlage von 150.000 S ins Geschäft. Zur Begründung der begehrten Sicherheit übertrug Horst H. laut Vertrag vom 19. Juli 1966 das Eigentum am PKW. Jaguar, am VW-Bus und am Fernsehprojektor an Walter G. Walter G. fuhr mit den beiden Wagen wenige Tage selbst und erhielt auch den Typenschein für beide Fahrzeuge ausgefolgt. Nach Übertragung des Sicherungseigentumes und der Übergabe der beiden Fahrzeuge an den Kläger nahm Host H. beide Fahrzeuge auf Grund des Leihvertrages vom 19. Juli 1966 in Benützung, jedoch mit der Verpflichtung, die Fahrzeuge über jederzeitiges Verlangen an den Kläger zurückzustellen.

Im Sicherungsübereignungsvertrag zwischen Horst H. und dem Kläger wurde vereinbart, daß der Sicherungseigentümer von den ihm übergebenden Gegenständen nur zur Sicherung seiner Kapitaleinlage als stiller Gesellschafter Gebrauch machen dürfe. Für den Fall der Unfähigkeit des Horst H. zur Rückzahlung der vom Kläger eingebrachten Kapitaleinlage bei Auflösung der Gesellschaft oder bei Austritt des Klägers war dieser berechtigt, die sicherungsübereigneten Gegenstände gerichtlich oder außergerichtlich veräußern zu lassen oder selbst zu veräußern und den Erlös aus dieser Veräußerung auf seine Forderung zu verrechnen. Ein allfälliger Überschuß war jedoch dem Schuldner herauszugeben. Bei Rückzahlung von 150.000 S wäre der Kläger verpflichtet, diese Gegenstände an H. zurückzugeben.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

Der Oberste Gerichtshof wies die Revision des Beklagten hinsichtlich der PZ. 9 des Pfändungsprotokolles zurück. Im übrigen gab er der Revision Folge und änderte die Urteile der Untergerichte dahin ab, daß das Klagebegehren, die vom Beklagten gegen die Verpflichteten Horst H. und Gerda R. zu E .../67 des Erstgerichtes geführte Fahrnisexekution hinsichtlich der Pfandgegenstände PZ. 10 und 11 des Pfändungsprotokolls für unzulässig zu erklären, abgewiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Wie im Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 7. August 1968, 3 Ob 89/68, ausgeführt wurde, enthielt das Urteil des Berufungsgerichtes nur den Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteigt. Auf Grund dieses Beschlusses sprach nun die zweite Instanz mit Beschluß vom 27. August 1968 aus, daß der Wert der Pfandgegenstände PZ. 10 und 11, und zwar eines jeden für sich allein, 15.000 S übersteige, nicht aber der Wert der Pfandsache PZ.

9.

Im Sinn der Ausführungen des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes vom 7. August 1968 und der dort angeführten Belegstellen ist die Revision hinsichtlich der PZ. 9 unzulässig, sodaß sie in diesem Umfang zurückzuweisen war.

Im übrigen ist die Revision begrundet.

Den Untergerichten ist beizupflichten, daß die Sicherungsübereignung ein Volleigentum schafft (SZ. VII 46, SZ. XXV 138, SZ. XXVIII 72, SZ. XXXVIII 190, Klang[2] II 301 ff., Neumann - Lichtblau[4] S. 462 u. a.), welches daher die Unzulässigkeit der Exekution zur Folge hat. Nun unterscheidet sich der Erwerb des Pfandrechtes von dem des Eigentums dadurch, daß gemäß § 451 ABGB. zum letzteren nur körperliche Übergabe oder gemäß § 452 ABGB. Übergabe durch Zeichen, nicht aber ein Besitzkonstitut ausreicht ZVR. 1961 Nr. 311 u. a.). Da die Sicherungsübereignung denselben wirtschaftlichen Zweck verfolgt wie das Pfandrecht, müssen zu ihrem Zustandekommen die gleichen Voraussetzungen gegeben sein wie beim Erwerb des Pfandrechtes; sonst könnte deren Vorhandensein in der Weise umgangen werden, daß der Schuldner die Sache nicht verpfändet, vielmehr dem Gläubiger zur Sicherung übereignet (HS. 633, SZ. XXVIII 72, JBl. 1967 S. 618, Klang[2] II 303 ff., Neumann - Lichtblau[4] S. 462 u. a.). Es gilt also der Grundsatz des Faustpfandes mit seinem Ausschluß des Besitzkonstituts auch für die Sicherungsübereignung.

Die Untergerichte vertreten nun die Ansicht, das Pfandrecht sei dadurch, daß der Kläger die beiden Kraftwagen H. zur Benützung überlassen hat, nicht untergegangen.

Gemäß § 467 ABGB. erlischt das Pfandrecht, sobald der Gläubiger dem Schuldner das Pfand zurückstellt, nur dann, wenn dies ohne Vorbehalt geschieht. Die Verfasser dieser Bestimmung waren der Ansicht, daß bei Rückgabe des Pfandes die Bedingung gesetzt werden könne, daß das Pfandrecht aufrecht bleibe (Ofner, Protokolle I. S. 298). Dabei wurde jedoch übersehen, daß auf diese Art das Faustpfandprinzip aufgegeben würde und damit ein Widerspruch zu §§ 451, 452 ABGB. bestunde. Die dort angeführten Voraussetzungen würden zur leeren Form herabsinken. Es ist daher schon längst erkannt worden, daß zwischen §§ 451 und 452 ABGB. einerseits und § 467 ABGB. andererseits ein Widerspruch besteht (so Ehrenzweig[2] I/2 S. 410, 498, Klang[2] II 517). Pfersche (Grundriß des österreichischen Sachenrechtes S. 66) will den Widerspruch dadurch lösen, daß er für den Vorbehalt des Pfandrechts sichtbare Zeichen verlangt. Diese Auffassung läßt sich jedoch durch das Gesetz nicht begrunden. Nach der neueren Lehre (Ehrenzweig a. a. O. S. 498, Gschnitzer, Sachenrecht S. 197) kommt es darauf an, ob das Pfand dauernd oder nur vorübergehend zurückgestellt wurde. Gerade in einem solchen Fall und unter Hinweis darauf, daß die Pfandsache nur vorübergehend dem Schuldner zurückgestellt worden war, erklärte der Oberste Gerichtshof in der E. SZ. XXV 89 das Pfandrecht als weiterbestehend. In der E. EvBl. 1960 Nr. 220 wird allerdings ausgesprochen, daß im dort gegebenen Fall das Pfandrecht durch Überlassung zur Benützung nicht erloschen sei; doch befand sich der verpfändete Kraftwagen bei der Gläubigerin, von wo ihn der Schuldner mit Zustimmung der Gläubigerin, wenn er ihn benötigte, zur Benützung abholte; er hatte aber nicht ständig die Gewahrsame, vielmehr gab die Gläubigerin auch anderen Leuten den Wagen zur Benützung. Die E. ZVR. 1964 Nr. 277 bezieht sich auf keine Übereignung zur Sicherheit.

Im vorliegenden Fall wurde sowohl der Vertrag, durch den das Sicherungseigentum hätte begrundet werden sollen, als auch der Leihvertrag am 19. Juli 1966 abgeschlossen. In Punkt 2 dieser Vertragsurkunde überließ der Kläger dem Horst H. die in seinem Sicherungseigentum befindlichen Gegenstände auf unbestimmte Zeit leihweise, wobei letzterer allerdings verpflichtet war, sie dem Kläger auf Verlangen jederzeit herauszugeben. Von einer bloß vorübergehenden Überlassung kann daher nicht die Rede sein. Erklärte man das Pfandrecht als weiter zu Recht bestehend, so würde dies auf die Anerkennung einer Mobiliarhypothek hinauslaufen. So wie in diesem Fall könnten die Parteien des Pfandvertrages stets vorgehen, so daß die Bestimmungen der §§ 451, 452 ABGB. überflüssig und wirkungslos wären, wenn man § 467 ABGB. nicht dahin einschränkend auslegte, daß es sich nur um eine zeitweise oder vorübergehende Rückstellung handeln darf. Das Ende der Überlassung muß daher in naher Zeit liegen und darf nicht unabsehbar sein.

Es war also der Revision Folge zu geben und das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren hinsichtlich der PZ. 10 und 11 abgewiesen wurde.

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