Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 171 KO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Nach § 213 Abs 4 KO kann das Gericht, wenn eine Aussetzung der Entscheidung über die Restschuldbefreiung nicht der Billigkeit entspricht und der Schuldner eine weitere Erklärung nach § 199 Abs 2 KO für diesen Zeitraum abgibt, das Abschöpfungsverfahren um drei Jahre verlängern. Diese Entscheidung stellt nach dem Gesetzeswortlaut eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Ermessensentscheidung dar („Kann-Bestimmung“).
Der Revisionsrekurs führt grundsätzlich zutreffend aus, dass seit dem Inkrafttreten der Insolvenz-Nov 2002 die Wahrscheinlichkeit der Restschuldbefreiung nicht mehr zu den Erfordernissen für die Einleitung eines Schuldenregulierungsverfahrens gehört (vgl auch 8 Ob 246/02p = ZIK 2003/194 = SZ 2003/25; 8 Ob 115/03z). Der Antrag auf Durchführung des Abschöpfungsverfahrens ist daher nur bei Vorliegen der in § 201 Abs 1 genannten Einleitungshindernisse abzuweisen. Inwiefern die Änderung des § 183 Abs 1 KO durch die Insolvenz-Nov 2002 aber auch unmittelbare Auswirkungen auf die Anwendung des § 213 Abs 4 KO haben müsste, sodass zu diesem Thema eine über den Anlassfall hinausreichende Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs erforderlich wäre, kann der Revisionsrekurs nicht nachvollziehbar begründen.
Der Gesetzgeber hat die Novellierung des § 183 Abs 1 Z 3 KO vielmehr gerade nicht zum Anlass genommen, auch die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Verlängerung des Abschöpfungsverfahrens nach § 213 Abs 4 KO neu zu regeln und von einer Ermessensentscheidung des Gerichts zugunsten eines Anspruchs des Schuldners auf Verlängerung abzugehen. Gerade diese Konsequenz würde sich aber nach den Revisionsausführungen ergeben. Für eine natürliche Person ist es praktisch nie „von vornherein aussichtslos“, doch noch an Geldmittel zu gelangen, die eine Aufbringung des für die Restschuldbefreiung erforderlichen Betrags ermöglichen. Es kann sich durch berufliche Veränderung oder Annahme einer Nebenbeschäftigung die Einkommenslage verbessern, andere naheliegende Möglichkeiten sind zB die Unterstützung von Verwandten oder eine Erbschaft.
Es besteht nun kein Zweifel, dass auch der Gesetzgeber der Insolvenz-Nov 2002 sich dieser Möglichkeiten bewusst war, dennoch hat er sie aber nicht für ausreichend erachtet, um die weitere Verlängerung eines über sieben Jahre nach den Maßstäben des § 213 Abs 1 bis 3 KO gescheiterten Abschöpfungsverfahrens ohne gerichtliche Ermessensentscheidung nur mehr vom Willen des Schuldners abhängig zu machen.
Die Bewilligung einer Verlängerung des Abschöpfungsverfahrens bedarf daher konkreter Gründe, die vom Schuldner, der sie anstrebt, zu behaupten und zu bescheinigen sind. Welche Umstände generell für oder gegen eine Verlängerung des Abschöpfungsverfahrens sprechen können, ist an der gesetzlichen Zielsetzung dieser Maßnahme zu messen. Die Verlängerung des Abschöpfungsverfahrens nach § 213 Abs 4 KO soll dem Schuldner ermöglichen, die Quote von 10 % und damit die Restschuldbefreiung doch noch zu erreichen (Kodek aaO Rz 551; 697). Da im Fall der verlängerten Dauer des Abschöpfungsverfahrens eine Restschuldbefreiung nach Billigkeit auch bei geringfügigem Unterschreiten der Mindestbefriedigungsquote nicht mehr möglich ist (vgl RIS-Justiz RS0121181; 8 Ob 84/06w), kann eine Zukunftsprognose bei der Ermessensentscheidung jedenfalls nicht völlig vernachlässigt werden. Bloße Versprechungen, ohne realitätsbezogenen Plan zu ihrer Erfüllung, können keine günstige Prognose begründen.
Die Problematik der Unwägbarkeit einer vorweggenommenen Prüfung der Zukunftsaussichten, mit der die Änderung des § 183 Abs 1 Z 3 KO nach der Insolvenz-Nov 2002 unter anderem begründet wurde, trifft auf die Verfahrenslage im Zeitpunkt einer Entscheidung nach § 213 Abs 4 KO nicht mehr zu, weil der vorangegangene siebenjährige Beobachtungszeitraum bereits eine sehr breite Grundlage für eine Abschätzung der individuellen Einkommensperspektiven und der Zahlungsmoral des Schuldners bietet. Mit dem Kenntnisstand des Gerichts zu Beginn des Schuldenregulierungsverfahrens ist diese Lage nicht vergleichbar.
Dem Revisionsrekurs ist zuzugestehen, dass das Abschöpfungsverfahren neben dem Ziel der Restschuldbefreiung auch einer geordneten Haftungsabwicklung unter Gleichbehandlung der Gläubiger dient (vgl Kodek aaO Rz 515 mwN). Diese Überlegung gilt aber ohne Unterschied für jedes Schuldenregulierungsverfahren; ihr Gewicht ist außerdem nicht vom wirtschaftlichen Erfolg des bisherigen Abschöpfungsverfahrens zu trennen. Verfehlt der Schuldner während des ganzen siebenjährigen Abschöpfungszeitraums die Mindestquote bei Weitem, kann das Interesse an zukünftiger gleich schlechter Behandlung kein schlagendes Argument für eine Verlängerung des Verfahrens bieten, wenn nicht eine konkrete Aussicht auf Besserung innerhalb der folgenden drei Jahre besteht.
Die Beantwortung der Frage, ob es dem Schuldner gelungen ist, die Wahrscheinlichkeit einer Erfüllung der Mindestquote innerhalb der verlängerten Frist hinreichend zu bescheinigen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO iVm 171 KO (Mohr in Konecny/Schubert KO § 213 Rz 26 f; Kodek, Handbuch Privatkonkurs, Rz 697). Soweit das Rekursgericht im vorliegenden Anlassfall das Fehlen konkreter Behauptungen über die Art der Teilzeittätigkeit sowie das Einkommen der Ehegattin in Verbindung mit dem Hinzutreten einer weiteren Sorgepflicht insgesamt zum Nachteil des Schuldners gewürdigt hat, kann darin auch keine unvertretbare Fehlbeurteilung erblickt werden.
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