OGH 8Ob50/09z

OGH8Ob50/09z19.5.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Unterbringungssache Rudolf K*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Abteilungsleiterin der Landesnervenklinik *****, vertreten durch Dr. Georg-Christian Gass und Dr. Alexander M. Sutter, Rechtsanwälte in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 3. Februar 2009, GZ 6 R 301/08s-20, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht hat den Rekurs der Anstaltsleiterin gegen den Beschluss des Erstgerichts, mit dem dieses aussprach, dass bestimmte Beschränkungsmaßnahmen an der untergebrachten Person (vor deren Tod) unzulässig waren, mangels Rechtsmittellegitimation als unzulässig zurückgewiesen.

Mit ihren Ausführungen, dass zur Frage, ob dem Abteilungsleiter im Unterbringungsverfahren eine Rechtsmittellegitimation gegen Entscheidungen zukomme, die eine aufgrund des Ablebens des betroffenen Patienten beendete Unterbringung bzw eine sonstige freiheitsbeschränkende Maßnahme für unzulässig erklären, eine „ständige Rechtsprechung" nicht vorliege, zeigt die Rechtsmittelwerberin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG auf.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs beschränkt sich nämlich die verfahrensrechtliche Stellung des Abteilungsleiters im Unterbringungsverfahren darauf, die Interessen des Untergebrachten zu verfolgen, wogegen er nicht dazu berufen ist, die Interessen des Krankenhausträgers oder der behandelnden Ärzte zu vertreten (RIS-Justiz RS0076089 [T3]; RS0076104 [T3]; RS0007806; RS0075986; zuletzt 1 Ob 70/08p; 2 Ob 198/08v; 2 Ob 284/08s ua; die in diesem Zusammenhang im Rechtsmittel zitierte Entscheidung „10 Ob 70/09p" ist ein offensichtliches Fehlzitat; 10 Ob 70/08d - als allenfalls gemeintes Aktenzeichen - betraf die begründungslose Zurückweisung einer außerordentlichen Revision in einer Bestandsache). Nach Aufhebung der Unterbringungsmaßnahmen fehlt es dem Abteilungsleiter hinsichtlich der diese für nicht zulässig erklärenden Entscheidung an einer aufrechten Beschwer (2 Ob 284/08s; 4 Ob 576/94 = SZ 67/230; RIS-Justiz RS0075054). In der rechtlichen Beurteilung des Rekursgerichts, dass es darauf, ob die beschränkende Maßnahme - wie hier - infolge Ablebens des Patienten oder aus anderen Gründen beendet wurde, nicht ankomme, kann sohin eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung nicht erblickt werden. Mit ihren Ausführungen, dass sich schon aufgrund der erforderlichen Waffengleichheit und dem sich aus Art 6 Abs 1 EMRK verankerten Grundsatz des fair trial ihre Rechtsmittellegitimation ergebe, zeigt die Rechtsmittelwerberin ebenfalls keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf. Eine Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Verhaltens der Beteiligten hat nämlich nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht in diesem Verfahren, sondern einem allfälligen Amtshaftungsverfahren bzw im (hinsichtlich des gewaltsamen Todes bereits eingeleiteten) Strafverfahren zu erfolgen (RIS-Justiz RS0075987; RS0076089 [T2]). Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst - trotz Kritik in der Lehre - ausdrücklich an der Rechtsansicht festgehalten, dass das Rekursrecht des Anstaltsleiters nicht der Abwehr des durch eine gerichtliche Sachentscheidung gegen die Anstalt gerichteten Vorwurfs gesetzwidriger Vorgangsweisen gegenüber einem Kranken dient (10 Ob 38/08y mwN).

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

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