OGH 8Ob26/06s

OGH8Ob26/06s30.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christiane L*****, vertreten durch Mag. Karin Bronauer, Rechtsanwältin in Kufstein, gegen die beklagte Partei Franz P*****, vertreten durch Dr. Ulrich Schwab und Dr. Georg Schwab, Rechtsanwälte in Wels, wegen EUR 23.019,68 sA und Feststellung (EUR 3.000), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 12. Jänner 2006, GZ 6 R 203/05y-40, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin, die über keinerlei Erfahrung bei Sprüngen ins Wasser verfügte, nahm an einem geführten Flusstauchgang teil und erlitt bei einem, den Teilnehmern freigestellten Sprung von einer Brücke in das 14 m tiefe gelegene (ausreichend tiefe) Flussbett eine schwere Verletzung, da sie beim Sprung in Rückenlage geriet und mit dem verlängerten Rückgrat am Wasser aufprallte.

Nach ständiger Rechtsprechung sind Handlungen oder Unterlassungen im Zug sportlicher Betätigung, durch die ein anderer Teilnehmer in seiner körperlichen Sicherheit gefährdet oder am Körper verletzt wird, insoweit nicht rechtswidrig, als sie nicht das in der Natur der betreffenden Sportart gelegene Risiko vergrößern (SZ 54/133; SZ 60/176; SZ 72/2; 2 Ob 109/03y). Dies gilt nicht nur für Kampfsportarten, sondern auch für sonstige Sportarten, bei denen es wegen des notwendigen Naheverhältnisses der Teilnehmer zueinander oder zu den dabei verwendeten Sportgeräten zu Gefährdungen oder zu Verletzungen der Teilnehmer kommen kann. Diese Rechtsprechung beruht auf dem Gedanken des Handelns auf eigene Gefahr. Wer sich einer ihm bekannten oder erkennbaren Gefahr aussetzt, wie etwa durch Teilnahme an gefährlichen Veranstaltungen, dem wird eine Selbstsicherung zugemutet. Ihm gegenüber wird die dem Gefährdenden sonst obliegende Sorgfaltspflicht aufgehoben oder eingeschränkt (2 Ob 109/03y mwH). In den Fällen echten Handelns auf eigene Gefahr ist die Rechtswidrigkeit des Verhaltens aufgrund einer umfangreichen Interessenabwägung zu beurteilen. Es ist stets zu prüfen, wie weit durch das echte Handeln auf eigene Gefahr die Sorgfaltspflichten anderer aufgehoben werden (Koziol, Haftpflichtrecht³ I Rz 4/39; SZ 72/2).

Soweit die Rechtsmittelwerberin als Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung releviert, dass das Berufungsgericht die vom Obersten Gerichtshof zum „Handeln auf eigene Gefahr" entwickelte Rechtsprechung nicht ausreichend beachtet habe, ist ihr entgegen zu halten, dass den von ihr zitierten Entscheidungen Sachverhalte zugrunde liegen, die mit dem Vorliegenden in wesentlichen Punkten nicht vergleichbar sind. Die Entscheidung 1 Ob 35/87 hatte sich zwar ebenfalls mit einer Sprungverletzung zu befassen, diese ereignete sich aber bei einer Feuerwehrübung, bei der ein mangelhafter, bei der Bedienung problematischer und nicht ausreichend erprobter Sprungpolster zum Einsatz gelangte, wovon der Verletzte nicht informiert war. Ebenso wenig ist aus der „Autosurfer"-Entscheidung (7 Ob 196/99w) zu gewinnen, da in diesem Zusammenhang die (minderjährige, alkoholisierte) Lenkern gegen ein Schutzgesetz (§ 106 Abs 1 KFG) verstoßen hatte. In der „Hängegleiterentscheidung" (2 Ob 277/05g) war der Absturz bei einem Tandemflug Folge des Ausrutschens beim Start, da der Passagier, obwohl er diesbezüglich Bedenken geäußert hatte, nicht auf die durch ungeeignetes Schuhwerk erhöhte Gefahr hingewiesen worden war.

Welche Maßnahmen zur Abwehr vorhersehbarer Gefahren notwendig und zumutbar sind, ist stets nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (SZ 71/58).

Die Rechtsmittelwerberin geht bei ihrer Argumentation, dass die Rechtsprechung zur „Anpreisung von Risikosportarten" nicht beachtet worden sei, nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Danach war zwar in der Beschreibung der Tour ein Hinweis auf die Möglichkeit dieses Sprungs enthalten, dieser war aber gerade nicht fixer Programmbestandteil und es erfolgte auch keine Aufforderung an die Teilnehmer den Sprung durchzuführen.

Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

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