OGH 8Ob19/14y

OGH8Ob19/14y24.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** W*****, vertreten durch Dr. Bernhard Kall, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei R***** W*****, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Dr. Andreas Frauenberger, Rechtsanwälte in Wien, wegen 30.440,40 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Jänner 2014, GZ 11 R 214/13s‑11, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revision zeigt keinen der Berufungsentscheidung anhaftenden Mangel iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

1. Die behaupteten Verfahrensmängel, die in einem Abgehen von den erstgerichtlichen Feststellungen ohne vorherige Beweiswiederholung durch das Berufungsgericht liegen sollen, sind nicht erkennbar.

Es besteht kein relevanter inhaltlicher Widerspruch zwischen der Feststellung, dass der Beklagte auf das geänderte Anbot der Vermieterseite im Mai 2013 mit einem Gegenvorschlag reagierte, und der vom Berufungsgericht gewählten Formulierung, er habe versucht, „nicht ohne jede Verhandlung“ zu den geänderten Bedingungen abzuschließen. Ob der Beklagte Ende Mai 2013 bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen hätte können, dass die Hausverwaltung die ihm angebotene Wohnung innerhalb von zwei Wochen anderweitig vermieten werde, ist eine der rechtlichen Beurteilung zuzuordnende Schlussfolgerung aus den festgestellten Tatsachen.

2. Das Berufungsgericht hat auch die Beweisrüge des Klägers nicht übergangen, sondern sich auf mehreren Seiten seiner Entscheidung ausführlich damit befasst. Die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Beweisrüge ist mängelfrei, wenn es dazu nachvollziehbare Überlegungen anstellt und in seinem Urteil festhält (RIS‑Justiz RS0043162 [T4]). Bedenken gegen die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen können im Revisionsverfahren nicht mehr aufgegriffen werden.

Die Auslegung, ob aufgrund des festgestellten Sachverhalts zwischen den Streitteilen „ein vom Wohnungstausch losgelöster Kaufvertrag geschlossen wurde“, gehört nicht zur Beweiswürdigung, sondern zur rechtlichen Beurteilung.

3. Die Auslegung eines Vertrags, hier konkret die Frage, ob die Mobiliarablösevereinbarung unter der Bedingung des Zustandekommens der Mietvertragsnachfolge stand, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und kann die Zulässigkeit der Revision nicht begründen (RIS‑Justiz RS0042936), solange vom Berufungsgericht kein geradezu unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS‑Justiz RS0042769). Anderes gilt selbst dann nicht, wenn (auch) die vom Rechtsmittelwerber angestrebte Vertragsauslegung vertretbar wäre (6 Ob 213/05x; 4 Ob 134/02p). Wenn die Vorinstanzen zu dem Ergebnis gelangt sind, dass die Streitteile ihre Ablösevereinbarung unter der Bedingung abgeschlossen haben, dass die vom Beklagten vertretene Gesellschaft tatsächlich Nachmieterin der Wohnung wird und über das abzulösende Inventar verfügen kann, ist dies jedenfalls nicht unvertretbar. Dieses Auslegungsergebnis entspricht vielmehr dem in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsatz, dass im Zweifel der Auslegung der Vorzug zu geben ist, die eine wirksame und sinnvolle Anwendung der strittigen Vereinbarung ermöglicht (RIS‑Justiz RS0017787).

4. Unstrittig ist, dass die Bedingung nicht eingetreten ist, sodass die Vereinbarung nicht wirksam wurde und die Revisionsausführungen über eine vom Beklagten zu vertretende nachträgliche Unmöglichkeit der Leistung sowie daraus abgeleitete Ansprüche auf das Erfüllungsinteresse nicht einschlägig sind. Von einer Fiktion des Bedingungseintritts wegen treuwidriger Vereitelung des Mietvertragsabschlusses sind die Vorinstanzen in jedenfalls vertretbarer Rechtsansicht nicht ausgegangen.

Die Behauptung des Revisionswerbers, das Sanierungsverfahren über die als Nachmieterin vorgesehene Gesellschaft sei nicht notwendig gewesen und die Antragstellung wider Treu und Glauben zur Verhinderung des Mietvertragsabschlusses erfolgt, ist eine unzulässige Neuerung. Die allgemeine Verpflichtung zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen ergibt sich aus § 69 Abs 2 IO. Fest steht auch, dass der Beklagte bereits im November 2011, vor Einleitung des Sanierungsverfahrens, den davor mündlich in allen Details ausgehandelten Mietvertrag unterfertigt hatte und es die Vermieterseite war, die eine Gegenzeichnung verweigert hat.

5. Soweit sich die Revision auf eine Haftung für culpa in contrahendo und einen daraus abzuleitenden Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens beruft, übergeht sie, dass der Kläger in erster Instanz nach eingehender richterlicher Erörterung erklärt hat, diesen Rechtsgrund „vorläufig“ nicht geltend zu machen. Diese Entscheidung des Klägers konnte wegen des Neuerungsverbots im Rechtsmittelverfahren nicht mehr revidiert werden.

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