OGH 8Ob120/08t

OGH8Ob120/08t14.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Philipp P*****, vertreten durch den Vater René P*****, dieser vertreten durch das Land Wien als Jugendwohlfahrtsträger (Amt für Jugend und Familie Bezirke 12, 13, 23), 1230 Wien, Rößlergasse 15, über den „außerordentlichen Revisionsrekurs" der Mutter Katharina C*****, freie Dienstnehmerin, *****, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 26. März 2008, GZ 42 R 536/07w-U50, womit über Rekurs der Mutter der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 21. September 2007, GZ 2 P 139/05x-U43, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies den Antrag der unterhaltspflichtigen Mutter auf Herabsetzung der monatlichen Unterhaltsverpflichtung für den Minderjährigen von bisher 150 EUR für den Zeitraum 1. November 2006 bis 31. März 2007 auf 90 EUR und ab 1. April 2007 auf 20 EUR ab.

Dem dagegen erhobenen Rekurs der Mutter, deren primärer Rekursantrag darauf zielte, die Entscheidung des Erstgerichts im Sinne einer gänzlichen Stattgebung des von ihr gestellten Unterhaltsherabsetzungsbegehrens abzuändern, gab das Rekursgericht nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Den gegen diesen Beschluss erhobenen „außerordentlichen" Revisionsrekurs der Mutter legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise entspricht nicht dem Gesetz.

Vorweg ist klarzustellen, dass die mit Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 31. 7. 2008 erfolgte Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen der Mutter, der die Eigenverwaltung belassen wurde, zu keinen verfahrensrechtlichen Konsequenzen, insbesondere zu keiner Verfahrensunterbrechung nach § 25 Abs 1 Z 4 AußStrG, führt: Gegenstand des Verfahrens ist ein Unterhaltsherabsetzungsantrag der Mutter, nicht aber ein Unterhaltsfestsetzungsverfahren, das in Ansehung geltend gemachter Unterhaltsbeiträge, die für Zeiträume bis zur Konkurseröffnung geltend gemacht werden, wegen der Konkurseröffnung jedenfalls zu unterbrechen wäre (RIS-Justiz RS0064095). Der Grundsatz, dass auch das Schuldenregulierungsverfahren als Konkursverfahren verfahrensunterbrechende Wirkung entfaltet (RIS-Justiz RS0103501), gilt bei Eigenverwaltung des Schuldners immer dann, wenn die Prozessführungsbefugnis des Schuldners durch die Notwendigkeit der Einholung einer gerichtlichen Genehmigung nach § 187 Abs 1 Z 3 KO eingeschränkt ist (RIS-Justiz RS0111634; 8 Ob 52/08t = EvBl 2008/148; s auch Kodek, Privatkonkurs [2002] Rz 144). Einer solchen Genehmigung bedarf die Mutter im konkreten Fall deshalb nicht, weil gemäß § 101 Abs 2 AußStrG im Verfahren über Unterhaltsansprüche eines minderjährigen Kindes kein Kostenersatz stattfindet und daher das Argument, auch bei Passivprozessen bedürfe der Schuldner wegen der Kostenfolgen der gerichtlichen Genehmigung (Kodek aaO Rz 144), hier nicht schlagend ist.

Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 20.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts - beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung). Die Zulassungsvorstellung, die mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.

Bei Ansprüchen auf den gesetzlichen Unterhalt ist das Dreifache der Jahresleistung als Wert des strittigen Rechts anzunehmen (§ 58 Abs 1 JN; RIS-Justiz RS0042366). Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrags begehrt, so bildet nicht der Gesamtbetrag den Streitwert, sondern nur der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung (RIS-Justiz RS0046543). Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts ist somit der 36-fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz noch strittig war (RIS-Justiz RS0122735; 6 Ob 242/07t).

Unter Berücksichtigung der Differenz zwischen dem bisher festgesetzten Unterhalt und der höchsten begehrten Herabsetzung (10 Ob 81/06v; 10 Ob 57/08t) ergibt sich ein Dreijahresbetrag von 4.680 EUR. Der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, liegt somit unter 20.000 EUR. Das Rechtsmittel der Mutter wäre demnach nicht dem Obersten Gerichtshof - auch wenn es als „außerordentliches" bezeichnet wird -, sondern vielmehr dem Rekursgericht vorzulegen gewesen. Dies wird das Erstgericht nunmehr nachzuholen haben. Ob der im Rechtsmittel der Mutter gestellte Antrag, der Oberste Gerichtshof möge den Revisionsrekurs für zulässig erachten, den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (10 Ob 57/08t mwN; RIS-Justiz RS0109505).

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