OGH 8Ob11/10s

OGH8Ob11/10s4.11.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Graf Patsch Taucher Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei H***** D*****, vertreten durch Dr. Erich Hirt, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung (Streitwert 7.775,28 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 20. Oktober 2009, GZ 38 R 135/09y-11, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 21. April 2009, GZ 9 C 647/08i-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fällt seit dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes die bloße Flächenmiete grundsätzlich nicht mehr in den Bereich des Kündigungsschutzes des MRG (5 Ob 593/87; MietSlg 39.207/57 = WoBl 1988/32, 65; 7 Ob 619/93 uva; RIS-Justiz RS0066883 [T1]; RS0069471 [T2]). Werden jedoch Grundflächen zur Errichtung von Superädifikaten für geschäftliche Zwecke vermietet, sind die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes über den Kündigungsschutz dann analog anzuwenden, wenn der Verwendung der vom Mieter auf den Grundflächen errichteten Geschäftsgebäude für den Gebrauch des gesamten Bestandobjekts selbständige Bedeutung zukommt und diese daher im Verhältnis zur Funktion der unbebauten Grundflächen nicht gänzlich in den Hintergrund tritt (WoBl 1996, 245 [zustimmend Würth]; JBl 1995, 715 = WoBl 1996, 246; JBl 1990, 725 = WoBl 1990, 158; SZ 57/194; Würth in Rummel³ § 1 MRG Rz 2a). Diese vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Rechtslage wird vom Revisionswerber nicht in Frage gestellt; ihre Anwendung auf den hier zu beurteilenden Fall stellt eine Frage des Einzelfalls dar, die - von Fällen unvertretbarer Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz abgesehen - die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigen kann. Eine unvertretbare Fehlbeurteilung zeigt der Revisionswerber, der der vom Berufungsgericht für seine Beurteilung ins Treffen geführten Entscheidung anders beurteilte Einzelfälle entgegenhält, nicht auf. Im vorliegenden Fall bestand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags noch kein Gebäude auf der Bestandliegenschaft; der Vertrag wurde auch nicht zum Bau eines Gebäudes abgeschlossen. Das nachträglich auf der 2.000 m² großen, als Autoverkaufsplatz verwendeten Liegenschaft errichtete Holzgebäude ist etwa 60 m² groß. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Rechtsauffassung der zweiten Instanz, dass die Entfaltung von Verkaufstätigkeit und die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen in diesem Holzgebäude am Nebencharakter dieses Gebäudes nichts ändert, als jedenfalls vertretbar.

2. Dass die Bestandliegenschaft unrichtig bezeichnet wurde, hat der Revisionswerber bislang nicht geltend gemacht. Sein dazu erstattetes Vorbringen verstößt gegen das Neuerungsverbot und kann die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigen. Dass er sich auf das Grundbuch beruft, vermag daran nichts zu ändern. Dass ein Register (Firmenbuch, Grundbuch) öffentlich ist, bedeutet nicht, dass die dem Register zu entnehmenden Tatsachen allgemein bekannt oder auch nur gerichtskundig sind. Die Gerichtskundigkeit erfordert, dass der Richter die Tatsache kennt, ohne erst in bestimmte Unterlagen Einsicht nehmen zu müssen; andernfalls kann er nämlich nicht als „kundig“ angesehen werden (3 Ob 224/97f). Im Übrigen ist der Bestandgegenstand dann ausreichend bezeichnet, wenn der Kündigungsgegner keine Zweifel daran haben kann, welcher Bestandgegenstand aufgekündigt wird (RIS-Justiz RS0111666; Iby in Fasching/Konecny, ZPO² § 562 Rz 8-10). Dass der Revisionswerber solche Zweifel haben konnte oder gehabt hat, wird in der Revision nicht einmal behauptet.

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