European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0080NC00029.21P.1118.000
Spruch:
Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 758,16 EUR (darin 126,36 EUR USt) bestimmten Kosten der Äußerung zum Delegierungsantrag binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Der Kläger begehrt eine Entschädigung für die persönliche Beeinträchtigung abgeleitet aus einer diskriminierenden Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung im Rahmen einer Ausschreibung nach dem Stellenbesetzungsgesetz.
[2] Die Beklagte bestreitet.
[3] Der Kläger beantragt neben seiner Einvernahme auch die Einvernahme mehrerer Zeugen, wobei als Ladungsadresse eine Adresse in Wien angegeben ist. Von der Beklagten wurde die Einvernahme ihres Geschäftsführers beantragt, wobei ebenfalls eine Adresse in Wien genannt wurde.
[4] Weiters beantragte die Beklagte die Delegierung der Rechtssache nach § 31 JN an das Arbeits- und Sozialgericht Wien, da alle Zeugen in Wien zu laden seien. Die Delegierung liege daher auch im Interesse des Klägers, der diese Zeugen beantragt habe, sie diene auch der Verfahrensbeschleunigung. Auch handle es sich um Ansprüche aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis, weshalb der Schutzbedarf nicht dem eines Arbeitnehmers entspreche. Der angestrebte Arbeitsort wäre ebenfalls Wien gewesen.
[5] Der Kläger sprach sich in seiner Stellungnahme gegen eine Delegierung aus. Die Einvernahme der Zeugen könne auch im Rechtshilfeweg erfolgen. Bei der zu erwartenden Notwendigkeit mehrerer Termine müsse er für jeden gesondert anreisen.
[6] Das Erstgericht verwies in seiner Stellungnahme darauf, dass eine Delegierung zweckmäßig sei, da sich eine Terminfindung aufgrund des Aufwands der An- und Abreise schwierig gestalten könne. Eine Delegation diene daher der Verfahrensbeschleunigung und damit auch dem Interesse des Klägers.
Rechtliche Beurteilung
[7] 1. Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden, wobei derartige Zweckmäßigkeitsgründe insbesondere in einer wesentlichen Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie einer Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit liegen können (vgl RS0046333 [T6]). Zu berücksichtigen ist weiters, dass eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen soll. Keinesfalls soll durch eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (RS0046441).
[8] 2. Der Kläger hat den Gerichtsstand nach § 4 Abs 1 Z 1 lit a ASGG in Anspruch genommen. Es würde aber den Intentionen des Gesetzes widersprechen, würde in einer Arbeitsrechtssache, die vom (potentiellen) Arbeitnehmer anhängig gemacht worden ist und für die er den Gerichtsstand nach § 4 Abs 1 Z 1 lit a ASGG in Anspruch genommen hat, über Antrag des Beklagten die ausschließlich in dessen Interesse gelegene Delegierung verfügt werden. Vor der Intention des Gesetzes, dem (potentiellen) Arbeitnehmer die Durchsetzung seiner Ansprüche zu erleichtern, müssen Zweckmäßigkeitsüberlegungen zu Gunsten der anderen Seite zurücktreten. Eine Verschiebung der Zuständigkeit ist nur dann zu bewilligen, wenn die Zweckmäßigkeit dieser Maßnahme eindeutig zu Gunsten beider Parteien beantwortet werden kann (RS0046357 [T1, T6]).
[9] 3. Richtig ist, dass die namhaft gemachten Zeugen im Sprengel des Arbeits- und Sozialgerichts Wien zu laden sind. Allerdings besteht auch unter Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes die Möglichkeit einer Einvernahme im Wege einer Videokonferenz. Damit können auch die von der Beklagten und dem Erstgericht angesprochenen Terminprobleme aufgrund der Anreisezeiten und eine damit verbundene Verfahrensverzögerung vermieden werden.
[10] Demgegenüber wohnt der Kläger im Sprengel des angerufenen Gerichts, weshalb mehrere Termine in einem anderen Sprengel für ihn mit einem erhöhten Aufwand verbunden wären.
[11] 4. Von einer eindeutigen Zweckmäßigkeit zu Gunsten beider Parteien kann daher nicht ausgegangen werden. Damit war der Delegierungsantrag abzuweisen.
[12] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO. Der erfolglose Delegierungswerber hat dem Prozessgegner dessen notwendige Kosten seiner ablehnenden Äußerung zum Delegierungsantrag unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits zu ersetzen, allerdings nur nach TP 2 RATG (RS0036025 [T1]).
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