OGH 7Ob727/87

OGH7Ob727/8721.12.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Helmut R***, Rechtsanwalt, Innsbruck, Maria Theresien-Straße 57, wider die beklagte Partei Dr. Hans Mayr, Rechtsanwalt, Hall i.T. Stadtgraben 25, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Verlassenschaft nach Karl H***, Architekt, zuletzt wohnhaft Absam, Eichenweg 2 a, wegen S 945.500,-- s.A., infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 21. Mai 1987, GZ 2 R 7/87-52, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 26. Juni 1986, GZ 9 Cg 498/82-41, teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger hat im Jahre 1979 dem am 27. Oktober 1984 verstorbenen Karl H*** die Errichtung eines Wohnhauses in Absam übertragen. Dieses Haus hat er anfangs September 1981 bezogen. Bereits vor Bezug wies das Haus eine Reihe von Mängeln auf, die auch nachher nicht behoben wurden (bezüglich dieser Mängel wird auf die Wiedergabe der erstgerichtlichen Feststellungen durch das Berufungsgericht auf den Seiten 456 bis 466 des Aktes verwiesen). Mit der am 5. August 1982 eingebrachten Klage begehrte der Kläger vorerst aus dem Titel des Schadenersatzes und der Gewährleistung (Preisminderung) S 425.272,-- s.A. mit der Behauptung, der Beklagte habe die Zusage zur Verbesserung der Mängel nicht eingehalten.

Nachdem ein Sachverständigengutachten eingeholt worden war, dehnte der Kläger mit Schriftsatz vom 6. Juli 1984 (ON 18) das Klagebegehren auf S 1,619.210,-- s.A. aus. Dieser Schriftsatz wurde in der Tagsatzung vom 10. Oktober 1984 (ON 22) vorgetragen. Der Beklagte hat neben der Bestreitung der behaupteten Honorarvereinbarung und zum Teil auch der Mängel unter anderem Verfristung bzw. Verjährung der Klagsforderung eingewendet. Ferner hat er entstandene Mehrkosten bis zur Höhe der Klagsforderung kompensando geltend gemacht.

Das Erstgericht hat ausgesprochen, daß die Klagsforderung mit S 469.824,-- zu Recht und die Gegenforderung nicht zu Recht besteht. Es hat daher dem Kläger den erwähnten Betrag samt Anhang zugesprochen und das Mehrbegehren von S 1,149.836,-- s.A. abgewiesen. Hiebei ging es von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:

Zwischen den Streitteilen war die Herstellung des Hauses zu einem Pauschalpreis von S 2,7 Mio. einschließlich Mehrwertsteuer vereinbart. In diesem Betrag waren sowohl die Kosten der Durchführung der Bauarbeiten und des Materials als auch die Planungs- und Einreichungskosten sowie die Bauleitung durch Karl H*** enthalten. Es kann nicht festgestellt werden, daß sich der Kläger zu weiteren Leistungen verpflichtet hat. Mit Ausnahme der festgestellten Mängel (siehe diesbezüglich die oben angegebenen Seiten des Aktes) war das Haus Anfang September 1981 fertiggestellt, so daß der Kläger mit seiner Familie einziehen konnte. Bereits im Frühsommer 1981 hatte jedoch der Kläger vorhandene Mängel immer wieder gerügt und deren Behebung gefordert. Lediglich die Mängel an der Balkonausrüstung und an der Eingangstüre zum Dachraum Ost waren nicht Gegenstand einer Rüge, weil diese Mängel dem Kläger damals noch nicht bekannt waren.

Karl H*** hatte noch im Sommer und Herbst 1981 dem Kläger gegenüber die gerügten Mängel anerkannt und deren Behebung zugesichert, jedoch diese Zusage nicht eingehalten. Aus diesem Grund setzte der Kläger Karl H*** mit Schreiben vom 30. März 1982 "für die Erledigung sämtlicher offenen Dinge" eine Frist bis zum 10. April 1982 und untersagte Karl H*** nach diesem Zeitpunkt ein Betreten der Liegenschaft.

Der Hauptmangel betraf die Fenster und Außentüren. Diesbezüglich hatte Karl H*** eine Verbesserung durch Anbringung von Verkleidungsleisten und durch Abdichtungsmaßnahmen vorgesehen. Seine Mängelbehebungszusage erstreckte sich daher auf eine solche Reparaturmaßnahme, nicht aber auf einen generellen Austausch von Fenstern und Türelementen. Bis zur Erstattung eines Gutachtens im vorliegenden Verfahren war dem Kläger nicht klar, daß zu einer ordnungsgemäßen Sanierung sämtliche Fenster und Außentürelemente ausgetauscht werden müssen. Man war vielmehr beiderseits der Meinung, die beschriebenen Maßnahmen würden ausreichen. Das Erstgericht hat im wesentlichen die ursprünglich geltend gemachten Ansprüch zuzüglich eines geringen Schadensbetrages zuerkannt, worin S 198.000,-- für die Fenster enthalten waren. Bezüglich des restlichen Klagebegehrens hat es Verjährung bzw. Präklusion angenommen.

Das Berufungsgericht hat mit Teilurteil ausgesprochen, daß die Klagsforderungen mit S 130.644,-- zu Recht, hingegen die Gegenforderung nicht zu Recht besteht. Es hat daher die beklagte Verlassenschaft schuldig erkannt, dem Kläger diesen Betrag samt Anhang zu zahlen. Das Mehrbegehren auf Zahlung von S 216.966,-- s.A. wurde abgewiesen. In diesem Umfang ist die berufungsgerichtliche Entscheidung in Rechtskraft erwachsen.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht die erstrichterliche Entscheidung hinsichtlich eines Zuspruches von S 326.100,-- s.A. und der Abweisung von S 945.500,-- s.A. unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben. Es hat die erstgerichtlichen Feststellungen übernommen und in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Was die Fenster anlange, so fehle es an Feststellungen darüber, inwieweit die aus diesem Titel begehrten Beträge der Anbringung von Fenstern nach der ursprünglichen Bestellung entsprechen. Soweit Beträge aus dem Titel der Gewährleistung angesprochen werden, käme hier nur die relative Berechnungsmethode in Frage. Diesbezüglich fehle es an Feststellungen über den Wert eines mängelfreien Werkes. Es sei auch übersehen worden, daß wegen des Mangels an sich nur Gewährleistung, im vorliegenden Fall durch Preisminderung, begehrt werden könne. Schadenersatz könne nur für den über diesen Mangel hinaus entstandenen Schaden verlangt werden. Vor entsprechenden ergänzenden Feststellungen sei die Sache nicht entscheidungsreif. Inwieweit der Kläger Erfüllungsansprüche oder einen allfälligen Wandlungsanspruch habe, müsse hier nicht geprüft werden, weil derartige Ansprüche von ihm gar nicht geltend gemacht worden seien. Was die Einhaltung der Frist des § 933 ABGB anlange, sei davon auszugehen, daß diese Frist mit der körperlichen Übergabe zu laufen beginne, im vorliegenden Fall also mit dem Einzug des Klägers in das Haus im September 1981. Durch die Klage vom 5. August 1982 habe der Kläger seine Gewährleistungsansprüche gewahrt. Die Ausdehnung des Klagebegehrens habe lediglich die Höhe zum Gegenstand gehabt, sich aber nicht auf noch nicht geltend gemachte Gewährleistungsansprüche bezogen. Demnach sei eine Verfristung nicht eingetreten. Der Schadenersatzanspruch sei deshalb nicht verjährt, weil die Verjährung von Schadenersatzansprüchen gemäß § 1489 ABGB erst mit der Kenntnis des Schadens zu laufen beginne. Eine solche Kenntnis habe der Kläger erst nach seinem Einzug erlangt.

Der vom Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes bezüglich S 945.000,-- s.A. erhobene Rekurs ist nicht gerechtfertigt.

Über das Vermögen der Beklagten wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 7. Oktober 1987, S 100/87, der Konkurs eröffnet. Im Konkursverfahren hat am 13. November 1987 die Prüfungstagsatzung stattgefunden, in der die noch offene Klagsforderung vom Masseverwalter bestritten wurde. Der Kläger hat daher beantragt, das Verfahren gegen den Masseverwalter fortzusetzen, weshalb im Revisionsverfahren gemäß § 7 KO an die Stelle des Beklagten der Masseverwalter zu treten hat. Es wird Sache des Klägers sein, im fortgesetzten Verfahren sein Klagebegehren entsprechend zu ändern.

Die Mängelrüge des Rekurses wendet sich lediglich dagegen, daß das Berufungsgericht zur Überprüfung der Feststellung der Kosten für die Mängelbehebung an den Fenster- und Türelementen kein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt hat. Abgesehen davon, daß es sich bei der Frage, ob Feststellungen aufgrund der vorhandenen Beweisergebnisse übernommen oder ob sie mit Hilfe eines weiteren Gutachtens überprüft werden müssen, um eine Beweisfrage handelt, die an den Obersten Gerichtshof nicht mehr herangetragen werden kann, ist nach Ansicht des Berufungsgerichtes bezüglich der Mängelbehebungskosten der Fenster- und Türelemente eine Verfahrensergänzung erforderlich. Diesbezüglich ist die Rechtssache nach der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes noch nicht spruchreif, weshalb es sich auch erübrigt, auf die bisherigen Feststellungsgrundlagen einzugehen.

Rechtliche Beurteilung

Daß die Vereinbarung zwischen den Streiteilen die Errichtung eines Werkes gegen Bezahlung eines bestimmten Entgeltes zum Gegenstand hatte, ist unstrittig. Demnach enthält sie alle Elemente eines Werkvertrages. Nach den getroffenen Feststellungen lag diesem Vertrag die Zahlung eines Pauschalentgeltes zugrunde. Daß allenfalls das vereinbarte Entgelt den tatsächlichen Aufwand des Unternehmers nicht deckt, ändert die Qualifikation des Vertrages nicht. Demnach würde der vorliegende Vertrag auch dann den Charakter als Werkvertrag nicht verlieren, wenn die Behauptung des Beklagten richtig wäre, das vereinbarte Entgelt habe seine Leistungen nicht zur Gänze gedeckt. Daß aber der Beklagte weitere Leistungen erbracht hätte, die von der Entgeltsvereinbarung nicht umfaßt waren und die der Kläger nicht zusätzlich bezahlt hat, wurde von den Vorinstanzen nicht festgestellt.

Geht man also von den getroffenen Feststellungen aus, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Streitteile einen Werkvertrag zu einem Pauschalpreis von S 2,7 Mio. abgeschlossen haben. Da der Beklagte keine außerhalb des Werkvertrages liegende Leistungen erbracht hat, kann die von ihm aus dem Titel des Werkvertrages oder der Geschäftsführung ohne Auftrag geltend gemachte Gegenforderung nicht zu Recht bestehen.

Inwieweit der Kläger berechtigt wäre, einen Verbesserungsanspruch geltend zu machen, muß nicht erörtert werden, weil ein solcher Anspruch nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist. Vielmehr verlangt der Kläger eindeutig Preisminderung und daneben Schadenersatz. Daß nach § 932 Abs 1 ABGB Schadenersatz neben der Gewährleistung verlangt werden kann, bestreitet auch der Beklagte nicht. Selbstverständlich erfordert Schadenersatz ein kausales, rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten. Zutreffend hat aber das Berufungsgericht ausgeführt, daß es infolge der zwischen den Streitteilen bestandenen vertraglichen Beziehung gemäß § 1298 ABGB Sache des Beklagten gewesen wäre, sein mangelndes Verschulden am Mißlingen des Werkes zu beweisen (SZ 54/81 u.a.). Die Mangelhaftigkeit des Werkes an sich hat der Kläger bewiesen. Zutreffend hat das Berufungsgericht auf den Unterschied zwischen Preisminderung und Schadenersatz hingewiesen und richtig ausgeführt, daß der Mangel der Sache als solcher durch die Preisminderung ausgeglichen wird und Schadenersatz nur für einen sonst durch den Mangel entstandenen Schaden begehrt werden kann. Diese richtige Rechtsansicht wird nicht bekämpft. Inwieweit die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche aus dem einen oder dem anderen Rechtsgrund zu Recht bestehen, kann vor der dem Erstgericht durch das Berufungsgericht aufgetragenen Ergänzung des Verfahrens nicht abschließend beurteilt werden. Das Berufungsgericht hat auch richtig dargelegt, daß bei der Errechnung des Preisminderungsanspruches von der sogenannten relativen Berechnungsmethode ausgegangen werden muß. Der Schwerpunkt des Rekurses liegt auf der Frage der Verjährung bzw. Präklusion.

Die Verjährung der Schadenersatzansprüche des Klägers kann schon deshalb nicht eingetreten sein, weil gemäß § 1489 ABGB die Verjährung derartiger Ansprüche erst mit der Kenntnis des Schadens zu laufen beginnt. Zum Zeitpunkt des Bezuges des Hauses durch den Kläger konnten diesem lediglich die Mängel bekannt sein, nicht aber, daß diese Mängel noch über sie hinausgehende Schäden verursachen würden. Daß der Kläger vom Eintritt solcher Schäden schon vor dem 10. Oktober 1981 Kenntnis erlangen hätte können, hat der Beklagte nicht einmal behauptet. Er hat auch keinerlei Umstände vorgebracht, die eine solche Kenntnis des Klägers nahelegen würden. Aus diesem Grunde kann der erst am 10. Oktober 1984 geltend gemachte Schadenersatzanspruch nicht verjährt sein.

Was die Verfristung von Gewährleistungsansprüchen anlangt, so ist es richtig, daß die im § 933 ABGB genannte unbewegliche Sachen betreffend dreijährige Frist auch für Arbeiten an unbeweglichen Sachen gilt (SZ 47/118 u.a.) und diese Frist mit der Ablieferung der Sache zu laufen beginnt. Der Beginn des Laufes der Gewährleistungsfristen wird nicht dadurch hinausgeschoben, daß in dem angegebenen Zeitpunkt die Entdeckung des Mangels noch nicht möglich war (Gschnitzer in Klang2 IV/I 553). Sagt jedoch der Unternehmer nach Ablieferung des Werkes und nach Feststellung von Mängeln dem Besteller deren Verbesserung zu, so läuft eine neue Gewährleistungsfrist ab Vollendung der Verbesserung (SZ 43/152, SZ 28/226 u.a., Reischauer in Rummel, Rz 5 zu § 933). Nach den getroffenen Feststellungen (337 des Aktes) hat der Beklagte noch im Herbst 1981 die Verbesserung der Mängel mit Ausnahme der Mängel an der Eingangstüre zum Dachraum Ost (Verbesserungskosten S 2.800,--) und der Balkonbrüstung (diese der Höhe nach nicht näher festgestellten Kosten dürften überhaupt nicht mehr Gegenstand des noch offenen Verfahrens sein) zugesagt. Der Beklagte hat diese Feststellung zwar in der Berufung gerügt, doch hat sich das Berufungsgericht mit dieser Rüge eingehend auseinandergesetzt (S 481 f d.A.) und sämtliche erstrichterlichen Feststellungen ausdrücklich übernommen (S. 485 d.A.). Demnach ist der Oberste Gerichtshof auch an diese Feststellung gebunden. Es erübrigt sich dennoch ein Eingehen auf die Frage, ob, falls die Gewährleistung bezüglich bestimmter Mängel rechtzeitig geltend gemacht wurde, nach Ablauf der dreijährigen Frist eine Klagsausdehnung bezüglich der Höhe der durch diese Mängel bewirkten Preisminderung zulässig ist oder nicht. Durch die Verbesserungszusage des Beklagten wurde nämlich der Beginn der Gewährleistungsfrist vorerst hinausgeschoben. Die zugesagte Verbesserung wurde vom Beklagten allerdings nie erbracht. In einem solchen Fall kann die Gewährleistungsfrist jedoch nicht neuerlich zu laufen beginnen, bevor dem Besteller klar werden konnte, daß der Unternehmer seine Verbesserungszusage nicht einhalten werde. Berücksichtigt man den Umfang der zu behebenden Mängel, so konnte dem Kläger am 10. Oktober 1981 keinesfalls klar sein, daß der Beklagte seine im Herbst 1981 (also frühestens am 23. September 1981) gemachte Verbesserungszusage nicht einhalten werde. Selbst wenn man daher den Standpunkt vertritt, daß der Kläger nicht berechtigt gewesen wäre, den für die rechtzeitig geltend gemachten Mängel eingeklagten Betrag nach Ablauf der Gewährleistungsfrist auszudehnen, käme man im vorliegenden Fall dazu, daß infolge der Verbesserungszusage des Beklagten bei Klagsausdehnung die Gewährleistungsfrist noch nicht abgelaufen war.

Der Rekurs erweist sich sohin als nicht gerechtfertigt. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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