Spruch:
Die sechsmonatige Frist zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gilt für die Lieferung beweglicher Sachen auch dann, wenn diese dazu bestimmt sind, durch nicht mehr dem Lieferanten obliegenden Tätigkeiten Bestandteile einer unbeweglichen Sache zu werden
OGH 5. November 1974, 3 Ob 195/74 (OLG Linz 5 R 60/74; KG Wels 6 Cg 266/72)
Text
Die Klägerin hatte im Jahr 1969 bei der Beklagten auf Grund genauer Zeichnungen und Pläne vier Gaskühler und einen Schmidtkessel bestellt die Beklagte hatte diese Geräte zwischen dem 20. August und 16 Oktober 1970 geliefert und dabei für 12 Monate ab Inbetriebnahme, längstens für 15 Monate ab Lieferung die Garantie für einwandfreie Konstruktion und Ausführung sowie Verwendung der vorgeschriebenen und bestgeeigneten Werkstoffe übernommen. Die Klägerin nahm drei Gaskühler - der vierte wurde in Reserve gehalten - nach Einbau in ihre Maleinsäureanhydridanlage am 8. Jänner 1971 in Betrieb, bereits am 18. Jänner 1971 stellte sie Undichtheiten bei den Gaskühlern und im Oktober 1971 Undichtheiten am Schmidtkessel fest.
In der am 19. Juni 1972 überreichten Klage auf Zahlung der Reparaturkosten brachte die Klägerin vor, sie habe die aufgetretenen Mängel jeweils unverzüglich fernmündlich gerügt (am 20. Jänner 1971 bezüglich der Gaskühler und am 18. Oktober 1971 bezüglich des Schmidtkessels), der Betriebsleiter der Beklagten Ing. Hermann M habe daraufhin sofort die Geräte besichtigt und dabei 20. Jänner 1971 erklärt, daß sich das von der Beklagten angewendete Schweißverfahren als mangelhaft erwiesen habe; er habe zur Kenntnis genommen, daß zur einwandfreien Reparatur ein Neuschweißen sämtlicher Schweißnähte erforderlich sei, jedoch über Aufforderung erklärt, daß die Beklagte zur Durchführung dieser Reparatur nicht in der Lage sei. Daraufhin sei der Reparaturauftrag in seiner Gegenwart an die Hauptwerkstätte der Klägerin erteilt und von dieser die Reparatur durchgeführt worden.
In ähnlicher Weise habe Ing. M auch am 18. Oktober 1971 angesichts von über 100 undichten Stellen die Notwendigkeit einer vollstandigen Erneuerung der Schweißnähte beim Schmidtkessel zur Kenntnis genommen und auch hier erklärt, daß die Beklagte diese Reparaturen derzeit nicht vornehmen könne.
Die jeweiligen Reparaturkosten seien der Beklagten am 17. März 1971 bzw. 3. November 1971 bekannt gegeben worden. Die Beklagte habe daraufhin mit Schreiben vom 16. Dezember 1971 mitgeteilt, die Verpflichtung zur Reparatur anzuerkennen und sich bereiterklärt, die Kosten für die Behebung der undichten Stellen an Gaskuhlern und und Schmidtkessel zu übernehmen, allerdings nur für die Behebung der tatsächlich bereits eingetretenen Undichtheiten. Infolge der Ablehnung weiterer Ersatzleistung sei die Klägerin zur Klage gezwungen.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung, unter anderem mit der Begründung, die Klage sei nicht innerhalb der sechsmonatigen Gewährleistungsfrist erhoben worden.
Die Klägerin vertrat hiezu die Auffassung, daß hier eine gesetzliche Gewährleistungsfrist von drei Jahren gelte und die Beklagte die "Reklamation dem Gründe nach anerkannt" habe.
Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil, daß der Klagsanspruch dem Gründe nach zu Recht bestehe.
Es traf folgende weitere Feststellungen: Am 20. Jänner 1971 erklärte Ing. M, die Beklagte habe während seines Urlaubes die Verschweißung der von der Klägerin bestellten Gaskühler erstmals automatisch vorgenommen, er habe jedoch nach seiner Rückkehr feststellen müssen, daß mehr als 50% der automatischen Schweißstellen schadhaft gewesen und daher schon vor Auslieferung zusätzliche Handschweißungen vorgenommen worden waren; dasselbe sei auch beim Schmidtkessel geschehen. Wegen des großen Ausmaßes der deutlich sichtbaren Nachschweißungen vertrat die Klägerin am 20. Jänner 1971 die Auffassung, daß eine Generalsanierung aller Schweißnähte vorgenommen werden müsse, Ing. M vertrat hingegen die gegenteilige Ansicht, daß man sich mit dem Nachschweißen der undichten Stelle begnügen könne; er erklärte jedenfalls, daß die Beklagte eine Generalsanierung nicht durchführen könne. Zu dem in seiner Gegenwart an die Hauptwerkstätte der Klägerin erteilten Auftrag zur Generalsanierung nahm er weder zustimmend noch ablehnend Stellung. Nach Bekanntgabe der Reparaturkosten von 156.750 S mit Schreiben vom 17. März 1971 erklärte die Beklagte im Fernschreiben vom 4. Mai 1971 unter Hinweis auf die Lieferbedingungen, diese Kosten nicht anzuerkennen.
Ähnliche Feststellungen traf das Erstgericht hinsichtlich des Schmidtkessels, der im Oktober 1971 80 bis 100 undichte Stellen aufwies. Nach Erhalt des Schreibens vom 3. November 1971 mit Bekanntgabe der diesbezüglichen Reparaturkosten von 53.616 S erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 16. Dezember 1971, beim Gaskühler sei sie nur verpflichtet und bereit, für die Behebung der Undichtheit eines Rohres 42 S beim Schmidtkessel bereit, ein Zehntel der Reparaturkosten zu ersetzen.
Die von der Beklagten gelieferten Gaskühler wurden von der Klägerin für eine Maleinsäureanhydridanlage benötigt, von der Klägerin in die vorhandenen Lager eingebaut und mit dem Rohrleitungssystem der Anlage fest verbunden. Ebenso wurde der Schmidtkessel von der Klägerin eingebaut und mit der Anlage fest verbunden.
Bei diesem Sachverhalt vertrat das Erstgericht die Auffassung, im Hinblick auf die von der Beklagten bereits vor Auslieferung vorgenommenen zahlreichen Nachschweißungen sei die von der Klägerin angeordnete Generalsanierung sowohl bei den Gaskühlern als auch beim Schmidtkessel notwendig gewesen. Sowohl die Mängelrüge als auch die Klage seien rechtzeitig erhoben worden, weil die gelieferten Gegenstände infolge ihrer Windung und ihrer festen Verschraubung mit den Fundamenten der einbetonierten Anlage rechtlich als unbewegliche Sache anzusehen seien.
Das Berufungsgericht gab entsprechend einem Anerkenntnis der Beklagten dem Klagebegehren lediglich in Ansehung eines Betrages von 5403 S samt Anhang, insoweit unbekämpft, statt, wies jedoch das weitergehende Klagebegehren in Abänderung des erstgerichtlichen Zwischenurteiles ab. Es führte aus, die Klage stütze sich auf einen infolge Mangelhaftigkeit der gelieferten Sachen bestehenden Verbesserungsanspruch aus einen Werkvertrag, es sei daher die Bestimmung des § 1167 ABGB über die Gewährleistung auch hinsichtlich der Klagefrist anzuwenden, nach welcher zufolge der Bestimmung des § 933 ABGB die gegenständliche Klage nur dann als fristgerecht erhoben angesehen werden könne, wenn die gelieferten Gegenstände rechtlich als unbewegliche Sachen zu qualifizieren wären. Handle es sich hingegen um bewegliche Sachen, so sei zwar die gesetzliche Gewährleistungsfrist von sechs Monaten durch die Garantievereinbarung auf 15 Monate verlängert, die Klage jedoch nach Ablauf dieser vereinbarungsgemäß verlängerten Frist erhoben worden. Zum gleichen Ergebnis gelange man auch, wenn man die Garantieerklärung der Beklagten über die Beschaffenheit der gelieferten Gegenstände dahin auslege, daß infolge dieser Vereinbarung die gesetzliche Gewährleistungsfrist von sechs Monaten erst ab dem Zeitpunkt der sicheren Erkennbarkeit aufgetretener Mängel zu laufen beginne. Entscheidend sei daher, ob die gelieferten Gegenstände rechtlich als bewegliche oder unbewegliche Sachen anzusehen seien.
Zu dieser Frage vertrat das Berufungsgericht abweichend vom Erstgericht die Auffassung, daß es sich um die Lieferung beweglicher Sachen gehandelt habe, weil die dreijährige Gewährleistungsfrist neben der Herstellung unbeweglicher Sachen nur für arbeiten an unbeweglichen Sachen gelte, nicht aber dann, wenn der Hersteller bewegliche Sachen liefere, auch wenn sie sodann der Besteller durch Einbau zum Zubehör oder Bestandteil einer unbeweglichen Sache gestalte. Da sich letzterer Umstand aus dem beiderseitigen, insoweit übereinstimmenden Vorbringen eindeutig ergebe, sei die Klage nicht innerhalb der für Gewährleistungsansprüche normierten Ausschlußfrist erhoben worden.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Bereits den Feststellungen des Erstgerichtes ist klar zu entnehmen, daß die Beklagte die gegenständlichen Geräte nach Plänen und Zeichnungen der Klägerin hergestellt hat, diese Gegenstände zur Verwendung in einer - rechtlich als unbewegliche Sache anzusehenden - Anlage der Klägerin bestimmt waren von der Beklagten geliefert und sodann - nach dem beiderseitigen Vorbringen nicht von der Beklagten, sondern von der Klägerin - in diese Anlage eingebaut wurden.
Weitere Beweisaufnahmen oder zusätzliche Feststellungen waren zu einer verläßlichen rechtlichen Beurteilung nicht erforderlich, zumal gar nicht behauptet wurde, daß es vereinbarungsgemäß Sache der Beklagten gewesen wäre, die gelieferten Gegenstände einzubauen.
Die Klagefrist für Gewährleistungsansprüche beträgt zufolge §§ 1167, 933 ABGB auch bei Werkverträgen drei Jahre, wenn der Anspruch eine unbewegliche Sache betrifft. Lehre und Rechtsprechung stimmen darin überein, daß Leistungen auf Grund eines Werkvertrages nur dann eine unbewegliche Sache betreffen, wenn entweder bereits der Vertragsgegenstand als unbewegliche Sache anzusehen ist (Bau eines Hauses usw.), oder die Leistungen an einer unbeweglichen Sache vorgenommen werden (etwa Installationsarbeiten in einem Haus wie der Einbau von Heizungsanlagen, sanitären Anlagen, Öfen, Verfliesungsarbeiten in Wohnungen oder Badezimmern und ähnliches.
Nur derartige Arbeiten an unbeweglichen Sachen betreffen die von der Revision zitierten Entscheidungen HS 249 (Verfliesung), 3161 (Einbau einer Zentralheizungsanlage) und EvBl. 1957/257 (Einbau eines Kachelofens an Ort und Stelle).
Zum Unterschied von diesen Tätigkeiten an unbeweglichen Sachen gilt für die Lieferung beweglicher Sachen die sechsmonatige Frist des § 933 Abs. 1 ABGB auch dann, wenn sie dazu bestimmt sind, durch nicht mehr dem Lieferanten obliegende Tätigkeiten Bestandteile einer unbeweglichen Sache zu werden. So wurde in dem der Entscheidung SZ 39/7 (vom Berufungsgericht nur irrtümlich als SZ 37/7 zitiert) zugrundeliegenden Fall den Klägern von der Beklagten eine Dachfolie geliefert, welche zum Eindecken eines Daches verwendet werden sollte und von Leuten der Kläger dazu verwendet wurde. In diesem Fall führte der Oberste Gerichtshof wörtlich aus, diese Verwendung ändere nichts daran, daß die Dachfolie als bewegliche Sache anzusehen sei, zumal nicht etwa die Beklagte das Eindecken durchgeführt, sondern die Folie "nur geliefert" habe.
In dem der Entscheidung ZBl. 1932/298 zugrundeliegenden Fall hatte der Kläger vom Beklagten Ziegel gekauft (deren Verwendungszweck für Bauten anscheinend unbestritten war). Wenngleich bei dieser Entscheidung im Vordergrund stand, ob eine Garantiezusage als vertragliche Verlängerung der Frist des § 933 ABGB anzusehen ist, so gingen alle Instanzen bei ihrer Entscheidung davon aus, daß ohne vertragliche Verlängerung die gesetzliche Frist sechs Monate betragen hätte (bei Annahme einer Gewährleistungsfrist von drei Jahren hätte es einer Erörterung der vertraglichen Fristverlängerung nicht bedurft, weil die Ziegel in den Jahren 1929 bis 1931 gekauft, die Klage aber noch im Jahre 1931 erhoben worden war).
Ausgehend von der bereits in SZ 39/7 expressis verbis und der in ZBl. 1932/298 mittelbar vertretenen Auffassung ist die rechtliche Qualifikation einer im Zeitpunkt der Lieferung als beweglich zu beurteilenden Sache für die Klagefrist aus Gewährleistungsansprüchen auch dann maßgebend, wenn beiden Parteien bereits bei Vertragsabschluß klar ist, daß der Besteller die bewegliche Sache in eine unbewegliche Sache einbauen bzw. sie zur Herstellung oder Ausgestaltung einer unbeweglichen Sache verwenden wird. Die gesetzliche Frist für die Erhebung von Gewährleistungsansprüchen beträgt daher auch hier, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend erkannte, sechs Monate.
Entgegen den nunmehrigen Revisionsbehauptungen wurde im Punkt 3 der Klage ausdrücklich vorgebracht, die mit einem Automaten geschweißten Nähte seien "schon vor Überprufung und Lieferung" derart mangelhaft gewesen, daß etwa 70% davon von Hand überschweißt hätten werden müssen, die - erst nach Inbetriebnahme aus Anlaß eines Wassereinbruches vorgenommene - Überprüfung habe auch die Mangelhaftigkeit dieser Nachschweißung ergeben. Dieses Vorbringen - damit faktisch übereinstimmend Punkt 1 und ONr. 9 - ist eindeutig dahin zu verstehen daß die ursprüngliche (grobe) Mangelhaftigkeit der Automatenschweißung von der Beklagten selbst schon vor Auslieferung der Geräte behoben bzw. zu beheben versucht wurde. Desgleichen bezieht sich der Hinweis auf den "Murks mit dem neuen Schweißverfahren" (Punkt 3 in ONr. 9) eindeutig auf die ursprüngliche Automatenschweißung. Ein arglistiges Verschweigen von Mängeln wurde damit weder hinsichtlich des ursprünglichen Mangels der Automatenschweißung - die bereits vor Auslieferung vorgenommenen Nachschweißungen waren festgestelltermaßen deutlich sichtbar -, noch bei dem erst später hevorgekommenen Mangel der Nachschweißungen behauptet, denn hiezu hätte die Klägerin vorbringen müssen, die Beklagte habe gewußt, daß ihre Nachschweißungen mangelhaft ausgefallen seien.
Aber auch eine Verschuldensbehauptung ist dem dargestellten Vorbringen in erster Instanz nicht zu entnehmen, denn hiezu hätte es der Behauptung bedurft, die Beklagte hätte bei entsprechender Sorgfalt um die - später festgestellte - Mangelhaftigkeit ihrer Nachschweißungen wissen müssen. Dem Berufungsgericht ist daher auch darin beizupflichten, daß die Klägerin in erster Instanz prozessual kein eine Schadenersatzpflicht der Beklagten begrundendes Verschulden der Beklagten vorgebracht hat.
Schließlich erklärte die Beklagte im Schreiben vom 16. Dezember 1971 nur die Bereitwilligkeit, 42 S für einen Gaskühler und ein Zehntel der Reparaturkosten des Schmidtkessels zu ersetzen, aber die weiters geforderten Beträge nicht anzuerkennen. Letztere Erklärung schließt es geradezu aus, in diesem Schreiben ein Anerkenntnis der den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildenden Forderungen der Klägerin zu erblicken.
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