Spruch:
Wenn der Unternehmer nach der Ablieferung des Werkes und der Feststellung von Mängeln durch den Besteller diesem die Zusage macht, die Mängel zu beheben, läuft die Frist der Gewährleistung auf Grund der Behebungszusage erst von der Vollendung der Verbesserung an.
Entscheidung vom 19. Oktober 1955, 1 Ob 621/55.
I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.
Text
Das Erstgericht gab der auf Bezahlung von 29.461 S 49 g gerichteten Gewährleistungsklage statt. Die klagende Partei habe dem Beklagten am 22. Jänner 1949 die Ausführung der Zimmermannsarbeiten zum Neubau eines Stadels in T. zum Preis von 60.946 S 76 g übertragen. Damit sei zwischen den Parteien ein Werk vertrag nach § 1151 ABGB. zustandegekommen. Gemäß § 1167 ABGB. habe der Beklagte die Arbeiten so auszuführen gehabt, daß der Neubau die vertraglichen Eigenschaften habe und von gewöhnlichen Mängeln frei sei. Dieser Verpflichtung, ein mangelfreies Werk herzustellen, sei der Beklagte aber nicht nachgekommen. Es seien nämlich im Jahre 1950 Mängel an der Dachkonstruktion, den Tragbalken, Holzverbindungen, Verankerungen und der Stärke der Hölzer aufgetreten. Die klagende Partei habe gemäß § 1167 ABGB. das Recht gehabt, von der beklagten Partei die Verbesserung der Mängel zu begehren, was mit dem Schreiben vom 9. Dezember 1950 auch geschehen sei. Da der Beklagte nur einzelne Mängel behoben habe, sei die klagende Partei befugt gewesen, die Verbesserungsarbeiten auf Kosten des Beklagten durch die Firma F. in der Zeit vom 11. Mai bis 7. Juni 1953 durchführen zu lassen. Mit dem Bescheid des Marktgemeindeamtes M. sei dann die Bewohnungs- und Benützungsbewilligung erteilt worden. Da die von der Firma F. geleisteten Verbesserungsarbeiten und die Höhe der von ihr verlangten Rechnungsbeträge angemessen seien, habe der Beklagte verurteilt werden müssen, den Klagsbetrag der klagenden Partei zu bezahlen. Der Beklagte könne auch nicht mit Erfolg geltend machen, daß ihm der Beauftragte der klagenden Partei J. bindende Aufträge über die Art, wie die Zimmermannsarbeiten durchgeführt werden sollten, erteilt habe, denn nach § 1168a ABGB. hätte der Beklagte die klagende Partei warnen müssen, die Arbeiten in der geplanten, nicht sachgemäßen Weise vorzunehmen. Auch der Einwand der Verjährung sei unzutreffend. Eine vorbehaltlose Übernahme des Werkes durch die klagende Partei habe nicht stattgefunden. Die dreijährige Verjährungsfrist sei daher zur Zeit, als die Klage eingebracht worden sei (2. November 1953), noch nicht abgelaufen gewesen. Ebensowenig könne ein Verschulden der klagenden Partei an dem ihr erwachsenen Schaden angenommen werden.
Infolge Berufung des Beklagten änderte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß die Klage abgewiesen wurde. Gemäß § 1167 letzter Satz ABGB. kämen beim Werkvertrag - soweit nicht besondere Bestimmungen vorhanden seien - die für die Gewährleistung bei entgeltlichen Verträgen überhaupt geltenden Vorschriften, also auch die des § 933 ABGB., zur Anwendung. Nach dieser Gesetzesstelle müsse derjenige, der Gewährleistung fordere, sein Recht, wenn es - wie im vorliegenden Fall - unbewegliche Sachen betreffe, binnen drei Jahren geltend machen, widrigens das Klagerecht erloschen wäre. Diese Gewährleistungsfrist werde mit dem Zeitpunkt der Ablieferung des Werkes (nicht mit dem der Übergabe) in Lauf gesetzt. Erst von diesem Zeitpunkt an habe der Besteller die uneingeschränkte Möglichkeit, die Sache auf ihre Eigenschaften zu prüfen. Im vorliegenden Fall sei daher nicht maßgebend, wann der Stadelbau kommissioniert und die Benützungsbewilligung erteilt worden sei, sondern der Zeitpunkt, in dem das Werk fertiggestellt und von der klagenden Partei tatsächlich in Benützung genommen und bezahlt worden sei, spätestens aber jener Zeitpunkt, in dem die klagende Partei die ersten größeren Mängel wahrgenommen habe. Da der Stadel bereits im Jänner 1950 im großen und ganzen fertig gebaut gewesen sei und sich die größeren Mängel im Sommer dieses Jahres gezeigt hätten, habe die Verjährungsfrist spätestens im Sommer 1950 zu laufen begonnen. Am 2. November 1953, als die Klage eingebracht worden sei, sei die dreijährige Frist bereits abgelaufen gewesen.
Der Oberste Gerichtshof hob das Urteil des Berufungsgerichtes auf und verwies die Rechtssache an dieses Gericht zur neuerlichen Entscheidung zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Beklagte als Unternehmer der Zimmermannsarbeiten beim Bau des Stadels in T. könnte nach § 1167 ABGB. für die bei seinem Werk aufgetretenen Mängel zu haften haben. Nach dem Schlußsatz dieser Gesetzesstelle ist beim Werkvertrag - wie das Berufungsgericht richtig hervorgehoben hat - die Bestimmung des § 933 ABGB. über die Gewährleistungsfristen heranzuziehen, weil eine für den Werkvertrag geltende besondere Vorschrift dafür fehlt. Da die Abmachungen der Parteien die Errichtung eines Stadels, also einer unbeweglichen Sache, betreffen, kommt die dreijährige Frist in Frage, die normal von dem Tag der Ablieferung des Werkes an zu berechnen ist.
Diese Berechnungsregel verliert jedoch ihre Bedeutung dann, wenn der Unternehmer nach der Ablieferung des Werkes und der Feststellung der Mängel durch den Besteller diesem die Zusage macht, die Mängel zu beheben. In einem solchen Fall hätte der Besteller gar nicht die Möglichkeit, den Unternehmer auf Gewährleistung zu klagen, weil dieser nach seiner von der anderen Partei angenommenen Zusage verlangen kann, daß der Besteller abwarte, bis die Mängel von ihm behoben sein würden. Wie Gschnitzer in Klang 2. Aufl. IV 551 mit Recht ausführt, trifft der Sinn und Zweck der an sich kurzen Gewährleistungsfristen nicht mehr zu, wenn einmal das Vorhandensein und der Grad des Mangels zwischen den Parteien festgestellt wurde. Von der Vollendung der Verbesserung ab läuft die Gewährleistungsfrist vielmehr neu.
Im vorliegenden Fall ließ die klagende Partei durch den Hochschulprofessor H. dem Beklagten die umfangreiche Bemängelungsnote vom 9. Dezember 1950 zukommen, in der die Fehler, die der Beklagte nach der Meinung der klagenden Partei gemacht hatte, aufs genaueste beschrieben wurden. Der Beklagte wurde gleichzeitig aufgefordert, die Mängel auf eigene Kosten zu beheben. Im Antwortschreiben vom 5. Februar 1951 lehnte der Beklagte die Verantwortung für die behaupteten Konstruktionsfehler ab, sagte aber die Behebung anderer Mängel unter der Bedingung zu, daß die klagende Partei das dazu nötige Material beistelle und daß damit alle Differenzen der Parteien abgegolten seien. Die teilweise geäußerte Weigerung des Beklagten mag für die klagende Partei die Ursache gewesen sein, beim Marktgemeindeamt die Ausschreibung einer Bauverhandlung zu beantragen. Diese fand am 22. Juni 1951 statt, wie sich aus dem vorliegenden Bauakt ergibt, und hatte das Ergebnis, daß umfangreiche Fehler in der Konstruktion und der Dimensionierung der Hölzer festgestellt wurden. Aus dem Brief vom 29. April 1952 scheint hervorzugehen, daß sich der Beklagte nunmehr - nachdem ihm am 26. Juni 1951 auch eine Abschrift des Protokolls über die Bauverhandlung vom 22. Juni 1951 zugestellt worden war - bereit erklärte, auch Konstruktionsfehler auf eigene Kosten zu beheben, was die klagende Partei im Schreiben vom 5. Mai 1952 zur Kenntnis nahm. Besondere Bedeutung scheint dem Obersten Gerichtshof aber das Schreiben des Beklagten vom 31. Juli 1952 zu besitzen, in dem der Beklagte der klagenden Partei mitteilt, daß die festgestellten Mängel am Stadel behoben seien und nunmehr die neuerliche Kommissionierung stattfinden könne. Diese Kommissionierung fand am 24. Oktober 1952 statt. Dabei wurde aber wieder festgestellt, daß die Mängel nicht behoben worden waren. Erst nachdem die klagende Partei nach vorheriger Mitteilung vom 20. April 1953 an den Beklagten eine andere Firma mit der Behebung der Mängel beauftragt und diese die Arbeiten durchgeführt hatte, wurde vom Marktgemeindeamt M. auf Grund der Bauverhandlung vom 16. Juni 1953 die Benützungsbewilligung erteilt.
Wenn es zutreffen sollte, daß sich der Beklagte zur Verbesserung bereit erklärt hat, konnte die klagende Partei der Meinung sein, daß sie die vom Beklagten angebotene Behebung der Mängel abwarten müsse, bevor sie weiteres veranlasse, insbesondere auch die Klage einbringe. Erst nachdem die klagende Partei nach dem Schreiben des Beklagten vom 31. Juli 1952 feststellen konnte, daß der Beklagte seine Zusagen nicht eingehalten habe, wäre sie verpflichtet gewesen, weitere Schritte einzuleiten. Erst von diesem Zeitpunkt an hätte die Gewährleistungsfrist auf Grund der Behebungszusagen des Beklagten neu zu laufen begonnen (vgl. JBl. 1932 S. 154, ferner DREvBl. 1940 Nr. 309). Da aber die Klage schon am 2. November 1953 eingebracht worden ist, könnte dann vom Verstreichen der dreijährigen Gewährleistungsfrist nicht die Rede sein.
Das Berufungsgericht hat zu den als bedeutsam anzunehmenden Umständen nicht Stellung genommen. Damit ist sein Verfahren aus rechtlichen Gründen mangelhaft geblieben.
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