OGH 7Ob70/00w

OGH7Ob70/00w29.5.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Monica Gheorghina D*****, und 2. Anca D*****, beide ***** , beide vertreten durch Dr. Edmund Kitzler, Rechtsanwalt in Gmünd, wider die beklagte Partei Gheorghe D*****, vertreten durch Dr. Oswin Hochstöger, Rechtsanwalt in Gmünd, wegen Unterhalt (Streitwert S 64.500,-- sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Krems als Berufungsgericht vom 25. November 1999, GZ 2 R 94/99g-35, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Gmünd vom 29. Jänner 1999, GZ 2 C 2042/97h-24, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 5.358,14 (darin enthalten S 893,02 an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die am 24. 8. 1977 geborene Erstklägerin und die am 25. 12. 1978 geborene Zweitklägerin sind eheliche Töchter des Beklagten. Sie sind rumänische Staatsbürgerinnen und leben bei ihrer Mutter in Rumänien. Die Erstklägerin schloss 1995 die von ihr besuchte Krankenpflegeschule ab und studiert seither nach Ablegung einer Studienberechtigungsprüfung erfolgreich das Studium der allgemeinen Medizin. Ebenfalls 1995 beendete die Zweitklägerin ihre Lehre als Verkäuferin und begann dann 1996/1997 abends in der Zeit zwischen 18.00 und 22.00 Uhr mit einer Maturaschule, um diesen Abschluss nachzuholen. Beide Klägerinnen verfügen über kein eigenes Einkommen.

Der Beklagte, der 1990 Rumänien verließ und in Österreich als Flüchtling politisches Asyl genießt, verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von ca S 14.000,-- 14 x jährlich. Er hat an die beiden Klägerinnen seit 1. 1. 1996 insgesamt S 26.000,-- überwiesen. Die Lebenshaltungskosten für 9 bis 11-jährige Kinder in Rumänien betrugen im Juni 1997 S 950,-- bis S 1.000,--. Nach einer Entscheidung eines rumänischen Gerichtes vom 4. 12. 1995 ist der Beklagte zur Zahlung von S 750,-- an monatlichem Unterhaltsbeitrag an beide Klägerinnen verpflichtet, und zwar an die Erstklägerin bis zur Beendigung ihres Studiums, maximal aber bis zum 25. Lebensjahr und an die Zweitklägerin bis zu deren Volljährigkeit.

Die Klägerinnen begehren mit ihrer Klage vom Beklagten einen monatlichen Unterhalt in Höhe von S 1.500,-- jeweils ab 1. 1. 1996. Beide seien im Hinblick auf ihre Ausbildung noch nicht selbsterhaltungsfähig und verfügten über kein Einkommen.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte im Wesentlichen ein, dass er auch nach dem rumänischen Unterhaltstitel nur zu einer Leistung je S 750,-- monatlich verpflichtet sei und insgesamt S 25.000,-- an Unterhalt an die Klägerinnen bezahlt habe. Das Unterhaltsbegehren bestehe nicht zu Recht, da beide Klägerinnen selbsterhaltungsfähig seien. Der Beklagte sei nicht verpflichtet, ein über den bereits erreichten Berufsabschluss hinausgehendes Studium zu finanzieren. Der Unterhaltsbetrag sei auch überhöht, da er das Doppelte eines durchschnittlichen Monatsgehaltes in Rumänien darstelle. Es sei auf die ökonomischen Verhältnisse in Rumänien abzustellen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es folgerte rechtlich aus den einleitend dargestellten Feststellungen, dass Rumänien dem Haager Unterhaltsstatut nicht beigetreten und damit entsprechend § 24 IPRG für die Beurteilung der Unterhaltsansprüche rumänisches Recht maßgeblich sei. Dieses verlange für einen Unterhaltsanspruch bei Minderjährigen keine weiteren Nachweise, jedoch bei Volljährigen sowohl jenen der Bedürftigkeit als auch der Unmöglichkeit eines Erwerbes wegen Arbeitsunfähigkeit. Auch nach Erreichung der Volljährigkeit seien die Eltern jedoch verpflichtet, die Berufsausbildung der Kinder zu fördern. Dabei sei auf die Fähigkeiten der Kinder, deren Neigungen, Talente und Lernerfolg abzustellen. Dies entspreche auch der Entscheidung des rumänischen Gerichtes und der österreichischen Judikatur. Die Voraussetzungen für die weitere Berufsausbildung seien aber bei beiden Klägerinnen zu bejahen. Die Höhe des Unterhaltsbetrages sei entsprechend Art 94 des rumänischen Familiengesetzbuches mit einem Drittel des Arbeitseinkommens anzusetzen. Da selbst bei 9 bis 11-jährigen Kindern schon die Mindestlebenhaltungskosten ca S 1.000,-- erreichten, seien die S 1.500,-- für Studentinnen angemessen.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Beklagten teilweise Folge und wies das Unterhaltsbegehren der Zweitklägerin für die Zeit ab 1. 1. 1997 ab. Es folgerte rechtlich, dass nach der Entscheidung Nr 2 des Plenums des Obersten Gerichtshofes, Rumäniens vom 20. 2. 1971 die Unterhaltsberechtigung eines Kindes auch nach Erreichung der Volljährigkeit bis zum 25. Lebensjahr weiterbestehen könne, wenn das Kind seine Studien oder Berufsausbildung fortsetze. Dies treffe auf die Erstklägerin zu, nicht jedoch auf die Zweitklägerin, die ihre Ausbildung als Verkäuferin abgeschlosssen habe. Der Besuch der Abendschule sei nicht als Fortsetzung der Berufsausbildung anzusehen.

Die Höhe des Unterhaltsanspruches richte sich entsprechend Art 94 des rumänisches Familiengesetzbuches nach den Mitteln des Unterhaltspflichtigen und betrage bei einem Kind ein Viertel, bei zwei Kindern ein Drittel des Arbeitseinkommens. Eine "Überalimentierung" der Erstklägerin bei einem Unterhaltsbetrag von S 1.500,-- liege jedenfalls nicht vor. Die Ausführungen des Beklagten, dass er nunmehr verheiratet sei und seine Frau ein Kind erwarte, stellten eine unzulässige Neuerung im Berufungsverfahren dar.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Auslegung des rumänischen Unterhaltsrechtes, insbesondere zu Art 86 des rumänischen Familiengesetzbuches noch nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes (vgl § 508a Abs 1 ZPO) unzulässig.

Die Revision macht Mängel des Verfahrens erster Instanz geltend, deren Vorliegen bereits vom Berufungsgericht verneint wurde, sodass nach ständiger Rechtsprechung eine Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof ausscheidet (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 § 503 Rz 3 mzwH etwa SZ 62/157, JBl 1998, 643 uva).

Auch die Rechtsrüge zeigt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf. Entgegen den Ausführungen des Beklagten ist das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des rumänischen Höchstgerichtes ausgegangen. Inwieweit diese im Allgemeinen unzutreffend ermittelt worden wäre, zeigt der Beklagte nicht auf. Besteht aber die Rechtsprechung eines ausländischen Höchstgerichtes, so ist das Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes für die Beurteilung der Rechtserheblichkeit im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ohne Bedeutung (vgl RIS-Justiz RS0042948 = EvBl 1985/172, RdW 1986, 145, ÖA 1992, 166 uva).

Die Ausführungen der Revision, die sich darauf beziehen, dass die Erstklägerin einen Studienerfolg nicht nachgewiesen habe, entfernt sich von dem festgestellten Sachverhalt (vgl dazu auch Kodek in Rechberger ZPO2 § 503 Rz 5). Auch mit der Frage der Höhe des Unterhaltsanspruches der Erstklägerin haben sich die Vorinstanzen im Rahmen der festgestellten ausländischen Rechtslage befasst. Die Revision vermag es nicht, eine Fehlbeurteilung nachzuweisen, die es im Sinne der Rechtssicherheit erfordern würde, diese Entscheidungen einer erneuten Prüfung durch den Obersten Gerichtshof zu unterziehen.

Insgesamt zeigt die Revision jedenfalls keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf, weshalb sie zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 50 und 41 ZPO.

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