OGH 7Ob538/86

OGH7Ob538/8619.6.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Prof. Dr. Alfred M***, Nationalratspräsident i.R., Oberweis, Haus Traunegg, vertreten durch Dr. Julius Jeannüe, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei D*** UND Z*** J. W*** Gesellschaft m.b.H., Linz, Promenade 23, vertreten durch Dr. Hans Oberndorfer, Rechtsanwalt in Linz, wegen Feststellung der Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses (Streitwert S 600.000 s.A.), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 20.November 1985, GZ 2 R 137/85-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 11.Februar 1985, GZ 7 Cg 381/84-6, bestätigt wurde,in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 18.522,15 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.465,65 an Umsatzsteuer und S 2.400 an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Gesellschafter der Beklagten. Seine Stammeinlage von 3,9 Mill. S entspricht 26 % des Stammkapitals von 15 Mill. S. Der zweite Gesellschafter ist die J. W*** KG. Ihre Stammeinlage von 11,1 Mill.S entspricht 74 % des Stammkapitals. Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ist die Herausgabe, der Druck, der Verlag und der Vertrieb von Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Büchern und Druckerzeugnissen aller Art. Die Beklagte wird durch die beiden kollektivzeichnungsbefugten Geschäftsführer Rudolf Andreas C*** (zugleich einziger persönlich haftender Gesellschafter der J. W*** KG) und Dkfm. Dr. Werner S*** (der vom Kläger nominiert worden war) vertreten.

Die J. W*** KG beantragte im Juli 1984 die Abhaltung einer außerordentlichen Generalversammlung mit dem Tagesordnungspunkt "Beschlußfassung über Weisung an die Geschäftsführung zur Kündigung des Dienstverhältnisses der Frau Mathilde P***, des Chauffeurs, Herrn Kurt S***, und der Sekretärin, Frau Gerlinde W***". Auf Grund dieser Einberufung richtete der Vertreter des Klägers, Dr. Julius Jeannüe, am 23.7.1984 an Rudolf Andreas C***

ein Schreiben, in dem er die an den Kläger ergangene Einladung für die für den 27.7.1984 in den Räumen der Gesellschaft anberaumte Generalversammlung bestätigte und zur Kenntnis nahm, daß auf Grund seines Vorschlages auch die anderen Gesellschafter der Beklagten mit einer schriftlichen Abstimmung einverstanden sind, so daß die Abhaltung der Generalversammlung entfällt. Er erklärte im Auftrag des Klägers und auf Grund der ihm erteilten Vollmacht, "die Ihnen jederzeit zur Einsicht zur Verfügung stehen", dem Antrag die Zustimmung zu versagen. Sollte aber ein Mehrheitsbeschluß im Sinne des Antrages zustande kommen, so sei Dr. Jeannüe beauftragt, im Namen des Klägers die Nichtigerklärung eines solchen Beschlusses zu erwirken.

Durch Abstimmung im schriftlichen Weg wurde am 24. und 26.7.1984 mit der Stimme der J. W*** KG gegen die Stimme des Klägers beschlossen, den Geschäftsführern der Beklagten die Weisung zu erteilen, die Dienstverhältnisse mit den im Antrag genannten Personen zum nächstmöglichen Termin zu kündigen, da deren weitere Aufrechterhaltung der Gesellschaft und deren Geschäftsführern nicht zumutbar erscheine.

Der Beschluß wurde am 3.8.1984 von der Geschäftsführung in das Protokollbuch der Beklagten eingetragen.

Der Kläger hat seinen Vertreter Dr. Julius Jeannüe am 26.9.1984 "bevollmächtigt und ermächtigt, ...ihn als Gesellschafter ... (der Beklagten) bei Generalversammlungen dieser Gesellschaft zu vertreten und in seinem Namen das Stimmrecht auszuüben oder ihn bei Beschlußfassungen im schriftlichen Weg zu vertreten und in seinem Namen das Stimmrecht auszuüben".

Am 9.10.1984 richtete Rudolf Andreas C*** an Dr. Werner S*** ein Schreiben, in dem er unter anderem ausführt, der Kläger habe Dr. Jeannüe erst nachträglich am 26.9.1984 Stimmrechtsvollmacht erteilt, "so daß jetzt ein rechtswirksamer Gesellschafterbeschluß vorliegt". Gemäß Punkt 7 des Gesellschaftsvertrages in der Fassung vom 18.5.1975 ist zwar ein Aufsichtsrat bestellt worden. Es wurde jedoch keine Regelung über eine Zustimmungspflicht dieses Aufsichtsrates für bestimmte Geschäftsfälle getroffen.

Mit Beschluß vom 23.11.1984, HRB 309-139, hat das Landesgericht Linz über Antrag des Geschäftsführers Rudolf Andreas C*** sowie der Gesellschafterin J. W*** Kommanditgesellschaft zur Vertretung der Beklagten in dem gegenständlichen Verfahren sowie in einem allfälligen weiteren Verfahren auf Nichtigerklärung eines am 29.11.1984 zu fassenden Gesellschafterbeschlusses Dr. Hans O***, Rechtsanwalt in Linz, gemäß § 15 a GesmbHG zum alleinvertretungsbefugten Notgeschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Das Oberlandesgericht Linz hat diesen Beschluß mit Entscheidung vom 3.1.1985, 3 R 169/84, dahin abgeändert, daß der Antrag abgewiesen wird.

Mit Generalversammlungsbeschluß vom 29.11.1984 wurde Dr. Hans O***, Rechtsanwalt in Linz, als besonderer Vertreter der Beklagten für die Durchführung des vorliegenden Rechtsstreites bestellt. Mit der am 29.10.1984 eingelangten Klage begehrt der Kläger die Feststellung, es sei der auf Grund der schriftlichen Stimmrechtsvollmachten vom 26.9.1984 und 24.7.1984 im schriftlichen Wege gemäß § 34 GesmbHG zustandegekommene Gesellschafterbeschluß "den Geschäftsführern der Gesellschaft wolle die Weisung erteilt werden, die Dienstverhältnisse mit Frau Mathilde P***, dem Chauffeur, Herrn Kurt S*** und der Sekretärin, Frau Gerlinde W***, zum nächstmöglichen Termin zu kündigen, da die Aufrechterhaltung dieser Dienstverhältnisse der Gesellschaft und deren Geschäftsführern nicht zumutbar erscheint", nichtig, in eventu, es bedürfe der auf Grund der schriftlichen Stimmrechtsvollmachten vom 26.9. und 24.7.1984 im schriftlichen Weg gemäß § 34 GesmbHG zustandegekommene, näher bezeichnete Beschluß als außerordentlicher Geschäftsfall der Genehmigung des Aufsichtsrates und sei infolge unterbliebener Genehmigung des Aufsichtsrates nicht rechtswirksam. Nach dem Klagsvorbringen verletze der frühestens am 26.9.1984 als zustandegekommen anzusehende Beschluß die gesellschaftlichen Regelungen, die nicht nur infolge ausdrücklicher Einigung, sondern auch auf Grund jahrzehntelanger Übung zwischen den Gesellschaftern zustandegekommen seien und verstoße überdies in gröblichster Weise gegen die guten Sitten. Es sei von Anfang an der Grundsatz eines paritätischen Einflusses beider Gesellschaftergruppen auf die Willensbildung der Gesellschaft und auf deren Organe festgehalten und ausnahmslos praktiziert worden. So sollten Geschäftsführer, Prokuristen und Aufsichtsräte paritätisch von den beiden Gesellschaftergruppen entsandt, aber auch zur Mitarbeit in anderen wichtigen Positionen der Gesellschaft besondere Vertrauenspersonen der beiden Gesellschaftergruppen nach paritätischen Grundsätzen herangezogen werden. Der angefochtene Beschluß verfolge ausschließlich den Zweck, die jahrzehntelange Zusammenarbeit zwischen den Gesellschaftern zu stören und die Tätigkeit des Klägers als Herausgeber der Tageszeitung "Oberösterreichische Nachrichten" durch Entzug seiner Sekretärin und seines Chauffeurs zu erschweren oder gar unmöglich zu machen. Eine Aufkündigung des Dienstverhältnisses der Tochter des Klägers, Mathilde P***, widerspreche der gesellschaftsvertraglichen Verpflichtung zu ihrer Beschäftigung. Der Umstand, daß die Mehrheitsgesellschafterin der Auffassung sei, hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Kündigung einen Gesellschafterbeschluß einholen zu müssen, obwohl die Kündigung eines "normalen" Dienstverhältnisses keiner solchen Beschlußfassung bedürfe, sondern Angelegenheit der Geschäftsführung sei, zeige, daß ein außerordentlicher Geschäftsfall vorliege. Außerordentliche Geschäftsfälle bedürften der Zustimmung des Aufsichtsrates, die bisher nicht eingeholt worden sei. Die Klage sei nicht verfristet.

Der angefochtene Beschluß habe erst mit der Vollmachtsvorlage vom 26.9.1984 zustandekommen können und sei in der Folge nicht in das Protokollbuch eingetragen worden. Darüber hinaus handle es sich um einen Beschluß, der in Rechte des Klägers als Gesellschafter eingreife, über die kein Mehrheitsbeschluß erwirkt werden könne. Die Bestellung des Rechtsanwaltes Dr. O*** zum Vertreter der Beklagten in der Generalversammlung vom 29.11.1984 sei unzulässig gewesen. Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage und wendet ein, die Klage sei gemäß § 41 Abs 4 GmbHG verfristet. Der angefochtene Beschluß sei am 3.8.1984 in das Protokollbuch der Beklagten eingetragen worden. Die Klage sei erst nach Ablauf der einmonatigen Klagefrist, am 29.10.1984, bei Gericht eingelangt. Die Klagefrist sei auch abgelaufen, wenn man den Standpunkt vertrete, sie habe erst mit dem Datum der schriftlichen Vollmacht (26.9.1984) zu laufen begonnen. Im Gesellschaftsvertrag fehle eine Regelung über die Aufgaben des Aufsichtsrates. Nach den Bestimmungen des GmbH-Gesetzes sei eine Zustimmung des Aufsichtsrates zu einem Beschluß wie dem gegenständlichen nicht vorgesehen.

Das Erstgericht wies sowohl das Haupt-, als auch das Eventualbegehren ab. Gemäß § 41 Abs 4 GmbH-Gesetz müsse die Nichtigkeitsklage binnen einem Monat vom Tag der Eintragung des Beschlusses im Protokollbuch erhoben werden. Auf Grund der Erklärung des Klagevertreters im Schreiben vom 23.7.1984, vom Kläger eine Stimmrechtsvollmacht erteilt bekommen zu haben, die jederzeit zur Einsicht zur Verfügung stehe, sei davon auszugehen, daß der Klagevertreter schon damals eine ordnungsgemäße Vollmacht des Klägers gehabt habe. Aus einem allfälligen Mangel der Vollmacht sei für den Standpunkt des Klägers nichts gewonnen, da diese nachgetragen werden könne. Die Sanierung im Sinne des § 1016 ABGB hätte die Wirksamkeit des bis dahin schwebend unwirksamen Rechtsgeschäftes zur Folge. Da die Genehmigung zurückwirke, wäre auch in diesem Fall davon auszugehen, daß bereits am 26.7.1984 ein gültiger Gesellschafterbeschluß zustandegekommen sei und daß die Eintragung im Protokollbuch vom 3.8.1984 zu Recht erfolgt sei. Das Eventualbegehren sei nicht gerechtfertigt, weil die Zustimmung des Aufsichtsrates zu einem Beschluß wie dem vorliegenden im GmbH-Gesetz (§ 30 j) nicht vorgesehen sei und auch im Gesellschaftsvertrag nicht angeordnet werde. Außerdem gebe es bei der Gesellschaft m.b.H. außerhalb der im § 41 GmbH-Gesetz geregelten Klage keine Klage gegen Beschlüsse. Im Falle seiner Qualifikation als Nichtigkeitsklage im Sinne des § 41 GmbH-Gesetz wäre deshalb auch das Eventualbegehren verfristet.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung des Klägers, soweit darin Nichtigkeit geltend gemacht wurde, und gab ihr im übrigen nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, den Betrag von S 300.000 übersteigt. Die Bestellung des Rechtsanwalts Dr. Hans O*** zum besonderen Vertreter der Beklagten für den gegenständlichen Rechtsstreit mit Beschluß vom 29.11.1984 sei eine zweckmäßige und zulässige Maßnahme, die sich auf § 28 Abs 1 GmbH-Gesetz gründe. Die geltend gemachte Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 5 ZPO sei daher nicht gegeben. Das Verfahren vor dem Erstgericht sei mangelfrei geblieben; die getroffenen Feststellungen würden auch vom Berufungsgericht der rechtlichen Beurteilung der Sache zugrunde gelegt. Das Erstgericht sei zu Recht zum Ergebnis gekommen, daß das Hauptbegehren des Klägers verfristet sei. Der Umstand, daß dem Kläger eine Abschrift der Eintragung des Beschlusses im Protokollbuch nicht zugesandt worden sei, sei unerheblich, weil das Gesetz keine Sanktion für diese Unterlassung vorsehe und der Kläger durch seinen Rechtsfreund bei der Abstimmung vertreten gewesen sei, so daß ihm schon aus diesem Grund habe bekannt sein müssen, wie die Entscheidung der Generalversammlung ausgefallen sei. Bei dem Eventualbegehren handle es sich zwar um einen von einer Frist im Sinne des § 41 Abs 4 GmbH-Gesetz unabhängigen Anspruch. Es seien jedoch die Voraussetzungen des § 228 ZPO für dieses Begehren nicht gegeben, da ein über den vorliegenden Rechtsstreit hinausreichendes Feststellungsinteresse nicht erkennbar sei.

Der Kläger bekäepwt die Entscheidung des Berufungsgerichtes mit Revision aus den Revisionsgründen des § 503 Abs 1 Z 1, 2 und 4 ZPO mit dem Antrag, sie im klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Den Revisionsgrund der Nichtigkeit des Berufungsverfahrens wegen nicht ordnungsgemäßer Vertretung der Beklagten führt der Kläger der Sache nach in derselben Weise aus wie die entsprechende Anfechtung in der Berufung. Das Berufungsgericht hat die Berufung insoweit beschlußmäßig verworfen. (Der Umstand, daß das Berufungsgericht in seiner Entscheidung ON 10 bei Wiedergabe des vom Kläger gestellten Begehrens nur das Eventualbegehren, nicht aber auch das Hauptbegehren zitiert hat, stellt ein offensichtliches Versehen dar.) uie Entscheidung des Berufungsgerichtes über die Nichtigkeit ist nicht anfechtbar. Die Frage der ordnungsgemäßen Vertretung im Rechtsstreit ist somit bei gleichbleibendem Sachverhalt für das gesamte Verfahren einheitlich und unteilbar zu entscheiden. Ist die in einer Instanz aufgeworfene Frage der ordnungsgemäßen Vertretung zum Gegenstand einer Entscheidung gemacht worden, ist zwar diese Entscheidung unter Beachtung der Rechtsmittelbeschränkungen anfechtbar, sie bleibt aber für das weitere Verfahren in allen Instanzen bindend und kann mangels Sachverhaltsänderung nicht abermals zum Gegenstand einer "Erstprüfung" der Verfahrensvoraussetzungen gemacht werden. Die Vertretung der beklagten Gesellschaft durch den von ihr mit Generalversammlungsbeschluß vom 29.11.1984 zum Prozeßbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalt ist nach dem dargestellten Verfahrensablauf unter dem Gesichtspunkt des § 477 Abs 1 Z 5 ZPO nicht mehr nachprüfbar (6 Ob 541/86). Unter einem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens macht der Kläger neuerlich Mängel des Verfahrens erster Instanz geltend, deren Vorliegen bereits vom Berufungsgericht verneint wurde. Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz aber, die vom Berufungsgericht nicht als solche anerkannt worden sind, können nicht nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO geltend gemacht werden (SZ 27/4, JBl 1972, 569).

Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wendet sich der Kläger gegen die Rechtsprechung, wonach die Klagefrist des § 41 Abs 4 GmbH-Gesetz auch ohne Verständigung der Gesellschafter von der Eintragung des angefochtenen Beschlusses im Protokollbuch zu laufen beginne, da hiedurch die Bestimmung des § 40 Abs 2 GmbH-Gesetz sinnlos werde. Durch das Nachreichen der Stimmrechtsvollmacht vom 26.9.1984 sei die Beschlußfassung auf schriftlichem Weg frühestens an diesem Tag zustande gekommen. Eine nachfolgende Eintragung des Beschlusses im Protokollbuch sei nicht erfolgt. Die Eintragung eines Gesellschafterbeschlusses vor dessen wirksamen Zustandekommen sei undenkbar. Daß aber ein wirksamer Beschluß erst am 26.9.1984 zustande gekommen sei, gehe auch aus dem Schreiben des Geschäftsführers Rudolf Andreas C*** an den zweiten Geschäftsführer, Dr. Werner S***, vom 9.10.1984 hervor. Auch diese Ausführungen sind nicht stichhältig. Die Frist für die Klage auf Nichtigerklärung eines Beschlusses der Gesellschafter einer Gesellschaft m.b.H. beginnt mit dem Tag der Eintragung des Beschlusses im Protokollbuch. Die Klage muß innerhalb der Frist bei Gericht eingelangt sein (§ 41 Abs 4 GmbH-Gesetz, SZ 39/136, Gellis, Kommentar zum GmbH-Gesetz 2 284). Der Beginn des Fristenlaufes ist unabhängig von der Zusendung einer Abschrift nach § 40 Abs 2 GmbH-Gesetz (SZ 39/136, Gellis a.a.O., Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht, 377). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird von der Lehre dann gemacht, wenn ein Gesellschafter von dem Beschluß erst nach Ablauf der einmonatigen Frist erfahren hat (Reich-Rohrwig a.a.O. 384; Schönherr, Die Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen einer Gesellschaft m.b.H. in JBl 1960, 3; Gellis a.a.O. 273 f). Der Gesellschafter muß deshalb - wurde ihm eine Abschrift der Eintragung im Protokollbuch nicht zugesendet - Kenntnis von der Beschlußfassung zumindest durch die Einberufung der Generalversammlung erhalten haben, sodaß er die Möglichkeit hatte, im Falle seines Fernbleibens von dieser auf Grund der erhaltenen Ladung tätig zu werden. Sollte daher auch dem Vertreter des Klägers bei der Ausübung des Stimmrechtes eine schriftliche Vollmacht iS des § 39 Abs 3 GmbHG gefehlt haben, war doch der Kläger - wie festgestellt wurde - von der Einberufung der Generalversammlung und deren Zweck verständigt worden. Er wußte deshalb, daß eine Beschlußfassung bevorstand.

Der Kläger macht weiter geltend, der angefochtene Beschluß habe, da er ohne seine Zustimmung zustandegekommen sei, ihm gegenüber keine Wirkung. Der Beschluß greife in Sonderrechte des Klägers ein, da der Kläger nach den Bestimmungen der Punkte X und XIII des Syndikatsvertrages Anspruch auf einen Chauffeur und eine persönliche Sekretärin sowie auch auf Anstellung seiner Tochter habe. Es werde gerügt, daß Feststellungen hiezu nicht getroffen worden seien. Derartige Feststellungen waren jedoch nicht erforderlich. Der Schutz der sogenannten Sonderrechte der Gesellschafter ergibt sich aus § 50 Abs 4 GmbH-Gesetz, wonach eine Vermehrung der den Gesellschaftern nach dem Vertrag obliegenden Leistungen oder eine Verkürzung der einzelnen Gesellschaftern durch den Vertrag eingeräumten Rechte nur unter Zustimmung sämtlicher von der Vermehrung oder der Verkürzung betroffenen Gesellschafter beschlossen werden kann. Sonderrechte sind einzelnen Gesellschaftern oder Gruppen von Gesellschaftern im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Rechte, die ihnen ohne ihre Zustimmung nicht entzogen werden dürfen.

Kein Merkmal von Sonderrechten ist es, daß sie etwa nicht allen, sondern nur einzelnen Gesellschaftern eingeräumt sind (Reich-Rohrwig a. a.O. 428). Unter den Begriff der "durch den Vertrag einzelnen Gesellschaftern eingeräumten Rechte" im Sinne des § 50 Abs 4 GmbH-Gesetz fallen sowohl Individualrechte als auch der Anspruch auf gleichmäßige Behandlung mit den anderen Gesellschaftern (SZ 38/87). Sonderrechte können nur dann beachtet werden, wenn sie der Satzung zu entnehmen sind (SZ 28/71, SZ 47/70).

Ob dem Kläger Sonderrechte, wie er sie deutlich erst im Rechtsmittelverfahren behauptet hat, nach dem Gesellschaftsvertrag zustehen, kann allerdings dahingestellt bleiben. Zwar wird in der Lehre teilweise die Rechtsansicht vertreten, daß ein Beschluß, der ohne Zustimmung eines Gesellschafters gefaßt wurde, obwohl dieser als betroffener Gesellschafter, wie im Fall des § 50 Abs 4 GmbH-Gesetz, zustimmen hätte müssen, ihm gegenüber, somit relativ, unwirksam sei und daher einer Anfechtung durch ihn gar nicht bedürfe (Gellis a.a.O. 315, Kastner, Grundriß des Gesellschaftsrechts 4 313 f). Der Oberste Gerichtshof lehnt jedoch die schwebende Unwirksamkeit eines solchen Beschlusses bis zur Zustimmung des betroffenen Gesellschafters ab und verweist auch in diesen Fällen auf die Nichtigkeitsklage gemäß § 41 GmbHG (RZ 1958, 46; ohne Stellungnahme HS 2205 und JBl 1981, 326; zustimmend Schönherr in JBl 1960, 42, der hervorhebt, daß die gegenüber den Aktionären einer Aktiengesellschaft engere "Schicksalsgemeinschaft" der einzelnen Partner einer Gesellschaft mbH dem einzelnen die Pflicht auferlege,.... Zweifel darüber, ob er den einmal gefaßten Beschluß gegen sich gelten lasse, sobald wie möglich zu klären; dies entspreche auch dem aus der Regelung der Nichtigkeitsklage in den §§ 41 f GmbHG hervorleuchtenden Zweck des Gesetzes, die Rechtssicherheit über die Belange einzelner Gesellschafter zu stellen, die es unterlassen haben, fehlerhafte Beschlüsse rechtzeitig mit der Nichtigkeitsklage zu bekämpfen; im gleichen Sinn auch Reich-Rohrwig aaO 391 und 429, der gleichfalls die Anfechtbarkeit von Beschlüssen, die in Sonderrechte einzelner Gesellschafter ohne deren Zustimmung eingreifen, bejaht und ausführt, im Rahmen der GmbH-rechtlichen Verbandsautonomie gefaßte Beschlüsse seien bei Fehlen der Zustimmung einzelner Gesellschafter und bei Fehlen der erforderlichen Beschlußmehrheit....anfechtbar, aber nicht absolut oder relativ nichtig). Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsansicht aus den von Schönherr a.a.O. (und in gleicher Weise in den zitierten Entscheidungen) angeführten Gründen an.

Dem Erstgericht ist darin beizupflichten, daß auch das Eventualbegehren des Klägers verfristet im Sinne des § 41 Abs 4 GmbHG ist. Wäre nämlich zur Beschlußfassung die Zustimmung des Aufsichtsrates notwendig gewesen, könnte die Nichtigerklärung des Beschlusses gemäß § 41 Abs 1 GmbHG verlangt werden, da er gesetz- oder satzungswidrig zustandegekommen wäre. Es ist aber auch richtig, daß die Notwendigkeit einer solchen Zustimmung weder aus dem Gesetz (§ 30 j), noch auch, wie vom Erstgericht festgestellt wurde, aus dem Gesellschaftsvertrag hervorgeht.

Die Revision erweist sich damit als unbegründet, so daß ihr ein Erfolg versagt bleiben mußte.

Die Kostenentscheidung erfolgt nach den §§ 41, 50 ZPO.

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