European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0070OB00052.20B.0916.000
Spruch:
Die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
II. zu Recht erkannt:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der Nebenintervenientin binnen 14 Tagen die mit 1.411,20 EUR (darin enthalten 391,30 EUR an USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der inzwischen verstorbene Versicherungsnehmer hatte bei der Beklagten eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen. Die Klägerin, seinerzeitige Lebensgefährtin und spätere Gattin des Versicherungsnehmers, war als Bezugsberechtigte im Ablebensfall angeführt. Im Versicherungsantrag heißt es unter der Rubrik „Benennung von Bezugsberechtigten“ für das „Bezugsrecht im Todesfall“:
„ Im Falle des Ablebens der im Vertrag genannten versicherten Person(en) ist dem/der oder den oben genannten Bezugsberechtigten der jeweils angegebene Anteil aus den Leistungen auszuzahlen, die sich zum betreffenden Zeitpunkt aus dem Vertrag ergeben. “
Die Polizzenbedingungen lauteten auszugsweise:
„ […]
12.3 Der Versicherungsnehmer kann die Benennung von Bezugsberechtigten, vorbehaltlich von Abschnitt 12.1, jederzeit widerrufen, wobei der Widerruf jedoch erst bei Eingang einer ausdrücklichen schriftlichen Widerrufserklärung des Versicherungsnehmers [beim Versicherer] rechtswirksam wird.
[…]
13.4 [Der Versicherer] wird den Leistungsanspruch von Personen nicht ablehnen, die laut Vertrag zur Geltendmachung eines solchen Anspruchs berechtigt sind, es sei denn, aufgrund von Verschweigen oder Falschangaben wesentlicher Tatsachen mit betrügerischer Absicht oder wenn der Versuch gemacht wird, eine Auszahlung der Versicherungsleistungen auf betrügerische Weise zu erreichen ….
[...]
13.6 Anträge, Willenserklärungen und Inanspruchnahme von Optionen sind erst dann für [den Versicherer] verbindlich, Versicherungsansprüche werden erst dann anerkannt und Vertragsleistungen werden erst dann erbracht, wenn (innerhalb der jeweils vorgeschriebenen Frist) eine diesbezügliche schriftliche Mitteilung (wobei es sich um eine Mitteilung per Fax handeln kann, sofern diese anschließend brieflich bestätigt wird) zusammen mit den jeweils nach [des Versicherers] freiem Ermessen verlangten Nachweisen und Unterlagen bei […] Office eingeht. […]
13.7 Hat der Versicherungsnehmer seinen Wohnsitz […]
b) in Österreich, unterliegt der Vertrag österreichischem Recht. Das Gericht, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer seinen Wohnsitz hat oder etabliert ist, ist zuständig, jegliche Streitigkeiten zu entscheiden, die sich möglicherweise unter diesem Vertrag ergeben.
[...]“
Die Ehe der Klägerin und des Versicherungsnehmers wurde aus dem alleinigen Verschulden der Klägerin geschieden.
Bestehende Lebensversicherungen waren Thema und Gegenstand der nachehelichen Aufteilung. Bereits im Aufteilungsantrag gab die nunmehrige Klägerin zu erkennen, dass sie auch bestehende Lebensversicherungen, berücksichtigt nach deren Rückkaufswert, darunter auch die eingangs bezeichnete Lebensversicherung, aufgeteilt haben möchte.
Im Aufteilungsvergleich vereinbarten die Klägerin und der Versicherungsnehmer im Jahr 2008:
„ Die Antragstellerin … [Klägerin] gibt bereits jetzt die Erklärung ab, dass gegen Vorlage dieses Vergleichs alle Kreditinstitute und Versicherungen, bei denen gemeinsame Vermögenswerte der Parteien bestehen, dieselben auf den Antragsgegner … [Versicherungsnehmer] überschreiben, der diese in sein alleiniges Eigentum übernimmt.
Festgehalten wird, sollte ein Kreditinstitut oder eine Versicherung dennoch eine Erklärung von Seiten der Antragstellerin benötigen, verpflichtet sich diese, sämtliche erforderlichen Unterschriften für diese Übernahme durch den Antragsgegner zu leisten.
[…]
Mit dieser Vereinbarung sind sohin sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Titel der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse endgültig verglichen und abgegolten.
[...] “
Der Versicherungsnehmer und die Klägerin waren sich im Rahmen des Aufteilungsverfahrens und dem Abschluss des Aufteilungsvergleichs bewusst, dass die Klägerin nach dem Inhalt dieses Vergleichs durch die Ausgleichszahlung ihren Anteil am (Rückkaufs‑)Wert der Lebensversicherung abgegolten erhält und im Fall des Ablebens des Versicherungsnehmers keinen Anspruch auf eine Leistung aus der Lebensversicherung mehr haben werde. Gerade um dieses Ergebnis abzusichern, verpflichtete sich die Klägerin allenfalls notwendige Erklärungen gegenüber der Versicherung abzugeben, damit diese in das „alleinige Eigentum“ des Versicherungsnehmers übergehen können.
Im Jahr 2015 verfasste der Versicherungsnehmer folgende handschriftliche und eigenhändig unterfertigte letztwillige Verfügung:
„Testament
[…]
Sollte mir etwas zustoßen oder sollte ich sterben, vermache ich mein Haus in G ... [der Nebenintervientin]. Die restlichen Schulden vom Haus in G sind von meinem Vermögen zu tilgen! Das Haus in F gehört dann wieder meinen Eltern! [...]“
Im Jahr 2016 heiratete der Versicherungsnehmer die Nebenintervenientin.
Die Beklagte wurde bis zum Tod des Versicherungsnehmers im Jahr 2016 nicht über die erfolgte Scheidung und den Inhalt des Aufteilungsvergleichs informiert. Der Versicherungsnehmer teilte der Beklagten zu Lebzeiten auch nie mit, dass die Bezugsberechtigung der nunmehrigen Klägerin erloschen sei.
Nach dem Tod des Versicherungsnehmers informierte die Klägerin die Beklagte von dessen Ableben. Die Beklagte teilte der Klägerin mit, dass ihr als bezugsberechtigter Person das Guthaben zustehe und ersuchte zwecks Leistungsprüfung um Übersendung bestimmter Unterlagen. In der Folge wandte sich auch die Nebenintervenientin an die H***** GmbH, der Vertreterin der Beklagten in Deutschland, und wies darauf hin, dass die Klägerin aufgrund des Aufteilungsvergleichs nicht bezugsberechtigt sei, die Lebensversicherung vielmehr in den Nachlass falle und ihr als gesetzlicher Erbin zustehe. Einer Aufforderung der Nebenintervenientin, eine Erklärung abzugeben, dass die Lebensversicherung in den Nachlass des Versicherungsnehmers falle, kam die Klägerin nicht nach, sondern erklärte der H***** GmbH, Anspruch auf die Versicherungsleistung zu erheben. Daraufhin beantragte die Beklagte beim Amtsgericht Heidelberg zum Schutz vor einer etwaigen Doppelzahlung die Hinterlegung der Versicherungssumme von 20.798,21 EUR. Das Amtsgericht Heidelberg nahm den Erlag an.
Die Klägerin begehrte von der Beklagten die Zahlung der Versicherungsleistung von 20.798,21 EUR sA, hilfsweise deren Zustimmung zur Ausfolgung des erlegten Betrags. Sie sei unzweifelhaft bezugsberechtigt und die Hinterlegung daher nicht wirksam erfolgt.
Die Beklagte beantragte Abweisung der Klagebegehren und wandte ein, dass die Versicherungssumme von der Klägerin und der Nebenintervenientin beansprucht würden, weshalb sie schuldbefreiend an ihrer Niederlassung hinterlegt habe.
Die Nebenintervientin führte aus, dass nach dem Aufteilungsvergleich (ua) alle Versicherungen auf den Versicherungsnehmer übergehen sollten und sich die Klägerin auch verpflichtet habe, die hiefür notwendigen Unterschriften zu leisten. Diese Vereinbarung habe auch den hier zu beurteilenden Versicherungsvertrag umfasst. Der Versicherer habe offensichtlich vergessen, die Bezugsberechtigung nach der Scheidung zu ändern. Die Hinterlegung sei rechtmäßig erfolgt.
Das Erstgericht wies das Haupt- und das Eventualbegehren ab. Es führte rechtlich aus, dass dem Versicherungsnehmer eine Änderung der Bezugsberechtigung nicht nur durch (einseitige) letztwillige Verfügung zustehe, sondern diese auch durch Rechtsgeschäfte zu Lebzeiten, wie etwa durch den hier erfolgten Aufteilungsvergleich möglich sei. Eine solche Disposition sei auch gegenüber dem Versicherer unabhängig davon rechtswirksam, ob die nach dem Versicherungsvertrag vom Versicherungsnehmer geschuldete förmliche Mitteilung an den Versicherer erfolgt sei. Eine Begünstigung der Klägerin trotz ihres im Aufteilungsvergleich erfolgten Verzichts würde Treu und Glauben widersprechen und einer betrügerischen Absicht im Sinn von Punkt 13.4 der Polizzenbedingungen nahekommen. Schließlich habe die Beklagte auch die Hinterlegung berechtigt vorgenommen, bestehe doch das aus deren Sicht berechtigte Risiko zweifacher Inanspruchnahme.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es vertrat die Rechtsansicht, dass es sich bei der Änderung der Bezugsberechtigung um die Ausübung eines Gestaltungsrechts und damit um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung handle, deren Adressat der Versicherer sei. Nach herrschender Ansicht genüge aber auch die Änderung der Bezugsberechtigung in einer letztwilligen Verfügung. Da das Gesetz über die Modalitäten des Widerrufs der Bezugsberechtigung schweige, sei davon auszugehen, dass dafür dieselben gelten, wie für die ursprüngliche Bezeichnung. Könne die Bezeichnung des Bezugsberechtigten in einer letztwilligen Verfügung erfolgen, müsse dies auch für die Änderung und den Widerruf gelten. Habe der Versicherungsnehmer den Ehegatten bzw Lebensgefährten für den Todesfall als bezugsberechtigt bezeichnet, so spreche die funktionale Vergleichbarkeit mit einer letztwilligen Verfügung für die analoge Anwendung des § 725 ABGB. Danach gelte die Bezugsberechtigung mangels gegenteiliger Anordnung als widerrufen, wenn die Ehe oder Lebensgemeinschaft oder das die Abstammung begründende Verhältnis aufgehoben werde. Zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls (Ableben des Versicherungsnehmers) sei zwar der Beklagten die Änderung in den familienrechtlichen Verhältnissen zwischen dem Versicherungsnehmer und der Klägerin nicht bekannt gewesen, weshalb die Beklagte mit schuldbefreiender Wirkung an die Klägerin hätte leisten können. Allerdings sei die Beklagte noch vor der Auszahlung davon in Kenntnis gesetzt worden, dass die Ehe/Lebensgemeinschaft zwischen der Klägerin und dem Versicherungsnehmer bereits seit vielen Jahren aufgehoben und eine Vermögensauseinandersetzung erfolgt sei, nach welcher der Klägerin kein Anspruch aus dem Versicherungsverhältnis mehr zustehe. Bei dieser Sachlage könne dahingestellt bleiben, ob die beim Amtsgericht Heidelberg erfolgte Hinterlegung zu Recht erfolgt sei und schuldbefreiend gewirkt habe. Die Berufung der Klägerin sei jedenfalls nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht sprach über Zulassungsvorstellung der Klägerin nachträglich aus, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei. Soweit für das Berufungsgericht überschaubar, liege zu den Fragen, ob die Bezugsberechtigung im Rahmen einer Ablebensversicherung gegenüber dem Versicherer ungeachtet der Bedingungslage auch formfrei widerrufen werden könne und insbesondere, ob dies auch noch nach dem Ableben des Versicherungsnehmers zulässig sei, keine Rechtsprechung des Höchstgerichts vor.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass dem Hauptbegehren, hilfsweise dem Eventualbegehren stattgegeben werde. Schließlich stellt die Klägerin auch noch einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte und die Nebenintervenientin erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung jeweils mit den Anträgen, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise dieser nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsbeantwortung der Beklagten ist verspätet.
I. Zur Revisionsbeantwortung der Beklagten:
Die Beklagte erhielt die Mitteilung des Berufungsgerichts, mit der nach § 507a Abs 2 Z 3 ZPO die Frist für die Revisionsbeantwortung zu laufen begann, am 29. 1. 2020 zugestellt. Die nach § 507a Abs 3 Z 1 ZPO freigestellte Revisionsbeantwortung war beim Berufungsgericht einzubringen. Die Beklagte hat ihre Revisionsbeantwortung jedoch beim Erstgericht eingebracht, wonach diese erst am 27. 2. 2020 und damit nach Fristablauf beim Berufungsgericht einlangte (vgl dazu RS0124533). Die Revisionsbeantwortung der Beklagten ist daher verspätet und zurückzuweisen.
II. Zur Revision:
Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist im Ergebnis aber nicht berechtigt.
1. Zur Hinterlegung:
1.1. Kann eine Schuld aus den in § 1425 ABGB näher bezeichneten Gründen nicht bezahlt werden, so ist der Schuldner berechtigt, die abzutragende Sache bei Gericht zu hinterlegen. Ist die Hinterlegung rechtmäßig erfolgt und dem Gläubiger bekannt gemacht worden, befreit diese den Schuldner von seiner Verbindlichkeit.
1.2. Eine befreiende Hinterlegung kann nach herrschender Ansicht grundsätzlich nur bei dem – nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts – zuständigen Gericht (8 Ob 562/88; 3 Ob 105/98g; vgl auch 4 Ob 520/61 = SZ 35/1 = JBl 1962, 562), also beim zuständigen Gericht des Erfüllungsorts, erfolgen
( Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1425 ABGB Rz 27 mwN; Heidinger in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1425 Rz 35;
Stabentheiner in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 1425 Rz 22 mwN).
1.3. Der Lebensversicherungsvertrag unterliegt österreichischem Recht (vgl Punkt 13.7 der Polizzenbedingungen). Der Erfüllungsort von Geldschulden ist nach österreichischem Recht – mangels abweichender Vereinbarung oder besonderer gesetzlicher Regelung, wie etwa des im gegebenen Kontext nicht maßgeblichen § 36 VersVG – grundsätzlich der Wohnsitz des Gläubigers (
Kietaibl/Ladler in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 907a Rz 9;
Reischauer in Rummel/Lukas, ABGB4 § 905 ABGB Rz 43).
1.4. Heidelberg (Deutschland) war offensichtlich nicht der Wohnsitz des Versicherungsnehmers bzw der Begünstigten und die Beklagte hat auch nicht vorgebracht, aus welchen anderen Gründen dieser Ort der nach österreichischem bürgerlichen Recht maßgebliche Erfüllungsort für die Zahlung der Versicherungsleistung gewesen sein sollte. Die Hinterlegung beim Amtsgericht Heidelberg wirkt daher schon infolge Unzuständigkeit des Erlagsgerichts nicht schuldbefreiend. Im Ergebnis ist daraus aber, wie noch zu zeigen sein wird, für die Klägerin nichts zu gewinnen.
2. Allgemein zur Bezugsberechtigung:
2.1. § 166 VersVG trifft für die Kapitallebensversicherung Regelungen über die Bezugsberechtigung. Dabei betrifft die im § 166 VersVG vorgesehene Bezeichnung eines Dritten als bezugsberechtigt das Verhältnis zum Versicherer. Für die Rechtsbeziehungen zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Begünstigten kommt es dagegen nur auf die zwischen diesen Personen getroffenen Vereinbarungen an (7 Ob 217/62; RS0080831 [T2]). § 166 VersVG soll einerseits dem Versicherungsnehmer die freie Verfügbarkeit bezüglich der Begünstigung einräumen und andererseits den Versicherer davor schützen, dass er, obwohl er bei der Auszahlung der ihm bekanntgegebenen Begünstigung entsprochen hat, von dem ohne seine Kenntnis an die Stelle des bisher Begünstigten gesetzten neuerlich in Anspruch genommen wird (7 Ob 18/84 = SZ 57/73 = NZ 1985, 93; 7 Ob 136/18b = iFamZ 2019/36, 49 [ Gruber ] = Klingebiel , ZFR 2019/74, 166).
2.2. Nach § 166 Abs 1 VersVG ist bei einer Kapitalversicherung im Zweifel anzunehmen, dass dem Versicherungsnehmer die Befugnis vorbehalten ist, ohne Zustimmung des Versicherers einen Dritten als Bezugsberechtigten zu bezeichnen oder an Stelle des so bezeichneten Dritten einen anderen zu setzen. Die Befugnis des Versicherungsnehmers, an die Stelle des bezugsberechtigten Dritten einen anderen zu setzen, gilt im Zweifel auch dann als vorbehalten, wenn die Bezeichnung des Dritten im Vertrag erfolgt ist.
2.3. Gemäß § 166 Abs 2 VersVG erwirbt ein als bezugsberechtigt bezeichneter Dritter, wenn der Versicherungsnehmer nichts Abweichendes bestimmt, das Recht auf die Leistung des Versicherers erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalls. Davor hat der (widerruflich) Bezugsberechtigte noch keine gesicherte Rechtsposition (7 Ob 105/06a), insbesondere keinen Leistungsanspruch (3 Ob 19/09d), sondern nur eine Erwerbsaussicht ( Schauer in Fenyves/Schauer , § 166 VersVG Rz 2 und 27), ein unvererbliches „Anwartschaftsrecht“ (7 Ob 254/99z).
2.4. Auch wenn der Wortlaut des § 166 Abs 1 VersVG diese Möglichkeit nicht ausdrücklich vorsieht, so ist in Rechtsprechung und Lehre anerkannt, dass der Versicherungsnehmer die Bezugsberechtigung nicht nur ändern, sondern auch ersatzlos widerrufen kann (vgl 7 Ob 18/84; 1 Ob 555/86; Schauer in Fenyves/Schauer , § 166 VersVG Rz 23).
2.5. Nur wenn die Begünstigung unwiderruflich gestaltet wäre, was jedoch als Ausnahme im Hinblick auf § 166 Abs 2 VersVG ausdrücklich vereinbart werden müsste, würde der Rechtserwerb des Begünstigten schon vor dem Versicherungsfall eintreten (1 Ob 555/86; 7 Ob 254/99z). Eine solche Unwiderruflichkeit war im Anlassfall nicht vereinbart.
3. Form und Modalitäten der Bezeichnung/Änderung des Bezugsberechtigten:
3.1. § 166 VersVG begründet ein Gestaltungsrecht zur Bezeichnung eines Bezugsberechtigten ( Schauer in Fenyves/Schauer , § 166 VersVG Rz 15). Zur Form und zu den Modalitäten der Bezeichnung eines Bezugsberechtigten sowie zu dessen Änderung und einen Widerruf enthält das Gesetz keine Regelung. Nach verbreiteter Ansicht handelt es sich bei der Ausübung dieser Gestaltungsrechte im Regelfall um eine mangels abweichender Vereinbarung formfrei mögliche (vgl dazu auch BGH II ZR 248/64 = VersR 1967, 795; vgl dazu auch Langheid/Wandt , Münchener Kommentar zum VVG 2 § 159 Rn 28), einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung (7 Ob 105/06a; Schauer in Fenyves/Schauer , § 166 VersVG Rz 17 mwN; vgl auch II ZR 115/52 = BeckRS 1953, 31203741; BGH IV a ZR 126/87 VersR 1988, 1236; BGH IV ZR 198/10 = VersR 2013, 1121; Prölss/Martin , VVG 30 § 159 Rn 6 f).
3.2. Der Hinweis auf die Empfangsbedürftigkeit einer Erklärung über die Ausübung oder Änderung einer Bezugsberechtigung mag zunächst Ausdruck des typischen Wirksamkeitserfordernisses der Ausübung jedes Gestaltungsrechts als rechtsgeschäftlicher Erklärung sein (vgl dazu RS0013923; BGH IV ZR 198/10 = VersR 2013, 1121). Sie dient im gegebenen Kontext wohl besonders der Manifestation des Erklärungsaktes, soll doch der Wille des Versicherungsnehmers auf nachvollziehbare und beweissichere Weise geäußert ( Schauer in Fenyves/Schauer , § 166 VersVG Rz 17) und damit vor allem der Versicherer vor einer mehrfachen Inanspruchnahme geschützt werden (vgl Punkt 2.1.).
3.3. Im Anlassfall ist allerdings betreffend den fraglichen Widerruf der Bezugsberechtigung nicht eine einseitige Willenserklärung des Versicherungsnehmers, sondern eine vertragliche Vereinbarung, nämlich der vom Versicherungsnehmer mit der Klägerin – vor Gericht und damit beweissicher – abgeschlossene Aufteilungsvergleich zu beurteilen. Dass die Regelung der Bezugsberechtigung und folglich auch deren Änderung mit einem Vertrag zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Bezugsberechtigten vorgenommen werden kann, entspricht herrschender Ansicht ( Schauer in Fenyves/Schauer , § 166 VersVG Rz 20). Ein solcher Vergleichsabschluss ist in materiell‑rechtlicher Hinsicht mit der inhaltlichen Einigung der Parteien wirksam geworden. Die Mitteilung des Vergleichsinhalts mit einer darin gegebenenfalls vereinbarten Änderung der Bezugsberechtigung kann dann aber nur mehr dem Schutz des Versicherers vor einer mehrfachen Inanspruchnahme dienen (vgl Punkt 2.1. und 3.2.; aA Langheid/Wandt , Münchener Kommentar zum VVG 2 § 159 Rn 54).
3.4. Im zuvor genannten Sinn ist auch Punkt 12.3. der Polizzenbedingungen zu verstehen, wonach der Widerruf der Bezugsberechtigung „erst bei Eingang einer ausdrücklichen schriftlichen Widerrufserklärung des Versicherungsnehmers [beim Versicherer] rechtswirksam wird“. Zweck dieser Regelung kann es wiederum nur sein, dem Versicherer vor der Mitteilung des Widerrufs die schuldbefreiende Zahlung an den bisher Bezugsberechtigten zu ermöglichen (vgl § 1395 Satz 2 ABGB). Dieser Schutzzweck greift jedenfalls dann nicht mehr, wenn die Änderung der Bezugsberechtigung durch einen beweissicheren Vertrag (Vergleich) zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Bezugsberechtigten erfolgt und der Versicherer nach Verständigung von der Änderung/dem Widerruf der Bezugsberechtigung Zahlung ablehnt. Damit strebt er gerade die materielle Prüfung der Bezugsberechtigung an, sodass es in dieser Konstellation für die Wirksamkeit des Widerrufs nicht (mehr) auf den (zusätzlichen) Eingang einer schriftlichen Widerrufserklärung des Versicherungsnehmers ankommt. In einem solchen Fall ist daher die Bezugsberechtigung nur mehr in materieller Hinsicht zu prüfen, also der wirklich Bezugsberechtigte zu ermitteln, ohne dass diesem der bloß formale Einwand des nicht (gehörig) erfolgten Zugangs einer Änderung der Bezugsberechtigung zukomme.
4. Fallbeurteilung:
4.1. Im Aufteilungsvergleich haben der Versicherungsnehmer und die Klägerin zusammengefasst (ua) vereinbart, dass alle Versicherungen (wieder) auf den Versicherungsnehmer „überschrieben“ werden, wozu sich die Klägerin verpflichtete, sämtliche für diese „Übernahme“ erforderlichen Unterschriften zu leisten. Der Versicherungsnehmer und die Klägerin waren sich dabei bewusst, dass die Klägerin demnach durch die Ausgleichszahlung ihren Anteil am (Rückkaufs‑)Wert der Lebensversicherung abgegolten erhält und im Fall des Ablebens des Versicherungsnehmers keinen Anspruch auf eine Leistung aus der Lebensversicherung mehr haben sollte. Die Ansicht der Vorinstanzen, dass mit dieser Regelung – noch vor Eintritt des Versicherungsfalls – die Bezugsberechtigung der Klägerin widerrufen wurde, ist zutreffend. Die für Vertragsauslegung maßgeblichen Auslegungsgrundsätze gelten nämlich auch für gerichtliche Vergleiche (vgl dazu RS0017943).
4.2. Der Widerruf der Bezugsberechtigung ist zwischen dem Versicherungsnehmer und der Klägerin mit Abschluss des Aufteilungsvergleichs wirksam vereinbart worden. Für diese materielle Wirksamkeit ist im Fall eines Widerrufs der Bezugsberechtigung mit einem Vertrag zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Bezugsberechtigten die Verständigung des Versicherers nicht erforderlich. Diese dient vielmehr nur (mehr) dazu, den Versicherer vor einer mehrfachen Inanspruchnahme zu schützen. Lehnt der Versicherer nach der Verständigung vom Widerruf der Bezugsberechtigung Zahlung ab, dann ist im Fall der Leistungsklage des angeblich Bezugsberechtigten dessen materielle Berechtigung zu prüfen, ohne, dass es auf die formal vertragskonforme Verständigung von der Bezugsrechtsänderung ankäme. Da die Klägerin und der Versicherungsnehmer im Aufteilungsvergleich wirksam den Widerruf der Bezugsberechtigung der Klägerin vereinbart haben, haben die Vorinstanzen ihre Klagebegehren im Ergebnis zutreffend abgewiesen.
5. Ergebnis:
5.1. Die Revision der Klägerin muss infolge wirksamen Widerrufs ihrer Bezugsberechtigung erfolglos bleiben. Einer Prüfung der Rechtsansicht des Berufungsgerichts über die analoge Anwendbarkeit des § 725 Abs 1 ABGB auf die Bezugsberechtigung bei der Lebensversicherung bedarf es bei dieser Sachlage nicht.
5.2. Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung der Nebenintervenientin gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Der Nebenintervenientin steht allerdings kein Streitgenossenzuschlag zu, weil ihr im Revisionsverfahren nicht mehrere Personen gegenüberstehen (§ 15 RATG).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)