Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten seiner Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger schloß mit dem Beklagten in Februar 1997 eine mündliche Vereinbarung, wonach er für ihn EDV-Leistungen (Mitarbeit bei der Erstellung eines Programmpakets) zu erbringen hatte. Der Beklagte hatte sich seinerseits mit schriftlichem Vertrag gegenüber der I***** Gesellschaft mbH (im folgenden kurz I***** genannt) zur Erbringung dieser Leistungen in der Form verpflichtet, daß ein bestimmtes Stundenkontingent (Anzahl der Stunden, in denen der Beklagte Programmierleistungen für I***** erbringen werde bzw zu erbringen habe) vereinbart wurde.
Der Kläger kam mit dem Beklagten, der sich zur Erfüllung seiner Dienstverpflichtung gegenüber I***** zuvor eines anderen Mitarbeiters bedient hatte, zunächst überein, das noch offene Reststundenkontingent von ca 200 Stunden zu einem Stundenlohn von S 370 zu erbringen. Der Kläger führte in der Folge seine Programmierarbeiten sowie Leistungen in der Netzwerkbetreuung meist im Gebäude der IBM, teilweise aber auch auswärts durch. Er hatte keine fixen Dienstzeiten. Kontrolliert wurde er vom Projektleiter der I***** Dipl. Ing. Wolfgang B*****, der nur mit ihm - nicht mit dem Beklagten - Kontakt hatte. Seine Sozialversicherungsbeiträge zahlte der Kläger zur Gänze selbst.
Nach Ableistung des Reststundenkontingents schlossen I***** und der Beklagte einerseits sowie dieser und der Kläger andererseits neuerlich Verträge über einen Leistungsumfang von je 1000 Stunden. Ende September/Anfang Oktober 1997 vereinbarten die Streitteile eine Erhöhung des Stundensatzes auf S 450.
Im November 1997 teilte der Kläger dem Dipl. Ing. B***** mit, daß er seine Tätigkeit für den Beklagten beenden werde. Dies - die Einstellung der Arbeiten durch den Kläger - war für die Projektsituation damals sehr ungünstig, weshalb Dipl. Ing. B***** versuchte, den Kläger zu einem neuen Vertragsabschluß zu bewegen.
Als am 16. 12. 1997 das Kontingent von 1000 Stunden erschöpft war, war das Projekt noch nicht fertiggestellt. Am selben Tag unterschrieb der Kläger einen Vertrag, womit er sich gegenüber I***** zu einem Stundenkontingent von 1500 verpflichtete. I***** hatte diesen Vertrag bereits Ende November 1997 unterfertigt.
Der Kläger begehrt von der Beklagten S 112.379,40 an offenen Rechnungsbeträgen für seine im November und Dezember 1997 erbrachten Leistungen.
Der Beklagte wendete ein, die Streitteile hätten zu Beginn ihres Vertragsverhältnisses vereinbart, daß ihn der Kläger im Hinblick auf seinen Vertrag mit I***** nicht konkurrenzieren dürfe; daß der Kläger alle Handlungen zu unterlassen habe, die ihn in Konkurrenz zum Beklagten bringen könnten, ergebe sich auch schon aus der Natur des Vertragsverhältnisses. Das Vertragsverhältnis zwischen dem Beklagten und I***** sei infolge des Dazwischentretens des Klägers nicht verlängert worden; bei "normalem Verlauf der Dinge" hätte es zu einer Erneuerung des Vertragsverhältnisses auf ein weiteres Jahr kommen müssen. Da zumindest die Anbahnung des Vertrages des Klägers mit I***** während des aufrechten Vertragsverhältnisses zwischen dem Beklagten und I***** erfolgt sei, habe der Kläger die gegenüber dem Beklagten bestehenden Treuepflichten eklatant verletzt. Der Beklagte wende daher eine Schadenersatzforderung von S 140.892,60, die aus dem Entfall weiterer Aufträge der Firma I***** resultiere, aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung ein.
Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung als zu Recht, die Gegenforderung des Beklagten hingegen als nicht zu Recht bestehend und gab dem Klagebegehren - mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens - zur Gänze statt. Es stellte noch fest, daß die Vereinbarung einer Konkurrenzklausel zwischen den Streitteilen nicht festgestellt werden könne.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen als freien Dienstvertrag oder Werkvertrag, auf den die Bestimmungen des Dienstvertrages nicht zur Anwendung kämen. Eine Treuepflicht werde jedoch nur für den Dienstvertrag anerkannt. Der mißlungene Nachweis der Vereinbarung einer Konkurrenzklausel gehe zu Lasten des insoweit beweispflichtigen Beklagten.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Beklagten keine Folge. Es führte im wesentlichen aus: Auch wenn man das Vertragsverhältnis der Streitteile im Sinne der Berufungsausführungen als freien Dienstvertrag qualifiziere, wäre den Argumenten des Beklagten nicht zu folgen. Es treffe zu, daß nach höchstgerichtlicher Judikatur jene arbeitsrechtlichen Normen, die nicht vom persönlichen Abhängigkeitsverhältnis des Arbeitnehmers ausgehen und den sozial Schwächeren schützen sollen, auf den freien Dienstvertrag analog angewendet würden. Die Rechtsprechung zur analogen Anwendbarkeit von Dienstvertragsrecht auf freie Dienstverträge habe sich bisher mit der Anwendbarkeit von ABGB-Normen befaßt, die jedoch keine Bestimmungen über Konkurrenzverbote oder Konkurrenzklauseln enthielten. Wachter,
Der sogenannte freie Dienstvertrag, RdA 1984, 415 gehe davon aus, daß arbeitsvertragsrechtliche Sondergesetze (wie zB das Angestelltengesetz) direkt nur für echte Arbeitsverhältnisse gälten und nur ausnahmsweise eine analoge Anwendbarkeit auf freie Dienstverträge im Einzelfall zu erwägen sei. In seiner Entscheidung vom 10. 4. 1991, 9 Ob 35/91, sei der Oberste Gerichtshof, allerdings ohne die Frage der analogen Anwendbarkeit des § 7 AngG auf das freie Dienstverhältnis im Detail zu prüfen, davon ausgegangen, daß eine Bindung durch ein Konkurrenzverbot nicht bestehe.
Eine Beschränkung in der Erwerbstätigkeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses bedürfe selbst nach § 36 AngG einer Vereinbarung. Hieraus folge, daß die Treuepflichten in der Regel mit dem Dienstverhältnis endeten. Mangels Nachweises der Vereinbarung einer Konkurrenzklausel sei der Kläger ab Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Beklagten in seiner Erwerbstätigkeit in keiner Weise beschränkt gewesen.
Wie sich auch aus den vom Beklagten zitierten Literaturstellen ergebe, werde aus in Sondergesetzen enthaltenen Regelungen (zB § 7 AngG) auf eine allgemeine Treuepflicht des Dienstnehmers geschlossen. Eine allenfalls bestehende Verpflichtung zur Nichtkonkurrenzierung könne daher unter Berücksichtigung der Besonderheiten eines freien Dienstverhältnisses nie über § 7 AngG hinausgehen (Wachter aaO, 416). Das Konkurrenzverbot des § 7 Abs 1 AngG untersage dem Angestellten, ohne Bewilligung des Dienstgebers ein selbständiges kaufmännisches Unternehmen zu betreiben oder in dem Geschäftszweig des Dienstgebers für eigene oder fremde Rechnung Handelsgeschäfte zu machen. Der Zweck dieser Norm liege weniger in der Verhinderung der Konkurrenzierung des Dienstgebers, als in der Wahrung der Arbeitskraft des Dienstnehmers. Da dem Beklagten bewußt gewesen sei, daß der Kläger auch weiterhin als selbständiger Unternehmer tätig sein werde, scheide eine den Kläger analog zu § 7 Abs 1 erster Fall AngG treffende Verpflichtung aus. Selbst einem Angestellten wäre es im übrigen erlaubt, noch während der Dauer seines Dienstverhältnisses Vorbereitungshandlungen zum Betrieb eines selbständigen kaufmännischen Unternehmens zu setzen (RdW 1986, 120; Arb 11.072). Der Kläger sei dem Beklagten weder wegen des Sicheinlassens in direkte Vertragsverhandlungen mit I***** noch durch die Unterfertigung eines Vertrages mit I***** unmittelbar nach Beendigung des Vertragsverhältnisses der Streitteile schadenersatzpflichtig geworden. Für ein sittenwidriges Ausspannen der Firma I***** als Kundin des Beklagten hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben. Das Eindringen in einen fremden Kundenkreis gehöre zum Wesen des Wettbewerbs und sei in der Regel nicht wettbewerbswidrig. Daß der Kläger hiebei mit unerlaubten oder verwerflichen Mittel vorgegangen wäre, sei weder behauptet worden, noch ergebe sich dies aus den Beweisergebnissen. Ein allenfalls gemäß § 1 UWG zu beurteilender Verstoß gegen ein Konkurrenzverbot oder eine Konkurrenzklausel liege nicht vor, weil der Vertrag zwischen dem Kläger und I*****, wäre er vor dem 16. 12. 1997 geschlossen worden, kein Handelsgeschäft iSd § 7 Abs 1, 2. Fall AngG darstelle.
Das Gericht zweiter Instanz sprach zunächst aus, daß die Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei, da die Rechtssache, soweit ein Verstoß gegen eine vereinbarte Konkurrenzklausel behauptet wurde, von der Entscheidung einer Tatsachenfrage abhängig sei und der vom Beklagten weiter relevierte Verstoß gegen eine den Kläger während des Vertragsverhältnisses treffende Treuepflicht von der Auslegung des Vertragsverhältnisses im Einzelfall abhängig sei.
Über Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO änderte das Berufungsgericht seinen Ausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 3 ZPO dahin ab, daß die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO (doch) zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist jedoch entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch (§ 508a Abs 1 ZPO blieb von der WGN 1997 unberührt) nicht zulässig.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seines Zulässigkeitsausspruches ausgeführt, Gegenstand des Moniturantrags des Beklagten sei im wesentlichen die Frage der analogen Anwendbarkeit gesetzlich normierter Konkurrenzverbote (insbesondere des § 7 AngG) auf einen "freien Dienstvertrag". Der Berufungssenat habe einen Verstoß gegen eine sich aus § 7 AngG ableitende Treuepflicht, soweit man dessen analoge Anwendbarkeit überhaupt annehme, vor dem Hintergrund des konkret zu beurteilenden Vertragsverhältnisses verneint. Dem Berufungswerber sei jedoch zu folgen, daß höchstgerichtliche Judikatur zur Frage der Anwendbarkeit arbeitsvertragsrechtlicher Sondergesetze, insbesondere des Angestelltengesetzes, auf freie Dienstverhältnisse und zum Umfang einer sich hieraus allenfalls ergebenden Treuepflicht fehle.
Dies trifft zwar zu. Nach § 502 Abs 1 ZPO ist aber die Anrufung des Obersten Gerichtshofes nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung der dort genannten Rechtsfragen abhängt (JBl 1985, 303 uva); die angeschnittene Rechtsfrage muß also präjudiziell sein (1 Ob 39/94; 1 Ob 535/95; 3 Ob 214/97k).
Im vorliegenden Fall hat schon das Gericht zweiter Instanz zutreffend erkannt, daß dem Kläger auch unter Anwendung des § 7 AngG ein Verstoß gegen ein Konkurrenzverbot nicht vorgeworfen werden könnte. Dies selbst dann nicht, wenn man, der betreffenden, vom Gericht II. Instanz mangels Relevanz nicht behandelten Feststellungsrüge des Beklagten entsprechend, unterstellt, daß bereits in der zweiten Novemberhälfte Vertragsverhandlungen zwischen dem Kläger und I***** stattgefunden hätten. Es darf nämlich nicht übersehen werden, daß nach den Feststellungen des Erstgerichts, an die der Oberste Gerichtshof gebunden ist, die Initiative zu Vertragsgesprächen und zu dem schließlich nach Beendigung des Vertragsverhältnisses der Streitteile mit I***** geschlossenen Vertrag eindeutig von I***** und nicht vom Kläger ausging. Da es, wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (Krejci in Rummel ABGB2 Rz 126 zu § 1162 mwN), Dienstnehmern gestattet ist, trotz aufrechten Dienstverhältnisses Interesse an einer beruflichen Veränderung zu zeigen und diesbezüglich Kontakte aufzunehmen, ist das Verhalten des Klägers selbst unter dem Blickwinkel der einen Angestellten treffenden Treuepflicht nicht zu beanstanden. Zwar hat der Oberste Gerichtshof im Fall eines Dienstnehmers, der sich während aufrechten Dienstverhältnisses hinter dem Rücken des Dienstgebers um die Vertretung eines Kunden beworben hat, mit dem der Dienstgeber langjährige, intensive Geschäftsverbindungen unterhielt, eine Entlassung für gerechtfertigt erklärt (Arb 9234). Im vorliegenden Fall war es aber der Geschäftspartner des Dienstgebers, der initiativ wurde und den Dienstnehmer zum Abschluß eines Vertrages nach Beendigung seiner Tätigkeit für den Dienstgeber bewog. Insbesondere ist hier aber auch ins Kalkül zu ziehen, daß der Vertrag zwischen dem Beklagten und I***** ja auslief. Daß der Beklagte, wie er behauptet hat, ohne "Dazwischentreten des Klägers" jedenfalls eine Vertragsverlängerung erreicht hätte, wurde nicht festgestellt (und kann dies im Hinblick darauf, daß der Beklagte ja nicht selbst tätig wurde, sondern sich stets eines fachkundigen Dritten bedient hat, auch angesichts des Umstandes, daß das Projekt noch nicht beendet war, keineswegs ohne weiteres unterstellt werden). Das Fehlen einer solchen Feststellung wurde in der Berufung nicht gerügt; der Beklagte kommt in der Revision darauf auch gar nicht mehr zurück. Die im Einzelfall schwierige Interessenabwägung (Petrovic, ZAS 1983, 56) schlägt hier daher, wie gesagt, auch wenn man den Kläger einem dem Angestelltengesetz unterworfenen Dienstnehmer völlig gleichstellt, zu seinen Gunsten aus. Das Berufungsgericht hat dies zutreffend erkannt und auch richtig bemerkt, daß eine allenfalls bestehende Verpflichtung des Klägers zur Nichtkonkurrenzierung unter Berücksichtigung der Besonderheiten eines - hier auch vom Beklagten angenommenen - "freien Dienstverhältnisses" nicht über (die Treuepflicht nach) § 7 AngG hinausgehen könnte.
Damit erübrigt sich im vorliegenden Fall aber eine vom Revisionswerber und sodann auch vom Berufungsgericht für erforderlich gehaltene Prüfung, ob und inwieweit arbeitsgerichtliche Sondergesetze, insbesondere das Angestelltengesetz, auf "freie" Dienstverhältnisse analog anwendbar sind. Die analoge Anwendbarkeit jener arbeitsrechtlichen Normen, die nicht vom persönlichen Abhängigkeitsverhältnis des Arbeitnehmers ausgehen und den sozial Schwächeren schützen sollen, auf den "freien" Dienstvertrag ist herrschende Ansicht (Spielbüchler in Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I 11; ähnlich Martinek/Schwarz, AngG3 30; Mayer-Maly, Österr Arbeitsrecht 37; Puxbaum in ZAS 1978/56 mwN; Arb 10.055; 4 Ob 518/81). Ob darüber hinaus auch andere Bestimmungen in arbeitsgerichtlichen Sondergesetzen analog auf den "freien" Dienstvertrag anwendbar sind, kann hier, wie ausgeführt, dahingestellt bleiben.
Ob ein iSd § 1 UWG verpöntes "Ausspannen von Kunden" vorliegt, ist im Einzelfall zu prüfen. Inwiefern die Ansicht des Berufungsgerichtes, hier könne von einem sittenwidrigen Abwerben eines Kunden durch den Kläger im Lichte der vom Erstgericht festgestellten Umstände keine Rede sein, im Widerspruch zur hL und stRsp stehen soll, ist nicht zu erkennen.
Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage war die Revision daher zurückzuweisen. Dabei konnte sich der Oberste Gerichtshof gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 40 und 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Beklagten aus dem Grunde des § 502 Abs 1 ZPO nicht hingewiesen.
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