Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der
klagenden Partei die mit EUR 486,55 = S 6.695,04 (darin enthalten EUR
81,09 = S 1.115,84 an USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens
binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt die Bezahlung von S 73.034,40 samt Anhang als Entgelt für Speditionsleistungen auf Grund mehrerer im Detail angeführter Rechnungen. Ihre Forderungen seien nicht durch Aufrechnung erloschen, da die Aufrechnung auf Grund des Aufrechnungsverbotes des § 32 AÖSp unzulässig sei.
Die Beklagten beantragen die Klagsabweisung unter anderem damit, dass es schon seit Beginn der Geschäftsverbindung zwischen den Streitteilen so gehandhabt worden sei, dass die Transportschäden mit den Transportrechnungen der Klägerin gegenverrechnet worden seien. Die Klagsforderung sei durch außergerichtliche Aufrechnung getilgt worden. Die Klägerin könne sich auf das Aufrechnungsverbot nicht berufen, weil die Geltung der AÖSp nicht vereinbart worden sei bzw diese durch ständige Übung zumindest schlüssig abbedungen worden sei. Letztlich sei von der Klägerin keine Speditionsversicherung nach § 39 lit a AÖSp abgeschlossen worden.
Die Beklagten stellten einen Zwischenantrag auf Feststellung, es werde festgestellt, dass die von der Erstbeklagten vorgenommene außergerichtliche Aufrechnung ihrer Schadenersatzforderung mit den Forderungen der Klägerin aus erbrachten Speditionsleistungen zulässig gewesen sei. In eventu beantragten sie die Feststellung, dass § 32 AÖSp auf das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen nicht anzuwenden sei. Sie brachten vor, dass im Laufe des Verfahrens zwischen den Streitteilen strittig geworden sei, ob die von der Erstbeklagten vorgenommene außergerichtliche Aufrechnung zulässig sei oder nicht. Von der Beantwortung dieser Frage sei die Entscheidung über das Klagebegehren abhängig, dessen präjudizielle Bedeutung gehe auch über den konkreten Rechtsstreit hinaus. Die Entscheidung hierüber sei weder in einem besonderen, für Angelegenheiten dieser Art ausschließlich vorgeschriebenen Verfahren zu fällen, noch stehe eine Vorschrift über die sachliche Zuständigkeit der Gerichte der beantragten Entscheidung entgegen.
Die Klägerin bestritt, dass diese Frage präjudiziell sei; unabhängig vom Bestehen einer Aufrechnungsmöglichkeit könnten die Beklagten mit ihrer Gegenforderung nur dann aufrechnen, wenn die Klägerin für diese Schäden gemäß CMR haftpflichtig gewesen sei, was nicht der Fall sei. Das Erstgericht stellte in seinem Zwischenurteil fest, dass die von der Erstbeklagten vorgenommene außergerichtliche Aufrechnung ihrer Schadenersatzforderung mit den Forderungen der Klägerin aus erbrachten Speditionsleistungen zulässig sei. Zur Zulässigkeit des Zwischenfeststellungsantrages gelangte es in rechtlicher Hinsicht zu dem Ergebnis, dass dieser für den Rechtsstreit präjudiziell sei, weil für den Fall der Zulässigkeit der außergerichtlichen Aufrechnung die Gegenforderungen der Erstbeklagten dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen seien, andernfalls sei das Verfahren im Sinne einer Klagsstattgebung spruchreif. Es bestehe auch das Interesse der Erstbeklagten an der Klärung der Frage, ob, bis wann und gegen wen sie ihre 20 Ersatzansprüche in der Klägerrolle verfolgen könne bzw müsse. Dabei hänge auch der Bestand der 20 Ersatzforderungen der Erstbeklagten von der Entscheidung über die Zulässigkeit der Aufrechnung im vorliegenden Verfahren ab. In der Sache selbst führte das Erstgericht aus, dass die AÖSp auf die Geschäftsbeziehung der Streitteile anzuwenden sei. Daraus ergebe sich die Verpflichtung des Spediteurs, eine Speditionsversicherung einzudecken. Die von der Klägerin bei der Oskar S***** KG eingedeckte Versicherung sei keine Speditionsversicherung im Sinne der AÖSp, sodass sich die Klägerin nicht wirksam auf das Aufrechnungsverbot nach § 32 AÖSp berufen könne.
Das Berufungsgericht hob das erstinstanzliche Zwischenurteil auf und wies den von den Beklagten gestellten Zwischenantrag auf Feststellung zurück. Ob eine außergerichtliche Aufrechnung zulässig sei oder nicht, sei eine bloße Rechtsfrage. Der Zwischenfeststellungsantrag diene nicht dazu, einzelne Rechtsfragen für sich herauszuheben und zum Gegenstand eines Urteils zu machen. Die über den konkreten Rechtsstreit hinausreichende Bedeutung der Feststellung müsse aus dem Vorbringen des Antragstellers klar erkennbar sein. Die bloße, nicht näher konkretisierte Behauptung, die begehrte Feststellung wirke über den Rechtsstreit hinaus, genüge nicht für die Zulässigkeit eines Zwischenfeststellungsantrages. Derartiges sei nach dem Akteninhalt nicht zu erkennen und vermöge auch die Begründung des Erstgerichtes dazu nicht zu überzeugen. Das Erstgericht übersehe nämlich offensichtlich, dass die beklagten Parteien bereits eine Widerklage erhoben haben und damit einen Aktivprozess in die Wege geleitet haben, was ihre Gegenforderungen - zumindest einen erheblichen Teil davon - anlange. 16 der 20 Positionen seien Gegenstand dieses Verfahrens.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den Beschluss des Berufungsgerichtes dahingehend abzuändern, dass der Berufung der Klägerin keine Folge gegeben und das angefochtene Zwischenurteil vollinhaltlich bestätigt werde.
Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben. Der Rekurs ist zulässig (RIS-Justiz RS0039705), er ist aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Auch der Beklagte ist berechtigt, einen Zwischenantrag auf Feststellung zu stellen (§ 259 Abs 2 ZPO). Ein Zwischenantrag auf Feststellung ist zulässig, wenn a) er für das Begehren präjudiziell ist und b) die Zwischenfeststellungsentscheidung über den anhängigen Prozess hinauswirkt (RIS-Justiz RS0039600, Rechberger/Frauenberger in Rechberger2, § 236 ZPO, Rz 5). Diese Wirkung muss aus dem Antrag des Antragstellers bzw aus der ganzen Sachlage heraus klar erkennbar sein (RIS-Justiz RS0039468, RS0034336). Die bloß nicht näher konkretisierte Behauptung, die begehrte Feststellung wirke über den Rechtsstreit hinaus, genügt nicht für die Zulässigkeit eines Zwischenfeststellungsantrags (RIS-Justiz RS0039528). Rechtsfragen können nicht für sich herausgehoben und zum Gegenstand eines Urteils gemacht werden (RIS-Justiz RS0039615), ebensowenig die Feststellung von Tatsachen (RIS-Justiz RS0039598).
Einleitend ist auszuführen, dass das Erstgericht im Sinne des Hauptantrages mit Zwischenurteil entschieden hat. Das Berufungsgericht wies "den gestellten Zwischenantrag auf Feststellung" zurück, d.h. sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren. Da sich das Rechtsmittel der Beklagten nur mehr auf die Wiederherstellung des Zwischenurteils und das Hauptbegehren bezieht, ist das Eventualbegehren nicht mehr Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens.
Der Zwischenantrag der Beklagten beschränkt sich auf die Behauptung, dass die Wirkung der Entscheidung über den konkreten Rechtsstreit hinausgehe, ohne dies zu substantiieren. Aus ihrem sonstigen erstinstanzlichen Vorbringen ergibt sich nur die Behauptung, dass eine Gegenverrechnung in der Geschäftsbeziehung bisher üblich gewesen sei. Es findet sich kein Hinweis darauf, dass noch weitere nicht verfahrensgegenständliche Forderungen zwischen den Parteien unberichtigt aushaften, für deren Geltendmachung dieselbe Vorfrage entscheidend wäre. Es wird vielmehr vorgebracht, dass die Geschäftsbeziehung zwischen den Streitteilen beendet sei. In der Rechtsrüge nun stützt die Rekurswerberin ihre Rechtsansicht, die beantragte Zwischenfeststellungsentscheidung wirke über den Rechtsstreit hinaus, ausschließlich darauf, dass noch mehrere wechselseitige Forderungen strittig seien. Erstmals im Rekurs an den Obersten Gerichtshof verweist sie auf eine nach Entscheidung durch das Erstgericht eingebrachte weitere Klage der Klägerin auf Bezahlung offenen Entgelts für andere Speditionsleistungen. Damit verstößt sie aber gegen das Neuerungsverbot, sodass auf dieses ergänzende Vorbringen im Rechtsmittelverfahren nicht mehr Bedacht genommen werden kann.
Ausgehend vom erstinstanzlichem Vorbringen war nicht erkennbar, dass die Wirkungen einer Entscheidung über den Zwischenantrag auf Feststellung über den Rechtsstreit hinausgehen könnte. Das Feststellungsbegehren bezieht sich nur auf die diesem Verfahren zu Grunde liegende außergerichtliche Aufrechnungserklärung. Wird darüber als Vorfrage entschieden, so geht die Wirkung über den Rechtsstreit nicht hinaus.
Auch der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Da sich das Begehren nur auf die klagsgegenständliche Aufrechnungserklärung bezieht und aus dem Vorbringen, dass schon früher außergerichtliche Kompensationserklärungen abgegeben wurden, nicht erkennbar ist, dass noch andere nicht gegenständliche Gegenforderungen offen sind, die von der Klägerin nicht anerkannt wurden, kann auch von einer Verletzung der richterlichen Anleitungspflicht nicht die Rede sein. Das Vorbringen der rechtsanwaltlich vertretenen Beklagten war nicht erkennbar unvollständig. Dem Rekurs war daher der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 52, 50 und 41 ZPO (8 ObA 2319/96d, 1 Ob 529/95, RIS-Justiz RS0053272).
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