Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 665,66 (darin enthalten EUR 110,94 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung
Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Im Ersturteil wurde dem Klagebegehren stattgegeben und ua zwischen den Streitteilen festgestellt, dass sich die im Grundbuch ***** S***** ob der Liegenschaft EZ ***** unter COZ ***** und COZ ***** intabulierte Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens auf den gesamten Bereich erstrecke, der in [der] der Aufsandungserklärung vom 19. 11. 1997 (Beilage ./D) angeschlossenen, einen integrierenden Urteilsbestandteil bildenden Skizze grau schraffiert [eingezeichnet] sei. Dabei stützte sich das Erstgericht ua auch auf eine vom Kläger vorgelegte eidesstättige Erklärung des - nicht als Zeugen beantragten - Johann R*****.
Mit dem angefochtenen Urteil bestätige das Berufungsgericht diese Entscheidung. Es verwarf die Nichtigkeitsberufung der beklagten Partei, gab ihrer Berufung nicht Folge und sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei; die Auslegung des Umfanges einer Dienstbarkeit sei eine Frage des Einzelfalles. Das Berufungsgericht verneinte ua auch den von der beklagten Partei gerügten Verstoß des Erstgerichts gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz (der in der Berücksichtigung der eidesstättigen Erklärung des nicht einmal als Zeugen angebotenen Johann R***** erblickt wurde [AS 108]) mit der Begründung, die beklagte Partei habe "diesen Vorgang im Verfahren erster Instanz nicht beanstandet (Beilage ./E)". Den nunmehr vorliegenden, über Antrag der Revisionswerberin gemäß § 508 Abs 1 ZPO abgeänderten Zulassungsausspruch hat das Berufungsgericht wie folgt begründet:
Die beklagte Partei berufe sich im Abänderungsantrag nach § 508 Abs 1 ZPO auf die Entscheidung 1 Ob 28/86 (SZ 59/93 = JBl 1986, 583 = EvBl 1987/1; RIS-Justiz RS0036711 und RS0040532), wonach ein Gericht, das seine Feststellungen ausschließlich auf zwei "eidesstättige Erklärungen" stützte, ohne deren Verfasser als Zeugen zu vernehmen, das Gebot der Mündlichkeit des Zeugenbeweises missachte und damit ein Grundprinzip des österreichischen Verfahrensrechts verletze, weil schriftliche Zeugenaussagen sowohl dem Grundsatz der Unmittelbarkeit als auch dem Gebot der Mündlichkeit zuwiderliefen und somit als Beweismittel unzulässig seien.
Wenn auch im vorliegenden Fall Johann R***** nicht als Zeuge beantragt, sondern lediglich die von ihm unterzeichnete eidesstättige Erklärung Beilage ./E vorgelegt worden sei, so sei doch "im Hinblick auf die im Abänderungsantrag zitierte Judikatur" nicht von der Hand zu weisen, dass die Voraussetzung für die Zulassung der ordentlichen Revision nach § 502 Abs 1 ZPO vorlägen.
Dabei wird Folgendes übersehen:
Rechtliche Beurteilung
Angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, die vom Berufungsgericht verneint wurden (hier: Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz), können nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht mehr in der Revision geltend gemacht werden (Kodek aaO Rz 3 Abs 2 zu § 503 ZPO; MGA, ZPO15 E 33, 36 ff zu § 503 mwN; RIS-Justiz RS0042963; 7 Ob 170/02d mwN uva; zuletzt: 10 ObS 385/02v). Dies ist im Übrigen - wie die Revisionsbeantwortung zutreffend aufzeigt - auch der zitierten Entscheidung zu entnehmen, die gerade derartige, vom Obersten Gerichtshof als "nicht mehr anfechtbar" beurteilte Verfahrensmängel zum Gegenstand hat (SZ 59/93).
Ein Mangel des Berufungsverfahrens könnte - entgegen der Auffassung der Revisionswerberin - nur dann gegeben sein, wenn das Berufungsgericht infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen oder sie mit einer durch die Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen hätte (Kodek aaO Rz 3 Abs 2 aE; MGA aaO E Nr 40 mwN; RIS-Justiz RS0042963 [T52] mwN und RS0043086 [T1, T5, T7 und T8]; 7 Ob 170/02d mwN, 10 ObS 385/02v uva). Beide Fälle sind hier jedoch nicht gegeben; hat sich das Gericht zweiter Instanz doch mit der Mängelrüge auseinandergesetzt und diese mit einer, der Aktenlage nicht widersprechenden Begründung als nicht berechtigt erkannt (Seite 11 der Berufungsentscheidung), weil die beklagte Partei im Rahmen der Urkundenerklärung tatsächlich nur die Echtheit der eidesstättigen Erklärung (Beilage ./E) anerkannte und zur Richtigkeit auf ihr Vorbringen verwies (AS 21).
Die sowohl im Zulassungsantrag als auch in der Begründung des abgeänderten Zulassungsausspruchs angesprochene Frage, ob durch Berücksichtigung einer eidesstättigen Erklärung gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit bzw Mündlichkeit verstoßen wird (vgl dazu auch 10 Ob 127/00z mwN), und ob ein derartiger Verstoß nur nach einer Rüge iSd § 196 Abs 1 ZPO geltend gemacht werden darf (vgl dazu: Wennig, Zur Rügepflicht, NetV 2000, 63), muss hier somit unerörtert bleiben, weil dem Obersten Gerichtshof ein Eigehen auf den daraus abgeleiteten, bereits vom Berufungsgericht verneinten erstinstanzlichen Verfahrensmangel verwehrt ist.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO; die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels in ihrer Revisionsbeantwortung ausdrücklich hingewiesen.
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