Spruch:
1.) Die außerordentliche Revision betreffend die Entscheidung über die Klage 4 C 307/08z wird als jedenfalls unzulässig zurückgewiesen.
2.) Hinsichtlich der außerordentlichen Revision gegen die Entscheidung über die Widerklage 4 C 308/08x wird der Akt dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
Die klagende und widerbeklagte Partei (im Folgenden Klägerin) begehrte von der beklagten und widerklagenden Partei (im Folgenden Beklagte) 4.112,37 EUR (sA) an Werklohn. Die Beklagte begehrte mit der Widerklage von der Klägerin 15.513,23 EUR (sA). Die Klägerin sei vom Werkvertrag unberechtigt zurückgetreten, weshalb sie die Kosten einer Ersatzvornahme zu ersetzen habe. Klage und Widerklage wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin 3.267,37 EUR (sA) zu bezahlen. Das Mehrbegehren von 845 EUR wurde - unbekämpft und daher rechtskräftig - abgewiesen. Abgewiesen wurde auch das Widerklagebegehren.
Das Gericht zweiter Instanz gab der gegen den Zuspruch von 3.267,37 EUR (sA) und die Abweisung des Widerklagebegehrens von 15.513,23 EUR (sA) gerichteten Berufung der Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, da eine Einzelfallentscheidung vorliege.
Die Beklagte erhob dagegen „außerordentliche" Revision mit dem Antrag, (auch) das (restliche) Klagebegehren abzuweisen und dem Widerklagebegehren stattzugeben. Das Erstgericht hat dieses „außerordentliche" Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof vorgelegt.
Rechtliche Beurteilung
Zunächst ist festzuhalten, dass im Fall von Klage und Widerklage auch bei Verbindung beider Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung die Streitwerte nicht zusammenzurechnen sind und die Zulässigkeit der Revision daher jeweils gesondert zu prüfen ist (RIS-Justiz RS0042626; RS0037252; Kodek in Rechberger3 § 502 Rz 2; Zechner in Fasching/Konecny2 IV/1 § 502 ZPO Rz 168, jeweils mwN).
1.) Im demnach gesondert zu betrachtenden Verfahren über die Klage beträgt der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, 3.267,37 EUR. Da der Streitwert im Berufungsverfahren über die Klage also 4.000 EUR nicht übersteigt, ist die Revision gegen den Zuspruch von 3.267,37 EUR (sA) nach § 502 Abs 2 ZPO als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen. Es liegt hier keiner der Ausnahmefälle nach § 502 Abs 4 oder 5 ZPO vor.
2.) Hinsichtlich der Widerklage beträgt der berufungsgerichtliche Entscheidungsgegenstand 15.513,23 EUR. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels gegen die Entscheidung über die Widerklage ist daher nach § 508 ZPO zu beurteilen. In den im § 508 Abs 1 ZPO angeführten Fällen, in denen der Entscheidungsgegenstand - wie hier - zwar 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteigt und in denen das Gericht zweiter Instanz ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig sei, ist auch ein außerordentliches Rechtsmittel nicht zulässig (§ 502 Abs 3 ZPO). Gemäß § 508 Abs 1 ZPO kann allerdings in einem solchen Fall eine Partei einen Antrag an das Rechtsmittelgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass das ordentliche Rechtsmittel doch für zulässig erklärt werde. Mit demselben Schriftsatz ist das ordentliche Rechtsmittel auszuführen. Der mit dem ordentlichen Rechtsmittel verbundene Antrag ist gemäß § 508 Abs 2 ZPO beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Rechtsmittelgericht zu behandeln. Erhebt in den dargestellten Fällen eine Partei - wie hier die Beklagte - ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Dies gilt auch, wenn es als „außerordentliches" Rechtsmittel bezeichnet wird und an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist. Dieser darf darüber nur entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz nach § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (RIS-Justiz RS0109623, RS0109501). Dies gilt auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht im Sinn des § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel nach § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS-Justiz RS0109623).
Der Akt ist daher dem Erstgericht zurückzustellen, das das Rechtsmittel der Beklagten dem Berufungsgericht vorzulegen haben wird. Ob der Rechtsmittelschriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.
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