Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 499,39 (darin enthalten EUR 83,23 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO).
Im Revisionsverfahren ist die Auslegung des Art 5 Abs 2 lit a der Ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Sachwertversicherung (EABS) strittig. Danach gilt "als Ersatzwert bei Gebäuden der ortsübliche Neubauwert, bei Gebrauchsgegenständen, Arbeitsgeräten, Maschinen und sonstigen Einrichtungen die Wiederbeschaffungskosten (Neuwert), jeweils zur Zeit des Eintrittes des Schadensfalles. ... Ist der Zeitwert einer Sache niedriger als 40 % des Neuwertes, so gilt als Ersatzwert der Zeitwert. ... Ständig genutzte und ordnungsgemäß instandgehaltene Gebäude sowie laufend gewartete Arbeitsgeräte, Maschinen und sonstige Einrichtungen haben einen Zeitwert von mindestens 40 %."
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass in der Frage der Bemessung der Versicherungsleistung im Rahmen der Neuwertversicherung bei Teilbeschädigung eines Gebäudes (Daches) und damit notwendig gewordener Vorziehung einer Dacherneuerung keine höchstgerichtliche Judikatur "vorgefunden werden konnte".
Die Revisionswerberin hält demgegenüber offenbar daran fest, der erkennende Senat habe sich in der Entscheidung 7 Ob 375/98t (VersE 1825 = VR 2001/535) mit der auch hier entscheidungswesentlichen Frage beschäftigt, ob für die Ermittlung des Zeitwertes das gesamte Gebäude oder nur der beschädigte Teil (Dach) zu Grunde zu legen sei, und dazu (im hier "insbesondere interessanten Verweis im letzten Abs der Ausführungen") ausgesprochen, "dass es zwar stimmen mag, dass der Zeitwert des Gebäudes 78 % des Neubauwertes beträgt, jedoch wird im konkreten Fall der Zeitwert des beschädigten Daches ersetzt" (Seite 4 der Revision). Lege man diese "Bewertung" des Obersten Gerichtshofes auf den gegenständlichen Fall um, sei bei der Schadensbewertung vom "Restwert 11,25 % als gegenständlich beschädigte Sache" auszugehen und aufgrund dieses geringen Zeitwertes des Daches auf gar keinen Fall vom Neubauwert. Dies auch unter dem Aspekt, dass es hier nur zu einem Abschlagen seiner Oberflächenbeschichtung und zu einer Einschränkung seiner Nutzungsdauer von verbleibenden etwa 5 Jahren auf 2 bis 3 Jahre gekommen sei.
Die Rechtsrüge der Beklagten wendet sich somit (entgegen der Zulassungsbegründung der angefochtenen Entscheidung) allein dagegen, dass das Berufungsgericht ihrem in "Anlehnung" an die Entscheidung 7 Ob 375/98t vertretenen Standpunkt nicht folgte. Bei richtiger Auslegung der zitierten 40 %-Klausel wäre nämlich auch dann, wenn der Wert des Gebäudes - wie hier - höher liegt als 40 %, auf den jeweiligen Wert des Gebäudebestandteiles (Dach) "abzuzielen" gewesen.
Eine nach § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage wird damit jedoch nicht angesprochen, weil sich der erkennende Senat mit der "40 %-Klausel" und einem vergleichbaren Sachverhalt (auch dort wies das Dach eine viel stärkere Entwertung auf als das Gebäude als Ganzes) bereits in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 7 Ob 239/02a (RdW 2003/615) befasst und dabei klargestellt hat, dass der Auffassung der beklagten Versicherung nicht zu folgen ist (vgl dazu insb RIS-Justiz RS0117832).
Die Entscheidung 7 Ob 375/98t (auf die sich die Beklagte weiterhin beruft) betrifft nämlich nicht nur eine anders gelagerte Fallgestaltung, sondern auch eine andere Klausel der Versicherungsbedingungen:
Zu beurteilen war die von der Versicherung erhobene Einwendung der mangelnden Fälligkeit der Neuwertdifferenz infolge unterbliebener fristgemäßer Wiedererrichtung eines beschädigten Daches, weil der dort klagende Versicherungsnehmer - entgegen der vereinbarten Wiederherstellungsklausel nach Art 2 Punkt 4 der Eigenheim-Versicherungsbedingungen - weder Abbruchs- noch Wiederaufbaumaßnahmen hatte vornehmen lassen und ihm bedingungsgemäß in diesem Fall nur der Zeitwert zu vergüten war. Die auf den vorliegenden Fall nicht anwendbare, tragende Begründung dieser Entscheidung lautet daher wie folgt:
Nach § 97 VersVG kann der Versicherungsnehmer die Zahlung in dem Fall, in dem der Versicherer nach den Versicherungsbestimmungen nur verpflichtet ist, die Entschädigungssumme zur Wiederherstellung des versicherten Gebäudes zu zahlen, erst dann verlangen, wenn die bestimmungsgemäße Verwendung des Geldes gesichert ist; die Fälligkeit der über den Zeitwert [des beschädigten Daches] hinausgehenden Entschädigungsforderung ist bis dahin aufgeschoben (7 Ob 375/98t; insoweit zitiert auch in 7 Ob 8/01d und 7 Ob 239/02a).
Da den Vorinstanzen ein Abweichen von diesen (auf die hier vereinbarte 40 %-Klausel nicht anwendbaren) Rechtsprechungsgrundsätzen nicht vorzuwerfen ist, kann sich daraus auch keine erhebliche Rechtsfrage ergeben. In der vorliegenden Revision wird die Deckung der vom Kläger bereits bezahlten (und von den Vorinstanzen auch zuerkannten) Kosten der Dachreparatur nämlich unter Berufung auf die 40 %-Klausel und mit der Begründung abgelehnt, dass der Restwert des Daches nur noch 11,25 % des Neuwertes betrage. Die Revision war daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen (7 Ob 239/02a).
Davon abgesehen liegt aber - wie ebenfalls bereits zu 7 Ob 239/02a ausgesprochen wurde - ohnehin oberstgerichtliche Judikatur zu der von der Revisionswerberin bekämpften Auslegung des (in der 40 %-Klausel verwendeten) des Begriffes "Zeitwert" einer versicherten Sache (hier: eines Gebäudes [§ 297 ABGB]) vor:
Gerade was die Frage der Zeitwertberechnung im Falle unterschiedlicher Lebensdauer von Bestandteilen einer versicherten Sache betrifft, hat der erkennende Senat nämlich bereits zu 7 Ob 122/01v (SZ 74/132 = VersR 2003, 355) ausgeführt, dass es (zB) bei der Ausmittlung der Versicherungsleistung für einen gestohlenen Motorbootmotor (im Rahmen der Kaskoversicherung) nicht auf den Wert des Motors isoliert vom Wert des Bootes ankommt. Der Zeitwertberechnung ist vielmehr die Differenz zwischen dem Wert des Bootes vor dem Diebstahl, also mit altem Motor, zum Wert des Bootes mit neuem Motor zugrundezulegen. Der Versicherungsschutz erstreckt sich nämlich nach der Art der Versicherung auf das Boot insgesamt, während dem Wert des gestohlenen, abgrenzbaren Einzelteiles keine Bedeutung zukommt, weil der Motor zweifellos ein ausstattungsmäßig notwendiges Zubehör des kaskoversicherten Bootes ist (7 Ob 122/01v mwN). Nichts anderes kann für den Zeitwert eines versicherten Gebäudes nach der 40 %-Klausel im Rahmen der hier vorliegenden Neuwertversicherung gelten (7 Ob 239/02a).
Die Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass eine isolierte Bewertung des Daches als unselbständiger Bestandteil der versicherten Gebäudes nicht in Betracht kommt, was damit begründet wird, dass eine solche Auslegung nicht den Grundsätzen des § 914 ABGB entspräche (vgl dazu: RIS-Justiz RS0050063), beruft sich daher auch im vorliegenden Fall zu Recht auf die zitierte Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0117832): Auch die hier Beklagte hat nämlich, obwohl sie für das Vorliegen des sekundären Risikoausschlusses nach der 40 %-Klausel behauptungs- und beweispflichtig gewesen wäre (RIS-Justiz RS0117833 = 7 Ob 239/02a mwN), gar nicht vorgebracht, dass (auch) der Zeitwert des gesamten Gebäudes niedriger als 40 % des Neuwertes gewesen sei (sodass nicht der Neuwert sondern der Zeitwert als Ersatzwert iSd 40 %-Klausel zu gelten gehabt hätte). Sie weist vielmehr auf diesen Umstand (und die Tatsache, dass das gegenständliche Gebäude "grundsätzlich vom Gesamtgebäudewert her einen Zeitwert von mehr als 40 % aufweist") in ihrer Revision sogar ausdrücklich hin (Seite 4 der Revision).
Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist daher auch aus diesem Grund nicht zu erkennen.
Den zuletzt erstatteten Revisionsausführungen, dass die Beurteilung der Vorinstanzen auch unter dem Aspekt des Neuwertersatzes verfehlt wäre, ist hingegen folgendes zu erwidern:
Auf das Argument, es wäre "rein technisch eine Sanierung der abgeschlagenen Deckschicht [des Daches] zum Neubauwert von EUR 5.341,15 möglich" gewesen, weshalb die Beklagte jedenfalls nur die Sanierung im Werte einer Erneuerung der Deckschicht zu tragen habe, ist schon deshalb nicht weiter einzugehen, weil sich die Revision mit diesen Ausführungen von der dazu getroffenen - gegenteiligen - Feststellung der Tatsacheninstanzen entfernt ("...technisch nicht möglich" [Seite 5 des Ersturteils bzw Seite 9 der Berufungsentscheidung]).
Zu dem zuletzt aufrechterhaltenen, auf das versicherungsrechtliche Bereicherungsverbot (§ 55 VersVG) gestützten Einwand kann hingegen darauf verweisen werden, dass die rechtsgeschäftliche Vereinbarung des Neuwerts als Versicherungswert nach hL und stRsp möglich ist (Schauer in Berliner Kommentar zum dVVG und österr VersVG Rz 36 zu § 55 VVG; Kollhosser in Prölss/Martin26 Rn 3 ff zu § 55 VVG; Philipp in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch § 31 Rn 30; SZ 57/182 uva). Auch diese Frage bedarf keiner weiteren Erörterung.
In der Revision wird daher keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt, weshalb das Rechtsmittel - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes - als unzulässig zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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