Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Zwischen den Parteien besteht eine Einbruchsdiebstahl-Versicherung hinsichtlich des von der Klägerin betriebenen Hotels. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Z***** Bedingungen für die Einbruchdiebstahl-Versicherung (AEB 1995; in der Folge AEB) zu Grunde. Diese lauten, soweit sie für den vorliegenden Fall relevant sind:
„Art. 2
(1) Als Einbruchdiebstahl im Sinne der Versicherungsbedingungen gilt ein Diebstahl nur, wenn ein Dieb in die Versicherungsräumlichkeit (Art. 5)
a) durch Eindrücken oder Aufbrechen der Türen, Fenster, Wände, Fußböden oder Decken eingebrochen hat,
b) unter Überwindung erschwerender Hindernisse durch eine bereits bestehende, zum Eintritt nicht bestimmte Öffnung, die eine normale Fortbewegung nicht gestattet, eingestiegen ist,
c) sich in diebischer Absicht heimlicherweise eingeschlichen oder darin in dieser Absicht verborgen hat, sofern die Wegbringung der gestohlenen Sachen zu einer Zeit erfolgt ist, während welcher die Räume abgeschlossen waren,
d) mittels falscher Schlüssel oder anderer nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmter Werkzeuge eingedrungen ist,
e) unter Anwendung der richtigen Schlüssel, d.s. Original- oder Duplikatschlüssel gelangt ist, sofern diese anderwärts durch Einbruchdiebstahl in Räumlichkeiten eines Gebäudes im Sinne der vorstehenden Bestimmungen zu lit a-d oder durch Beraubung (Anwendung von tätlicher Gewalt gegen eine Person oder Androhung einer solchen, um sich der Schlüssel zu bemächtigen) an sich gebracht hat.
(2) Als Einbruchdiebstahl im Sinne der Versicherungsbedingungen gilt ein Diebstahl auch dann, wenn ein Dieb während der Zeit, in welcher die bedingungsgemäß oder besonders vereinbarten Sicherungen nicht anzuwenden sind, ohne Setzung eines der unter Abs. 1 angeführten Tatbestände in die Versicherungsräumlichkeit gelangt ist und darin Türen oder Behältnisse aufgebrochen oder zum Öffnen von Türen oder Behältnissen falsche Schlüssel oder andere zum ordnungsgemäßen Öffnen nicht bestimmte Werkzeuge verwendet hat.
(3) Sind Sachen auf Grund der Versicherungsbedingungen (Art. 4 (2)) oder besonderer Vereinbarung nur in verschlossenen Behältnissen versichert, so gilt ein Diebstahl, der während der Zeit begangen wurde, in welcher die bedingungsmäßigen oder besonders vereinbarten Sicherungen anzuwenden sind, nur dann als Einbruchdiebstahl im Sinne der Versicherungsbedingungen, wenn einer der unter Abs. 1 bezeichneten Tatbestände gegeben ist und überdies die Behältnisse (z.B. Geldschränke, Mauersafes, versperrte Möbelstücke u. dgl.)
a) aufgebrochen oder
b) mit Werkzeugen der unter Abs. 1 lit d bezeichneten Art geöffnet oder
c) mit den Original- oder Duplikatschlüsseln geöffnet wurden, sofern diese in Behältnissen verwahrt waren, die mindestens die gleiche Sicherheit bieten wie die vereinbarten Behältnisse für die gestohlenen Sachen und der Täter sich in den Besitz der Schlüssel durch Aufbrechen der Behältnisse oder Öffnung derselben mittels Werkzeugen, die zu deren ordnungsgemäßer Öffnung nicht bestimmt sind, gesetzt hat.
…
Art. 4 Versicherte Sachen
…
(2) Sofern keine Sonderregelung getroffen wurde, sind folgende Sachen nur in verschlossenen Behältnissen, die eine erhöhte Sicherheit, und zwar auch gegen die Wegnahme der Behältnisse selbst gewähren, versichert:
Bargeld, Wertpapiere, Einlagebücher, …
...
Art. 5 Versicherungsräumlichkeit
Der Versicherer haftet nur für den Schaden, von dem die versicherten Sachen an dem Ort betroffen werden, welcher in der Polizze oder in den Nachträgen zu derselben bezeichnet ist (Versicherungsräumlichkeit). …
Art. 6 Sicherheitsvorschriften, Gefahrerhöhung
Ergänzend zu Art. 2 u. 3 ABS gilt:
…
(2) Der Versicherungsschutz für den Inhalt eines Mauer(Wand-)Safes ist nur dann gegeben, wenn der Safe, mit Ausnahme der Front, im Mauerwerk in eine allseitig 100 mm dicke Betonschicht B 400 einbetoniert ist.
…“
Im Februar 2005 wollte die Klägerin die Betriebsbündelversicherung durch Einschluss eines Tresors erweitern. Die von der Klägerin betraute Maklerin wandte sich mit einer E-Mail an die Beklagte und ersuchte um „Einschluss eines Tresors Marke Novum Seriennummer … Sicherheitsgrad ...“. Die Angabe der Marke erfolgte aufgrund der Aufschrift auf dem Tresorschlüssel. Seriennummer und Sicherheitsklasse wurden dem Typenschild entnommen. Die Beklagte übermittelte noch am selben Tag eine Offerte, nach der die Prämie für „SAFE 50.000,- -“ 30 EUR betrage. Die Klägerin unterfertigte diese E-Mail zum Zeichen ihres Einverständnisses und die Maklerin ersuchte bei der Beklagten um Polizzierung. Die Beklagte polizzierte darauf wie folgt:
„Einbruchdiebstahlversicherung
Bargeld
- freiliegend EUR 1.090,09
- unter festem Verschluss EUR 3.633,64
in Mauer/Wandsafe
Marke/Type: SAFE
Baujahr: 0000 Schlüssel Nr.: EUR 50.000“.
Ein Hinweis auf die vom Antrag abweichende Verwendung des Begriffs Mauer/Wandsafe erfolgte nicht.
Das Hotel der Klägerin wird von den Geschäftsführern ihrer Komplementärgesellschaft H***** H***** und seinem Bruder U***** H***** und dessen Frau geführt. Der Gebäudekomplex besteht aus dem Haupthaus und zwei Nebenhäusern. Üblicherweise sind in der Nacht sowohl alle Eingangstüren als auch die Verbindungstüren zwischen den Häusern versperrt. Hotelgäste sind ausschließlich in den Nebenhäusern untergebracht und können das Haupthaus bei Nacht nicht betreten. Im Haupthaus sind das Restaurant, die Rezeption und der Wellnessbereich untergebracht. Gleich beim Eingang zum Haupthaus befindet sich die Rezeption.
In diesem Raum war an der Wand ein Tresor der Type „SM Melgmetall“ aufgestellt. Er entsprach der Sicherheitsklasse III/c/3 und war zur Wand hin mit einer ca 5 x 5 cm großen Ummantelung aus Beton nicht bekannter Qualität versehen. Es gab zwei Schlüssel, von denen einer ständig verwendet wurde. Den zweiten Schlüssel hatte H***** H***** in seinem Appartement in einem der Nebenhäuser versteckt.
Am 3. 3. 2007 erhielt H***** H***** von seiner Schwägerin gegen 17:00 Uhr den Tresorschlüssel. Er war am späten Abend dieses Tages noch mit Freunden unterwegs. Gegen 3:00 Uhr früh kehrte er mit diesen ins Hotel zurück. Nachdem er das Haupthaus aufgesperrt hatte, führte er die Freunde in die Bar. Sein Bruder, der noch im Hotel arbeitete, stieß dazu und übernahm für seine Frau, die am kommenden Morgen Dienst hatte, die Tresorschlüssel. Die Tresorschlüssel brachte er in das von ihm und seiner Frau bewohnte Appartement und legte sie auf ein Kästchen in der Nähe der Eingangstür. Er versperrte die Wohnungstür.
Gegen 6:04 Uhr betrat ein Unbekannter das Haupthaus des Hotels und verließ es um 6:10 Uhr.
Als die Schwägerin von H***** H***** gegen 7:30 Uhr ihren Dienst in der Rezeption antrat, bemerkte sie, dass die Hauseingangstür des Haupthauses unversperrt war. Auch die Tür zur Rezeption war offen. Sie stellte fest, dass aus dem versperrten Tresor die Geldkassette und die Geldtasche verschwunden waren und mit ihnen ein Betrag von 19.496 EUR. Spuren eines gewaltsamen Öffnens waren weder im Bereich der Eingangstür zum Haupthaus noch am Tresor vorhanden. Die zwei Tresorschlüssel waren nach dem Diebstahl noch vorhanden. „Dass zum Zeitpunkt des Abhandenkommens des Geldes die Eingangstür des Haupthauses versperrt war, kann nicht festgestellt werden.“
Bereits am 8. 2. 2007 ereignete sich ein gleichartiger Vorfall in einem anderen Hotel.
Die Klägerin begehrt die Versicherungsleistung wegen des Einbruchdiebstahls. Die Haupteingangstür sei zum Zeitpunkt des Diebstahls versperrt gewesen. Der Täter habe den versperrten Tresor mit einem ihr unbekannten Hilfsmittel geöffnet. Der Tresor sei von der Versicherung umfasst. Auf allfällige Abweichungen der Polizze vom Antrag der Klägerin habe die Beklagte nicht hingewiesen. Die Klägerin habe den Versicherungsfall nicht grob fahrlässig herbeigeführt. Der Umstand, dass die Eingangstür um 6:04 Uhr möglicherweise unversperrt gewesen sei, begründe keinen solchen Verschuldensvorwurf.
Die Beklagte beantragt die Klagsabweisung. Die Täter hätten den nicht versperrten Haupteingang des Hotels betreten und sich in das nicht versperrte Büro begeben. Die Tresortür sei mit dem Originalschlüssel geöffnet worden, der in einem unversperrten Appartement zurückgelassen worden sei. Es seien keine Spuren gefunden worden, die auf eine Nachsperre oder auf das Öffnen mit einem schlossfremden oder nicht schlosszugehörigen Schlüssel hätten schließen lassen. Es liege daher nach den Versicherungsbedingungen kein Versicherungsfall vor. Gehe man dennoch von einem Versicherungsfall aus, sei dieser grob fahrlässig herbeigeführt worden. Die Klägerin habe den Namen des Tresors und die Seriennummer unrichtig angegeben. Der Inhalt eines Mauer(Wand-)Safes sei nur dann versichert, wenn er - mit Ausnahme der Front - im Mauerwerk in eine allseitig 100 mm dicke Betonschicht B 400 einbetoniert sei, was hier nicht der Fall gewesen sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Dem beweispflichtigen Versicherungsnehmer stünden gewisse Beweiserleichterungen zu. Es genüge, wenn er ein Mindestmaß an Tatsachen beweise, die das äußere Erscheinungsbild eines Versicherungsfalls bildeten. Der Versicherer könne durch den Nachweis der ernsthaften Möglichkeit eines anderen Geschehnisablaufs den Anschein widerlegen. Es sei vom Vorliegen eines Einbruchdiebstahls auszugehen. Das Öffnen des versperrten Tresors ohne Hinterlassen von Einbruchspuren könne nur so erklärt werden, dass ein falscher Schlüssel oder ein anderes nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmtes Werkzeug verwendet worden sei. Im Hinblick darauf, dass beide Tresorschlüssel versperrt in verschiedenen Wohnungen verwahrt worden und noch vorhanden seien, könne die Verwendung des richtigen Schlüssels ausgeschlossen werden. Die Beklagte habe daher keinen atypischen Geschehensablauf aufgezeigt. Der Tresor sei vom Versicherungsschutz umfasst, zumal in der Polizze auf die Angabe von Marke, Type und Baujahr verzichtet und damit zu verstehen gegeben worden sei, dass die Beklagte diese Angaben nicht als wesentlich ansehe. Die Beklagte habe auf die Abweichung der ausgefertigten Polizze vom Antrag nicht hingewiesen, sodass der Inhalt des Antrags gemäß § 5 Abs 2 und 3 VersVG Vertragsinhalt geworden sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Das Erstgericht sei eindeutig (in Zusammenhalt mit seiner rechtlichen Beurteilung) nicht davon ausgegangen, dass der Täter durch Einbruch im Sinn von Art 2 Abs 1 AEB in das Hotel der Klägerin gelangt sei. Es meine vielmehr, dass es für die Bejahung des Versicherungsfalls genüge, dass der verschlossene Tresor unter Verwendung eines falschen Schlüssels oder eines anderen, nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmten Werkzeugs geöffnet worden sei. Die Beklagte habe sich in ihrer Berufung darauf bezogen, dass ein Versicherungsfall nur vorläge, wenn sowohl die Hoteleingangstür als auch der Tresor versperrt gewesen und durch eine der in Art 2 Abs 1 AEB genannten Tatmodalitäten geöffnet worden wären. Die Klägerin habe sich in der Berufungsbeantwortung darauf gestützt, dass sich ihr Anspruch aus Art 2 Abs 2 AEB ergebe. Der Diebstahl habe sich zwischen 6:04 Uhr und 6:10 Uhr, also zu einer Zeit ereignet, in der eine offene Eingangstür bei einem Hotel nicht unüblich sei. Die Beantwortung der Frage, ob für den Versicherungsschutz kumulativ ein Einbruch in das versicherte Hotel und in den Tresor vorliegen müsse, hänge davon ab, ob der Diebstahl während einer Zeit begangen worden sei, in welcher die bedingungsgemäßen oder besonders vereinbarten Sicherungen anzuwenden gewesen wären. Das Berufungsgericht folge der Entscheidung 7 Ob 14/91, nach der keine besondere Verpflichtung hinsichtlich Sicherungsmaßnahmen für die Hotelräumlichkeiten übernommen worden seien. Es genüge daher die Aufbewahrung der versicherten Sachen in den geforderten verschlossenen Behältnissen. Hinsichtlich des Rechtsstandpunkts, dass der Tresor vom Versicherungsschutz umfasst sei, schloss sich das Berufungsgericht der Rechtsansicht des Erstgerichts an. Art 6 Abs 2 AEB sei daher nicht anzuwenden.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung des Art 2 Abs 2 und 3 AEB fehle. Dieser Rechtsfrage komme erhebliche Bedeutung zu.
Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sie ist auch im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.
Im Revisionsverfahren ist nur mehr strittig, ob der Sachverhalt als Einbruchdiebstahl nach Art 2 Abs 2 oder Art 2 Abs 3 AEB beurteilt werden muss und wen die Behauptungs- und Beweislast dafür trifft, dass im Zeitpunkt des Einbruchs bedingungsgemäß oder besonders vereinbarte Sicherungen (nicht oder doch) anzuwenden waren.
Richtig erkannt wurde von den Parteien und dem Berufungsgericht, dass ein Einbruchdiebstahl nach Art 2 Abs 1 AEB im Hinblick auf die Negativfeststellung, dass nicht feststeht, ob die Eingangstür zum Haupthaus des Hotels verschlossen war, von der Klägerin nicht bewiesen werden konnte. Art 2 AEB legt fest, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit ein Vorfall als Einbruchdiebstahl im Sinn der Bedingungen gilt. Art 2 Abs 2 AEB bezieht sich auf einen Zeitraum, in welchem die bedingungsgemäßen oder besonders vereinbarten Sicherungen nicht anzuwenden sind, Art 2 Abs 3 AEB auf den Zeitraum, in dem die bedingungsgemäßen oder besonders vereinbarten Sicherungen anzuwenden sind. Für die Anspruchsvoraussetzungen nach Art 2 Abs 2 AEB, auf den sich die Klägerin nun ausdrücklich stützt, ist sie als Versicherungsnehmerin behauptungs- und beweispflichtig, und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine primäre Risikobeschreibung oder einen sekundären Risikoeinschluss handelt (RIS-Justiz RS0081013, vgl auch RS0043438). Der klagende Versicherungsnehmer muss daher behaupten und beweisen, dass für die Zeit, in der der Einbruchdiebstahl geschehen ist, keine bedingungsgemäßen oder besonders vereinbarten Sicherungen anzuwenden waren. Es kommt - wie sich aus dem eindeutigen Text der AEB ergibt - also nicht auf ein übliches Verhalten der Verkehrskreise des Versicherungsnehmers an (dies könnte für die hier nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens bildende Frage des Verschuldens bei der Herbeiführung des Versicherungsfalls eine Rolle spielen), sondern darauf, ob nach den Bedingungen oder aufgrund besonderer Vertragsgestaltung bestimmte Sicherungen für den relevanten Zeitraum vereinbart wurden oder nicht. Ob eine Vereinbarung besteht, ist eine Tatfrage, auf die im vorliegenden Verfahren bisher noch nicht eingegangen wurde. Wurden derartige Vereinbarungen nicht getroffen, so gilt Art 2 Abs 2 AEB und es kommt daher auf einen Einbruch in die Versicherungsräumlichkeiten nach Art 2 Abs 1 AEB nicht an. Der Sinn der Bestimmung ist klar: Außerhalb solcher Zeiten genügt die Aufbewahrung der versicherten Sachen in den geforderten verschlossenen Behältnissen. Forderte man bei diesen Zeiten zusätzlich bestimmte Verhaltensmaßnahmen oder Sicherungen, so würde man dem Versicherungsnehmer Obliegenheiten aufdrängen, die er nicht übernommen hat oder den Umfang des übernommenen Versicherungsrisikos abgehend von den Versicherungsbedingungen beschränken (vgl 7 Ob 14/81). Die Entscheidung 7 Ob 14/81 steht mit der Entscheidung 7 Ob 25/90 bei jeweils vergleichbarer Bedingungslage nicht im Widerspruch. Auch in letzterer wurde ausgesprochen, dass das Aufbrechen von Türen in der Versicherungsräumlichkeit, in die der Dieb ohne Setzung eines der in Art 2 Abs 1 AEB angeführten Tatbestände eingedrungen sei, nach Art 2 Abs 2 AEB nur unter der zusätzlichen Voraussetzung unter das versicherte Risiko falle, dass der Dieb während der Zeit, in der bedingungsgemäß oder besonders vereinbarte Sicherheiten nicht anzuwenden gewesen seien, in die Versicherungsräumlichkeit gelangt sei. Die im Einzelfall zu beurteilende Frage ist aber, ob es bedingungsgemäße oder besonders vereinbarte Sicherungen für den relevanten Zeitraum gibt oder nicht. Gibt es keine solchen Vereinbarungen, muss nicht in die Versicherungsräumlichkeit selbst nach Art 2 Abs 1 AEB eingedrungen werden, es genügt, dass Türen oder Behältnissen aufgebrochen oder dass zum Öffnen von Türen oder Behältnissen falsche Schlüssel oder andere zum ordnungsgemäßen Öffnen nicht bestimmte Werkzeuge verwendet wurden. Der vorliegende Anspruch würde zu Recht bestehen. Sind hingegen Sicherungen vereinbart, so kann nur Art 2 Abs 3 AEB zur Anwendung kommen, der sowohl ein Eindringen in die Versicherungsräumlichkeit nach Art 2 Abs 1 als auch ein Öffnen des versperrten Behältnisses auf eine der dort genannten Arten erfordert. Der Anspruch würde im vorliegenden Fall mangels Beweises des Einbruchs in das Haupthaus nicht zu Recht bestehen.
Zutreffend zeigt aber die Beklagte auf, dass die Frage, ob eine bedingungsgemäße oder besonders vereinbarte Sicherung besteht, bisher unerörtert blieb und das Berufungsgericht Art 2 Abs 2 AEB für die Beklagte überraschend zur Anwendung brachte.
Der Streitgegenstand wird durch das Klagebegehren und den rechtserzeugenden Sachverhalt bestimmt (RIS-Justiz RS0037419). Geht aus dem Klagsvorbringen hervor, dass der Sachverhalt vom Kläger offenbar unrichtig qualifiziert wurde, so ist dies bedeutungslos. Es kann deshalb nicht gesagt werden, dass ein Klagebegehren ausschließlich auf den von ihm angegebenen Rechtsgrund gestützt werden soll (RIS-Justiz RS0058348). Das Gericht ist nicht an die vom Kläger vorgenommene rechtliche Qualifikation des in der Klage zugrunde gelegten Sachverhalts gebunden, es kann nur über einen geltend gemachten Anspruch, also über jenen entscheiden, der aus den Klagsbehauptungen abzuleiten ist (RIS-Justiz RS0037659). Nur soweit der Kläger einen bestimmten Rechtsgrund ausdrücklich geltend macht, ist das Gericht daran gebunden und darf der Klage nicht aus einem anderen Rechtsgrund stattgeben (RIS-Justiz RS0037610).
Im Gegensatz zur Rechtsmeinung der Revision kann allerdings nicht davon gesprochen werden, dass die Klägerin ihren Anspruch im erstinstanzlichen Verfahren ausschließlich auf Art 2 Abs 1 AEB gestützt hätte. Die Klägerin brachte in der Klage nur den Sachverhalt vor, nahm aber keine nähere Qualifikation desselben vor. Die Beklagte selbst berief sich auf konkrete Bestimmungen ihrer AEB und bestimmte damit das ergänzende Vorbringen der Klägerin. Es ist daher dem Berufungsgericht nicht verwehrt, den Klagsanspruch auch unter dem Aspekt des Art 2 Abs 2 AEB zu prüfen. Es darf aber die Parteien mit seiner Rechtsansicht nicht überraschen (RIS-Justiz RS0037300). Insbesondere hätte das Berufungsgericht erkennen müssen, dass das anspruchsbegründende Vorbringen der Klägerin unvollständig ist und daher mit ihr die erkennbar übersehenen Gesichtspunkte erörtern und dann beiden Parteien die Gelegenheit geben müssen, ergänzendes Vorbringen zu erstatten (vgl RIS-Justiz RS0120056).
Da nach dem Vorbringen in der Revision eine ergänzende Beweisaufnahme notwendig sein wird, wird die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen. Das Erstgericht wird im fortzusetzenden Verfahren mit der Klägerin zu erörtern haben, ob für den Zeitraum, in dem sich der Einbruchdiebstahl ereignete, keine bedingungsgemäßen oder besonders vereinbarten Sicherungen anzuwenden waren. Der Beklagten ist sodann Gelegenheit zu geben, auf dieses Vorbringen zu replizieren. Nach Ergänzung des Beweisverfahrens sind entsprechende Feststellungen darüber zu treffen, ob Sicherungen vereinbart wurden oder nicht. Je nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens ist im Sinn der oben dargelegten Rechtslage der Sachverhalt Art 2 Abs 2 oder Abs 3 AEB zu unterstellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
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