OGH 7Ob13/21v

OGH7Ob13/21v24.2.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. J***** V*****, 2. M***** V*****, beide *****, vertreten durch Dr. Karl‑Heinz Plankel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. G***** B*****, vertreten durch Dr. Gregor Berchtold, Dr. Ralf Geymayer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 54.693,31 EUR sA und Feststellung, über die „außerordentliche Revision“ der klagenden Parteien gegen das „Urteil“ des Oberlandesgerichts Wien als Rekurs‑ und Berufungsgericht vom 26. November 2020, GZ 12 R 73/20y‑23, womit das „Urteil“ des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 25. Juni 2020, GZ 5 Cg 134/19s‑19, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0070OB00013.21V.0224.000

 

Spruch:

Das als Rekurs und Revisionsrekurs der klagenden Parteien zu behandelnde Rechtsmittel wird als verspätet zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Mit „Urteil“ wies das Erstgericht das Zahlungsbegehren im Umfang von 22.084 EUR sA wegen entschiedener Rechtssache zurück; das weitere Zahlungsbegehren von 32.609,31 EUR sA und das Feststellungsbegehren wies es ab, weil ein Schadenersatzanspruch – auch mangels Eintritt eines Schadens – nicht zu Recht bestehe.

[2] Das Berufungsgericht gab mit „Urteil“ der Berufung der Kläger keine Folge; es bestätigte das erstinstanzliche Urteil mit der Maßgabe, dass es das gesamte Klagebegehren wegen entschiedener Rechtssache zurückwies.

[3] Gegen diese Entscheidung wendet sich das als „außerordentliche Revision“ bezeichnete Rechtsmittel der Kläger.

Rechtliche Beurteilung

[4] Das Rechtsmittel ist verspätet.

[5] 1. Die Rechtskraftwirkung eines Urteils gemäß § 411 Abs 2 ZPO führt zur Zurückweisung der Klage (RS0039968 [T3]) mit Beschluss (§ 261 Abs 1 iVm § 239 Abs 3 Z 1 ZPO).

[6] 2. Für die Beurteilung, ob ein Urteil oder ein Beschluss vorliegt, ist nicht die tatsächlich gewählte, sondern die vom Gesetz vorgesehene Form der Entscheidung maßgebend (RS0040727). Es ist stets anhand der Begründung zu untersuchen, welchen Umstand das Gericht als entscheidend erachtete (RS0040727 [T2]). Die Zulässigkeit einer Anfechtung richtet sich allein nach der vom Gesetz vorgeschriebenen Entscheidungsform (RS0041880).

[7] 3.1 Das Erstgericht hätte über die Zurückweisung des Klagebegehrens von 22.084 EUR sA in Beschlussform entscheiden müssen. Die „Berufung“ wäre vom Gericht zweiter Instanz in einen Rekurs umzudeuten gewesen (RS0098745 [T25]). Das Gericht zweiter Instanz hat somit als Rekursgericht entschieden; seine Entscheidung hätte ebenfalls mittels Beschluss zu erfolgen gehabt. Gegen den daher tatsächlich vorliegenden Beschluss des Gerichts zweiter Instanz als Rekursgericht kann lediglich Revisionsrekurs (vgl § 528 ZPO) erhoben werden. Das Rechtsmittel der Kläger ist in diesem Umfang in einen Revisionsrekurs gegen einen Beschluss des Rekursgerichts umzudeuten.

[8] 3.2 Soweit das Gericht zweiter Instanz das weitere Zahlungsbegehren in Höhe von 32.609,31 EUR und das Feststellungsbegehren wegen entschiedener Rechtssache zurückwies, bejahte es den zur Klagszurückweisung führenden Nichtigkeitsgrund erstmals, wobei es sich durch die Entscheidung mit Urteil wiederum in der Entscheidungsform vergriff. Tatsächlich liegt hier ein Beschluss des Berufungsgerichts vor; bei dem dagegen erhobenen Rechtsmittel der Kläger handelt es sich um einen Rekurs nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO.

[9] 4.1 Das Vergreifen in der Entscheidungsform beeinflusst weder die Zulässigkeit noch die Behandlung des Rechtsmittels (RS0036324), weil selbst ein Gerichtsfehler nicht zur Verlängerung von Notfristen führen darf (RS0036324 [T14]). Auch eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung verlängert die gesetzliche Rechtsmittelfrist nicht (RS0036701).

[10] 4.2 Gemäß § 521a ZPO ist das Rekursverfahren zweiseitig (vgl RS0128487); die Rekursfrist beträgt 14 Tage (§ 521 Abs 1 ZPO). Das gilt auch für zweiseitige Rekurse (§ 521a ZPO) mit Ausnahme jener gegen Endbeschlüsse im Besitzstörungsverfahren und Aufhebungsbeschlüsse des Berufungsgerichts nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO. Für den hier vorliegenden Rekurs an den Obersten Gerichtshof nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO gilt daher ebenso wie für den vorliegenden Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof nach § 528 ZPO die 14‑tägige Frist (RS0127522 [T3]; RS0116348 [T11] = RS0102655 [T14]).

[11] 4.3 Ausgehend von der die Frist auslösenden Zustellung des Beschlusses des Gerichts zweiter Instanz am 11. 12. 2020 war die 14‑tägige (Revisions‑)Rekursfrist – auch unter Berücksichtigung der Fristenhemmung nach § 222 Abs 1 ZPO – zum Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels am 19. 1. 2021 bereits abgelaufen. Das als Rekurs‑ und Revisionsrekurs zu deutende Rechtsmittel der Kläger ist daher als verspätet zurückzuweisen.

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