OGH 7Ob125/15f

OGH7Ob125/15f19.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr.

Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. K***** S*****, vertreten durch Dr. Gottfried Reif, Rechtsanwalt in Judenburg, gegen die beklagte Partei R***** AG, *****, vertreten durch Dr. Matthias Bacher, Rechtsanwalt in Wien, wegen Rechnungslegung und Zahlung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Berufungsgericht vom 2. April 2015, GZ 1 R 231/14h‑20, womit das Urteil des Bezirksgerichts Judenburg vom 28. August 2014, GZ 2 C 1949/13i‑16, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 744,43 EUR (darin enthalten 124,07 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht begründete die Zulassung der ordentlichen Revision damit, dass gegen die einhellige höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Rechnungslegungs‑ pflicht des Lebensversicherers im Schrifttum in jüngster Zeit neuerlich Bedenken geäußert worden seien.

Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):

1.1. Nach ständiger Rechtsprechung besteht ein über die nach § 18b Abs 2 Z 2 VAG jährlich vom Versicherer zu erstattende Mitteilung des Stands der Gewinnbeteiligung hinausgehender Anspruch des Versicherungsnehmers auf Rechnungslegung auch nach der VAG‑Novelle 1994 nicht (7 Ob 151/10x; 7 Ob 59/09s; RIS‑Justiz RS0124675). In Österreich fehlt eine exakte Bestimmung der Höhe der den Versicherungsnehmern zu gewährenden Überschuss‑ beteiligung. Durch gesetzliche Regelungen und Verordnungen wird nur ein Rahmen für die Gewinnbeteiligung abgesteckt und nunmehr nach der VAG‑Novelle 1994 von der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) ex post kontrolliert, ob diese Rahmenbedingungen jeweils erfüllt wurden. Die Art der Verwendung der Versicherungsprämien, ebenso wie die Festsetzung der Höhe der Gewinnbeteiligungen stellt eine unternehmerische Entscheidung des Versicherers dar (RIS‑Justiz RS0126319).

1.2. Die dagegen erhobene, in der Revision angeführte Kritik von Ertl (ecolex 2011/203 [Glosse zu 7 Ob 151/10x]), Gruber (Rechnungslegungsanspruch des Versicherungsnehmers in der Kapitallebensversicherung?, ZFR 2012/153) und Klauser (EvBl 2009/129 [Glosse zu 7 Ob 59/09s]) bringt im Kern keine neuen, vom Obersten Gerichtshof nicht bedachten Argumente, sodass sie den Obersten Gerichtshof nicht veranlasst, von seiner bereits gefestigten Judikatur abzugehen. Der Umstand, dass die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs von einer Lehrmeinung, der das Berufungsgericht ohnedies nicht folgt, abgelehnt wird, bildet für sich allein keinen Grund für die Zulässigkeit einer Revision (RIS‑Justiz RS0042985 [T1]).

2. Zur Verdeutlichung sei noch ausgeführt:

2.1. Der Gesetzgeber überträgt der FMA die Überprüfung der Gebarung der Versicherer und gibt ihr die Verordnungsermächtigung, im Detail zu regeln, welche Informationen und Aufklärungen der Versicherungsnehmer zu seinem Schutz benötigt, statt entsprechende zivilrechtliche Regelungen über Informations‑ und Rechnungslegungspflichten zu erlassen. Diese Bestimmungen in Gesetz und Verordnung gelten auch direkt für das privatrechtliche Versicherungsverhältnis. Sofern nicht im Versicherungsvertrag ein darüber hinausgehender Anspruch vereinbart wurde, steht einem Versicherungsnehmer nur ein Informations‑ und Rechnungslegungsanspruch im durch Gesetz und Verordnung konkretisierten Ausmaß zu.

2.2. Dass die Beklagte ihrer Informations‑ und Rechnungslegungspflicht im hoheitlich festgelegten Umfang nicht nachgekommen wäre, wird vom Kläger ebenso wenig behauptet wie ein Zuwiderhandeln gegen eine im Versicherungsvertrag allenfalls vereinbarte weiterreichende Verpflichtung zur Rechnungslegung. Derartige Verstöße wurden auch bisher in keinem der bereits entschiedenen Verfahren geltend gemacht. Der klagende Versicherungsnehmer will im Kern die wirtschaftliche Gebarung (insbesondere das Anlageverhalten) der Beklagten überprüfen. Die unternehmerischen Entscheidungen des Versicherers muss der Versicherungsnehmer aber wie ausgeführt nach ständiger Rechtsprechung hinnehmen. Ein darauf gerichtetes Auskunftsbegehren ist unzulässig.

2.3. Außerdem übersieht der Kläger, dass ihm keine bestimmte Höhe der zu erwartenden Gewinnbeteiligung garantiert wurde. Er wurde im Gegenteil ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf unbekannte künftige Entwicklungen bloß Schätzungen vorgenommen würden und die Angaben unverbindlich seien. Die globale Wirtschaftsentwicklung der vergangenen Jahre macht bereits vordergründig leicht erklärbar, warum die prognostizierte Gewinnbeteiligung nicht erreicht wurde.

§ 6 Abs 2 Z 3 KSchG will verhindern, dass sich der Unternehmer das Recht auf weitgehende, den Interessen des Verbrauchers widersprechende, einseitige Leistungsänderungen vorbehält. Umfassende und vage Änderungsklauseln indizieren daher eine Unzumutbarkeit. Die Vorbehalte müssten, damit sie rechtswirksam bleiben, daher möglichst genau umschrieben und konkretisiert sein (RIS‑Justiz RS0111807). Diese Bestimmung dient der Sicherung der Vertragstreue des Unternehmers und schützt das Vertrauen des Verbrauchers in die vertragliche Zusage seines Partners (RIS‑Justiz RS0128730). Die hier nicht garantierten Leistungspflichten aufgrund zukünftiger, nicht absehbarer Entwicklungen sind kein Fall des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG oder § 6 Abs 3 KSchG. Der Beklagten wird keine Willkür eingeräumt; sie untersteht der Überprüfung durch die FMA.

3. Die Revision ist demnach unzulässig und zurückzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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