Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache dahin zu Recht erkannt, dass das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.
Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit 954,30 EUR (darin 159,05 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 1.747,88 EUR (darin 114,48 EUR Umsatzsteuer und 1.061 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte nahm am 9. 4. 2002 ein Anbot der Klägerin über den käuflichen Erwerb eines Fertigteilhauses an und fertigte am 10. 4. 2002 einen Bauträgervertrag über die "Lieferung und Herstellung eines Einfamilienhauses". Mit ihrem Telefax vom 13. 4. 2002 kündigte die Beklagte den Bauträgervertrag und die Annahmeerklärung "aus nicht vorhersehbaren privaten und damit auch verbundenen finanziellen Problemen". Die Beklagte könne aus gesundheitlichen Gründen keine Arbeitsstellen als Zusatzverdienst annehmen. "Die Alleinfinanzierung für die Vertragslänge" sei nicht mehr gegeben.
Die Klägerin begehrt mit ihrer am 4. 10. 2002 beim Erstgericht eingelangten Klage die Bezahlung einer vereinbarten Abgeltung von 10 % des Kaufpreises. Der Beklagten stehe kein Rücktrittsrecht nach § 5 des Bauträgervertragsgesetzes (BTVG) zu. Die Beklagte habe vor Vertragsunterfertigung sämtliche notwendigen Unterlagen im Sinne des BTVG erhalten. Die Klägerin habe sich um die Finanzierung des Projektes bemüht und eine mündliche Finanzierungszusage der Bausparkasse erreicht. Die Annahmeerklärung sei aufschiebend bedingt durch die Beibringung einer verbindlichen Finanzierungszusage seitens einer namhaften Bank mit einer maximalen monatlichen Rückzahlung von 8.500 S gewesen. Die Annahmeerklärung habe aber mit der Klageforderung nichts zu tun, weil mit dem Bauträgervertrag vom 10. 4. 2002 ein neues Schuldverhältnis begründet worden sei. Hintergrund der Rücktrittserklärung der Beklagten sei die Auflösung ihrer Lebensgemeinschaft gewesen. Der Lebensgefährte der Beklagten sei nicht bereit gewesen, die Finanzierung mitzutragen. Die Beklagte sei zur Zuhaltung des Bauträgervertrages aufgefordert worden. Die Klägerin trete nunmehr vom Vertrag zurück. Im Bauträgervertrag sei eine Bedingung der Beibringung einer verbindlichen Finanzierungszusage nicht enthalten. Der Bauträgervertrag sei aufgrund einer mündlichen Finanzierungszusage mit einer nicht höheren Belastung als 617,72 EUR von der Beklagten unterfertigt worden. In einer Selbstauskunft habe die Beklagte ihre Einkünfte mit insgesamt 2.042,11 EUR angegeben. Aufgrund der getroffenen Vereinbarung, dass eine Finanzierungsmöglichkeit gefunden werden solle, habe der Geschäftsführer der Klägerin eine mündliche Zusage einer Bausparfinanzierung mit einer maximalen monatlichen Belastung von 486,54 EUR erwirkt. Darüber sei die Beklagte informiert worden. Sie habe daraufhin den Bauträgervertrag unterfertigt.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte im Wesentlichen vor, dass die Rechtswirksamkeit ihrer Annahmeerklärung als Basis für den Bauträgervertrag von der aufschiebenden Bedingung abhängig gemacht worden sei, dass eine verbindliche Finanzierungszusage seitens einer namhaften Bank vorliegen müsse. Die Hausbank der Beklagten sei nicht bereit gewesen, eine Finanzierungszusage zu erteilen. Mangels Bedingungseintritts seien weder die Annahmeerklärung noch der Bauträgervertrag wirksam geworden und der Vertragsrücktritt daher berechtigt. Es sei der Beklagten unfallsbedingt unmöglich, einen Zusatzverdienst durch Putzarbeiten zu erzielen. Bei der Finanzierung sei die Klägerin von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen. Die Zusicherung der Finanzierung sei unter falschen Prämissen erfolgt. Die Klägerin habe behauptet, eine verbindliche Finanzierungszusage zu haben. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Die monatliche Belastung der Beklagten wäre höher als 617,72 EUR (8.500 S) gewesen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme des über 4 % liegenden Zinsenbegehrens statt. Es traf folgende Feststellungen:
Im März 2002 traf die Beklagte den ihr schon vorher bekannten Immobilienmakler Werner A*****. Die Beklagte erzählte diesem bei jener Gelegenheit, dass sie schon seit längerer Zeit versucht, eine passende Wohnung zu finden, da sie durch einen schweren Verkehrsunfall in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist und deswegen einen ebenerdig zu erreichenden Wohnraum benötigt. A***** erklärte in diesem Zusammenhang, dass er mit der Klägerin in Geschäftskontakt stehe und dass er versuche, den Wünschen der Beklagten nach einem anderen Wohnraum nachzukommen. In der Folge kam es zu mehreren Besprechungen zwischen der Beklagten Werner A***** sowie Thomas T*****. Am 9. 4. 2002 füllte die Beklagte eine Selbstauskunft aus. Laut dieser Selbstauskunft beliefen sich ihre zur Verfügung stehenden Einkünfte auf insgesamt ATS 28.100,-- (EUR 2.042,11). Dieses setzt sich folgendermaßen zusammen:
lebenslangen Pensionsvorschuss EUR 479,64
lebenslangen Verdienstentgang EUR 363,36
monatliche Haushaltshilfe EUR 436,04
Alimente EUR 239,82
Kinderbeihilfe EUR 159,88
Einnahmen als Reinigungskraft
("schwarz") EUR 363,36
Aufgrund der Vereinbarung, dass eine Finanzierung gefunden werden soll, die eine monatliche Belastung von nicht mehr als ATS 8.500 (EUR 617,72) beträgt, hat sich der Geschäftsführer der Klägerin am 10. 4. 2002 persönlich zur Bausparkasse nach Graz begeben, wo er dem zuständigen Sachbearbeiter Haris C***** die Einkommenssituation der Beklagten bekannt gegeben hat. C***** hat eine Haushaltsrechnung angestellt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Bausparfinanzierung mit einer monatlichen Belastung von maximal ATS
8.500 gewährt werden kann. Die Einnahmen als Reinigungskraft wurden aufgrund des Bemerkens "schwarz" nicht berücksichtigt, weil diese nicht nachweisbar sind. Aufgrund dieser Information des C***** hat der Geschäftsführer der Klägerin T***** informiert, dass die Finanzierung möglich ist. Dieser hat der Beklagten diese Information weitergegeben und hat dann mit ihr einen Termin vereinbart. Bereits am gleichen Tag am Abend des 10. 4. 2002, hat dann die Beklagte den Bauträgervertrag im Büro der Klägerin unterschrieben. Eine gesicherte Finanzierungszusage kam nicht zustande, da die Beklagte nicht persönlich bei der Bausparkasse erschien und auf sämtlichen Urkunden ihre Unterschriften leistete. Die Finanzierung ist nämlich erst dann gesichert, wenn dies erfolgt und zusätzlich der Darlehensakt nach Wien geschickt wird und sodann die Darlehenszusage erteilt wird.
Die Kündigung des Vertrages am 13. 4. 2002 seitens der Beklagten erfolgte aufgrund einer nachteiligen Veränderung ihres Privatlebens. Durch die Auflösung ihrer Lebensgemeinschaft erschien ihr eine Alleinfinanzierung für die Vertragslänge nicht mehr gegeben. Durch die Unterfertigung des Bauträgervertrages vom 10. 4. 2002 verpflichtete sich die Beklagte gemäß Punkt V Z 4 bei unberechtigtem Rücktritt eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 10 % des Kaufpreises zu leisten. Der vereinbarte Kaufpreis betrug EUR 112.153. 10 % des Kaufpreises belaufen sich somit auf die Höhe des Klagsgegenstandes, nämlich EUR 11.215,30."
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass die Annahmeerklärung der Klägerin aufschiebend bedingt durch die Beibringung einer verbindlichen Finanzierungszusage seitens einer namhaften Bank gewesen sei. Der Annahmevertrag stehe in engem rechtlichen Zusammenhang mit dem Bauträgervertrag. Es reiche die Wirksamerklärung seitens der Bausparkasse über die Zusage der Finanzierung aus. Eine verbindliche Finanzierungszusage sei nicht mehr nötig gewesen. Die Finanzierungszusage sei von der Beklagten zu erbringen gewesen. Die Beklagte sei säumig geworden. Durch die Nichterbringung der für die Finanzierungszusage notwendigen Unterschriften der Beklagten habe sie die Unmöglichkeit des Vertrages zu vertreten und sei unberechtigt vom Vertrag zurückgetreten. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und hob das erstinstanzliche Urteil zur Verfahrensergänzung auf. Es führte in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen aus:
Auch wenn das Berufungsvorbringen der Beklagten nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgehe, sei die Rechtsrüge "gerade noch als gesetzmäßig ausgeführt zu qualifizieren". Auch wenn die Rechtsrüge nicht durchschlage, so bewirke dies doch, dass die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts allseitig zu überprüfen sei. Nach dem festgestellten Sachverhalt könne nicht von einem Irrtum der Beklagten über eine verbindliche Finanzierungszusage ausgegangen werden. Dass die Beklagte nicht die erforderlichen Unterschriften bei der Bausparkasse leistete, könne der Klägerin nicht zugerechnet werden. Der Bauträgervertrag sei aufgrund der bloßen Mitteilung geschlossen worden, dass die Finanzierung möglich sei. Für den Abschluss sei die verbindliche Finanzierungszusage nicht ausschlaggebend gewesen. Unbekämpft habe das Erstgericht festgestellt, dass die verbindliche Finanzierungszusage von der Beklagten zu erbringen gewesen sei. Der Beklagten sei auch nicht zum Thema des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu folgen. Zu einer gesicherten Finanzierungszusage sei es wegen der mangelnden Mitwirkung der Beklagten nicht gekommen. Die Auflösung der Lebensgemeinschaft der Beklagten falle in ihre Risikosphäre. Die im Punkt V. des Bauträgervertrages vereinbarte Entschädigung sei eine Vertragsstrafe im Sinne des § 1336 ABGB. Die Beklagte habe einen konkreten Einwand, dass diese Vereinbarung unwirksam, sittenwidrig oder nichtig sei, nicht erhoben.
Gemäß § 5 BTVG könne der Erwerber von seiner Vertragserklärung zurücktreten, wenn ihm der Bauträger nicht eine Woche vor der Abgabe der Erklärung schriftlich die im Gesetz näher angeführten Mitteilungen gemacht habe. Für die Rücktrittserklärung gelte § 3 Abs 4 KSchG. Die Kündigung der Beklagten vom 13. 4. 2002 sei als Rücktritt im Sinne des § 5 Abs 4 BTVG iVm § 3 Abs 4 KSchG zu qualifizieren. Die Beklagte habe zweifelsfrei die Aufrechterhaltung des Bauträgervertrages abgelehnt. Der Rücktritt sei fristgerecht erfolgt. Nach dem Text des Bauträgervertrages hätten die Vertragspartner zwar den Erhalt der bezughabenden Pläne und Beschreibungen sowie einer Ausfertigung des Vertrages spätestens eine Woche vor schriftlicher Annahmeerklärung erklärt. Dies müsse aber keineswegs stimmen und sei auch nicht festgestellt worden. Dazu hätte es einer Erörterung im Verfahren erster Instanz bedurft, weil die Klägerin nur allgemein behauptet habe, ein gesetzliches Rücktrittsrecht nach § 5 BTVG liege nicht vor und die Beklagte habe sämtliche notwendigen Unterlagen erhalten. Die Beklagte habe das Klagevorbringen aber bestritten, weshalb das Nichtvorliegen des Rücktrittsrechts noch nicht als unstrittig angesehen werden könne. Die Beklagte habe grundsätzlich ihre Berechtigung zum Rücktritt behauptet und die Klägerin sei dafür behauptungs- und beweispflichtig, dass der Beklagten das gesetzliche Rücktrittsrecht iSd § 5 BTVG nicht zustehe. Das Rücktrittsrecht des § 5 BTVG sei als Grundtatbestand konzipiert und der Entfall desselben als Ausnahme. Nach ständiger Rechtsprechung liege in der Bestreitung der Verpflichtung zur Zahlung einer Konventionalstrafe auch das Begehren auf Mäßigung gemäß § 1336 Abs 2 ABGB. Dann sei das Gericht gemäß § 182 ZPO verpflichtet, die Gründe für die Anwendung des Mäßigungsrechtes zur Erörterung zu stellen. Die Rechtssache sei auch in diesem Punkt noch nicht spruchreif. Im fortzusetzenden Verfahren sei zu erörtern und zu klären, ob die Beklagte gemäß § 5 BTVG zu Recht vom Vertrag zurückgetreten sei, verneinendenfalls ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß die Vertragsstrafe zu mäßigen sei. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Behauptungs- und Beweislast beim Rücktritt nach § 5 BTVG fehle. Mit ihrem Rekurs beantragt die Klägerin die Abänderung dahin, dass das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt werde, hilfsweise die Aufhebung zur neuerlichen Entscheidung des Berufungsgerichtes. Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig und auch berechtigt.
Nach den getroffenen Feststellungen und der zutreffenden, von der Beklagten auch nicht bekämpften Rechtsansicht des Berufungsgerichtes kann der Rücktritt der Beklagten nicht auf eine fehlende gesicherte Finanzierung des Kaufpreises gestützt werden, die nach den Feststellungen in der Sphäre der Beklagten lag (RIS-Justiz RS0017504). Entscheidungswesentlich sind die prozessualen Rechtsfragen der Bindung des Berufungsgerichtes an die geltend gemachten Berufungsgründe oder der allseitigen rechtlichen Überprüfungsbefugnis sowie der Behauptungs- und Beweislast über die Voraussetzungen des gesetzlichen Rücktrittsrechts nach § 5 BTVG iVm § 3 Abs 4 Konsumentenschutzgesetz (KSchG). Zu letzterer Frage liegt eine oberstgerichtliche Judikatur noch nicht vor. Mit seinem Auftrag zur Verfahrensergänzung in der Frage der Mäßigung der Konventionalstrafe wich das Berufungsgericht überdies von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung ab.
I. Zur Bindung des Berufungsgerichtes an die von der Beklagten vorgetragenen Berufungsgründe:
1. Die Parteien haben einen Bauträgervertrag geschlossen. § 5 BTVG räumt dem Erwerber das Recht auf Rücktritt von seiner Vertragserklärung unter den im Abs 1 angeführten Voraussetzungen ein. Für den binnen einer Woche zu erklärenden Rücktritt gilt § 3 Abs 4 KSchG sinngemäß (§ 5 Abs 4 BTVG). Der Rücktritt bedarf der Schriftform. Dem Formerfordernis wurde hier mit dem Telefax entsprochen, weil § 3 Abs 4 KSchG nur Beweissicherungsfunktion hat und der Unternehmer (die Klägerin) hier mit der Form der Rücktrittserklärung einverstanden war (Krejci in Rummel ABGB³ Rz 57 f zu § 3 KSchG).
2. Das Berufungsgericht erkannte zutreffend, dass sich die Beklagte bei ihrem Rücktritt und in ihrem Prozessvorbringen erster Instanz aber auch in der Berufung nicht auf das gesetzliche Rücktrittsrecht nach § 5 BTVG stützte, sondern nur die Rechtsgründe einer nicht eingetretenen vereinbarten Bedingung, eines von der Klägerin veranlassten Irrtums und des Wegfalls der Geschäftsgrundlage berufen hatte. Es erachtete sich aber für befugt, den Sachverhalt auch in Richtung des gesetzlichen Rücktrittsrechts nach § 5 BTVG zu überprüfen, weil die Klägerin auf das Nichtvorliegen der dort genannten Voraussetzungen in der Klage hingewiesen hatte und die Beklagte das gesamte Klagevorbringen bestritt. Mit der bloßen Bestreitung des Vorbringens des Prozessgegners wird allerdings der eigenen Behauptungslast nicht entsprochen (2 Ob 11/02k), sodass sich die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zum Thema des gesetzlichen Rücktrittsrechts nur dann als richtig erweist, wenn ein schriftlicher Rücktritt im Sinne des § 3 Abs 4 KSchG von einem Bauträgervertrag auch dann als Rücktritt im Sinne des § 5 BTVG aufzufassen ist, wenn die Rücktrittserklärung andere Rücktrittsgründe anführt und überdies schon deshalb auch dieses gesetzliche Rücktrittsrecht untersucht werden muss, weil den Bauträger die Behauptungs- und Beweislast dafür trifft, dass er die in § 5 Abs 1 BTVG normierten Verständigungspflichten nicht verletzt hat. Dazu ist Folgendes auszuführen:
3. Wohl bedarf eine Rücktrittserklärung nach § 3 Abs 4 KSchG keiner Begründung. Wenn allerdings der Erwerber seinen Rücktritt vom Bauträgervertrag auf ganz bestimmte, außerhalb des BTVG liegende Rücktrittsgründe stützt, könnte schon deshalb die Ansicht vertreten werden, dass er sich im Prozess nicht mehr (nachträglich) auf das gesetzliche Rücktrittsrecht nach § 5 BTVG berufen darf, wenn die Einmonatsfrist des § 5 Abs 2 BTVG bereits abgelaufen ist. Das Rücktrittsrecht erlischt spätestens einen Monat nach Abgabe der Vertragserklärung des Erwerbers. Selbst wenn man aber in jeder mit anderer Begründung abgegebenen Rücktrittserklärung auch die Geltendmachung des Rücktrittsrechts nach § 5 BTVG erblickt, ist für die Beklagte nichts gewonnen, weil sie die Behauptungs- und Beweislast für eine Verletzung der im Abs 1 genannten Voraussetzungen trifft.
4. § 5 BTVG ist eine Schutznorm zugunsten des Erwerbers. Zu den vom Berufungsgericht angestellten Überlegungen, dass das Rücktrittsrecht des Erwerbers nach dem BTVG als Grundtatbestand konzipiert und der Entfall desselben als Ausnahmetatbestand vom Bauträger zu beweisen sei, ist ein Vergleich mit dem verwandten gesetzlichen Rücktrittsrecht des Verbrauchers nach dem KSchG angebracht.
Derjenige, der den Schutz des KSchG für sich in Anspruch nehmen will,
muss behaupten und beweisen, dass die Voraussetzungen für diesen
Schutz gegeben sind (RS0065220), also insbesondere, dass er das
Rechtsgeschäft in seiner Eigenschaft als Verbraucher abgeschlossen
hat (6 Ob 35/00s). In die Behauptungs- und Beweislast des
Verbrauchers fallen auch die Grundtatbestände des Rücktrittsrechts
nach § 3 Abs 1 KSchG über den Ort der Vertragserklärung und die
Anbahnung des Rechtsgeschäfts, nicht aber die in § 3 Abs 3 KSchG angeführten Gründe für den ausnahmsweise gegebenen Ausschluss des Rücktrittsrechts. Diese Gründe hat der Unternehmer zu behaupten und zu beweisen (SZ 65/37; 3 Ob 94/00w mwN; 2 Ob 11/02k). Anders als § 3 KSchG normiert § 5 BTVG in seinem Abs 1 nur einen Grundtatbestand für das Rücktrittsrecht und sieht keine Ausnahme für den Ausschluss des Rücktrittsrechtes vor. Die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes, dass der Bauträger den Entfall des Rücktrittsrechts als Ausnahme vom Grundtatbestand zu behaupten und zu beweisen habe, läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass der Erwerber nur die Form der Rücktrittserklärung und die Fristeinhaltung, nicht aber die Rücktrittsvoraussetzungen zu beweisen hätte, der Unternehmer aber mit dem Negativbeweis belastet wäre, dass die Rücktrittsvoraussetzungen des (allein normierten) Grundtatbestandes nicht vorliegen. Dieses Ergebnis steht mit der zitierten, von der Lehre gebilligten Judikatur zur Behauptungs- und Beweislast beim Rücktrittsrecht nach § 3 KSchG in Widerspruch. Für eine unterschiedliche Behandlung ist beim Rücktrittsrecht nach dem BTVG eine sachliche Begründung schwerlich zu finden. Dass sich die Klägerin vorsorglich auf das Nichtvorliegen der Rücktrittsvoraussetzungen des § 5 Abs 1 BTVG berufen hatte, kann jedenfalls nicht zu einer Verschiebung der Behauptungs- und Beweislast führen. Dass in der allgemeinen Bestreitung dieses Vorbringens durch die Beklagte nicht schon ein eigenes (ergänzungsbedürftiges) Vorbringen zu erblicken ist, wurde schon ausgeführt.
5. Das Rücktrittsrecht nach § 5 BTVG war kein von der Beklagten eingewandter Prozessstoff: Wohl hat das Berufungsgericht bei gesetzmäßig ausgeführter Rechtsrüge die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes allseitig zu prüfen. Es ist jedoch bei Vorliegen mehrerer selbständig zu beurteilender Rechtsfragen an eine Beschränkung der Berufungsgründe gebunden (2 Ob 517/87; 8 Ob 33/99g mwN uva). Der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts läuft darauf hinaus, dass der Beklagten im zweiten Rechtsgang Gelegenheit gegeben wird, ein noch nicht erstattetes Prozessvorbringen (anspruchsvernichtende Einwendungen) nachzuholen und einen bisher nicht geltend gemachten Rücktrittsgrund vorzutragen. Dies ist genauso unzulässig wie eine Aufhebung zur Anleitung des Klägers zu einer Klageänderung (RIS-Justiz RS0108818; 1 Ob 195/00h mwN).
II. Zur Mäßigung der Konventionalstrafe (§ 1336 Abs 2 ABGB):
Eine Vertragsstrafe ist nicht von Amts wegen zu mäßigen (RIS-Justiz RS0032136). Zwar wird schon in der Bestreitung der Verpflichtung zur Zahlung einer Konventionalstrafe das Begehren auf richterliche Mäßigung erblickt (RS0032161). Den Beklagten trifft aber die Behauptungs- und Beweislast dahin, dass die begehrte Konventionalstrafe unbillig hoch sei. Ein entsprechendes Tatsachenvorbringen ist notwendig. Das nur in der Bestreitung der Klageforderung enthaltene, unsubstantiierte Mäßigungsbegehren hätte daher über Anleitung des Erstgerichts konkretisiert werden müssen. Diese Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte in ihrer Berufung aber nicht geltend gemacht. Der Sachverhalt ist identisch mit demjenigen, wie er in der schon zitierten Entscheidung 1 Ob 195/00h zu beurteilen war. Wenn der für das Vorliegen von Mäßigungskriterien behauptungs- und beweispflichtige Beklagte im Verfahren erster Instanz kein Tatsachenvorbringen erstattet und die Unterlassung der Erörterung und Anleitung durch das Erstgericht in seiner Berufung nicht rügt, darf das Berufungsgericht diesen Mangel nicht wahrnehmen. Auch hier gilt, dass es dem Berufungsgericht verwehrt ist, das erstinstanzliche Urteil deshalb aufzuheben, um der Partei das Nachholen des versäumten Vorbringens oder das Angebot neuer Beweise zu ermöglichen (1 Ob 195/00h).
Die Sache ist aus den dargelegten Gründen im Sinne einer Wiederherstellung des klagestattgebenden Urteils erster Instanz spruchreif. Über den berechtigten Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichtes kann der Oberste Gerichtshof eine Sachentscheidung fällen (§ 519 Abs 2 letzter Satz ZPO). Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.
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