OGH 6Ob66/12t

OGH6Ob66/12t19.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Feldkirch zu FN ***** eingetragenen W***** GmbH mit dem Sitz in B*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Gesellschaft und ihres Geschäftsführers Dr. W***** L***** W*****, beide *****, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 5. März 2012, GZ 3 R 10/12p-110, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 15 Abs 1 FBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zu den offenkundig rechtsmissbräuchlich gestellten Ablehnungsanträgen gegen Mitglieder des firmenbuchrechtlichen Fachsenats des Obersten Gerichtshofs, über welche daher nicht entschieden werden muss, kann auf die jüngst ergangenen Entscheidungen 6 Ob 253/11s, 6 Ob 260/11w und 6 Ob 31/12w verwiesen werden.

Es ist Sache der Geschäftsführer, durch zweckentsprechende Organisationsmaßnahmen in ihrem Geschäftsbereich für eine rechtzeitige Erfüllung ihrer handelsrechtlichen Offenlegungspflichten zu sorgen (RIS-Justiz RS0127065). Für die Verhängung von Zwangsstrafen reicht leichte Fahrlässigkeit aus. Die Frage, ob der Geschäftsführer seiner diesbezüglichen Verpflichtung nachgekommen ist, insbesondere eingeschaltete Hilfspersonen ausreichend kontrolliert hat, lässt sich regelmäßig nur an Hand der konkreten Umstände des Einzelfalls beantworten (RIS-Justiz RS0123571 [T5]). Dass sich die Steuererklärung wegen fehlender Formulare verzögert, steht einer fristgerechten Offenlegung des Jahresabschlusses nach § 283 Abs 1 UGB nicht entgegen.

Im Zwangsstrafenverfahren nach § 283 UGB besteht kein Verschlechterungsverbot, weil das Verfahren von Amts wegen eingeleitet wird (§ 55 Abs 2 AußStrG; 6 Ob 17/12m). Zwangsstrafen nach § 283 UGB sind - worauf der Oberste Gerichtshof wiederholt hingewiesen hat - keine Strafen iSd Art 6 EMRK (RIS-Justiz RS0115894).

Die Ausgestaltung des Zwangsstrafenverfahrens durch das Budgetbegleitgesetz 2011 ist nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs verfassungsrechtlich unbedenklich (6 Ob 129/11f; 6 Ob 17/12m). Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits wiederholt ausgesprochen, dass gegen die Verfassungsgemäßheit der Umsetzung der Publizitätsrichtlinie EWG RL 68/151/EWG , der Bilanzrichtlinie EWG RL 78/660/EWG und der Änderungsrichtlinie zur Publizitätsrichtlinie EG-RL 2003/58/EG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen und § 283 UGB nicht gegen Unionsrecht verstößt (vgl RIS-Justiz RS0113089, RS0113285, RS0126979).

Zu dem vom Rechtsmittelwerber zitierten Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Innsbruck hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass er dessen Bedenken nicht teilt und darin keinen Anlass für eine Unterbrechung von Verfahren sieht (6 Ob 128/11h). Die Offenlegungsverpflichtung bildet auch nach Inkrafttreten der Grundrechte Charta keinen Verstoß gegen Unions-(Grund-)recht(e) (RIS-Justiz RS0113089 [T20]).

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