OGH 6Ob2035/96z

OGH6Ob2035/96z5.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 1.Jänner 1989 verstorbenen Anna W*****, wegen Nachlaßseparation gemäß § 812 ABGB und Sicherung von Legaten minderjähriger Vermächtnisnehmer, infolge Revisionsrekurses des erbserklärten Erben Werner W*****, vertreten durch Dr.Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 29.Dezember 1995, GZ 16 R 186, 187, 253, 254 und 257/95-210, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Baden vom 17. Mai 1995, GZ 3 A 1132/92g-196, und vom 22.Juni 1995, GZ 3 A 1132/92g-201, bestätigt wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Erblasserin ist am Neujahrstag 1989 im 84.Lebensjahr als Witwe gestorben. Sie hinterließ einen Adoptivsohn und zahlreiche Seitenverwandte. Die Erblasserin hatte mehrere letztwillige Verfügungen errichtet, mit denen sie den Großteil im wesentlichen aus Liegenschaften, Wertpapieren und Schmuck bestehenden Vermögens zum Gegenstand von Vermächtnisanordnungen gemacht hatte. In einem als Nachtrag zum Testament bezeichneten letztwilligen Aufsatz vom 5.Mai 1981 bestimmte sie, daß ihr Schmuck an elf namentlich genannte, als ihre "Großnichten" bezeichnete weibliche Seitenverwandten "möglichst nach Familienherkunft" aufzuteilen sei. Zu den solcherart Bedachten zählen unter anderem zwei minderjährige Enkelkinder eines Vetters der Erblasserin mütterlicherseits. Die Schmuckstücke wurden zunächst vom Gerichtskommissär verwahrt. Der Adoptivsohn erklärte sich aufgrund des Gesetzes unter der Rechtswohltat des Inventars zum gesamten Nachlaß als Erbe. Das Abhandlungsgericht wies diese Erbserklärung nicht zurück und überließ dem Erben zunächst die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses. Er beantragte die Ausfolgung der verwahrten Wertpapiere, Schmuckstücke und sonstigen Pretiosen. Die stattgebende Entscheidung des Erstgerichtes wurde zur Verfahrensergänzung aufgehoben. Wegen der nach § 160 AußStrG erforderlichen Sicherung der Legate der minderjährigen Vermächtnisnehmerinnen sei zu prüfen, welche konkreten Schmuckstücke von der letztwilligen Anordnung betroffen seien (6 Ob 525/91 = ON 84). Am 9.6.1994 hatten 13 (erwachsene) Legatare die Nachlaßseparation gemäß § 812 ABGB beantragt (ON 168). Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Über Rekurs der Legatare verfügte das Rekursgericht die beantragte Nachlaßseparation (ON 187). Der Revisionsrekurs des Erben wurde zurückgewiesen (6 Ob 1520/95 = ON 192). In der Tagsatzung am 9.6.1994 vor dem Gerichtskommissär einigten sich der Erbe und der Vater (als Vertreter) der beiden minderjährigen Legatarinnen hinsichtlich der vermachten Schmuckstücke dahin, daß den Minderjährigen Schmuck im Schätzwert von 11.500 S ausgefolgt werde. Der Vater übernahm die Schmuckstücke. In der Tagsatzung stellte der Erbe Schlußanträge, gerichtet ua auf die Einantwortung und die Ausfolgung der Schmuckstücke an den Erben (ON 167). Der Vater der minderjährigen Legatarinnen ging in der Folge von der erzielten Einigung ab, erhob mehrfach Widerspruch gegen die Protokollierung in der Tagsatzung, relevierte eine fehlerhafte Rechtsbelehrung des Notars und strebte für seine Töchter die Ausfolgung von Schmuckstücken im Ausmaß von je einem Neuntel des Gesamtwertes der Schmuckstücke an (ON 173; zu ON 174; zu ON 175).

Am 24.5.1995 beantragte der Erbe (unter Hinweis auf die Zurückweisung seines Revisionsrekurses gegen die verfügte Nachlaßseparation), ihm den Nachlaß unverzüglich einzuantworten und ihm "die Höhe der Sicherheit zu nennen, die dieser zur Abwehr der Nachlaßseparation zu stellen hat" (ON 187).

Mit Beschluß vom 17.5.1995 bestellte das Erstgericht einen Separationskurator und ordnete die grundbücherliche Anmerkung der Nachlaßseparation ob den betroffenen Liegenschaften und Liegenschaftsanteilen der Erblasserin an (ON 196). Mit Beschluß vom 22.6.1995 (ON 201) wies das Erstgericht 1. den Antrag des Erben auf Einantwortung ab; 2. genehmigte den Legatserfüllungsausweis des Erben nicht und trug ihm auf, den Legatserfüllungsausweis hinsichtlich der beiden minderjährigen Legatarinnen binnen zwei Monaten nach Rechtskraft des Beschlusses zu erbringen; 3. nahm den Legatsverzicht einer (der zahlreichen) erwachsenen Legatare zur Kenntnis; 4. wies die Anträge des Erben auf Genehmigung eines außergerichtlichen Vergleichs sowie der Zurückziehung von Einwendungen (beides in einem eine Wohnung der Erblasserin betreffenden Rechtsstreit) zurück; 5. nahm die Forderungsanmeldung mehrerer Verlassenshaftsgläubiger zur Kenntnis; 6. wies die Anträge der Legatare und des Erben, gerichtet jeweils auf Ausfolgung der Schmuckstücke, ab und wies schließlich 7. den Antrag des Erben auf Bekanntgabe der Höhe der Sicherheit zur Abwehr der Nachlaßseparation zurück. Das Erstgericht begründete seine Entscheidungen (ON 196 und 201) in den im Revisionsrekursverfahren noch strittigen Punkten rechtlich im wesentlichen dahin, daß aufgrund der bewilligten Nachlaßseparation ein Kurator zu bestellen gewesen sei und daß nach ständiger Rechtsprechung die Verlassenschaftsseparation und die Kuratorbestellung grundbücherlich angemerkt werden könnten. Gemäß § 160 AußStrG sei das Legat gerichtlich zu erlegen oder sonst gehörig zu versichern, wenn ein Legatar minderjährig sei. Für die Sicherstellung sei von Amts wegen zu sorgen. Davor sei eine Einantwortung nicht möglich. Der Erbe habe selbst die Sicherstellung zu veranlassen. Der Erbe und der Vertreter der beiden minderjährigen Legatarinnen hätten sich zwar in der Tagsatzung vom 9.6.1994 über die Ausfolgung von Schmuckstücken im Gesamtwert von 11.500 S geeinigt. Diesbezüglich habe der Erbe in der Tagsatzung einen Legatserfüllungsausweis erstellt. Der Vater der Legatarinnen habe in der Folge jedoch eine mangelnde Rechtsbelehrung des Gerichtskommissärs sowie den Umstand geltend gemacht, daß er den gesamten Schmuck nicht habe besichtigen und daher keine ordnungsgemäße Auswahl habe treffen können. Den Töchtern stünde wertmäßig je ein Neuntel des gesamten Schmucks zu. Danach habe jede seiner Töchter Anspruch auf Schmuck im Wert von 11.401,11 S. Der Legatserfüllungsausweis sei daher nicht vollständig erbracht worden. Es sei daher der Antrag des erbserklärten Erben, ihm den Nachlaß unverzüglich einzuantworten, abzuweisen gewesen. Die bewilligte Nachlaßseparation umfasse den ganzen Nachlaß. Die Absonderung habe zur Folge, daß die Besorgung und Verwaltung durch den erbserklärten Erben erloschen sei. Aufgabe des Separationskurators sei es, den Nachlaß als Befriedigungsfonds für die Separatisten zu erhalten. Die Separation dauere auch nach der Einantwortung fort, bis ihr Zweck, also die Befriedigung der Absonderungsgläubiger, erreicht werde. Im Hinblick auf die bewilligte Absonderung seien die Ausfolgeanträge des Erben und der Legatare abzuweisen gewesen. Die Nachlaßseparation könne durch Sicherheitsleistung abgewendet werden. Welche Sicherheit für eine Aufhebung der Separation ausreiche, habe das Verlassenschaftsgericht nicht von Amts wegen zu bestimmen. Es sei Sache des Erben, von sich aus eine Sicherstellung anzubieten. Das Abhandlungsgericht habe dann zu beurteilen, ob die Gefährdung der Absonderungsgläubiger durch die Leistung der angebotenen Sicherheit behoben werde. Der erbserklärte Erbe habe keine Sicherstellung angeboten und nur unzulässigerweise beantragt, ihm die Höhe der Sicherheit zu nennen.

Das Rekursgericht gab den Rekursen des Erben nicht Folge und führte in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen folgendes aus:

Der Erbe vermenge in unzulässiger Weise die Fragen nach der Sicherung des Pflichtteilsanspruchs (§§ 783, 692 ABGB) und der Sicherheitsleistung zur Aufhebung einer Nachlaßseparation. Mit dieser solle der Gefährdung der Nachlaßgläubiger begegnet werden, die sich aus der tatsächlichen Verfügungsgewalt des Erben ergebe. Die Absonderung könne durch eine Sicherheitsleistung abgewendet werden. Es sei Sache des durch die Separation belasteten Erben, die Nachlaßabsonderung durch eine Sicherheitsleistung zu vermeiden. Es sei aber auch seine Sache, die Nachlaßreduktion wegen ungedeckter Pflichtteilsansprüche zu bewerkstelligen. Der Erbe müsse eine Sicherheitsleistung zur Abwendung der Separation anbieten. Es sei nicht Aufgabe des Verlassenschaftsgerichtes, von Amts wegen einen angemessenen Sicherheitsbetrag zu bestimmen. Es habe nur zu beurteilen, ob die angebotene Sicherheitsleistung ausreiche. Der Rekurs gegen den Beschluß ON 196 sei unbegründet.

Die bewilligte Nachlaßseparation mache den Legatserfüllungsausweis nach § 160 AußStrG in Ansehung der minderjährigen Legatarinnen nicht entbehrlich. Derartiges sei auch dem Beschluß des Obersten Gerichtshofes zu 6 Ob 1520/95 nicht zu entnehmen. Die Nachlaßseparation dauere solange fort, bis ihr Zweck erfüllt sei. Der Legatserfüllungsausweis sei auch dann zu erbringen, wenn die Voraussetzungen für eine Nachlaßseparation nicht vorlägen. Wenn es zu einer Aufhebung der Nachlaßseparation wegen Wegfalls der Voraussetzungen käme, hätte dies nach dem nicht zu teilenden Standpunkt des Erben die Folge, daß eine Einantwortung ohne den zwingend vorgeschriebenen Legatserfüllungsausweis erfolgt wäre. Sowohl Legatsansprüche als auch Pflichtteilsansprüche seien gegen den Nachlaß und nach der Einantwortung gegen den Erben zu richten. Es sei Sache des erbserklärten Erben, für einen Ausgleich zwischen den Forderungsberechtigten zu sorgen, soweit deren Ansprüche im Nachlaß nicht Deckung fänden. Die Forderungen von Pflichtteilsberechtigten gingen jenen der Legatare vor. Die Notwendigkeit einer Legatsreduktion führe aber nicht zum Entfall der Erbringung eines Legatserfüllungsausweises. Nach herrschender Auffassung regle § 783 ABGB die materielle Beitragspflicht der Legatare, damit der Pflichtteil vollständig entrichtet werden könne. Die Vermächtnisse seien zu kürzen. Dies hätten die Erben vorzunehmen. Sie müßten den Legataren entsprechend weniger auszahlen und könnten zuviel Geleistetes zurückfordern. Über die Zulässigkeit und das Ausmaß der Vermächtniskürzung könne endgültig nur im Rechtsweg entschieden werden. Wenn es wegen eines Pflichtteilsanspruchs zu einer Legatsreduktion zu kommen habe, müsse der Erbe die vermachten Sachen dem Vermächtnisnehmer übergeben, dies allerdings nur Zug um Zug gegen einen entsprechenden Wertausgleich in Geld. Wegen seines Pflichtteilsanspruches sehe das Gesetz ein Leistungsverweigerungsrecht des pflichtteilsberechtigten Erben vor. Die Unzulänglichkeit des Nachlasses sei vom Erben zu beweisen. Er müsse dartun, in welchem Umfang eine Legatsreduktion notwendig sei. Der Erbe habe also bei Geltendmachung der Legatsreduktion in Erbringung des Legatserfüllungsausweises den Pflichtteils selbst zu berechnen, um darzutun, in welchem Umfang eine Legatsreduktion einzutreten habe. Der Erbe müsse einen Legatserfüllungsausweis hinsichtlich der beiden minderjährigen Legatarinnen erbringen. Eine Einantwortung vor Erbringung des Legatserfüllungsausweises wäre nichtig. Der Widerspruch der Legatarinnen gegen das Protokoll des Gerichtskommissärs vom 9.6.1994 sei noch nicht erledigt. Im Widerspruch sei auch behauptet worden, daß der Erbe auf eine Legatsreduktion gegenüber den minderjährigen Legatarinnen verzichtet hätte. Auch aus diesem Grund müsse davon ausgegangen werden, daß der Legatserfüllungsausweis bisher noch nicht erbracht sei.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils 50.000 S übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs in Ansehung der Punkte 1. und 2. des Beschlusses ON 201 zulässig, im übrigen aber nicht zulässig sei.

Mit seinem Revisionsrekurs beantragt der Erbe die Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses ON 201 in seinen Punkten 1., 2. und 7. dahin, daß dem Antrag auf Einantwortung stattgegeben, die Nichtgenehmigung des Legatserfüllungsausweises ersatzlos behoben und seinem Rekurs (gegen P.7.) "im Sinne der Anordnung einer Sicherheitsleistung zur Abwehr der bereits rechtskräftig bewilligten Nachlaßabsonderung und der ersatzlosen Behebung des erstrichterlichen Beschlusses ON 196 Folge gegeben werde".

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig. Die relevierte Rechtsfrage, ob eine angeordnete Nachlaßseparation gemäß § 812 ABGB eine Sicherstellung von Legaten Minderjähriger im Sinne des § 160 AußStrG überflüssig mache, ist hier nicht entscheidungswesentlich. In den übrigen angefochtenen Punkten ist das Rekursgericht von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung nicht abgewichen.

Der Rekurswerber steht offensichtlich auf dem Standpunkt, daß ein Legatserfüllungsausweis im Sinne der §§ 149 Abs 1, 157 bis 162 AußStrG wegen der verfügten Nachlaßseparation nach § 812 ABGB entbehrlich oder aus diesem Grund für erbracht anzusehen sei. Das Absonderungsrecht sei der verbliebene Rest amtswegiger Fürsorge für die Nachlaßgläubiger und damit auch für die Legatare. Es solle nicht nur der Gefahr der Vermengung des Vermögens des Erben mit dem Verlassenschaftsvermögen, sondern jeder Gefährdung der Gläubiger begegnet werden, die sich aus der tatsächlichen Verfügungsgewalt des Erben ergebe. Die Nachlaßseparation sei daher aufzuheben, wenn der Sicherungszweck erfüllt sei. Wenn dies der Fall sei, wäre eine Sicherstellung der Legatsansprüche der Minderjährigen nicht mehr notwendig. Das Absonderungsrecht der Nachlaßgläubiger und das Sicherstellungsrecht der minderjährigen Legatare verfolgten denselben Zweck. Es bedürfe daher keiner weiteren Sicherstellung der minderjährigen Legatarinnen. Die Einantwortung könne bereits erfolgen. Dazu ist folgendes auszuführen:

Richtig ist die Auffassung, daß der Zweck einer Nachlaßabsonderung darin liegt, daß die Absonderungsgläubiger - zu denen auch Vermächtnisnehmer gehören - gegen die Gefahr der mit der Einantwortung eintretenden Verschmelzung des Nachlasses mit dem Vermögen des Erben geschützt werden. Die Gläubiger sollen nicht den Nachlaß als Haftungsfonds mit Gläubigern des Erben teilen müssen. Das Absonderungsrecht ist der verbliebene Rest amtswegiger Fürsorge für die Nachlaßgläubiger. Es hat nicht nur den Zweck, das Verlassenschaftsvermögen dem Zugriff der Gläubiger des Erben zu entziehen, sondern es schlechthin gegen alle Gefahren zu sichern, die sich aus der tatsächlichen Verfügungsgewalt des Erben ergeben (SZ 56/28). Eine Verfügung nach § 812 ABGB erstreckt sich immer auf den gesamten Nachlaß (SZ 51/138; NZ 1985, 173), hier also auch auf die vermachten Schmuckstücke. Die Einantwortung hebt die Nachlaßabsonderung noch nicht auf. Die Separationsmasse soll zugunsten der Separationsgläubiger bis zur Erfüllung des Separationszwecks gesichert bleiben (SZ 38/205; NZ 1985, 173; Welser in Rummel, ABGB2 I Rz 28 zu § 812).

Nach § 160 AußStrG ist im Falle der Minderjährigkeit des Legatars das Legat gerichtlich zu erlegen oder sonst gehörig zu versichern. Auf die Einhaltung dieser Bestimmung ist von Amts wegen zu achten (SZ 47/87). Die Sicherstellung von Legaten obliegt dem Erben. Er muß vor der Einantwortung ausweisen, daß er alle übrigen von dem Gesetz oder dem Erblasser ihm auferlegten Verbindlichkeiten soweit erfüllt habe, als in den §§ 157 bis 162 AußStrG gefordert wird. Hierunter fällt gemäß § 160 AußStrG auch die Pflicht zur Sicherheitsleistung für Vermächtnisse Minderjähriger (EFSlg 58.573). Der erkennende Senat hat im vorliegenden Fall schon ausgeführt, daß die beiden minderjährigen Vermächtnisnehmerinnen hinsichtlich des vermachten Schmucks durch Maßnahmen nach § 160 AußStrG zu sichern sind, damit die Erfüllung der Vermächtnisansprüche gewährleistet ist (6 Ob 525/91 = ON 84). Die Sicherstellung bedeutet keine endgültige rechtskräftige Feststellung des Vermächtnisanspruchs, sie setzt eine Gefährdung des Vermächtnisses nicht voraus. Mit der Einantwortung hat das Abhandlungsgericht nur dann nicht zuzuwarten, wenn die letztwillige Anordnung ganz augenscheinlich ungültig ist (RZ 1994/74). Eine solche Ungültigkeit der zugunsten der Minderjährigen verfügten Legate liegt hier nicht vor und wurde vom Erben auch nicht behauptet. Ob nun - wie der Rekurswerber meint - der dargelegte Sicherungszweck der Nachlaßseparation nach § 812 ABGB mit dem Sicherungszweck nach § 160 AußStrG übereinstimmt und daher bei Anordnung einer Nachlaßseparation die Sicherung (und der Nachweis derselben) nach der zuletzt genannten Gesetzesstelle unterbleiben kann, ist hier nicht abschließend zu beurteilen. Die verfügte Nachlaßseparation wurde nämlich nur zugunsten der antragstellenden (erwachsenen) Legatare, wie sie im Kopf der Rekursentscheidung ON 187 aufscheinen, nicht aber zugunsten der minderjährigen Legatarinnen bewilligt. Der Oberste Gerichtshof hat schon ausgesprochen, daß durch die Bewilligung der Absonderung zugunsten eines Erbschaftsgläubigers zwar möglicherweise die Interessensphäre der übrigen Gläubiger berührt, nicht aber in deren Rechtssphäre eingegriffen werde (SZ 56/28). An dieser Rechtsansicht ist festzuhalten. Dies bedeutet aber, daß eine Aufhebung der Separation nach erfolgter Befriedigung der Separationsgläubiger oder etwa im Falle einer Einigung der Gläubiger mit dem Erben erfolgen könnte und die minderjährigen Legatarinnen dann nicht mehr gesichert wären. Schon aus diesem Grund haben die Vorinstanzen zu Recht eine Sicherung nach § 160 AußStrG für erforderlich und den Legatserfüllungsausweis für nicht erbracht gehalten (daß den Legatarinnen bei Nichtberücksichtigung eines allfälligen Legatsreduktionsanspruchs wegen Verkürzung des Pflichtteils in jedem Fall nicht mehr zustünde als die bereits ausgefolgten Schmuckstücke, wird vom Revisionsrekurswerber nicht releviert). Auf eine allfällige Konkurrenz der beiden gesetzlichen Sicherungsbestimmungen kommt es hier daher nicht an.

Gegen die Notwendigkeit der Erbringung eines Legatserfüllungsausweises führt der Erbe noch seinen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 783 ABGB ins Treffen. Zulässigkeit und Ausmaß der Vermächtniskürzung könnten nur im Rechtsweg entschieden werden, weshalb im Verlassenschaftsverfahren "keine Legatserfüllung erfolgen" könne und daher eine Einantwortung ohne Rücksicht auf die Bestimmung des § 160 AußStrG zu erfolgen habe. Diese der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes widersprechende Rechtsansicht kann nicht geteilt werden. Nach § 783 ABGB haben sowohl die Erben als auch die Vermächtnisnehmer zur vollständigen Entrichtung des Pflichtteils beizutragen, wenn dem Noterben der ihm gebührende Pflichtteil nicht oder nicht vollständig ausgemessen wurde. § 783 ABGB regelt die materielle Beitragspflicht des Legatars. Wenn der Erbe zugleich pflichtteilsberechtig ist, so ist sein Erbteil, wenn er den Wert des Pflichtteils nicht erreicht, aus dem Wert der Vermächtnisse und der übrigen Erbteile auf den Betrag des Pflichtteils zu ergänzen. Ist die Kürzung der Vermächtnisse erforderlich, so sind die Erben zur Vornahme der Legatsreduktion berufen. Der Pflichtteilsberechtigte kann in der Regel nicht unmittelbar gegen die Vermächtnisnehmer vorgehen, wenn aber der verkürzte Noterbe - wie hier - zugleich auch Erbe ist, kann er den Vermächtnisnehmer unmittelbar in Anspruch nehmen. Immer ist aber über die Zulässigkeit und das Ausmaß der Legatsreduktion im Rechtsweg abzusprechen (SZ 65/7). Gerade weil die Berechtigung und der Umfang des Legatsreduktionsanspruchs nicht feststeht, sind die Legate zu sichern. Dies ergibt sich schon aus dem klaren Wortlaut des § 160 Abs 1 AußStrG. In der schon zitierten, in RZ 1994/74 veröffentlichten Entscheidung (die allerdings ein privilegiertes Legat nach § 159 Abs 1 AußStrG zum Gegenstand hatte) wurde ausgeführt, daß die Sicherstellung eines Vermächtnisses solange geboten sei, als nicht dessen Unwirksamkeit feststehe. Damit werde den Erben keineswegs die Möglichkeit genommen, die Ungültigkeit bzw die Unwirksamkeit eines Legats im Rechtsweg feststellen zu lassen. Die Sicherstellung des Vermächtnisses bedeute keine endgültige und rechtskräftige Feststellung dieses Anspruchs. Die Sicherstellung sei von Amts wegen vorzukehren, vorher dürfe die Einantwortung nicht erfolgen, sie wäre nichtig. Diese Grundsätze müssen wegen gleicher Rechtslage (wie sich klar aus den im Zusammenhang zu lesenden Bestimmungen der §§ 149 Abs 1 und 160 AußStrG ergibt) auch für Legate zugunsten Minderjähriger gelten (SZ 47/87; EFSlg 58.573). Auf die bloße Behauptung des Erben, es bestehe wegen seines Pflichtteilsanspruchs und des Rechts auf Legatskürzung überhaupt kein Vermächtnisanspruch, kann es nicht ankommen. Vor dieser im Rechtsweg zu klärenden Frage sind die Legate jeweils im "weitesten Umfang des in Anspruch genommenen Legates" zu sichern (RZ 1994/74).

Auch die weiters bekämpfte Zurückweisung des Antrages des Erben auf Bekanntgabe der Höhe der Sicherheitsleistung, damit die Nachlaßseparation aufgehoben werden könne, erfolgte im Einklang mit der oberstgerichtlichen Judikatur. Es ist Sache des Erben, von sich aus eine Sicherstellung anzubieten. Erst dann hat das Abhandlungsgericht zu beurteilen, ob die Gefährdung des Absonderungsgläubigers durch die Leistung der angebotenen Sicherheit behoben werden kann (NZ 1985, 173; SZ 56/123). Der Rekurswerber hätte also einen Sicherheitsbetrag anbieten müssen und die Umstände darzutun gehabt, nach denen die Angemessenheit des Anbots verläßlich beurteilt hätte werden können. Sein Hinweis darauf, daß die Legatsforderungen noch gar nicht konkret erhoben worden seien, ist hinsichtlich der hier allein interessierenden Separationsgläubiger schwer verständlich, liegt doch schon im Separationsantrag die Erklärung, die in der letztwilligen Anordnung vermachten Legate annehmen zu wollen.

Mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs des Erben zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte