OGH 5Ob149/74

OGH5Ob149/7410.7.1974

SZ 47/87

Normen

ABGB §650
AußStrG §9
AußStrG §157
AußStrG §161 Abs1
ABGB §650
AußStrG §9
AußStrG §157
AußStrG §161 Abs1

 

Spruch:

Die Anordnungen der §§ 157 ff. AußStrG gelten auch für Untervermächtnisse im Sinne des § 650 ABGB

Untervermächtnisse belasten den Erben nur dann unmittelbar, wenn der Hauptlegatar das Vermächtnis nicht angenommen hat; in diesem Fall muß der Erbe das Untervermächtnis erfüllen oder das ihm zugefallene Legat dem darauf gewiesenen Untervermächtnisnehmer überlassen

Ein Legatar ist nur dann Beteiligter am Verlassenschaftsverfahren und damit auch zum Rekurs berechtigt, wenn durch eine Verfügung des Abhandlungsgerichtes unmittelbar in seine Vermögensrechte eingegriffen wurde

OGH 10. Juli 1974, 5 Ob 149/74 (KG Wels R 75/74; BG Vöcklabruck A 760/73)

Text

Das Erstgericht erließ am 31. Dezember 1973 sowohl den Mantelbeschluß ON 5 als auch die Einantwortungsurkunde ON 6. Im Mantelbeschluß wurde eine Erklärung der erblasserischen Tochter Maria K bezüglich der Pflichtteilsforderungen der beiden erblasserischen Söhne Johann und Josef R zur Kenntnis genommen (Punkt 1),festgestellt, daß das Testament vom 2. Juli 1971 kundgemacht wurde (Punkt 2), die von der erblasserischen Tochter Maria K auf Grund des Testamentes zum ganzen Nachlaß abgegebene unbedingte Erbserklärung angenommen und der Erbrechtsausweis als erbracht angesehen (Punkt 3), das reine Nachlaßvermögen auf Grund des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses im Werte von 400.000 S der Verlassenschaftsabhandlung zugrunde gelegt (Punkt 4), der Erbin die Verfügung über ein Spareinlagebuch eingeräumt (Punkt 5), ausgesprochen, daß die Akten einschließlich der Einantwortungsurkunde dem zuständigen Finanzamt vorgelegt werden (Punkt 6), der Testamentsausweis als erbracht angesehen (Punkt 7), ausgesprochen, daß der Nachlaß der erbserklärten Erbin Maria K zur Gänze eingeantwortet und unter einem die Einantwortungsurkunde erlassen werde (Punkt 8), und schließlich die Gebühr des Gerichtskommissärs bestimmt (Punkt 9). In der Einantwortungsurkunde ON 6 wird der Nachlaß der genannten Erbin eingeantwortet und ausgesprochen, daß nach dem Ergebnis der Verlassenschaftsabhandlung u. a. die Einverleibung des alleinigen Eigentumsrechts für diese Erbin ob der Liegenschaft EZ X vorzunehmen ist.

Mit Beschluß vom 7. Jänner 1974, ON 8, wurden im Rahmen einer Nachtragsabhandlung Verfügungen über eine nachträglich gegen die Pensionsversicherungsanstalt der Bauern hervorgekommene Nachlaßforderung von 398.70 S getroffen. Mit Beschluß vom 16. Jänner 1974, ON 14, wurde die abhandlungsbehördliche Einwilligung zur Löschung des ob der Liegenschaft EZ Y zugunsten der Erblasserin einverleibten Naturalauszuges erteilt.

Die von ihrem Vater, dem erblasserischen Sohn Johann R, vertretenen mj. Gabriele, Christian, Sieglinde, Ulrike, Renate, Wolfgang und Norbert R erhoben gegen den Mantelbeschluß ON 5 im wesentlichen mit der Begründung Rekurs, die u. a auch zu ihren Gunsten im Testament vom 2. Juli 1971 angeordneten Untervermächtnisse seien im Abhandlungsverfahren überhaupt nicht berücksichtigt worden; das Verlassenschaftsverfahren sei daher ergänzungsbedürftig; die Einantwortung hätte vor der Erfüllung bzw. Sicherstellung ihrer Untervermächtnisansprüche noch nicht vorgenommen werden dürfen.

Das Rekursgericht hob den angefochtenen Beschluß ON 5, und aus Anlaß des Rekurses weiters die Beschlüsse ON 6 (Einantwortungsurkunde), ON 8 und 14 auf und trug dem Erstgericht auf, das Verlassenschaftsverfahren zu ergänzen und sodann neuerlich zu entscheiden. Es ging bei seiner Entscheidung davon aus, daß die "letztwilligen Verfügungen" der Erblasserin vom 2. Juli 1971 im Punkt 3 ein Untervermächtnis u. a. auch zugunsten der sieben minderjährigen Rekurswerber enthalten. Es teilte demgemäß die Ansicht der Rekurswerber, daß diese Untervermächtnisse gemäß § 160 AußStrG hätten berücksichtigt werden müssen und, weil dies unterblieben sei, die Verlassenschaftsabhandlung mangelhaft geblieben sei. Es seien daher nicht bloß der Endbeschluß, sondern auch die weiteren zur Beendigung der Verlassenschaftsabhandlung ergangenen Beschlüsse gänzlich aufzuheben gewesen; zu diesen abschließenden Entscheidungen gehörten nicht bloß die Einantwortungsurkunde, sondern auch die Beschlüsse ON 8 und ON 14. Infolge Rekurses der Erbin Maria K wies der Oberste Gerichtshof in teilweiser Abänderung der Entscheidung des Rekursgerichtes den Rekurs der minderjährigen Enkel der Erblasserin insoweit zurück, als er sich gegen Punkt 1 bis 5 und 9 des erstgerichtlichen Beschlusses ON 5 gerichtet hatte; im übrigen wurde der Beschluß des Rekursgerichtes bezüglich der Aufhebung der Beschlüsse ON 8 und 14 aufgehoben und hinsichtlich der Aufhebung der Punkt 6 bis 8 des Beschlusses ON 5 sowie der gänzlichen Aufhebung der Einantwortungsurkunde ON 6 bestätigt.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Im Rekurs wird im wesentlichen bloß geltend gemacht, daß die sieben Kinder des Johann R zum Rekurs gegen die erstgerichtlichen Beschlüsse im Abhandlungsverfahren nicht berechtigt gewesen seien. Im Punkt 3 des der Abhandlung zugrunde liegenden Testaments sei dem erblasserischen Sohn und der erblasserischen Schwiegertochter Johann und Elfriede R die Liegenschaft EZ X je zur Hälfte als Legat ausgesetzt und dieses mit einem Sublegat zugunsten der sieben erblasserischen Enkel belastet worden. Vermächtnisnehmer hätten jedoch lediglich Gläubigerstellung und seien - mit der Ausnahme, daß ihnen die letztwillige Legatsverfügung zur Kenntnis zu bringen sei - am Abhandlungsverfahren nicht beteiligt. Im gegenständlichen Verfahren hätten aber die sieben erblasserischen Enkelkinder nicht einmal die Stellung von Legataren erlangt, weil die Wirksamkeit ihres Sublegates von der Annahme des Legates durch Johann und Elfriede R bedingt abhängig sei. Der Antritt dieses (Haupt-)Legates sei bisher nicht erfolgt, vielmehr habe der Vater der sieben Kinder auf das ihm und seiner Ehegattin ausgesetzte Legat für einen Betrag von 75.000 S verzichtet. Aber auch für den Fall, daß die Ehegatten R das ihnen ausgesetzte (Haupt-)Vermächtnis angenommen hätten oder allenfalls noch annehmen und erhalten sollten, würden die Sublegatare nicht als Beteiligte oder gar Parteien im Verfahren anzusehen sein, weil sie dann nur hinsichtlich der (Haupt-)Legatare Johann und Elfriede R in ein Rechtsverhältnis treten würden; nur gegenüber den (Haupt-)Legataren wäre ein Anspruch auf Sicherstellung ihrer Sublegate denkbar. Diese Ausführungen sind nicht stichhältig:

Daß es sich bei den genannten sieben Enkelkindern der Erblasserin um Minderjährige handelt, wird von der Rekurswerberin nicht bestritten. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß die im Rekurs aufscheinenden Altersangaben richtig sind und daß die auch im vorliegenden Rekurs unbestrittenen Untervermächtnisse zugunsten Minderjähriger angeordnet worden sind. Es ist richtig, daß Vermächtnisnehmer lediglich Gläubigerstellung haben und in der Regel - mit der Ausnahme, daß ihnen die letztwillige Vermächtnisverfügung zur Kenntnis zu bringen ist (§ 817 ABGB, § 161 Abs 1 AußStrG) - am Abhandlungsverfahren nicht beteiligt sind. Ein Legatar ist aber dann Beteiligter des Verlassenschaftsverfahrens und damit rekursberechtigt, wenn durch eine Verfügung des Abhandlungsgerichtes unmittelbar in seine Vermögensrechte eingegriffen wurde (8 Ob 130/65 u. a.; zuletzt 5 Ob 30, 31/74). Dies gilt auch für Untervermächtnisnehmer im Sinne des § 650 ABGB. Handelt es sich jedoch um ein Vermächtnis zugunsten eines Minderjährigen, so ist die Bestimmung des § 160 AußStrG zu beachten, wonach das Legat gerichtlich zu erlegen oder die Erfüllung gehörig sicherzustellen ist. Auf die Einhaltung dieser Bestimmung, die auch für Untervermächtnisse gilt, ist auch von Amts wegen Bedacht zu nehmen (vgl. SZ 20/135). Um die Einantwortung des Nachlasses zu erwirken, muß der Erbe nicht nur sein Erbrecht gehörig dargetan haben, sondern auch ausweisen, daß er alle übrigen vom Gesetz oder vom Erblasser ihm auferlegten Verbindlichkeiten soweit erfüllt habe, als dies in §§ 157 bis 162 AußStrG gefordert wird (§ 149 Abs. 1 AußstrG). In der Testamentsausweisung hat der Erbe darzutun, daß er die ihm in §§ 158 bis 161 a AußStrG auferlegten Pflichten erfüllt hat (§ 157 AußStrG). Auch letztere Bestimmungen sind auf Untervermächtnisse entsprechend anzuwenden.

Untervermächtnisse belasten den Erben aber nur dann unmittelbar, wenn der Hauptlegatar das Legat nicht angenommen hat und dieses dem Erben zugefallen ist. In diesem Fall muß der Erbe das Untervermächtnis erfüllen oder das ihm zugefallene Legat dem darauf gewiesenen Untervermächtnisnehmer überlassen (§ 650 ABGB; siehe ferner Weiß in Klang[2] III, 515). Überdies hat der Erbe, um den Bestimmungen des § 161 Abs. 1 AußStrG zu entsprechen, vor der Einantwortung auch die Benachrichtigung der Untervermächtnisnehmer nachzuweisen (Weiß III, 513). Handelt es sich allerdings um ein Untervermächtnis zugunsten der in § 160 AußStrG angeführten Personen, so genügt die Verständigung des Untervermächtnisnehmers nicht; es ist vielmehr, wie bereits ausgeführt wurde, nach § 160 Abs. 1 AußstrG vorzugehen. Dies erfordert, daß das Abhandlungsgericht vor der Einantwortung zu klären hat, ob der Hauptvermächtnisnehmer das zugunsten der nach § 160 AußstrG bevorrechteten Personen belastete Legat annimmt, bzw. wem es im Weigerungsfalle zufällt. Nimmt der Hauptlegatar das Vermächtnis an, ist die Sicherstellung - falls er nicht sofort erfüllen sollte - ihm gegenüber im Sinne des § 160 Abs. 1 AußStrG zu bewirken.

Nach dem bisherigen Abhandlungsergebnis ist das Hauptvermächtnis (Liegenschaft EZ X) der Alleinerbin zugefallen. Ob dies - in Ansehung eines oder beider Hauptlegatare - richtig ist, ist hier nicht zu untersuchen. Bei dieser Sachlage hätte jedenfalls die Beendigung der Verlassenschaftsabhandlung und die Einantwortung des Nachlasses an die Rekurswerberin Maria K noch nicht erfolgen dürfen, weil die nach dem bisherigen Ergebnis der Abhandlung von der Erbin unmittelbar zu erfüllenden Untervermächtnisse nicht vorher erfüllt oder sichergestellt wurden. Daß die Untervermächtnisse nur unter der Bedingung ausgesetzt worden seien, daß die Hauptvermächtnisnehmer ihr Vermächtnis annehmen, läßt sich aus Punkt 3 der letztwilligen Erklärung vom 2. Juli 1971 nicht entnehmen. Die oben angeführten sieben minderjährigen Enkel der Erblasserin konnten sich aus den dargelegten Erwägungen aber nur dadurch beschwert erachten, daß im Punkt 7 des Beschlusses ON 5 der Testamentsausweis für erbracht angesehen und im Sinne des Punktes 8 dieses Beschlusses mit der Einantwortung vorgegangen wurde. In den Punkten 1 bis 5 und 9 wurde hingegen in ihre Rechte nicht eingegriffen. Diesbezüglich war der Rekurs der genannten sieben Minderjährigen im Sinne der obigen Ausführungen als unzulässig zurückzuweisen. Das Rekursgericht hätte demnach nur den Endbeschluß ON 5 in seinen Punkten 7 und 8 und damit zusammenhängend auch im Punkt 6 aufheben dürfen. Daß die Einantwortungsurkunde (Beschluß ON 6) nicht ausdrücklich angefochten wurde, stand hingegen ihrer Aufhebung nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist der nur gegen den Mantelbeschluß mit dem Ziel erhobene Rekurs, die Fortsetzung des Verfahrens zu erreichen, auch auf die gleichzeitig und vor Rechtskraft des Mantelbeschlusses ergangene Einantwortungsurkunde zu beziehen, weil die Trennung beider Beschlüsse nur eine formelle ist, während sie inhaltlich eine einheitliche Entscheidung bilden. Wenn die Fortsetzung des Verlassenschaftsverfahrens als notwendig erkannt wird, ist auch die Einantwortungsurkunde aufzuheben (EvBl. 1965/294; EvBl. 1971/312 u. a. zuletzt 1 Ob 8/74). Es bestand hingegen schon deshalb kein Grund, die von den sieben Minderjährigen nicht angefochtenen Beschlüsse ON 8 und 14 aufzuheben, weil durch diese nicht in die Rechte der Rekurswerber eingegriffen wurde.

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