OGH 6Ob198/19i

OGH6Ob198/19i24.10.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI C***** H*****, vertreten durch Huber/Berchtold Rechtsanwälte OG in Wien, wider die beklagte Partei Ing. Mag. W***** G*****, vertreten durch Imre & Schaffer Rechtsanwälte OG in Ludersdorf-Wilfersdorf, wegen 177.648 EUR sA (Revisionsinteresse 113.760 EUR sA), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 8. August 2019, GZ 11 R 52/19a‑55, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00198.19I.1024.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Im vorliegenden Fall geht es im Wesentlichen um die Auslegung eines Vertrags zwischen den Streitteilen über Architektenleistungen und deren Honorierung im Einzelfall.

Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Frage, ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042936).

Die Vorinstanzen haben den Vertrag durchaus vertretbar ausgelegt, sodass insoweit eine erhebliche Rechtsfrage nicht vorliegt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionswerber hat auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt:

1. Er behauptet, das Berufungsgericht habe sich betreffend die Pauschalvereinbarung ausschließlich auf Rechtsprechung zum Bauwerkvertrag gestützt. Hier aber gehe es um (reine) Planungsleistungen eines Architekten, womit hauptsächlich geistige Dienstleistungen geschuldet seien. Es fehle oberstgerichtliche Rechtsprechung, ob jegliche Pauschalvereinbarung bei Planungsleistungen zwangsläufig zu einer echten Pauschalpreisvereinbarung führe.

Dass der Umstand, ob „Hand- oder Kopfarbeiten“ (vgl § 303 ABGB) vereinbart werden, einen Unterschied in der rechtlichen Beurteilung von Pauschalpreisvereinbarungen begründen soll, ist nicht erkennbar. Zu Pauschalpreisvereinbarungen existiert genügend Rechtsprechung (vgl nur RS0107868). Es existieren auch hinreichend höchstgerichtliche Entscheidungen zu Pauschalpreisvereinbarungen für Architektenleistungen (bzw Planungsleistungen), in denen diese Vereinbarungen betreffend die Honorierung stets nach Werkvertragsrecht beurteilt wurden (7 Ob 243/03s unter Zitierung von § 1168 ABGB; 9 Ob 98/09s unter Zitierung von § 1152 ABGB; 7 Ob 52/16x, ErwGr I.2.1.: „Pauschalvereinbarung über den Werklohn“). Dass das Urteil des Berufungsgerichts mit diesen Entscheidungen nicht in Einklang stünde, zeigt der Revisionswerber nicht auf.

2. Der Revisionswerber meint, das Berufungsgericht sei von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen, wenn es ihm als klagendem Architekten mit dem vereinbarten Pauschalpreis jegliches Vollständigkeitsrisiko aufbürde. Er zitiert dazu die Rechtssatzkette RS0107868, die folgendermaßen lautet:

Pauschalpreisvereinbarungen sind auch bei erheblicher Überschreitung oder Unterschreitung der Kosten der übernommenen Arbeiten grundsätzlich verbindlich. Kommt es aber nachträglich zu Änderungen des vereinbarten Leistungsinhalts, so wirken sich diese auch auf die Höhe des Pauschalpreises aus. Der Besteller schuldet für die in Abänderung des Vertragsinhalts zu erbringenden Mehrleistungen ein angemessenes Entgelt, das nicht schon im Pauschalpreis inbegriffen ist. Der Pauschalpreis gilt demnach in der Regel nur für die vertraglich vereinbarten Leistungen, nicht aber für jene, die in Abänderung des Vertrags später vereinbart wurden.

Inwiefern das Berufungsgericht davon abgewichen sein sollte, ist nicht erkennbar: Nach den Feststellungen war ohnehin vereinbart, dass „wesentliche Änderungen und Mehrfachbearbeitungen, die der Auftraggeber [Beklagter] zu vertreten habe, … entsprechend der Mehrarbeit“ um einen Stundensatz von 90 EUR zu vergüten seien. Dementsprechend haben die Vorinstanzen dem Kläger für derartige Mehrleistungen auch – nicht vom Pauschalhonorar umfasst – weitere 27.648 EUR zuerkannt. Davon, dass der Kläger „jegliches Vollständigkeitsrisiko“ getragen habe, kann somit keine Rede sein.

3. Soweit der Revisionswerber ausführt, das Berufungsgericht sei von der ständigen Rechtsprechung zur Vertragsanpassung wegen eines beachtlichen Kalkulationsirrtums abgewichen (RS0014894), ist er nicht nur auf die zutreffenden Rechtsausführungen des Berufungsgerichts, sondern auch darauf zu verweisen, dass er in erster Instanz ein ausreichendes Vorbringen zu dem erstmals in der Berufung behaupteten Kalkulationsirrtum nicht erstattet hat, weshalb dieses Vorbringen wegen des Neuerungsverbots unbeachtlich ist.

4. Das Berufungsgericht hat sich mit der Beweisrüge ausreichend auseinandergesetzt (RS0043371). Soweit der Revisionswerber eine Ersatzfeststellung begehrt, bekämpft er unzulässigerweise in dritter Instanz die Beweiswürdigung der Vorinstanzen.

5. Zuletzt meint der Revisionswerber, er müsse den vereinbarten Pauschalbetrag für die örtliche Bauaufsicht nicht nur zu 80 % (entsprechend der Feststellung, wonach bei Beendigung der Tätigkeit des Revisionswerbers die örtliche Bauaufsicht zu 80 % erbracht war), sondern zur Gänze bekommen: Einerseits handle es sich insoweit um einen Bevollmächtigungsvertrag, weshalb dem Kläger unabhängig vom Erfolg vom Auftraggeber gemäß § 1014 ABGB seine Aufwendungen zu ersetzen seien. Andererseits habe der Revisionswerber bei Vertragsabschluss von einem Leistungszeitraum von (nur) 14 Monaten ausgehen können, der aber bei Beendigung seiner Tätigkeit bereits überschritten gewesen sei.

Dazu ist auszuführen: Ob die örtliche Bauaufsicht nach Werkvertragsregeln oder den Regeln des Bevollmächtigungsvertrags zu beurteilen ist (vgl RS0021309; RS0019364 [T5]), kann hier dahingestellt bleiben. Denn auch die vom Revisionswerber ins Treffen geführte Bestimmung des § 1014 ABGB ist dispositiv und wäre hier jedenfalls durch die Pauschalpreisvereinbarung abbedungen worden (RS0019505). Im Übrigen handelt es sich bei der Ansicht des Berufungsgerichts, in Punkt IX. des Architektenvertrags sei lediglich der Terminplan niedergeschrieben worden und demnach könne daraus nicht auch schon ein bestimmter Zeitraum für die vom Kläger zu erbringende örtliche Bauaufsicht abgeleitet werden, um eine vertretbare Beurteilung im Einzelfall. Wenn der Kläger 80 % der vereinbarten örtlichen Bauaufsicht geleistet hat, begegnet es somit keinen Bedenken, wenn ihm die Vorinstanzen dafür 80 % des für die gesamte örtliche Bauaufsicht vereinbarten Pauschalbetrags zuerkannt haben.

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