OGH 6Ob164/08y

OGH6Ob164/08y7.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred L*****, vertreten durch Dr. Widukind W. Nordmeyer und Dr. Thomas Kitzberger, Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei Ulrike G*****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wegen 71.283,90 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 24. April 2008, GZ 2 R 227/07a-54, womit das Urteil des Landesgerichts Wels vom 18. September 2007, GZ 5 Cg 93/05h-46, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Beklagte ist als Rechtsnachfolgerin ihrer Mutter Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** mit dem Haus S*****. In diesem Haus befand sich die Ehewohnung des Klägers und seiner früheren Ehefrau Petra L*****, der Tochter der Beklagten. Diese Ehe wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Wels vom 27. 10. 2003 aus gleichteiligem Verschulden geschieden.

Die Eheleute bewohnten das Haus seit November 1979. Die Beklagte erlangte die Liegenschaft nach dem Tod ihrer Mutter, die das Erdgeschoss bewohnt hatte, durch Schenkung auf den Todesfall. Beginnend mit dem Jahr 2000 wurde das Haus umfangreich renoviert und umgebaut. Es sollte weiter Ehewohnung der Ehegatten L***** und ihrer beiden minderjährigen Kinder bleiben. Der Kläger bewohnte das Haus bis zum 10. 5. 2005; Petra L***** und die beiden Kinder wohnen nach wie vor dort.

Im Zusammenhang mit der Haussanierung richteten der Kläger, die Beklagte und Petra L***** als Kreditnehmer bei der Bank Austria Creditanstalt ein sogenanntes Wohnkonto ein, auf dem ein Kontokorrentkredit gewährt wurde, der am 13. 6. 2003 mit 98.325,82 EUR unberichtigt aushaftete.

Der Kläger begehrt 71.283,90 EUR und bringt dazu vor, die Beklagte habe die Ehegatten L***** ersucht, das Haus zu sanieren; anschließend werde die Liegenschaft jeweils zur Hälfte an sie übertragen werden. Aufgrund dieser ausdrücklichen Zusage einer Gegenleistung für Arbeitsleistungen und kreditfinanzierte Investitionen habe der Kläger in der Erwartung, für die vorzunehmenden ausgedehnten Arbeiten und den aufzunehmenden Kredit das Hälfteeigentum an der Ehewohnung zu erhalten, mit seinen eigenen Arbeitsleistungen begonnen und als Mitschuldner einen Kontokorrentkredit aufgenommen.

Die Beklagte wendete ein, den erforderlichen Aufwand für die Sanierung hätten ausschließlich sie und ihr Ehemann getragen. Weitere Maßnahmen, insbesondere im Zusammenhang mit der Innengestaltung, hätten ihre Tochter und der Kläger auf eigene Kosten vorzunehmen gehabt. Die Beklagte und ihr Ehemann hätten ausdrücklich darauf verwiesen, dass sie dazu nichts beitragen würden. Sie habe niemals zugesichert, die Liegenschaft zu übergeben, wenn es auch naheliegend sei, dass ihre Tochter als einziges Kind einmal ihr Vermögen erhalten würde. Mit Zahlung von 51.523,11 EUR für das Wohnkonto habe sie eine materiell fremde Schuld beglichen, weshalb sie ihre diesbezügliche Regressforderung aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung einwende.

Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit 17.975 EUR und die Gegenforderung ebenfalls in dieser Höhe als zu Recht bestehend und wies davon ausgehend das Klagebegehren ab. Im Wesentlichen ging das Erstgericht dabei von folgendem Sachverhalt aus: Der Verkehrswert des Wohnhauses ohne Grundstück betrug zum Stichtag 1. 4. 2000 86.000 EUR, zum Stichtag 10. 5. 2005 156.000 EUR. Der Verkehrswertzuwachs aufgrund der Baumaßnahmen betrug somit 70.000 EUR. Davon entfallen 41 % auf die Umbau- und Sanierungskosten. Von dieser Werterhöhung entfallen rund 19.000 EUR auf den Innenausbau, rund 15.000 EUR auf die Garage und rund 28.000 EUR auf Rohbau, Fassade und Außenanlage.

Die Ehegatten L***** erbrachten für Bauinvestitionen und Bauleistungen von ihrem Privatkonto im Zeitraum 2000 bis 2003 Zahlungen von insgesamt 448.229,76 S, wovon infolge von Einzahlungen auf das Privatkonto im Verhältnis 1:2 zwei Drittel, daher 298.819,84 S, dem Kläger zuzurechnen sind. Im selben Zeitraum wurden vom Wohnkonto 170.304 S bezahlt, was zusammen 469.123,84 S, umgerechnet 34.092,56 EUR ergibt. Ob der Kläger auch Verpflegungskosten für Helfer und Professionisten in Höhe von 120.000 S bezahlt hat, konnte nicht festgestellt werden. Der Kläger hat selbst auf der Baustelle Arbeitsleistungen erbracht; er hat auch verschiedene Helfer beigestellt. Die Beklagte hat zusammen mit ihrem Ehemann ebenfalls Bauleistungen bezahlt, und zwar in Höhe von 104.731,46 EUR.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, der Kläger habe für Bauleistungen 34.092,59 EUR bezahlt, darüber hinaus selbst mitgeholfen und im Rahmen der Nachbarschaftshilfe, aber auch durch Verrechnung gegen entsprechende Gegenleistungen Helfer beigestellt, wofür ihm 9.750 EUR gebührten. Der Sachverständige sei in seinem Gutachten zu 900 Arbeitsstunden gelangt. Unter Anwendung des § 273 ZPO gehe das Gericht von 750 Stunden aus. Unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 13 EUR ergebe sich ein Betrag von 9.750 EUR. Damit sei von Aufwendungen des Klägers von zusammen 43.842,59 EUR auszugehen.

Die Beklagte habe selbst in den Aus- und Umbau des Hauses 104.731,46 EUR investiert und darüber hinaus auf das Wohnkonto 43.640,04 EUR an Kapital und 6.720,57 EUR an Zinsen einbezahlt. Vom Wohnkonto seien Privatschulden des Klägers und seiner geschiedenen Ehefrau in Höhe von 479.000 S beglichen sowie Einrichtungsgegenstände und Umbaumaßnahmen bezahlt worden. Stelle man die Leistungen des Klägers den Zahlungen der Beklagten gegenüber, so ergebe sich kein Anspruch des Klägers. Auch sei zu berücksichtigen, dass bei Verschulden des Leistenden an der Zweckverfehlung sein Anspruch auf ein am verschafften Nutzen orientiertes angemessenes Entgelt beschränkt sei. Der Verkehrswertzuwachs des Hauses betrage 40 % bzw 70.000 EUR. Die Ehe des Klägers sei aus gleichteiligem Verschulden geschieden worden. Reduziere man nun die Arbeits- und Geldleistungen des Klägers auf den Verkehrswertzuwachs, so ergebe sich ein Restnutzen von 17.975 EUR. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Kläger im Zeitraum 1979 bis Mai 2005 in dem Haus gewohnt habe.

Über Berufung beider Streitteile hob das Berufungsgericht diese Entscheidung auf. Der Kläger habe keine Ansprüche aus dem Rechtstitel des Schadenersatzes. Das „In-Sicherheit-Wiegen" des anderen Teils mache nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo ersatzpflichtig, wenn der Schutzpflichtige selbst noch gar nicht fest zum Vertragsabschluss entschlossen gewesen sei, aber erkennen könne, dass der Partner im Vertrauen auf seinen ernstlichen Abschlusswillen Aufwendungen tätige. Habe aber der Schutzpflichtige bei der Verwirklichung des Vertrauenstatbestands noch selbst den Willen, den Vertrag abzuschließen, könne sein Verschulden allenfalls darin liegen, dass er ein Hindernis, an dem der spätere Vertragsabschluss scheitern würde, bei gehöriger Sorgfalt hätte voraussehen können. Davon könne hier keine Rede sein, zumal das Scheitern einer Ehe, das der Kläger selbst als Grund für das Abstehen der Beklagten von der in Aussicht genommenen Schenkung anführte, grundsätzlich für jedermann gleichermaßen voraussehbar oder nicht voraussehbar sei. Hinzu komme, dass die Ehe des Klägers aus beiderseitigem Verschulden geschieden worden sei. Damit sei schon auf Grundlage des eigenen Vorbringens des Klägers vom Vorliegen triftiger Gründe für den Nichtabschluss des Schenkungsvertrags auszugehen und eine Haftung der Beklagten wegen culpa in contrahendo ausgeschlossen.

In Analogie zu § 1035 ABGB gewährten Lehre und Rechtsprechung eine Kondiktion wegen Nichteintritts des erwarteten Erfolgs. Eine erkennbar zur Erreichung eines bestimmten Zwecks erbrachte und entgegengenommene Leistung könne zurückverlangt werden, wenn dieser Zweck nicht erreicht werde (Koziol/Welser13 II 279; Koziol in Koziol/Bydlinski/Bollenberger2 § 1435 ABGB Rz 2). Gemäß § 1235 ABGB könnten auch Leistungen, die unter der Voraussetzung der Dauerhaftigkeit der Ehe erbracht worden seien, bei Scheidung zurückgefordert werden. Dies gelte nach der Entscheidung 8 Ob 13/05b = SZ 2005/44 nicht nur für Leistungen zwischen Ehegatten, sondern auch für Leistungen von Familienangehörigen des einen Ehegatten an den anderen oder umgekehrt Leistungen des einen Ehegatten an Familienangehörige des anderen. Der Oberste Gerichtshof habe in einer Reihe von Entscheidungen (zuletzt 6 Ob 29/06t) die Grundsätze für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nach § 1435 ABGB dargestellt. Demnach stehe, wenn die zweckverfehlte Leistung über ausdrückliches Verlangen des Leistungsempfängers erbracht worden sei und der Leistende die Zweckverfehlung nicht veranlasst habe, dem Leistenden der volle Ersatz seiner Geld- und Materialaufwendungen zu. Gebe demgegenüber der Leistende seine Tätigkeit aus Gründen auf, die ihm nicht als ein Verhalten wider Treu und Glauben zuzurechnen seien, so sei sein Geld- und Materialeinsatz mit dem dadurch dem Leistungsempfänger tatsächlich erwachsenen Nutzen zu beschränken. Lediglich dann, wenn der Leistende den Erfolg durch ein Vorgehen wider Treu und Glauben vereitle, verliere er seinen Ersatzanspruch nach § 1435 ABGB zur Gänze. Bei beiderseitigem Verschulden sei die Differenz zwischen Nutzen und vollem Ersatz in sinngemäßer Anwendung des § 1304 ABGB entsprechend den Verschuldensquoten zu teilen. Habe hingegen der Entreicherte das Fehlschlagen der Leistung nicht veranlasst, sei die Zweckverfehlung vielmehr ausschließlich in der Sphäre des Leistungsempfängers eingetreten, so habe dieser die Leistung auch dann zu erstatten, wenn er selbst nicht bereichert sei.

Weil die Ehe aus beiderseitigem Verschulden geschieden worden sei, könne der Kläger nur Ansprüche bis zur Höhe des dadurch dem Leistungsempfänger entstandenen Vorteils erheben. Zur festgestellten Wertsteigerung von 70.000 EUR hätten allerdings nicht nur der Kläger, sondern auch seine damalige Ehefrau und die Beklagte selbst beigetragen. Zur Ermittlung des Anteils, mit dem der Kläger zur Wertsteigerung beigetragen habe, sei daher zunächst die Summe aller Bauleistungen zu ermitteln. Danach seien die Anteile des Klägers, seiner Ehefrau und der Beklagten festzustellen. Entsprechend dem sich daraus ergebenden Anteil des Klägers an den Gesamtbaukosten sei in weiterer Folge sein Anteil an der Wertsteigerung zu ermitteln. Auch sonst könne derzeit der Beitrag des Klägers nicht abschließend beurteilt werden. Dazu sei es erforderlich, zu klären, welche Geldflüsse vom Wohnkonto Bauleistungen zuzurechnen seien. Aus diesen Gründen und wegen einiger weiterer - im einzelnen näher dargelegten - Unvollständigkeiten im Tatsachenbereich sei die Aufhebung des Ersturteils erforderlich.

Der Rekurs nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO sei zulässig, weil zur Frage der Ermittlung der vom Bereicherungsempfänger im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung zu leistenden Abgeltung dann, wenn nicht nur der Entreicherte, sondern auch der Bereicherungsempfänger sowie ein nicht am Verfahren beteiligter Dritter zur Wertsteigerung beigetragen haben, noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Gerichts zweiter Instanz nicht zulässig. Abgesehen davon, dass die Begründung, zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehle Judikatur des Obersten Gerichtshofs, für die Dartuung des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht ausreicht (RIS-Justiz RS0122015), kommt der Rekurswerber auf die vom Berufungsgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage in seinem Rechtsmittel nicht zurück. Werden aber in einem zugelassenen Rechtsmittel nur Rechtsfragen geltend gemacht, die keine erheblichen Rechtsfragen darstellen, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen (vgl RIS-Justiz RS0102059).

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass derjenige, der in der Erwartung der späteren Einräumung der Wohnmöglichkeit in einem fertigzustellenden Haus eigene Arbeitsleistungen und sonstige Leistungen erbrachte, wenn der erwartete Rechtsgrund nicht eintrat, eine angemessene Entlohnung begehren kann, deren Höhe grundsätzlich vom verschafften Nutzen unabhängig ist. Nur wenn der Ersatzansprecher selbst den zunächst angestrebten Erfolg vereitelte, kann er nur Ansprüche im Rahmen der Bereicherung des Leistungsempfängers stellen (RIS-Justiz RS0033709). Liegen die Ursachen auf beiden Seiten, ist das Leistungsrisiko in sinngemäßer Anwendung des § 1304 ABGB beiden Beteiligten aufzuerlegen (RIS-Justiz RS0033709). Dabei ist die Differenz vom Nutzen auf das angemessene Entgelt im Sinne des § 1152 ABGB in sinngemäßer Anwendung des § 1304 ABGB entsprechend den Verschuldensquoten zu teilen (9 ObA 222/01i [T16]). Derartige Verschuldenserwägungen wurden von der Rechtsprechung auch bereits beim Scheitern von Lebensgemeinschaften angestellt (7 Ob 40/00h). Wenn das Berufungsgericht im (Mit-)Verschulden des Klägers am Scheitern seiner Ehe eine Beschränkung des Anspruchs des Klägers auf den der Beklagten verschafften Nutzen angenommen hat, ist darin jedenfalls keine im Interesse der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken. Der Ansicht des Berufungsgerichts, dass der Sachverhalt noch nicht genügend geklärt ist, kann der Oberste Gerichtshof, soweit die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts richtig ist, nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179).

Auch mit seiner Einschätzung, dass das Scheitern der Ehe des Klägers einen triftigen Grund für die Beklagte bildete, entgegen ihrer ursprünglichen Zusage dem Kläger nicht das Hälfteeigentum an der Liegenschaft zu übertragen, hat das Berufungsgericht den ihm hier zukommenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten.

Zusammenfassend macht der Rekurswerber daher keine Rechtsfragen der in § 519 Abs 1 Z 2 ZPO geforderten Bedeutung geltend, sodass der Rekurs spruchgemäß zurückzuweisen war.

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