OGH 6Ob152/22d

OGH6Ob152/22d14.9.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*, vertreten durch Gottgeisl & Leinsmer Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei N* Limited, *, Malta, vertreten durch Dr. Fabian Maschke, Rechtsanwalt in Wien, wegen 30.008,34 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 28. Juni 2022, GZ 3 R 83/22d-17, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00152.22D.0914.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Beklagte bietet von ihrem Sitz in Malta aus über die von ihr betriebene Website Dienstleistungen im Bereich des Glücksspiels an. Sie verfügt jedoch über keine Konzession nach dem österreichischen Glücksspielrecht.

[2] Der Kläger nahm an von der Beklagten veranstalteten Online-Glücksspielen teil und erlitt im Zeitraum September 2019 bis September 2021 Verluste in Höhe des Klagsbetrags.

[3] Die Vorinstanzen gaben seiner auf die Unwirksamkeit der Glücksspielverträge gestützten Klage auf Rückzahlung dieser Verluste statt.

Rechtliche Beurteilung

[4] 1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[5] 2. Der Oberste Gerichtshof hat – im Einklang mit der Rechtsprechung der beiden anderen österreichischen Höchstgerichte – auf Basis der einschlägigen Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in mehreren aktuellen Entscheidungen neuerlich festgehalten, dass das österreichische System der Glücksspiel-Konzessionen einschließlich der Werbemaßnahmen der Konzessionäre im hier relevanten Zeitraum nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben entspricht und nicht gegen Unionsrecht verstößt (6 Ob 59/22b; 7 Ob 96/22a).

[6] Die Beurteilung des Berufungsgerichts entspricht dieser Rechtsprechung. Die Revision zeigt keine Argumente auf, die noch nicht in die erörterte Judikatur Eingang gefunden hätten. Sekundäre Feststellungsmängel „zum Thema Unionsrechtswidrigkeit“ liegen daher nicht vor.

[7] 3. Zu den Voraussetzungen der unionsrechtlichen Zulässigkeit eines Glücksspielmonopols sowie der dadurch bewirkten Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit liegt bereits umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor (vgl die Hinweise in 5 Ob 30/21d).

[8] Entgegen der Darstellung der Revision ergibt sich aus der Entscheidung des EuGH C-920/19 , Fluctus, kein Verbot für ein nationales Gericht, sich auf Vorentscheidungen „höherer“ (nationaler) Gerichte (hier auf in zahlreichen Parallelverfahren ergangene Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs) zu berufen. Vielmehr sprach der EuGH darin bloß aus, dass eine gegen Art 56 AEUV verstoßende Bestimmung des nationalen Rechts auch dann nicht angewendet werden dürfe, wenn ein „höheres“ nationales Gericht diese als mit dem Unionsrecht vereinbar ansah, dessen Erwägungen aber offensichtlich nicht dem Unionsrecht entsprachen (vgl insbesondere Rn 58 der genannten Entscheidung). Dass und bei welcher nationalen Norm dies hier der Fall gewesen wäre, vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Der erkennende Senat sieht daher keinen Anlass für das von der Beklagten angeregte Vorabentscheidungsersuchen (vgl 4 Ob 223/21d; 6 Ob 59/22b; 7 Ob 96/22a; 1 Ob 74/22x).

[9] 4. Da somit Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beurteilen sind, ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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