OGH 6Ob14/10t

OGH6Ob14/10t19.3.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der außerstreitigen Familienrechtssache der Antragstellerin S***** St*****, vertreten durch BLS Rechtsanwälte Boller Langhammer Schubert KG in Wien, gegen den Antragsgegner Dr. K***** St*****, vertreten durch Dr. Ruth Hütthaler-Brandauer, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. November 2009, GZ 43 R 675/09x-26, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 18. August 2009, GZ 59 Fam 9/08v-20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens jeweils selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin besucht seit Herbst 2007 ein vierjähriges College an der Fordham University in New York. Die Beziehung der Antragstellerin zu den USA wurde seit ihrer Kindheit gefördert. Sie besuchte bereits im Kleinkindalter die Vorschule der Vienna International School und wechselte dann in die American International School Vienna, wo sie im Juni 2007 maturierte. Sie war auch regelmäßig in den USA und besuchte ein Jahr lang eine Schule in Kalifornien. Die Antragstellerin hat sich für ein Studium in den USA entschieden, weil sie mit ihren Zeugnissen und ihren Fähigkeiten dazu die Möglichkeit hat. Das College umfasst verschiedene Fächer und schließt mit dem Titel des „Bachelor“ ab. Das College vermittelt einen umfassenden Einblick in Naturwissenschaften, Geisteswissenschaften, Kultur und Kunst. Danach ist es der Antragstellerin möglich, sich für Studienrichtungen zu entscheiden. Nach Abschluss des College stehen ihr verschiedene Möglichkeiten offen, darunter die Möglichkeit, Medizin oder Rechtswissenschaften weiterzustudieren. Durch das Studium in den USA sind der Antragstellerin hohe Kosten entstanden. Diese betragen im Zeitraum August 2007 bis März 2009 rund 47.255 EUR.

Das Erstgericht erhöhte den vom Kindesvater zu zahlenden monatlichen Unterhaltsbetrag auf 870,95 EUR und verpflichtete den Kindesvater weites zur Zahlung eines Einmalbetrags von 4.600 EUR sA aus dem Titel des Sonderbedarfs. Die Antragstellerin sei seit ihrer Kindheit mit internationalem amerikanischen Hintergrund erzogen worden. Sie sei eine gute Studentin und auch zum Auslandsstudium geeignet. Die Lebenshaltungskosten in den USA seien wesentlich höher als in Österreich. Auch der Sonderbedarfsbetrag sei dem Grunde nach berechtigt.

Hinsichtlich des laufenden Unterhalts erwuchs diese Entscheidung unbekämpft in Rechtskraft. Hingegen wies das Rekursgericht den Antrag auf Zuerkennung von Sonderbedarf ab. Mehrkosten durch ein Studium an einer ausländischen Privatuniversität mit hohen Studiengebühren seien nur dann ersatzpflichtiger Sonderbedarf, wenn eine ganz besonders ausgeprägte Begabung und Neigung des Kindes für das gewählte Studium vorhanden sei und eine vergleichbare Ausbildung an einer Universität, an der nicht ähnlich hohe Kosten auflaufen, nicht möglich sei. Eine derartige besondere Begabung und Neigung des Kindes sei aus den Feststellungen des Erstgerichts jedoch nicht abzuleiten.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Entscheidung 3 Ob 270/98x bereits mehr als zehn Jahre zurückliege.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig:

Die Beurteilung, ob Sonderbedarf vorliegt, ist jedenfalls eine solche des Einzelfalls und bildet für sich genommen keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0007204 [T5]).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 3 Ob 270/98x ausgesprochen, dass Kriterien für eine Sonderbedarfsfähigkeit der Kosten eines Auslandsstudiums eine ganz besonders ausgeprägte Begabung und Neigung des Unterhaltsberechtigten für das gewählte Studium sowie das Fehlen einer vergleichbaren, billigeren Ausbildung an einer anderen Universität darstellen. Diese Entscheidung wurde im Schrifttum übernommen (Gitschthaler, Unterhaltsrecht2 Rz 381 Z 6; Neuhauser in Schwimman, ABGB3 § 140 Rz 38). Eine einzige ausführlich begründete Entscheidung, die im Schriftum nicht auf Kritik gestoßen ist, reicht aber für das Vorliegen einer gesicherten Rechtsprechung aus (RIS-Justiz RS0103384). Der bloße Umstand, dass seit Ergehen dieser Entscheidung zehn Jahre vergangen sind, rechtfertigt als solcher keine neuerliche Befassung des Obersten Gerichtshofs.

Von den in der Entscheidung 3 Ob 270/98x entwickelten Kriterien ist das Rekursgericht nicht abgewichen. Wenn das Rekursgericht den Studienerfolg der Antragstellerin dahin würdigte, dass dieser zwar überdurchschnittlich, aber keineswegs außergewöhnlich sei, und dass zudem die geltend gemachten Kosten außergewöhnlich hoch seien und nicht einmal ansatzweise vorgebracht worden sei, welche konkrete Ausbildung die Unterhaltsberechtigte anstrebe, sodass die Voraussetzungen für die Zuerkennung von Sonderbedarf nicht vorliegen, hat das Rekursgericht den ihm hier zukommenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten.

Dass eine amerikanische Hochschulausbildung im Bereich der Medizin „jedenfalls als höherwertig anzusehen“ sei, findet in den Feststellungen der Vorinstanzen keine Deckung. Der Umstand, dass die Antragstellerin bisher amerikanische Schulen in Österreich besucht hat, rechtfertigt als solcher noch nicht die Zuerkennung vom Sonderbedarf für die Absolvierung eines Studiums in den USA, zumal die Antragstellerin nach den Feststellungen der Vorinstanzen auch in Österreich zum Besuch einer Universität berechtigt wäre.

Damit bringt die Revisionsrekurswerberin aber keine Rechtsfragen der in § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass der Revisionsrekurs spruchgemäß zurückzuweisen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 78 AußStrG. Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung waren nicht zuzusprechen, weil der Antragsgegner auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen hat.

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