OGH 3Ob270/98x

OGH3Ob270/98x24.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hartmann A*****, vertreten durch Dr. Frank Kalmann und Dr. Karlheinz De Cillia, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Dr. Hartmann S*****, vertreten durch Dr. Johann Quendler und Dr. Alexander Klaus, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Unterhalts (Streitwert S 324.000), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 19. Juni 1998, GZ 4 R 194/98s-28, womit infolge Berufung beider Teile das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 6. März 1998, GZ 3 C 125/96t-20, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, der Beklagte sei schuldig, dem Kläger zusätzlich zu dem mit Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 23. August 1995, 4 R 252, 253/95, monatlich festgesetzten Unterhaltsbetrag von S 11.000 einen weiteren Unterhaltsbetrag von S 9.000 beginnend ab 1. 9. 1996 zu bezahlen, abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die wie folgt bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen: Für das Verfahren erster Instanz S 72.364,80 (darin enthalten S 11.860,80 Umsatzsteuer und S 1.200 Barauslagen), für das Berufungsverfahren S 30.400,04 (darin enthalten S 4.183,43 Umsatzsteuer und S 5.300 Barauslagen) und für das Revisionsverfahren S 28.505 (darin enthalten S 2.542,50 Umsatzsteuer und S 13.250 Barauslagen).

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist das eheliche Kind des Beklagten, dessen Ehe mit der Mutter im Jahr 1980 rechtskräftig geschieden wurde. Mit Beschluß des nunmehrigen Berufungsgerichtes als Rekursgericht vom 23. 8. 1995 wurde der Beklagte verpflichtet, für den Kläger ab 1. 10. 1994 einen monatlichen Unterhalt von S 11.000 zu leisten. Diesem Beschluß lag ein monatliches Nettoeinkommen des Beklagten von S 74.761 zugrunde, weiters, daß der Kläger ab Herbst 1994 mit dem Studium der internationalen Wirtschaftswissenschaften an der Universität Innsbruck beginnen wollte.

Die Mutter des Klägers, deren einziges Kind er ist, ist als Lehrerin tätig und bezog in der Zeit von Oktober 1995 bis einschließlich September 1996 ein monatliches Nettoeinkommen von S 29.598,64.

Der Beklagte, der noch für seine 1983 bzw 1985 geborenen Söhne aus zweiter Ehe zu sorgen hat, ist nach wie vor als Beamter beschäftigt. Im Zeitraum Oktober 1995 bis September 1996 betrug sein monatliches Nettoeinkommen inklusive Sonderzahlungen ohne die Familienbeihilfe für die beiden Kinder S 73.026,59. Seine Ehefrau ist als Lehrerin eines Bundesgymnasiums im Rahmen einer Vollauslastung in "pragmatisierter Stellung" beschäftigt.

Mit Vergleich vom 18. 1. 1996 verpflichtete sich der Beklagte, einer Tochter ein Heiratsgut im Betrag von S 150.000 in monatlichen Teilbeträgen von S 5.000 ab 1. 2. 1996 zu leisten.

Der Kläger ist nach wie vor an der Universität Innsbruck in der Studienrichtung "Internationales Studienprogramm Wirtschaftswissenschaft" mit internationaler Ausrichtung inskribiert, mit 20. 7. 1997 im 7. Semester. Seit dem 3. Semester ist er auch in der Studienrichtung Politikwissenschaften inskribiert.

An Diplom-Teilprüfungen hat der Kläger bislang zwei abgelegt, und zwar über "eine lebende Fremdsprache - Französisch" am 10. 7. 1995 mit befriedigendem Erfolg und über "eine weitere lebende Fremdsprache - Englisch" am 20. 6. 1996 mit sehr gutem Erfolg, jeweils betreffend Lehrveranstaltungen im Ausmaß von acht Wochenstunden. Zur Prüfung "Grundzüge und Methoden der Soziologie" ist er zweimal angetreten, er hat jedoch diese Prüfung nicht bestanden. Damit hat er den ersten Abschnitt der Studienrichtung "Internationales Studienprogramm Wirtschaftswissenschaften" noch nicht beendet. Dieses Studium gliedert sich in zwei Abschnitte in der Dauer von je mindestens vier Semestern, die jeweils mit einer Diplomprüfung abgeschlossen werden. Im zweiten Abschnitt sind mindestens zwei Studiensemester an einer Universität des nicht deutschsprachigen Auslandes, mit welcher ein entsprechendes Abkommen besteht oder die sich der Studierende nach § 2 Abs 4 des Studienplanes gewählt hat, zu absolvieren, in deren Rahmen zwei Teilprüfungen der zweiten Diplomprüfung abzulegen sind. Mindestens zwei weitere Studiensemester sind an der Universität Innsbruck zu absolvieren.

Der Studienort des ausländischen Studienteiles oder auch Alternativen sind von den Studierenden spätestens ein Semester vor Ablegung ihrer ersten Diplomprüfung der Studienkommission mitzuteilen. Im ersten Abschnitt sind sieben Pflichtfächer - Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre einschließlich Datenverarbeitung, Grundzüge der politischen Ökonomie unter Berücksichtigung der neueren Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Grundzüge des Privatrechtes, Grundzüge der angewandten Mathematik und der Statistik für Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler, Grundzüge und Methoden der Soziologie, eine Fremdsprache und eine weitere Fremdsprache - zu absolvieren sowie jeweils eine Teildiplomprüfung aus diesen Fächern abzulegen. Im zweiten Abschnitt sind eine Anzahl von Pflichtfächern und ein Wahlfach zu absolvieren. Studierende, die an einer von ihnen gewählten Universität studieren, haben die zu belegenden Veranstaltungen vor Antritt des Auslandsstudiums in Absprache mit dem Vorsitzenden der Studienkommission festzulegen. Änderungen dürfen nur im Einvernehmen mit diesem vorgenommen werden. Nach den beiden Verordnungen zum Studienplan stehen als sogenannte Partner-Universitäten insgesamt sieben in den USA, eine in Kanada, drei in Großbritanien und eine in Irland sowie weitere europäische Universitäten zur Verfügung.

Voraussetzungen für die Anrechnung von Studienzeiten an ausländischen Universitäten sowie dabei abgelegten Prüfungen als Auslandssemester samt Teildiplomprüfungen des zweiten Studienabschnittsist vor allem der vorherige Abschluß des ersten Abschnittes durch den Studenten.

Am 28. August 1996 nahm der Kläger ein Studium an der Schiller International University (SIU) in London als "full time student" mit der Ausrichtung "Bachelor of Business Administration in Marketing" auf. Seither ist er dort inskribiert. Diese Universität ist der gleichnamigen in Dunedin, Florida affiliert, welche von einer Akkreditierungskommission anerkannt wird, die vom US-Department of Education autorisiert ist. Die SIU ist eine in Großbritannien anerkannte postsekundäre Bildungseinrichtung, an der Leistungen erbracht werden können, die für das Studium an der Universität Innsbruck angerechnet werden können. Diese Universität in London ist für ihre Ausbildung im Marketing sehr bekannt und darin führend. Eine dortige Ausbildung läßt für das spätere Fortkommen des Klägers eine erhebliche Verbesserung erwarten, die sich zB durch einen höher bezahlten Job auswirken kann. Die Mindeststudiendauer für den Bachelor Degree beträgt vier Jahre, ein [weiteres] Jahr beträgt die Studiendauer für den Master Degree. Der Kläger wird den Bachelor Degree voraussichtlich mit Ende Mai 1998 erreichen. Es wurde ihm von der Universität bestätigt, daß er jeweils die maximale Anzahl an Kursen - jeweils sechs - seit seiner Einschreibung belegt und mit guten Noten beendet hat. An dieser Universität laufen Studiengebühren in der Höhe von jährlich [im Ersturteil irrtümlich: monatlich] GBP

8.210 an. Für weitere persönliche Ausgaben, Ausgaben für Bücher und Fahrtkosten und dergleichen laufen bei Unterbringung auf dem Campus monatlich GBP 400 und bei Unterbringung außerhalb des Campus monatlich GBP 800 an. Dies ergibt, ausgehend von einem Mittelkurs für die GBP von S 18,32, im Schnitt monatliche Kosten von S 27.182,50 bei der vom Kläger gewählten Unterbringung außerhalb des Campus.

Der Kläger hat sein Studium in London aufgenommen, um die im Rahmen seines Studiums an der Universität Innsbruck vorgeschriebenen Auslandssemester samt Prüfungen zu absolvieren und den Bachelor Degree im Fache Marketing zu machen. Nunmehr beabsichtigt er, auch den Master Degree abzulegen. Der Kläger bezieht kein Stipendium. Er nutzt die jeweils in der Mitte des Semesters vorgegebenen Ferienwochen für Fahrten zu seiner Mutter. Dabei bringt er seine Wäsche mit, ansonsten versorgt er sich zur Gänze selbst. Er beabsichtigt, nach der Rückkehr an die Universität Innsbruck die noch ausstehenden Teilprüfungen des ersten Studienabschnittes abzulegen.

Prüfungen des Klägers im Rahmen seines derzeitigen Studiums in London könnten für den ersten Abschnitt angerechnet werden, worüber bei tatsächlicher Wiederaufnahme des Studiums an der Universität Innsbruck von dieser entschieden würde. In diesem Fall müßte der Kläger zumindest zwei Auslandssemester für den zweiten Abschnitt samt Prüfungen an einer ausländischen Universität ablegen.

Ob und in welchem Umfang die im Rahmen des derzeitigen Studiums des Klägers abgelegten Prüfungen bzw die beiden Degrees überhaupt anerkannt werden oder der Studienabschluß eines Masters als Magister tatsächlich durch eine österreichische Universität nostrifiziert werden, kann nicht festgestellt werden.

Die Vertrags- bzw Partner-Universitäten der Universität Innsbruck sind alle studiengebührenfrei. Die Kosten für Unterkunft und Lernbehelfe sowie Verpflegung sind vom Studenten aufzubringen. Jene Studenten, denen im Ausleseverfahren ein Studienplatz zugewiesen wird, erhalten bei einem Anrecht auf Inlandszuschüsse Stipendien für die Studienbeihilfenbehörde bzw unabhängig von einer solchen sozialen Bedürftigkeit entweder "Erasmus"- (für europäische Länder) oder Jointstudy-Stipendien (für nicht europäische Länder). Ein solches Stipendium beträgt zB für die USA zwischen S 4.000 und S 5.000 (gemeint anscheidend: im Monat).

Jene Studenten, die im Ausleseverfahren der Universität Innsbruck keinen ausländischen Studienplatz zugewiesen erhalten, haben als "free mover" sich selbst einen ausländischen Studienaufenthalt zu organisieren. Für diese gibt es keine Möglichkeit, eine Unterstützung oder Beihilfe [über die Universität Innsbruck] zu erlangen.

Eine Ausrichtung "Internationales Marketing" gibt es im Rahmen des vom Kläger in Innsbruck inskribierten Studiums nicht, diese Ausrichtung kann aber ein Teil der Ausrichtung "Internationales Management" sein.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger, den Beklagten zu einem zusätzlichen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 9.000 ab 1. 9. 1996 zu verpflichten. Seit der letzten Unterhaltsfestsetzung hätten sich sowohl die Einkommensverhältnisse des Beklagten als auch seine eigenen Bedürfnisse erheblich verändert.

Bei der von ihm gewählten Studienrichtung seien mindestens zwei Semester an einer anerkannten Universität im nicht deutschsprachigen Raum zu absolvieren. Er habe daher in London mit der Absolvierung der Auslandssemester in der Studienrichtung Marketing begonnen, die er mit dem Bachelor of Business Administration Degree abzuschließen beabsichtige. Die jährlichen Kosten würden insgesamt S 293.865 betragen. Dazu kämen noch die Kosten für Flug-, Telefon- und Überweisungsspesen.

Der Beklagte habe keine Unterhaltspflicht gegenüber seiner voll berufstätigen Ehegattin. Seine (des Klägers) Mutter bringe ohnehin bereits die Differenz zwischen den geforderten S 20.000 und dem Gesamtaufwand von derzeit monatlich S 28.000 auf und versorge ihn, sofern er sich nicht studienbedingt am Studienort aufhalte. Die von ihm gewählte Wohnmöglichkeit stelle die günstigste Art dar. Die Universität in London habe er gewählt, weil nur dort der Schwerpunkt im Marketing liege, was in Österreich nicht angeboten werde. Die von ihm gewählte spezifische Ausbildung biete auch im Vergleich zum Studium in Innsbruck für die Zukunft erhöhte Berufs- und Einkommenschancen. Die Stellung des Beklagten rechtfertige durchaus eine gehobene Ausbildung seines Sohnes. Die angeführten Kosten seien üblich und anderen Universitäten entsprechend. Im Vergleich zu einer als Alternative in Frage kommenden Universität in den USA sei die Auswahl der SIU gerechtfertigt.

Der Kläger ergänzte sein Vorbringen dahin, daß das bisherige Studium in Innsbruck und das Marketingstudium in London wechselseitig voll angerechnet würden. Durch die Beendigung des Studiums in London trete eine Verlängerung der Studienzeit nicht ein. Er habe sein Studium in der Mindestdauer bewältigt. Den Master of Business Administration werde er noch 1999 erlangen. Die Aufnahme des Studiums in London stelle keinen Studienabbruch in bezug auf Innsbruck dar. Er habe dort den ersten Abschnitt de facto abgeschlossen. Durch die erfolgte Anrechnung des Studien ergebe sich keinerlei Studienzeitverlängerung.

Primär habe er zwei Auslandssemester absolvieren wollen, sich in der Folge aber entschlossen, das Auslandsstudium mit akademischem Grad abzuschließen. Das Auslandsstudium würde inklusive beider Degrees 10 Semester umfassen. Ein Doppelstudium liege nicht vor.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. In seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit habe sich keine Änderung ergeben. Er sei außer für seine beiden Kinder auch für seine Ehegattin unterhaltspflichtig und habe seiner Tochter ein Heiratsgut in Raten zu bezahlen.

Auch die Mutter des Klägers müßte anteilig zu dessen Unterhalt beitragen. Es sei auch zu berücksichtigen, daß sich der Kläger in Innsbruck bedingt durch die kürzere Dauer des Studienjahres (neun statt 12 Monate) Wohn- und Verpflegungskosten erspare. Auch die Anrechnung der vom Kläger in London abgelegten Semester sei fraglich. Bei Absolvierung der Auslandssemester an einer in der diesbezüglichen Verordnung des BMWF vorgesehenen Universität würden erheblich geringere Studien- und Aufenthaltskosten auflaufen. Eine Ausschöpfung des zweieinhalbfachen Regelbedarfes komme auch nicht in Frage.

Der Kläger hätte den ersten Abschnitt seiner Studienrichtung in Innsbruck im Juni 1996 beenden müssen, was er nicht geschafft habe. Der London-Aufenthalt diene nicht der Weiterführung seines österreichischen Studiums. Daher gebühre ihm dafür kein Unterhalt. Das neue Vorbringen, der Kläger werde sein Studium in London abschließen, stelle eine unzulässige Klagsänderung dar. Er sei nicht verpflichtet, dem Kläger ein Doppelstudium zu finanzieren. Dieser scheine auch in Anbetracht der Ergebnisse seines Innsbrucker Studiums nicht die Eignung für dieses Studium bzw ein Auslandsstudium zu haben. Er sei bei Absolvierung des Aufenthalts im Ausland gehalten gewesen, den hiefür entstehenden Aufwand durch Inanspruchnahme des ordentlichen Verfahrens an der Universität Innsbruck in der Form des Wegfalles von Studiengebühren bzw des Bezuges einkommensunabhängiger Stipendien zu minimieren.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von S 1.640 im Monat Folge und wies das Mehrbegehren von S 7.360 monatlich ab. Es traf im wesentlichen die eingangs der Entscheidungsgründe wiedergegebenen Feststellungen. In seiner rechtlichen Beurteilung verneinte das Erstgericht eine Klagsänderung und führte im wesentlichen aus:

Der Kläger habe über die berufliche Grundausbildung nach Pflichtschulabschluß hinaus bei entsprechender Eignung und Neigung Anspruch auf eine weiterführende, qualifizierte (gehobene) Berufsausbildung. Er betreibe seit dem Studienbeginn in London das Studium in Innsbruck nicht mehr. Nach dem festgestellten Sachverhalt scheide die ursprünglich von ihm beabsichtigte Anrechnung seines Studienaufenthalts in London im Rahmen seines Innsbrucker Studiums eindeutig aus. Mangels tatsächlichen Weiterbetreibens des Studiums in Innsbruck liege kein Doppelstudium vor. Die Situation sei vielmehr einem Studienwechsel vergleichbar, weshalb die hiefür von der Rechtsprechung entwickelten Regeln sinngemäß anzuwenden seien.

Die Wahl eines ausländischen Studienortes sei für sich allein kein Grund, einem Maturanten aus vermögenden Elternhaus die gesetzlichen Unterhaltsansprüche streitig zu machen; dies insbesondere in Anbetracht der überdurchschnittlichen Verhältnisse auf Seiten des Beklagten. Nach der Rechtsprechung werde ein einmaliger Studienwechsel bei überdurchschnittlichem Einkommen als gerechtfertigt hingenommen, auch wenn dieser erst nach drei Jahren Erststudium vorgenommen werde.

Der Kläger betreibe in London ein Studium an einer anerkannten Institution. Es liege aufgrund der derzeitigen Entwicklung in Europa und auf der Welt auf der Hand, daß eine Ausbildung im Marketing-Bereich, insbesondere auch in englischer Sprache, eine Verbesserung des Fortkommens erwarten lasse. Er betreibe sein Studium innerhalb der Zeitvorgaben für den angestrebten Abschluß und mit entsprechendem guten Erfolg. Damit erscheine seine Eignung gegeben. Den tatsächlich mäßigen Erfolg des Klägers bei seinem Innsbrucker Studium hätte der Beklagte im Rahmen seiner "damaligen Unterhaltsverpflichtung" geltend zu machen gehabt. Im übrigen stünden die Zielstrebigkeitskriterien verkehrt proportional zur Einkommenshöhe beim Unterhaltspflichtigen, was wohl auch für das Kriterium der Eignung gelte. Auf eine allfällige Nostrofizierung eines ausländischen Studienabschlusses sei derzeit nicht einzugehen. Dies habe auf den aktuellen Unterhaltsanspruch des Klägers keinen Einfluß. Das grundsätzliche Bestehen eines Unterhaltsanspruches des Klägers sei daher zu bejahen.

Eine Unterhaltsneubemessung sei wegen der Bedürfnissteigerung auf Seiten des Klägers durch das Auslandsstudium gerechtfertigt. Sein Unterhaltsanspruch belaufe sich im Hinblick auf die Sorgepflichten des Beklagten für zwei Kinder aus zweiter Ehe auf 19 % von dessen Durchschnittseinkommens. Bei diesem habe sich seit der letzten Unterhaltsfestsetzung keine Erhöhung ergeben. Eine aktuelle Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner voll berufstätigen Ehefrau bestehe derzeit nicht, zu berücksichtigen sei jedoch sehr wohl das vom Beklagten an seine Tochter zu bezahlende Heiratsgut (s EFSlg 53.563). Ausgehend davon errechne sich ein monatlicher Unterhaltsanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten von S 12.640. Auf die Frage der Rechtfertigung der Kosten des Studienaufenthaltes des Klägers in London sowie der anteiligen Geldunterhaltsverpflichtung der Mutter sei nicht näher einzugehen. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch sei nicht als Sonderbedarf zu qualifizieren. Dies sei von ihm auch gar nicht behauptet worden.

Infolge von Berufungen beider Teile änderte das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es der Klage zur Gänze stattgab. Es verwarf die Beweisrüge des Klägers und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes zur Gänze als unbedenklich.

In rechtlicher Hinsicht ließ es das Vorliegen einer Klagsänderung dahingestellt und führte aus, daß jedenfalls der Beklagte durch Bestreitung des neuen Vorbringens seine schlüssige Einwilligung zu einer allfälligen Klageänderung gegeben hätte.

Es entspreche der ständigen Judikatur, daß ein den Lebensverhältnissen der Eltern sowie den Anlagen und Fähigkeiten des Kindes entsprechendes Studium den Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit hinausschiebe. Die Unterhaltspflicht der Eltern bleibe also bestehen, wenn das Kind ein seinen Fähigkeiten entsprechendes Studium aufnehme, dieses Studium ernsthaft und zielstrebig betreibe und den Eltern bzw dem geldunterhaltspflichtigen Elternteil nach ihren (seinen) Einkommens- und Vermögensverhältnissen eine Beteiligung an den Kosten des Studiums möglich und zumutbar sei (SZ 51/90 ua; 3 Ob 4-8/92; 5 Ob 1554/92). Eine weitere Voraussetzung des Fortbestehens der Unterhaltspflicht werde darin erblickt, daß die Weiterbildung verwertbar sei, also eine Berufsqualifikation verspreche, die der Selbstverwirklichung des Kindes und der Schaffung einer soliden Existenzgrundlage diene (vgl Eypeltauer, Die Kriterien zur Bestimmung der dem Kind zustehenden Ausbidung, ÖA 1988, 91 mit dem Hinweis auf EF 55.661; 3 Ob 4-8/92; 5 Ob 1554/92). Alle diese Kriterien könnten grundsätzlich auch auf ein Auslandsstudium zutreffend (5 Ob 1554/92).

Die Strenge der Zielstrebigkeitskriterien sei verkehrt proportional zur Einkommenshöhe beim Unterhaltspflichtigen anzusetzen. Auch ein einmaliger Studienwechsel gefährde den Unterhaltsanspruch nicht, wenn er aus gerechtfertigten Gründen - wenn auch erst nach drei Jahren Erststudium (EF 71.576) - erfolge (Schwimann, Unterhaltsrecht 72 f mwN).

Die Besonderheit des vorliegenden Falles liege darin, daß der Kläger das Studium an der SIU zunächst aufgenommen habe, um den ausländischen Studienteil im Sinne der für sein Studium geltenden Studienordnung zu absolvieren, sich im Zuge des Auslandsstudiums aber entschlossen habe, dieses zu beenden und das Diplom eines Masters zu erwerben. Darin sei jedenfalls ein Studienwechsel (und kein Doppelstudium) zu erblicken. Daß der Kläger diesen erst nach Ablauf von zwei Jahren vorgenommen habe, sei noch als entschuldbare Fehlleistung zu werten. Derzeit komme es somit auch nicht darauf an, ob die vom Kläger in London abgelegten Prüfungen in Österreich vom Vorsitzenden der Studienkommission bei Gleichwertigkeit anerkannt würden. Mit der Aufnahme des Marketingstudiums an der SIU in London, einer in Großbritanien anerkannten postsekundären Bildungseinrichtung, welche für die Studienrichtung Marketing führend und sehr bekannt sei, habe der Kläger eine Studienrichtung an einem Studienort gewählt, die einer der Schaffung der Existenzgrundlage dienende Berufsqualifikation verspreche. Allfällige Schwierigkeiten bei der Anerkennung des vom Kläger zu erwerbenden beabsichtigten ausländischen Diploms im Inland würden dadurch aufgewogen, daß gerade im Fach Marketing (Duden: "Ausrichtung eines Unternehmens auf die Förderung des Absatzes") Berufschancen in der freien Wirtschaft in der Europäischen Union eröffnet würden und Erfahrung im englischsprachigen Ausland von großem Nutzen sein könne. Demnach sei der Beklagte, der sich lediglich gegen den Aufenthalt des Klägers im Ausland wende, grundsätzlich für das vom Kläger in London betriebene Marketingstudium unterhaltspflichtig.

Wegen des Hochzeitsdatums der Tochter (1991) könne das Heiratsgut für diese den Unterhaltsanspruch des Klägers nicht schmälern, hätte doch der Beklagte als pflichtbewußter Familienvater diesen Betrag bereits seit der Hochzeit ansparen müssen.

Aufgrund der derzeitigen Lebensumstände des Klägers sie auch die Mutter geldunterhaltspflichtig. Nach der Prozentkomponente habe er Anspruch auf 22 % minus je 2 % für die beiden über 10 Jahre alten Kinder des Beklagten und somit 18 % des Einkommens seines Vaters und auf 22 % des Einkommens seiner Mutter; dabei errechne sich ein Unterhaltsanspruch von rund S 13.200 (etwa 2,4 fache des Regelbedarfes) an den Vater und von rund S 6.500 an die Mutter.

Diese Leistungsgrenzen könnten bei der gegenständlichen Sachlage jedoch überschritten werden, weil der Kläger im Hinblick darauf, daß er bei seinem Studium in London die jeweils maximale Anzahl an Kursen belegt habe, besonders förderungswürdig erscheine und die die Leistungsgrenzen übersteigenden Kosten einen Sonderbedarf darstellten. Entgegen der Auffassung des Beklagten habe sich der Kläger auch auf einen "erhöhten" Unterhaltsanspruch gestützt. Aufgrund der Einkommensverhältnisse sei der Gesamtunterhaltsbedarf des Klägers von S 27.200 im Verhältnis von 3 : 1 (Vater : Mutter) auf die Eltern aufzuteilen. Daraus errechne sich ein vom Beklagten zu tragender Unterhaltsbeitrag einschließlich Sonderbedarf von rund S 20.000.

Die Leistungsfähigkeit des Vaters sei auch für den die Prozentkomponente überschreitenden Unterhaltsbedarf des Klägers gegeben. Nach Abzug dieses Betrages verbleibe ihm ein Betrag von S 53.000, der jedenfalls zur Deckung seiner Bedürfnisse sowie der Bedürfnisse seiner beiden anderen Söhne ausreiche.

Die Abänderung des Ersturteils sei auch ohne Einhaltung des Vorganges nach § 473a ZPO auf der gegebenen Entscheidungsgrundlage möglich gewesen, weil die für die Urteilsabänderung maßgeblichen Fakten zum Teil als unstrittig anzusehen gewesen seien, zum anderen aber jedenfalls Gegenstand der Erörterung in der Berufung, sodaß der Beklagte darauf in der Berufungsbeantwortung replizieren habe können.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei, und begründete dies damit, daß Rechtsfragen von der nach § 502 Abs 1 ZPO geforderten besonderen Qualifikation nicht zu lösen gewesen seien.

Dieses Urteil bekämpft der Beklagte mit seiner auf unrichtige rechtliche Beurteilung gestützten außerordentlichen Revision, mit der er die Abänderung der Urteile der Vorinstanzen dahin begehrt, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. Hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil zwar entgegen der Ansicht des Revisionswerbers nicht gesagt werden kann, das Berufungsgericht sei im Ergebnis von den Entscheidungen EFSlg 74.035, 80.027 und 80.064 abgewichen, es aber an einer Rechtsprechung dazu fehlt, unter welchen Voraussetzungen ein Unterhaltsberechtigter Anspruch auf die durch ein Auslandsstudium erwachsenden Mehrkosten hat. In der Entscheidung 5 Ob 1552/92 (EFSlg 68.548) hat der Oberste Gerichtshof nur ausgesprochen, daß die Wahl eines ausländischen Studienortes für sich allein kein Grund sei, einem Maturanten aus vermögendem Elternhaus die gesetzlichen Unterhaltsansprüche streitig zu machen, was sich schon aus der vorhandenen Judikatur völlig eindeutig herauslesen lasse (EFSlg 56.559). In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die Tochter des Unterhaltspflichtigen ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt gewählt. Schon in dieser Entscheidung hatte der Oberste Gerichtshof die Frage der Mehrkosten des Auslandsstudiums als einzige von erheblicher Bedeutung für die Rechtsentwicklung bezeichnet, diese aber deshalb nicht zu beantworten gehabt, weil es dem Revisionswerber damals gerade nicht um diese Mehrkosten gegangen war. Auch seither wurde diese Frage in der höchstgerichtlichen Judikatur nicht entschieden.

Die Revision ist auch berechtigt.

Die im Rahmen der Ausführungen zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision behauptete Verletzung des § 473a ZPO durch das Berufungsgericht ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil der Revisionswerber zwar vorbrachte, es sei die nach dieser Gesetzesstelle vorgesehene Mitteilung unterblieben, es aber unterließ darzulegen, welche Mängel von Tatsachenfeststellungen oder der Beweiswürdigung des Erstgerichtes oder des Verfahrens erster Instanz er im Falle einer solchen Mitteilung gerügt hätte. Er vermag daher keinen wesentlichen Verfahrensmangel des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 ZPO darzustellen.

Nicht berechtigt ist auch der Vorwurf, das Berufungsgericht sei zu Unrecht von einem Studienwechsel und nicht von einem Doppelstudium ausgegangen. Auch wenn der Kläger die Aufnahme seines Studiums in London ursprünglich damit begründet hatte, er wolle die im Rahmen seines Innsbrucker Universitätsstudiums vorgeschriebenen Auslandssemester absolvieren, steht fest, daß er nunmehr die Absolvierung eines vollen Studiums an der SIU in London anstrebt und auch den abschließenden Grad eines Masters erwerben will. Spätestens ab dem (nicht näher festgestellten) Zeitpunkt dieser Willensänderung liegt daher in Wahrheit ein Studienwechsel vor, weil offensichtlich die Inskription in Innsbruck nur pro forma aufrecht erhalten wird, was schon daraus abzuleiten ist, daß von keiner Seite behauptet wurde, der Kläger würde auch nur irgendwelche Anstalten treffen, tatsächlich an der Universität Innsbruck Lehrveranstaltungen zu besuchen oder Prüfungen abzulegen. In diesem Zusammenhang mißdeutet auch der Revisionswerber den Leitsatz der Entscheidung des LGZ Wien EFSlg 31.182. Demnach versteht dieses Gericht unter einem Zweitstudium ein solches, das vom Unterhaltsberechtigten nach Abschluß des Erststudiums aufgenommen wurde. Davon kann im vorliegenden Fall aber keine Rede sein. Auf die in der Revision aufgeworfene Frage, ob der Studienwechsel des Klägers so rechtzeitig erfolgt ist, daß nach der Rechtsprechung sein Unterhaltsanspruch aufrecht bleibt, kommt es in Wahrheit gar nicht an. Wie zu zeigen sein wird, liegen nämlich die Voraussetzungen dafür, daß der Beklagte verpflichtet wäre, die durch das Auslandsstudium bedingten Mehrkosten mitzufinanzieren, nicht vor.

Soweit sich der Revisionswerber gegen die Ausführungen des Berufungsgerichtes in seiner rechtlichen Beurteilung wendet, wonach gerade im Fach Marketing Berufschancen in der freien Wirtschaft in der Europäischen Union eröffnet würden und Erfahrung im englischsprachigen Ausland von großem Nutzen sein können, und daran kritisiert, daß mit dieser nicht durch Beweisergebnisse gestützten Behauptung Feststellungsmängel des Erstgerichtes zu sanieren versucht worden seien, ist ihm zu erwidern, daß offenkundig das Berufungsgericht damit lediglich einen Satz in der Entscheidung 5 Ob 1554/92 (insoweit nicht veröffentlicht in EFSlg 68.548) abwandelt. In dieser Entscheidung war Ähnliches über das an einer deutschen Universität studierte Fach Betriebswirtschaftslehre gesagt worden. In Wahrheit vermag der Revisionswerber dagegen auch keine fundierten Einwendungen zu erheben.

Seine Revision ist aber ohnehin aufgrund nachfolgender Überlegungen gerechtfertigt:

Wie der Oberste Gerichtshof zuletzt in ÖA 1998, mit Hinweis auf RIS-Justiz RS0047539; sowie RZ 1995/30, SZ 63/81 ua 27 F 151 ausführte, ist der Sonder- oder Individualbedarf jener Bedarf, der dem unterhaltsberechtigten Kind infolge Berücksichtigung der bei der Ermittlung des Regelbedarfs bewußt außer acht gelassenen Umstände erwächst und der durch Momente der Außergewöhnlichkeit, Dringlichkeit und Individualität bestimmt wird. Unter Berufung auf Schwimann, Unterhaltsrecht1 29 wird der Ausnahmecharakter der gesonderten Abgeltung von Sonderbedarf betont (ebenso derselbe in der 2. Auflage 34). Umstritten ist in Lehre und Rechtsprechung allerdings, ob als Vergleichswert für den Sonderbedarf der Regel- oder Allgemeinbedarf herangezogen werden kann (Nachweise bei Schwimann, Unterhaltsrecht2 33; entgegen der Ansicht dieses Autors kann aber aus ÖA 1998, 27 F 151 nicht abgeleitet werden, daß der 1. Senat dem Autor gefolgt wäre, vielmehr wird in dieser Entscheidung Regel- oder Allgemeinbedarf in diesem Zusammenhang gleichgesetzt, während nach Schwimann der Allgemeinbedarf hauptsächlich von der Prozentberechnung geprägt ist). Auf diese Kontroverse näher einzugehen erübrigt sich aber, weil im vorliegenden Fall der vom Kläger geforderte Unterhalt weit über dem Regelbedarf (für 1996 S 5.500), aber auch dem Prozentunterhalt, wie er ihm bei der letzten Unterhaltsfestsetzung zugesprochen wurde, liegt. Nach ständiger Rechtsprechung kann aber Sonderbedarf nur dann (als vom Unterhaltspflichtigen zu ersetzen) anerkannt werden, wenn er aus gerechtfertigten Gründen entstanden ist (Nachweise bei Schwimann aaO 34 FN 144).

Völlig zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß nach der ständigen Judikatur ein den Lebensverhältnissen der Eltern sowie den Anlagen und Fähigkeiten des Kindes entsprechendes Studium den Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit hinausschiebt (zuletzt etwa 3 Ob 254/98v). Diesem Rechtssatz liegt offenbar unausgesprochen die Tatsache zugrunde, daß in Österreich keine Studiengebühren zu zahlen sind. (Ebenso gehen für Deutschland Kappe/Engler [in Staudinger, BGB13 Rz 176 zu § 1610] davon aus, daß die Ausbildung an Schulen und Hochschulen meist kostenfrei sei, weshalb der wichtigste Bedarf bei der Berufsausbildung die Lebenshaltungskosten seien.) Wie dargelegt, betraf auch die Entscheidung EFSlg 68.548 ein Studium an einer deutschen Universität; Ausbildungskosten hätten daher dort (wohl) keine gesonderte Rolle spielen können.

Die Rechtsprechung hat sich dagegen bereits mit Berufsausbildungskosten an einem anderen Ort als dem Wohnort zu befassen und diese als ersatzfähigen Individualbedarf angesehen (SZ 63/121; 1 Ob 574/94 [die E ÖA 1997, 66 = EFSlg 80.027 betraf dagegen die Kosten eines Schulschikurses; in dieser E wird der Rechtssatz aus den vorzitierten E lediglich zitiert]). In der Entscheidung EFSlg 74.035 hatte der 1. Senat des Obersten Gerichtshofes die Kosten einer Privatschule für ein noch schulpflichtiges Kind nicht von vornherein aus den Fällen des vom Unterhaltsschuldner zu bestreitenden Sonderbedarfs ausgeschieden; die Minderjährige hatte behauptet, sie sei - wiewohl ausreichend begabt - bloß infolge ihrer psychischen Belastung durch familiäre Ereignisse und wegen eines Augenleidens außerstande, dem Unterricht in einer herkömmlichen Schule zu folgen, könne aber in dem nun gewählten Schultyp durchaus der bisherigen Schule gleichwertige Leistungen erbringen. Es habe (so der Oberste Gerichtshof) der Vater auch den mit dem Besuch der Privatschule verbundenen, zugestandenermaßen beträchtlichen Aufwand als Sonderbedarf seiner Tochter zu tragen, wenn die Minderjährige - die Richtigkeit ihrer Behauptungen vorausgesetzt - die Hochschulreife angesichts der besonderen Umstände auf diesem Wege besser erreichen könnte. In der Entscheidung ÖA 1998, 246 wurden als Gründe, die Schulgeld für eine Privatschule als Sonderbedarf anerkennen lassen, genannt: eine besondere Begabung des Kindes, die gerade durch den gewählten Schultyp gefördert werden kann; Unterbringung in einer fremdsprachigen Schule nach vorangegangenem langjährigen Auslandsaufenthalt des Kindes; besonderes berufliches Interesse und damit verbundener Wunsch des Kindes nach einem bestimmten Ausbildungsweg.

Wendet man diese Grundsätze sinngemäß auf ein Studium an einer ausländischen Privatuniversität (mit hohen Studiengebühren) an, so wird man eine ganz besonders ausgeprägte Begabung und Neigung des Unterhaltsberechtigten für das gewählte Studium und darüber hinaus verlangen müssen, daß eine vergleichbare Ausbildung an einer Universität, an der nicht ähnlich hohe Kosten auflaufen, nicht möglich ist. Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall nicht vor. Wenn es auch an der vom Kläger zunächst besuchten Universität in Österreich ein exakt gleiches Studium wie das London betriebene nicht gibt, steht doch fest, daß auch im Rahmen des vom Kläger selbst gewählten Studiums in Österreich die sogenannte "Ausrichtung internationales Management" auch internationales Marketing beinhaltet. Irgendwelche besondere Qualifikationen des Klägers wurden auch nicht bewiesen. Der Umstand, daß er sein Studium in London nunmehr rasch und offenbar erfolgreich absolviert, reicht für eine derartige Beurteilung nicht aus. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß der Kläger sein Begehren niemals darauf gestützt hat, er sei nicht in der Lage, das an der (gebührenfreien) Universität Innsbruck belegte Studium zu bewältigen, und sei daher, um einen akademischen Grad zu erlangen, gezwungen, ein Studium an einer gebührenpflichtigen Privatuniversität durchzuführen. Es braucht daher auch nicht geprüft zu werden, ob daraus die Berechtigung erhöhter Unterhaltsforderungen abgeleitet werden könnte.

Soweit der Kläger (in ON 17) auf seine besondere Sprachbegabung für Englisch hinweist, ist daraus für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, vielmehr muß eine solche Begabung geradezu als Voraussetzung für eine zielführende Ausbildung im englischsprachigen Raum angesehen werden.

Im übrigen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, daß etwa das ursprünglich (und auch derzeit noch) vom Kläger in Innsbruck inskribierte Studium (im Zusammenhang mit den beiden obligatorischen Auslandssemestern) nicht ebenso gute Berufschancen eröffnen würde wie das Studium des Klägers an einer Privatuniversität in London.

Keinesfalls kann unter unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten einem unterhaltsberechtigten Kind - ohne Einverständnis mit den unterhaltspflichtigen Eltern - die Wahl einer teuren Ausbildung an einer Privatuniversität freigestellt werden. Dies stünde in Widerspruch zu dem in der deutschen Lehre und Rechtsprechung zu Recht betonten Grundsatz, daß ein Studium nicht nur in angemessener Zeit, sondern auch sparsam durchgeführt werden muß (Köhler in MünchKommBGB3 Rz 19 zu § 1610 mN). Diesem Grundsatz widerspricht im übrigen das Verhalten des Klägers auch insoweit, als er gegenüber der billigsten Wohnmöglichkeit eine solche gewählt hat, die monatliche Mehrkosten von (nach derzeitigem Umrechnungskurs) nahezu S 8.000 mit sich bringt.

Insgesamt ergibt sich, daß der Kläger keine ausreichende Rechtfertigung für ein komplettes Auslandsstudium an einer gebührenpflichtigen Privatuniversität - ob für bloße Auslandssemester im Rahmen eines inländischen Studiums anderes gelten würde, braucht angesichts des Umstandes, daß nunmehr ein Studienwechsel vorliegt, nicht geprüft zu werden - erbrachte.

Aber auch andere Gründe für eine Unterhaltserhöhung liegen nicht vor. Berücksichtigt man, daß nach den Darlegungen des Berufungsgerichtes unter den gegenwärtigen Lebensumständen des Klägers beide Elternteile geldunterhaltspflichtig im Verhältnis von 3 : 1 zu Lasten des Vaters sind, dann hätten diese gemeinsam unter Einbeziehung des zuletzt für den Vater festgelegten Unterhaltsbetrages von S 11.000 deutlich mehr als das 2 1/2 fache des Regelbedarfes von S 5.500 an den Kläger zu leisten. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes kann nicht gesagt werden, daß von der Judikatur bei diesem Betrag verfügte dieser "Unterhaltsstop" eine Leistungsgrenze wäre. Vielmehr geht es um die Vermeidung einer Überalimentierung, es handelt sich also um eine aus Sicht des Unterhaltsberechtigten zu sehende Begrenzung, weshalb auch die von der Mutter zu leistenden Zahlungen einzubeziehen sind (Nachweise bei Schwimann, Unterhaltsrecht**2 32f). Da, wie dargelegt, das Auslandsstudium als ausreichender Grund für die Überschreitung der Angemessenheitsgrenze nicht in Betracht kommt, andere derartige Umstände aber weder behauptet noch festgestellt wurden, erweist sich, daß das gesamte Unterhaltserhöhungsbegehren unberechtigt ist.

Es war daher der Revision des Beklagten zur Gänze Folge zu geben.

Die Kostenentscheidungen stützten sich jeweils auf § 41 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 ZPO.

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