European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0060OB00130.23W.0830.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Unternehmens-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts, den gerichtlich bestellten Liquidator nicht abzuberufen, ebenso wie dessen Weigerung, dem Liquidator bestimmte Aufträge zu erteilen. Ein Weisungsrecht sei gesetzlich nicht vorgesehen, der Antrag daher unzulässig. Ein wichtiger Grund, der dafür spreche, dass vom bestellten Liquidator eine ordnungsgemäße und ungestörte Abwicklung ohne Nachteil für die Beteiligten nicht zu erwarten wäre, sei nicht vorgelegen.
[2] 2.1. Darauf, dass Streitigkeiten, welche Gegenstände zum GesbR‑Vermögen zählen, mittels Klage im streitigen Verfahren zwischen den Gesellschaftern auszutragen sind (RS0061907) und auch der Streit über die Verteilung des Gesellschaftsvermögens dort auszutragen ist (6 Ob 127/17w [ErwGr 3.1. ff]), hat schon das Rekursgericht hingewiesen.
[3] 2.2. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt – auch bei Fehlen von Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer bestimmten Frage – dann nicht vor, wenn sich für die vom Rechtsmittelwerber vertretene Rechtsansicht keine Anhaltspunkte aus den von ihm herangezogenen Normen ergeben (RS0042656 [T20]; 4 Ob 207/15t [ErwGr 3.]). Gleiches gilt, wenn Normen eine Regelung klar treffen oder klar nicht treffen (vgl 5 Ob 178/20t [ErwGr 2.2.]), sodass im Auslegungsweg ein anderes Ergebnis als jenes des Rekursgerichts, das mit der Lehre übereinstimmt, nicht ernstlich in Betracht kommt (vgl RS0042565 [insb T24, T54]; RS0102181).
[4] 2.3. Dies ist hier der Fall. Die Antragstellerin kann sich für ihre Ansicht, das Gericht könne einem Liquidator (noch dazu sehr allgemein gehaltene) Weisungen erteilen, auf eine konkrete, dies normierende Gesetzesstelle nicht berufen. Warum aus dem Recht des Gerichts, einen Liquidator zu bestellen oder aus wichtigem Grund abzuberufen, dessen Weisungsbefugnis dahin, wie der Liquidator diese Tätigkeit auszuüben habe (womit etwa auch die in ErwGr 1. genannten Fragen ins Außerstreitverfahren verlagert würden), resultieren sollte, kann die Antragstellerin, die sich bloß auf einen „Größenschluss“ beruft, nicht darlegen. Die Regelungen zur Liquidation orientieren sich an den §§ 145 ff UGB (Kalss/Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht2 [2017] Rz 2/245). In der Lehre ist anerkannt, dass in Bezug auf den Liquidator weder ein gerichtliches Weisungsrecht besteht noch die Gesellschafter das Weisungsrecht auf das Gericht übertragen können (Jabornegg/Artmann in Artmann, UGB I3 [2019] § 152 Rz 1.10; U. Torggler in Straube/Ratka/Rauter, UGB I4 § 152 Rz 8 [2011]; Warto in Straube/Ratka/Rauter, UGB I4 § 152 Rz 7 [2019]; Fellinger/Kalab in Zib/Dellinger, UGB II [2017] § 152 Rz 5, 16; zur GesbR Artmann in Fenyves/Kerschner/ Vonkilch, ABGB³ [2017] zu § 1216b Rz 18).
[5] 3. Die Frage, ob ein „wichtiger Grund“ für die Abberufung von Liquidatoren gegeben wäre, hängt so sehr von den Umständen des Einzelfalls ab, dass sie regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO bildet, der über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukäme (vgl RS0118175; 6 Ob 13/06i [ErwGr 1.]).
[6] Der Antragstellerin gelingt es aber nicht, aufzuzeigen, dass dem Rekursgericht bei seiner Einschätzung, ein (hinreichend) wichtiger Grund für die Abberufung der Liquidatorin sei nicht vorgelegen, eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre. Nach ihrem Vorbringen sollte die von den damaligen Eheleuten im Jahr 2008 gegründete GesbR (in deren Rahmen die in Allein- und gemeinsamem Eigentum der Eheleute stehenden Weingärten bewirtschaftet, der produzierte Wein unter einer Marke produziert, abgefüllt, gelagert und verkauft sowie auch ein Heurigenbetrieb und ein Veranstaltungslokal geführt worden waren) nach der privaten Trennung „weiterbestehen“, aber keine Umsätze mehr tätigen. Gleichzeitig wurden einvernehmlich zwei „weitere“ Betriebe gegründet (einer der Antragstellerin und einer des Antragsgegners). Die Streitteile sollen auch nach ihrem eigenen Vortrag die Übereinkunft getroffen haben, dass – nachdem der Weinvorrat mit 15. 5. 2020 erfasst worden war – „die Entnahmen“ festgehalten und „gegebenfalls an die Einzelbetriebe in einer monatlichen Sammelrechnung fakturiert werden sollten“. Die Antragstellerin betreibt jedenfalls seither – vereinbarungsgemäß – ihr Heurigenlokal im vormaligen Heurigenlokal der GesbR, der Antragsgegner seinen Einzelbetrieb (Weingut) am und mit dem Weingut der GesbR.
[7] Bei dieser dem Liquidator von den Gesellschaftern vorgegebenen Ausgangslage liegt in der Entscheidung des Rekursgerichts, den Liquidator nicht abzuberufen, keine Überschreitung des ihm eingeräumten Ermessensspielraums, zumal die Ermittlung des Werts der zum Stichtag 15. 5. 2020 festgehaltenen Weinbestände bereits bei einem Sachverständigen beauftragt und nicht ersichtlich ist, inwieweit die Ermittlung des Werts oder die Durchsetzung eines (Zahlungs-)Anspruchs gegenüber dem Antragsgegner gefährdet wäre. Auf das Argument, dass bei bestimmten Weinen ohne baldigen Verkauf eine Wertlosigkeit eintritt, wird im Revisionsrekurs nicht mehr eingegangen.
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