OGH 6Ob126/04d

OGH6Ob126/04d26.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Architekt DI Franz F*****, vertreten durch Dr. Herwig Jasbetz, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei I.***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Ferdinand J. Lanker, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 7.848,67 EUR, über die Revision und den Rekurs der beklagten Partei gegen das Urteil und den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 23. Februar 2004, GZ 1 R 268/03m-69, womit über die Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 10. September 2003, GZ 15 C 1997/00h-65, bestätigt und über die beklagte Partei eine Ordnungsstrafe verhängt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch der Kosten der Rechtsmittelbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der klagende Architekt schloss am 6. 7. 1994 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Architektenwerkvertrag über den Umbau und die Generalsanierung eines Hauses in Klagenfurt. Er führte die Planung und Ausschreibung durch und nahm Überwachungsaufgaben während der Bauarbeiten wahr. Die Übergabe des Bauwerks erfolgte im Dezember 1997.

Im Vorprozess 25 Cg 183/98w des Landesgerichts Klagenfurt ging es um eine restliche Honorarforderung des Klägers. Die Parteien schlossen am 11. 7. 2000 folgenden Vergleich:

"1) Die klagende Partei verpflichtet sich, gegenüber der beklagten Partei zur Ausstellung bzw. Zurverfügungstellung einer Bankgarantie, welche dem im heutigen Verhandlungsprotokoll einvernehmlich festgehaltenen Text vollinhaltlich zu entsprechen hat, wobei der diesbezügliche Protokolltext einen integierten Bestandteil dieses Vergleiches bildet, und zwar binnen 8 Tagen, wobei diese Bankgarantie direkt der Bank für Kärnten und Steiermark AG vorzulegen bzw. zu übermitteln ist.

2) Die beklagte Partei wiederum verpflichtet sich, der klagenden Partei binnen 14 Tagen nach Vorlage der im Punkt 1) des Vergleiches angeführten Bankgarantie bei der Bank für Kärnten und Steiermark AG, einen Pauschalbetrag in Höhe von S 210.000,-- (inklusive 20 % Mehrwertsteuer) zu bezahlen, und zwar auf das Konto des Klägers.

3) Die Streitteile halten einvernehmlich fest, dass die Verpflichtung des Klägers gemäß Pkt. 7.2 des Architektenvertrages vom 6. 7. 1994 (Beilage ./1) bis zum Ablauf der im Punkt 1) dieses Vergleiches angeführten Bankgarantie, somit bis einschließlich 30. 6. 2001, gegenüber der beklagten Partei aufrecht bleibt."

Der angesprochene Punkt 7.2 des Architektenwerkvertrags hat folgenden Inhalt:

"Der Architekt haftet nur für den von ihm verschuldeten Schaden. Im Falle der Inanspruchnahme kann der Architekt verlangen, dass er selbst mit der Beseitigung des Schadens beauftragt wird. Er verpflichtet sich darüber hinaus, nach der Abnahme des Umbaus an der Feststellung von Gewährleistungsansprüchen und der Überwachung von Gewährleistungsarbeiten für einen Zeitraum von 24 Monaten (gerechnet vom Zeitpunkt der Schlussabnahme) kostenlos mitzuwirken. Zur Absicherung dieser Verpflichtung wird ein Haftrücklass von 5 % der Auftragssumme auf die Dauer von 2 Jahren zurückbehalten, welche jedoch durch die Vorlage eines Bankgarantiebriefes ausbezahlt wird". Die Bank stellte am 14. 7. 2000 unter Zitierung des Punktes 7.2 des Architektenwerkvertrags eine Bankgarantie über 108.000 S aus. Die Zahlungsanforderung wurde bis spätetestens 30. 6. 2001 befristet. Am 3. 8. 2000 richtete die Beklagte an den Kläger folgendes Schreiben:

"1) Wie Sie wissen, werden bereits seit einem Zeitraum von 2 Jahren praktisch alle drei bis vier Moante Ausbesserungen an der Fassade des Gebäudes am W***** durchgeführt. Aber die Fassade weist nach wie vor immer wieder Risse auf und nunmehr haben bereits ganze Stücke von der Fassade abzufallen begonnen. ...

2) Alle Innenräume auf allen drei Etagen sind mit Rissen übersät. In einigen Räumen haben diese Risse bereits beängstigende Ausmaße erreicht und das führt zur Notwendigkeit der Durchführung von Ausbesserungsarbeiten in praktisch allen Räumlichkeiten des Gebäudes. Wir sind gezwungen, in drei Wohnungen Reparaturen durchzuführen, in welchen die Wände nicht nur mit Rissen und Schimmel übersät sind, sondern auch einzustürzen begonnen haben. Laut Expertenurteil wird uns die Reparatur ungefähr 70.000,-- ATS kosten ... Gemäß dem mit Ihnen abgeschlossenen Vertrag vom 6. 7. 1994 waren Sie verpflichtet, die für die Innen- und Außenarbeiten nötigen Anweisungen zu geben, den Lauf der Arbeiten bezüglich der Innen- und Außenfertigstellung zu kontrollieren und zu garantieren, dass diese Arbeiten fachgerecht durchgeführt würden. In Berücksichtigung des gegebenen, mit Ihnen abgeschlossenen Vertrages bitten wir Sie uns ehestmöglich schriftlich Ihre Erläuterung der Gründe für die nicht fachgerechte Durchführung der Arbeiten und auch Ihre Vorschläge für die Behebung angeführter Mängel zukommen zu lassen. Bei Nichterhalt einer Antwort werden wir gezwungen sein, Baufirmen für die Beseitigung der angeführten Mängel herbeizuziehen, wobei anschließend alle entstandenen Kosten bei Ihnen geltend gemacht werden ..."

Am 4. 8. 2000 forderte die Beklagte den Kläger auf, bis zum 8. 8. 2000 schriftliche Vorschläge, die ein Verzeichnis der Arbeiten, die der Kläger durchführen werde und den Durchführungszeitraum dieser Arbeiten enthalten müssten, für die Beseitigung der Mängel an den Türen, für die Beseitigung der Feuchtigkeit an den Wohnungs- und Bürowänden und für die Ausstattung des Daches mit Schneefanganlagen zu erstatten. Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 7. 8. 2000 wie folgt:

"... Der Punkt 7.2. meines Vertrages verpflichtet mich, bei der Behebung allfälliger Mängel mitzuwirken, d.h. Firmen zu veranlassen, allenfalls Arbeiten und Mängelbehebungen durchzuführen. Sie irren, wenn Sie meinen, es sei meine Angelegenheit irgend welche von Ihnen behaupteten Mängel zu beheben. Es ist Ihre Aufgabe, bestimmte Professionisten oder Ihren Generalunternehmer dazu aufzufordern, ganz bestimmte Maßnahmen zu setzen. Meine Aufgabe ist es, Sie dabei zu unterstützen.

Es müssen daher zunächst Ihre Wünche klar definieren und entscheiden, wen Sie auffordern wollen, bestimmte Maßnahmen zu setzen. Meiner Ansicht nach haben Sie sich in erster Linie an Ihren Generalunternehmer, die S***** zu wenden.

ad 1. Die Türe im ersten Obergeschoss wurde zuletzt von der Firma L***** bearbeitet. Es ist mir bisher nicht bekannt, dass es dort neuerdings Mängel geben soll.

ad 2. Ich kann dazu mangels Information nichts sagen. Sie müssen sich jedenfalls an Ihren Generalunternehmer S***** wenden. ad 3. "Schneefänger" - ich verweise auf diverse Stellungnahmen, einen absoluten Schutz gibt es nicht, ein mehr an Schneenasen muss von Ihnen selbst angeordnet und auch bezahlt werden.

Mit Herrn L***** habe ich telefoniert, auch ihm ist eine neuerliche Reklamation nicht bekannt. Mit Herrn F***** habe ich Kontakt aufgenommen und erwarte seinen Vorschlag, da er die Problematik genau studiert hat."

Die Beklagte löste am 9. 8. 2000 die Bankgarantie über 7.848,67 EUR ein. Mit diesem Betrag wurde das Konto des Klägers belastet. Mit seiner Klage vom 23. 8. 2000 fordert der Kläger den Garantiebetrag zurück. Die Beklagte habe die Bankgarantie voreilig und zu Unrecht in Anspruch genommen. Der Kläger sei seinen Verpflichtungen aus dem Architektenvertrag nachgekommen. Er habe keine Baumängel zu vertreten. Allfällige Gewährleistungsansprüche der Beklagten seien verjährt.

Die Beklagte wandte ein, sie habe die Bankgarantie zu Recht in Anspruch genommen. Der Kläger habe seine vertragliche Verpflichtung zur Feststellung von Gewährleistungsansprüchen und zur Überwachung von Gewährleistungsarbeiten verletzt. Der Kläger hafte infolge fehlerhafter Planung und unzureichender Bauleitung - er habe die Bauaufsicht gehabt - für die Mängel im Bereich der Türen, der Fassade und der Dachsicherung. Die Durchführung der Mängelbehebung erfordere einen Betrag von 58.138,27 EUR bzw 50.870,98 EUR. Die Beklagte wandte diese Beträge kompensationsweise als Gegenforderung ein. Das Erstgericht stellte im zweiten Rechtsgang die Klageforderung mit 7.848,67 EUR als zu Recht bestehend, die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend fest und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 7.848,67 EUR. Es traf ausführliche Feststellungen über den Architektenwerkvertrag, die Bauarbeiten in zwei Bauphasen, die Durchführung von Mängelbehebungsarbeiten und die Auseinandersetzung der Beklagten mit der Generalunternehmerin über Gewährleistungsansprüche und die diesen zugrundeliegenden Baumängel (Feststellungen des Erstgerichtes S 11 bis 31 in ON 65). Für das Revisionsverfahren bedarf es einer zusammenfassenden Wiedergabe der erstinstanzlichen Feststellungen nicht. Es genügt der eingangs wiedergegebene Sachverhalt.

Aus der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts ist kursorisch hervorzuheben, dass der Kläger keine Garantiezusage für die Mängelfreiheit der vom Generalunternehmer veranlassten Bauarbeiten abgegeben habe. Die gegebene Bankgarantie habe nur die Mitwirkung des Klägers im Rahmen der Mängelfeststellung und bei der Mängelbehebung zu gewährleisten gehabt. Die Abrufung der Bankgarantie sei zu Unrecht erfolgt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und verhängte wegen beleidigender Äußerungen der Beklagten in ihrer Berufung über diese eine Ordnungsstrafe von 500 EUR. Das Berufungsgericht übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und beurteilte den Sachverhalt rechtlich im Wesentlichen dahin, dass das Wesen der Bankgarantie darin liege, auf die bloße Behauptung hin, der Garantiefall sei eingetreten, dem Begünstigten Zahlung zu verschaffen und seinen Vertragspartner auf den Weg der Rückforderungsklage zu verweisen. Was als Sicherungszweck vereinbart wurde, sei aus dem Text der Garantie zu erschließen. Die Garantie sei nur für den Haftrücklass ausgestellt worden. Sie bezwecke hier nicht unmittelbar die Absicherung von Gewährleistungsansprüchen selbst, sondern diene der Durchsetzung des Anspruchs der Beklagten, wie er im Punkt 7.2 des Architektenwerkvertrags umschrieben sei. Es sollte die Verpflichtung des Klägers, nach Übergabe des Bauwerkes an der Feststellung von Gewährleistungsansprüchen und der Überwachung von Gewährleistungsarbeiten mitzuwirken, gesichert werden. Dieser Verpflichtung sei der Kläger aber auch in ausreichendem Maße nachgekommen. Er habe sich nach Erhalt der Schreiben der Beklagten vom 3. 8. und 4. 8. 2000 mit den ausführenden Firmen in Verbindung gesetzt. Eine Verpflichtung des Klägers zur regelmäßigen Kontrolle des Bauwerks und zur selbständigen Behebung von Mängeln sei nicht vereinbart worden. Im vorliegenden Verfahren komme es nicht darauf an, ob und inwieweit der Kläger einzelne Mängel zu vertreten habe. Seinem Schreiben vom 7. 8. 2000 sei zu entnehmen, dass er willens gewesen sei, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen. Der Abruf der Bankgarantie sei zu Unrecht erfolgt.

Im Ergebnis habe das Erstgericht die Gegenforderung zurückgewiesen. Die Beklagte hätte ihre Gegenforderung substanziieren (konkretisieren) müssen. Die einzelnen Gegenansprüche hätten ziffernmäßig bestimmt werden müssen. Die gebotene Aufschlüsselung könne auch nicht durch eine Parteienvernehmung oder einzelne Beweisergebnisse ersetzt werden. Die Beklagte habe nur vorgebracht, dass die Kosten für die Behebung sämtlicher Mängel 58.138,27 EUR ausmachten. Eine Verletzung der Anleitungspflicht gemäß § 182 ZPO durch das Erstgericht habe die Beklagte nicht als Mangelhaftigkeit des Verfahrens gerügt. Mangels hinreichender Konkretisierung und ziffernmäßiger Bestimmung der Gegenforderung seien Beweisaufnahmen und Feststellungen (über die behaupteten Mängel) nicht erforderlich gewesen.

Über die Beklagte sei gemäß § 86 ZPO eine Ordnungsstrafe wegen beleidigender Ausfälle in der Berufung zu verhängen gewesen (das Berufungsgericht zitiert dazu aus der Berufung mehrere Passagen, beispielsweise die Äußerung, dass eine Erklärung der Erstrichterin "absoluter Nonsens" sei, oder dass die Vorgangsweise der Richterin "zu einer Verschleierung von Fakten und zu Versuchen, Lügen als Wahrheit hinzustellen", führe). Das beleidigende Berufungsvorbringen übersteige den Rahmen sachlich berechtigter Kritik. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zum Umfang "einer derartigen Haftrücklassgarantie" eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Mit ihrer Revision beantragt die Beklagte die Abänderung dahin, dass das Klagebegehren abgewiesen werde, hilfsweise die Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen zur Verfahrensergänzung. Mit ihrem Rekurs beantragt die Beklagte die ersatzlose Aufhebung der Ordnungsstrafe.

Der Kläger beantragt, der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben.

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig. Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur Revision:

Die angefochtene Entscheidung steht im Einklang mit der oberstgerichlichen Rechtsprechung. Die Revision zeigt keine erheblichen Rechtsfragen auf:

1. Mit der relevierten Frage "zum Umfang einer Haftrücklassgarantie" kann sinnhafterweise nur die Frage gemeint sein, für welchen Sachverhalt und Rechtsgrund die Bankgarantie gegeben wurde und ob sie zu Unrecht abgerufen wurde oder nicht. Ersteres steht hier nicht nur nach den getroffenen Feststellungen, sondern schon aufgrund der Außerstreitstellung der Parteien fest, dass nämlich die Bankgarantie der Besicherung der Ansprüche der Beklagten aus Punkt 7.2 des Architektenwerkvertrags dient. Die Beklagte durfte daher die Garantie ohne Rechtsmissbrauch nur in dem Fall abrufen, wenn der Kläger seine Verpflichtung verletzt hätte, nach Abnahme des Bauwerks an der Feststellung von Gewährleistungsansprüchen und der Überwachung von Gewährleistungsarbeiten mitzuwirken. Allein diese Frage entscheidet über die Berechtigung des Rückforderungsanspruchs des Klägers.

2. Ob "eine Garantie für einen anderen als den darin genannten Sicherungszweck verwendet werden kann", ist im Gegensatz zur Auffassung der Revisionswerberin keine erhebliche Rechtsfrage. Ein derartiger Abruf für einen anderen Zweck ist vertragswidrig und rechtsmissbräuchlich. Dem Begünstigten steht in einem solchen Fall kein Anspruch auf die gesicherte Leistung zu. Der Auftraggeber hat in analoger Anwendung des § 1431 ABGB einen Bereicherungsanspruch auf Rückerstattung (SZ 73/10; RIS-Justiz RS0106545).

3. Der Umfang der Mitwirkungspflicht des Klägers hängt von den festgestellten Umständen des Einzelfalls ab und kann schon deshalb grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage auslösen. Es bedarf der Auslegung der beiden Aufforderungsschreiben der Beklagten und der Antwort des Klägers. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass der Kläger seine Mitwirkung nicht endgültig abgelehnt hat und der Abruf der Bankgarantie jedenfalls zu früh erfolgte, ist nicht als Fehlbeurteilung zu beanstanden. Der Kläger hat in seiner Antwort zutreffend darauf verwiesen, dass ihn selbst keine Mängelbehebungsverpflichtung, aber auch nicht die Verpflichtung trifft, alleine für eine Auftragserteilung an Professionisten zur Mängelbehebung zu sorgen. Unter "Mitwirkung" ist ein gemeinsames Vorgehen der Parteien zu verstehen. Insbesondere das Schreiben der Beklagten vom 4. 8. 2000 bedeutet im Ergebnis einen Versuch, dem Kläger die alleinige Abwicklung der behaupteten Gewährleistungsfälle zu überwälzen. Berechtigt war lediglich die Aufforderung zu einer Befundaufnahme. Eine solche hat der Beklagte aber nicht abgelehnt und auch schon vorbereitende Schritte durch Kontaktaufnahme mit den Professonisten gesetzt. In jedem Fall war schließlich die von der Beklagten am 4. 8. 2000 gesetzte Frist (bis zum 8. 8. 2000) viel zu kurz, um von einem Verstoß des Klägers gegen seine Mitwirkungspflicht ausgehen zu können.

4. Zur Gegenforderung der Beklagten:

Das Berufungsgericht hat im Einklang mit der oberstgerichtlichen Rechtsprechung den Kompensationseinwand als unschlüssig qualifiziert, weil er pauschal erhoben wurde, ohne den geltend gemachten Mängelbehebungsaufwand auf die zahlreichen relevierten Baumängel detailliert aufzuschlüsseln. Genauso wie es bei der Klagehäufung erforderlich ist, die einzelnen Ansprüche aufzugliedern, um dem Bestimmtheitserfordernis des § 226 ZPO zu entsprechen (Rechberger/Frauenberger in Rechberger ZPO2 Rz 4 zu § 227 mwN), sind Gegenforderungen ziffernmäßig aufzuschlüsseln und es ist bei jeder einzelnen Gegenforderung der Sachverhalt zu konkretisieren (3 Ob 570/89; 8 ObA 182/97s). Wenn mehrere Ansprüche nicht im Einzelnen ziffernmäßig bestimmt und individualisiert werden, ist das Begehren unschlüssig (10 Ob 24/01d uva). Die Ermittlung der auf die einzelnen Ansprüche entfallenden Beträge kann auch nicht dem Beweisverfahren, insbesondere einem aufzunehmenden Gutachten, überlassen werden (8 Ob 341/97y). Die Revisionswerberin releviert erstmals im Revisionsverfahren eine Verletzung der richterlichen Anleitungspflicht nach § 182 ZPO und macht einen Verfahrensmangel erster Instanz geltend. Ein solcher Mangel ist jedoch zu verneinen, weil der Kläger im Verfahren erster Instanz mehrfach auf die fehlende Individualisierung der pauschal erhobenen Gegenforderungen hingewiesen hat (ON 60 und 63). In einem solchen Fall bedurfte es keiner richterlichen Anleitung der anwaltlich vertretenen Beklagten zur Schlüssigmachung der Gegenforderungen (1 Ob 1030/95; vgl auch 1 Ob 356/98d = SZ 72/28).

5. Da die Beklagte dem Rückforderungsanspruch des Klägers nur eine unschlüssige Gegenforderung entgegensetzte, erübrigt sich eine Stellungnahme zu den Revisionsausführungen zum Thema der Baumängel und der Haftung des Klägers. Anzumerken ist bloß, dass es den breit ausgeführten Revisionsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung nicht gibt (§ 503 ZPO). Der Oberste Gerichtshof ist nicht Tatsacheninstanz, sondern Rechtsinstanz.

II. Zum Rekurs gegen die Ordnungsstrafe:

Das Berufungsgericht hat die festgestellten zahlreichen beleidigenden Ausfälle der Beklagten in ihrer Berufung gemäß § 86 Abs 1 ZPO mit einer angemessenen Ordnungsstrafe geahndet. Im Rekursverfahren wird ausdrücklich zugestanden, dass die Äußerungen vom Geschäftsführer der Beklagten stammen und über dessen Wunsch in die Berufung aufgenommen wurden. Das Berufungsgericht war zur Strafverhängung zuständig (Gitschthaler in Rechberger ZPO2 Rz 6 zu § 86 mwN) und hat den ihm vom Gesetz eingeräumten Ermessensspielraum keineswegs überschritten. Auf eine allenfalls fehlende Beleidigungsabsicht kommt es nicht an (RIS-Justiz RS0036247; RS0036397), ebenso auch nicht darauf, dass die Formulierungen von einem juristischen Laien (dem Geschäftsführer der Beklagten) stammen (1 Ob 181/98v). Gegen die Ordnungsstrafgewalt der Gerichte wegen Beleidigungen bestehen auch keine verfassungsrechtlichen (§ 10 MRK) Bedenken (RIS-Justiz RS0036302). Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch der Kosten der Rechtsmittelbeantwortung war abzuweisen, weil auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen wurde. Das Rekursverfahren über die Ordnungsstrafe ist ein einseitiges.

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