European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00125.22H.0829.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
[1] Die Vorinstanzen untersagten der Zweitbeklagten mit einstweiliger Verfügung jede entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung und Belastung der Geschäftsanteile an ihrer Tochtergesellschaft, soweit diese einen Anteil von 50 % übersteigen, weiters die Ausübung des Kündigungsrechts und eine Beschlussfassung über deren Auflösung. Allein das überdies begehrte Verbot der Ausübung von Gesellschafterrechten wurde nicht erlassen.
Rechtliche Beurteilung
[2] Der Kläger kann dazu in seinem außerordentlichen Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage darlegen.
[3] 1. Nach ständiger Rechtsprechung muss der von der gefährdeten Partei behauptete und mit einstweiliger Verfügung zu sichernde Anspruch genau bezeichnet werden (RS0005210), zumal sich – mit Blick auf das auch im Sicherungsverfahren zu beachtende Antragsprinzip (8 Ob 159/18t [ErwGr 1.]; König/Weber, Einstweilige Verfügungen6 [2022] Rz 6.64) – die einstweilige Verfügung auf die Sicherung des konkret behaupteten Anspruches zu beschränken hat (8 Ob 671/87). Mangelt es an der erforderlichen bestimmten Bezeichnung des behaupteten Anspruchs, ist der Sicherungsantrag abzuweisen (3 Ob 223/03w).
[4] Zwar kann im Allgemeinen dann, wenn die einstweilige Verfügung – wie hier – in der Klage beantragt wird, hinsichtlich „des Anspruchs“ ein ausdrücklicher oder schlüssiger Verweis auf das Vorbringen zum Anspruch in der Klage genügen (König/Weber aaO Rz 6.6). Dies kann bei mehreren zu sichernden Ansprüchen allerdings nur dann gelten, wenn sich die Zuordnung des (jeweils) zu sichernden Anspruchs in Ansehung verschiedener Sicherungsbegehren (jeweils) als auf der Hand liegend ergibt (vgl zur Ergänzung des Provisorialantrags durch das in der spätestens gleichzeitig eingebrachten Klage erstattete Tatsachenvorbringen, soweit eindeutig erkennbar ist, dass bestimmte Tatsachenbehauptungen gleichzeitig auch zur Grundlage des Provisorialantrags gemacht werden sollen, RS0005231 [T8, T9]). Lassen sich (dagegen) aus dem behaupteten Sachverhalt mehrere Ansprüche ableiten, sind jene, hinsichtlich derer die Sicherung oder Regelung begehrt wird, bestimmt zu bezeichnen (König/Weber aaO Rz 6.5 mwN).
[5] 2. Das Rekursgericht begründete die Bestätigung der (Teil-)Abweisung damit, dass sich die Klage gegen die Zweitbeklagte aus zwei Hauptbegehren (Feststellung der Haftung für künftige Schäden, Abtretung von Geschäftsanteilen), aus einem ersten Eventualbegehren (Leistung Zug um Zug) und aus einem weiteren Eventualbegehren (Feststellung der Unwirksamkeit des Abtretungsvertrags vom 23. 12. 2021 und Unterlassung der Ausübung von Gesellschafterrechten) zusammensetze. Die Haupt- und Eventualbegehren schlössen einander nicht aus, sodass auch die Eventualbegehren die mittels einstweiliger Verfügung zu sichernden Ansprüche enthalten könnten. Es finde sich aber weder im Sicherungsantrag noch in seiner Begründung „eine Aussage“, welcher der in die Klage aufgenommenen Ansprüche durch die begehrte einstweilige Verfügung gesichert werden solle.
[6] 3. Das Rekursgericht hat also ohnehin zugrunde gelegt, dass – soweit Hauptbegehren und Eventualbegehren einander nicht ausschließen – auch letztere sicherungsfähig sind (RS0004891). Wenn es hier bei vernetzter Betrachtung des Prozessvortrags des Klägers im verfahrenseinleitenden Schriftsatz in einzelfallbezogener Auslegung (RS0042828) zur Auffassung gelangte, es sei angesichts der gestellten (Mehrzahl an) Begehren unklar geblieben, welcher der in der Klage geltend gemachten Ansprüche durch die einstweilige Verfügung gesichert werden solle, vermag der Revisionsrekurs dazu keinen Korrekturbedarf aufzuzeigen. Der Kläger nahm im Antragsbegehren selbst auf die Frage des (konkret) zu sichernden (jeweiligen) Anspruchs überhaupt nicht Bezug, womit die Zuordenbarkeit der (einzelnen) Sicherungsanträge im Verhältnis zu den geltend gemachten Ansprüchen offen blieb.
[7] Weder lässt sich aus der in das Begehren aufgenommenen Zeitbestimmung („ab sofort bis zur rechtskräftigen Beendigung der unter Punkt II. angefügten Klage und gestellten Urteilsanträge“) unmissverständlich darauf schließen, dass sich der Sicherungsantrag auf sämtliche in die Klage aufgenommenen Ansprüche bezieht (und nicht etwa bloß auf die im Hauptbegehren oder aber in einem der Eventualbegehren geltend gemachten), noch aus dem (vom Fall losgelösten und) allgemein gehaltenen Antragsvorbringen zur Zulässigkeit der Sicherung von Feststellungsansprüchen oder den (abstrakten Ausführungen) zur „nicht engherzig“ vorzunehmenden Prüfung, ob sich „der im Provisorialverfahren zu sichernde Anspruch im Rahmen des mit der Klage erhobenen Anspruchs“ hält. Da auch der pauschale Verweis auf das gesamte Vorbringen der Klage zur Bestimmtheit des Provisorialantrags nichts beitragen konnte, sich die weitere Argumentation im Revisionsrekurs allein mit einer vermeintlich verfehlten Ansicht des Erstgerichts (nicht aber des Rekursgerichts) befasst und dem Rekursgericht darüber hinaus bloß zu Unrecht (hat es doch den Sicherungsantrag ohne weitere Ausführungen nur wegen mangelnder Bestimmtheit abgewiesen) vorgeworfen wird, es unterstelle dem Kläger zukünftig ein bestimmtes (mutwilliges) Vorgehen, ist der außerordentliche Revisionsrekurs, der insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage anspricht, zurückzuweisen.
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