OGH 6Ob124/05m

OGH6Ob124/05m14.7.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Wiener Neustadt zu FN ***** eingetragenen L***** mit dem Sitz in Guntramsdorf, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Gesellschaft und ihrer Geschäftsführer Mag. Werner W***** und Dr. Martin W*****, alle ***** alle vertreten durch Dr. Georg Prantl, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 18. April 2005, GZ 4 R 30/05v-18, womit der Rekurs der Gesellschaft gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 10. Jänner 2005, GZ 8 Fr 897/04t-14, zurückgewiesen und den Rekursen der beiden Geschäftsführer nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Beim Firmenbuchgericht ist ein Zwangsstrafenverfahren zur Erzwingung der Offenlegung des Jahresabschlusses zum 28. 2. 2003 anhängig. Das Erstgericht hatte die beiden Geschäftsführer der Gesellschaft mbH unter Androhung der Verhängung einer weiteren Zwangsstrafe im Betrag von jeweils 1.460 EUR neuerlich vergeblich aufgefordert, diesen Jahresabschluss beim Firmenbuchgericht einzureichen.

Nach ergebnislosem Ablauf der gesetzten Frist verhängte das Erstgericht die angedrohte Zwangsstrafe von je 1.460 EUR über die beiden Geschäftsführer und ordnete die Veröffentlichung seines Beschlusses nach Rechtskraft in Entsprechung der §§ 10 und 283 Abs 2 HGB an. Gleichzeitig forderte es die beiden Geschäftsführer neuerlich auf, binnen zwei Monaten nach Rechtskraft des Beschlusses den Jahresabschluss zur Offenlegung einzureichen, widrigens eine weitere Zwangsstrafe im Betrag von jeweils 2.300 EUR verhängt und der Beschluss über die verhängte Zwangsstrafe veröffentlicht werde.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der beiden Geschäftsführer nicht Folge und wies den Rekurs der Gesellschaft zurück. Es verneinte die Beteiligtenstellung und Rekurslegitimation der Gesellschaft im Zwangsstrafenverfahren unter Hinweis auf eine im Schrifttum (G. Kodek/G. Nowotny, Zur Parteistellung der Gesellschaft im Zwangsstrafenverfahren, NZ 2004, 165) vertretenen Auffassung, die mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in Widerspruch steht. Die Offenlegungspflicht treffe nach dem klaren Wortlaut des § 277 HGB (wie auch des § 14 HGB) nur die Organe der Gesellschaft, nicht aber die Gesellschaft selbst. Auch das Zwangsstrafenverfahren richte sich nicht gegen die Gesellschaft, sondern nur gegen die Organe. Anderes würde nur dann gelten, wenn sich der Gesetzgeber entschieden hätte, die Durchsetzung der Offenlegungspflicht durch gegen die Gesellschaft zu verhängende und zu vollstreckende Zwangsstrafen oder durch Exekution gegen die Gesellschaft gemäß § 354 EO zu gewährleisten. Materielle Parteistellung genieße nach herrschender Ansicht nur derjenige, über dessen Recht mit unmittelbarer Wirkung entschieden werde, nicht aber derjenige, der nur ein einfaches rechtliches Interesse daran habe und dessen Rechte oder Rechtsverhältnisse durch die Entscheidung nur mittelbar betroffen seien (Reflexwirkung). Daher reiche auch eine mögliche Belastung der Gesellschaft mit den Veröffentlichungskosten im Falle wiederholter Säumnis der Organwalter (§ 283 Abs 2 HGB, § 10 Abs 2 HGB) zur Begründung einer Beteiligtenstellung der Gesellschaft nicht aus. Im Übrigen könne auch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Argumenten des Rekurses der Gesellschaft zu keiner für sie günstigeren Entscheidung führen, wie bei der Erledigung des Rekurses der Geschäftsführer zu zeigen sei. Der Rekurs werte die Bestimmungen der §§ 10 und 283 Abs 2 HGB als nicht ausreichend bestimmbar im Sinn des Art 18 Abs 1 B-VG und damit als verfassungswidrig, weil sich diesen Bestimmungen nicht entnehmen lasse, welchen Umfang der zu veröffentlichende Text haben müsse und welche Information darin enthalten sein müsse und ob der Beschluss über die Verhängung der Zwangsstrafe sowohl in der Ediktsdatei als auch im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" zu veröffentlichen sei. Entgegen der im Rekurs vertretenen Auffassung seien die gesetzlichen Regelungen über die Veröffentlichung des Beschlusses über verhängte Zwangsstrafen eindeutig und ausreichend bestimmt. § 283 Abs 2 HGB sehe eine derartige Veröffentlichung vor, wenn die in seinem Abs 1 genannten Adressaten ihrer Vorlagepflicht nicht in der gesetzten Frist nachkommen. Nach § 10 HGB seien Eintragungen im Firmenbuch und sonstige vom Firmenbuchgericht vorzunehmende Veröffentlichungen in der Ediktsdatei (§ 89j GOG) und im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" bekannt zu machen. Mangels anderer gesetzlicher Vorschriften seien die Eintragungen ihrem gesamten Inhalt nach zu veröffentlichen, wobei die Veröffentlichung im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" tunlichst innerhalb von zwei Monaten nach Erteilung der Druckgenehmigung in leicht lesbarer Schrift vorzunehmen sei und auch in einer Beilage zusammengefasst werden könne. Da § 283 Abs 2 HGB idF BGBl I 98/2001 seit 1. 1. 2002 das Medium, in dem ein Beschluss über die verhängte Zwangsstrafe zu veröffentlichen sei, nicht mehr nenne, ergebe sich aus der klaren Regelung des § 10 Abs 1 HGB, dass die Veröffentlichung sowohl in der Ediktsdatei als auch im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" zu erfolgen habe. Die gesetzliche Regelung der Offenlegungspflicht diene dem Schutz der Rechte Dritter, vor allem der Gläubiger oder Vertragspartner der Gesellschaft, um ihnen sonst nicht zugängliche Informationen über die finanzielle Lage der Gesellschaft zu ermöglichen. Die Veröffentlichung des Zwangsstrafenbeschlusses stelle gegenüber den durch die Offenlegungspflicht geschützten Dritten klar, dass das Gericht seiner Verpflichtung zur amtswegigen Überwachung und Durchsetzung der Offenlegung nachgekommen sei. § 283 Abs 2 HGB über die Veröffentlichung des Strafbeschlusses sei im Zusammenhang mit der Verletzung der Offenlegungsvorschriften teleologisch - auch im Sinn einer europarechtskonformen Auslegung - dahin auszulegen, dass die Veröffentlichung ohne Nennung der persönlichen Namen der betroffenen Vertreter juristischer Personen oder deren sonstigen persönlichen Daten zu erfolgen habe. Es genüge der Hinweis, dass die Zwangsstrafe über die in § 283 Abs 2 HGB genannten Organe ohne weitere Konkretisierung dieser Person verhängt wurde. Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitserfordernis des Art 18 B-VG liege schon deshalb nicht vor, weil sich der Umfang der Veröffentlichung durch eine Interpretation nach dem Gesetzeszweck festlegen lasse. Der Antrag auf Anrufung des Verfassungsgerichtshofs wegen der im Rechtsmittel behaupteten Verfassungswidrigkeit der §§ 10 und 283 Abs 2 HGB werde aus den dargelegten Gründen zurückgewiesen. Die angefochtene Höhe der Strafe sei unbedenklich, § 283 Abs 2 HGB sehe die wiederholte Verhängung von Zwangsstrafen bis zu einem Höchstbetrag von 3.600 EUR vor; die Erhöhung der bereits einmal verhängten Zwangsstrafe von je 730 EUR um 100 % schöpfe die gesetzliche Höchstgrenze auch nicht annähernd aus und sei daher ebenfalls als angemessen zu werten, um jenen Druck zu erzeugen, der nach dem Willen des Gesetzgebers die Vorlagepflichtigen zur Erfüllung ihrer Verpflichtung veranlassen solle.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Rekursgericht sei zwar von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Rekurslegitimation der Gesellschaft im Zwangsstrafenverfahren abgewichen, habe aber den Rekurs der Gesellschaft auch inhaltlich geprüft. Im Ergebnis sei daher die Frage der Rekurslegitimation irrelevant.

Gegen die Rekursentscheidung richtet sich der gemeinsam erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Gesellschaft und ihrer Geschäftsführer mit dem Antrag, dass die Beschlüsse der Vorinstanzen ersatzlos behoben werden; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag zur Verfahrensergänzung gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Gesellschaft und ihrer Geschäftsführer ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zum Erfordernis der Veröffentlichung des Zwangsstrafenbeschlusses nach § 283 Abs 2 und § 10 Abs 1 HGB im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" und in der Ediktsdatei noch nicht Stellung genommen hat. Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

I. Zur Rechtsmittellegitimation der Gesellschaft:

Das Rechtsmittel beinhaltet einen auch namens der Kapitalgesellschaft selbst erhobenen Revisionsrekurs in einem Verfahren zur Durchsetzung der Offenlegungspflicht nach den §§ 277 ff HGB. Vor Prüfung seiner Berechtigung ist daher die Rechtsmittellegitimation der Gesellschaft zu untersuchen.

Der Senat bejaht in Fortsetzung der bisherigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung die Rechtsmittellegitimation der Gesellschaft im Zwangsstrafenverfahren wegen Verletzung der Offenlegungspflicht:

Nach den von G. Kodek/G. Nowotny (zur Parteistellung der Gesellschaft im Zwangsstrafenverfahren, NZ 2004, 165) vertretenen Thesen sei die Kapitalgesellschaft im Zwangsstrafenverfahren mangels rechtlichen Interesses weder Beteiligte noch materielle Partei, weil die Offenlegungspflicht nur ihre Organe treffe und darüber nur als Vorfrage ohne Bindungswirkung entschieden werde. Weder im § 14 HGB noch im § 277 HGB wurde eine unmittelbare Verpflichtung der Gesellschaft angeordnet. Die Gesellschaft treffe auch keine Haftung bei Verletzung der Offenlegungspflicht ihrer Organe. Es fehle auch am Rechtsschutzbedürfnis der Gesellschaft, weil ohnehin die Geschäftsführer Parteistellung hätten. Im Übrigen wäre zu prüfen, ob nicht an die Gesellschaft zu Handen des Organs zugestellt werden müsse. Nach § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG (neu) müsse für die Bejahung der Rekurslegitimation ein Eingriff in rechtlich geschützte Werte vorliegen. Dies sei hier mangels unmittelbarer Offenlegungspflicht der Gesellschaft zu verneinen. Dem ist Folgendes entgegen zu halten:

1. Die Parteistellung oder die Beteiligtenstellung der Kapitalgesellschaft ist hier schon nach dem neuen AußStrG BGBl I 2003/111 zu beurteilen, weil die Entscheidungen beider Vorinstanzen nach dem 31. 12. 2004 ergingen (§ 203 AußStrG). Im amtswegigen Zwangsstrafenverfahren ist der Parteibegriff des § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG maßgeblich. Danach ist Partei jede Person, soweit ihre rechtlich geschützte Stellung durch die begehrte oder vom Gericht in Aussicht genommene Entscheidung oder durch eine sonstige gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst würde. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 224 BlgNR 22. GP (abgedruckt in Fucik/Kloiber, AußStrG, 42) führen dazu aus:

„Nach Abs 1 Z 3 sind materielle Parteien nur solche Personen, deren rechtlich geschützte Stellung durch die gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst würde. Bloße Reflexwirkungen, die etwa dadurch entstehen, dass eine andere Person Rechte erwirbt, die zB den eigenen Haftungsfonds schmälern, sind keine solche unmittelbare Beeinflussung. Darüber hinaus wurde die Formulierung der „rechtlich geschützten Stellung" gewählt und nicht eine weitere, wie „Rechtsstellung" oder „rechtliches Interesse", um auch den einzelnen Verfahrenszweck als wichtigen Gesichtspunkt einfließen zu lassen. Ohne Zweifel ist etwa ein Vertragspartner oder die gegnerische Partei im Pflegschaftsverfahren von einer Vertrags- oder Klagegenehmigung unmittelbar beeinflusst. Wenn und weil aber das Pflegschaftsverfahren dazu da ist, die Interessen des Pflegebefohlenen, nicht die dritter Personen zu schützen, zeigt sich, dass Vertragspartner und Prozessgegner durch die genehmigende ebenso wie durch die abweisende Entscheidung nicht in ihrer rechtlich geschützten Stellung unmittelbar beeinflusst wurden, weil der Schutz ihrer rechtlichen Stellung gerade nicht Verfahrenszweck des Pflegschaftsverfahrens ist. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass mit diesem Parteienbegriff die bisherige Rechtsprechung, insbesondere zu § 9 AußStrG - aF, im Grundsätzlichen nicht geändert, sondern vielmehr fortgeschrieben werden soll".

2. Entsprechend dem Hinweis in den Gesetzesmaterialien auf die bisherige Rechtsprechung ist zunächst auf die Begründung der Entscheidung 6 Ob 9/94 zu verweisen, in der es um die Rekurslegitimation einer Gesellschaft mbH in einem Zwangsstrafenverfahren nach § 125 GmbHG wegen der Verletzung der Offenlegungspflicht nach § 14 HGB (Angaben auf Geschäftspapieren) ging. Obwohl das Gesetz auch dort nur eine Verpflichtung der Organe der Kapitalgesellschaft normiert, bejahte der Oberste Gerichtshof die „Offenlegung von Geschäftsdaten als unmittelbare Verpflichtung der Gesellschaft selbst". Dies lehnen G. Kodek/G. Nowotny (aaO) mit den Argumenten ab, dass weder im § 14 HGB noch im hier anzuwendenden § 277 HGB eine unmittelbare Verpflichtung der Gesellschaft angeordnet sei und dass die Kapitalgesellschaft keine Haftung treffe. Offenlegungspflichtig seien nur die Organe. Mit dieser Argumentation, die sich am reinen Wortlaut des Gesetzes orientiert und daraus die Organe als alleinige Adressaten der Handlungspflicht ableitet, wird der Gesetzeszweck im gebotenen europarechtlichen Zusammenhang ebenso vernachlässigt wie die weitere zu § 14 HGB gegebene Begründung in der zitierten Entscheidung 6 Ob 9/94:

„Ungeachtet dieser Formulierung mit dem Geschäftsführer als Subjekt des Satzes sollte nach dem erklärten Zweck einer Anpassung des inländischen Rechtes an das Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union kein Zweifel darüber bestehen, dass die gesetzliche Pflicht zur Angabe in Geschäftsbriefen nach § 14 HGB nicht etwa nur für organschaftlich gezeichnete Aussendungen der Gesellschaft, sondern für alle der Gesellschaft als Absenderin zurechenbaren Aussendungen angeordnet ist. § 14 Abs 1 HGB ist daher in berichtigender Auslegung so zu verstehen, als lautete sein erster Satz: 'Kapitalgesellschaften haben unter der Zwangsstrafenhaftung ihres Vorstands oder ihrer Abwickler (§ 258 Abs 1 AktG) bzw ihrer Geschäftsführer oder Liquidatoren (§ 125 GmbHG) auf allen Geschäftsbriefen... anzugeben'".

An dieser Begründung, die vom Obersten Gerichtshof auch für die Offenlegung nach § 277 HGB als maßgeblich erachtet wurde (6 Ob 101/99t und 6 Ob 214/00i, RIS-Justiz RS0112094), ist schon deshalb festzuhalten, weil auch die durch das EU-GesRÄG 1996 getroffenen österreichischen Offenlegungsvorschriften eine Umsetzung europarechtlicher Vorschriften bedeuten, nämlich der 1. und 4. gesellschaftsrechtlichen Richtlinien (1. Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 - Publizitätsrichtlinie; 4. Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. 7. 1978 - Bilanzrichtlinie), die ihrerseits auf Art 44 Abs 2 lit g EG beruhen. Die Richtlinien bezwecken die Koordination von Schutzbestimmungen, die den Gesellschaften in ihren Mitgliedsstaaten im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu halten. Art 6 der 1. Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, geeignete Maßnahmen für den Fall anzudrohen, dass die in Art 2 Abs 1 lit f der 1. Richtlinie vorgeschriebene Offenlegung der Bilanz- und der Gewinn- und Verlustrechnung unterbleibt. Nach mehreren Entscheidungen des EuGH haben die nationalen Gesetzgeber zur Durchsetzung der in den Richtlinien festgelegten Offenlegungsverpflichtungen der Gesellschaften, deren Haftung beschränkt ist, „geeignete Sanktionen" zu normieren (EuGH vom 4. 12. 1997, Slg 1997 I-6843 - Daihatsu; EuGH vom 29. 9. 1998, C-1991/95 , Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland). Wenn daher der österreichische Gesetzgeber, aus welchen Gründen immer, als Sanktion zur Durchsetzung der Offenlegungsverpflichtung keine über die Gesellschaft, sondern über ihre Organe zu verhängende Zwangsstrafe normiert und auch keine Haftung der Gesellschaft für die Einbringlichkeit dieser Strafen anordnet, ändert dies nichts an den europarechtlichen Vorgaben (vgl auch die Änderung der 1. Richtlinie durch die Richtlinie 2003/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003, deren erster Erwägungsgrund wiederum die Verpflichtung der Gesellschaften zur Offenlegung anspricht), dass die Gesellschaften selbst und auch unmittelbar die Offenlegungspflicht trifft, die sie naturgemäß nur durch ihre Organe erfüllen können. Die Säumigkeit des Organs ist der Gesellschaft ebenso zuzurechnen wie die Rechtsfolgen, nämlich dass über die Organe (Vorstandsmitglieder oder Geschäftsführer) Zwangsstrafen verhängt werden, auch wenn nur das Organ selbst haftungspflichtig ist. Der Gesetzgeber war offenkundig der Meinung, dass er damit eine verschärfte Sanktion zur Durchsetzung der Offenlegungspflichten normierte. Dies kann zwar bezweifelt werden, ist doch zumindest dann davon auszugehen, dass die Gesellschaft ihren Organen die von diesen bezahlten Zwangsstrafen ersetzt, wenn die Säumigkeit dem Willen der Gesellschaft entspricht.

Da der in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG für die Bejahung eines Eingriffs in eine „rechtlich geschützte Stellung" angeführte Verfahrenszweck hier in der Durchsetzung der Offenlegungspflicht der Gesellschaft liegt und die Offenlegung nach der Judikatur des EuGH der Information von jedermann (Gesellschafter, Gläubiger, allgemeines Publikum) dient, ist die materielle Parteistellung der Gesellschaft im Zwangsstrafenverfahren zu bejahen, auch wenn einzuräumen ist, dass zumindest auf den ersten Blick wegen des Gleichklangs der Interessen der Gesellschaft und ihrer mit Zwangsstrafen belegten Organe für eine kumulative Parteistellung und Rekurslegitimation kein offenkundiges Rechtsschutzbedürfnis besteht. Nicht undenkbar ist der Fall, dass ein mit Zwangsstrafe belegter Geschäftsführer einen Rekurs nicht erheben will. Über Gesellschafterweisung oder aber durch einen allenfalls vorhandenen zweiten allein vertretungsbefugten Gesellschafter wäre die Gesellschaft dann in der Lage, in dem sie betreffenden Zwangsstrafenverfahren Rekurs zu erheben.

3. Im Zusammenhang damit steht das Thema der Zustellung des Zwangsstrafenbeschlusses auch an die Gesellschaft sowie der Umfang der Rechtskraft des Zwangsstrafenbeschlusses:

G. Kodek/G. Nowotny (aaO) gehen von einem Unterbleiben der Zustellung an die Gesellschaft aus (offenkundig für den Fall, wenn nur an den Geschäftsführer ohne Nennung der Gesellschaft zugestellt wird) und leiten daraus ab, dass für die Gesellschaft die Rekursfrist nicht zu laufen beginne, der Zwangsstrafenbeschluss also nicht rechtskräftig werden könne (wenn man die von ihnen verneinte Rekurslegitimation der Gesellschaft bejahte). Dem ist entgegenzuhalten, dass der Strafbeschluss schon mit der Zustellung an das Organ auch der Gesellschaft zugestellt wird, ihr zumindest im Sinne des § 7 ZustG zukommt. Ist der Empfänger keine natürliche Person, so ist die Sendung dem befugten Vertreter zuzustellen (§ 13 Abs 3 ZustG), bei Kapitalgesellschaften also dem im Firmenbuch eingetragenen, zeichnungsberechtigten Vorstandsmitglied oder Geschäftsführer (§ 18 GmbHG; § 71 AktG). Ausgehend von der erläuterten Offenlegungspflicht der Gesellschaft ist die Zustellung des in ihrem Zwangsstrafenverfahren ergangenen Strafbeschlusses an die Gesellschaft durch die Zustellung an den Geschäftsführer bewirkt; es wäre ein unnötiger Formalismus, wegen des Rekursrechts des Geschäftsführers auch im eigenen Namen denselben Beschluss zweimal an dieselbe Person (den Geschäftsführer), zuzustellen. Mit der Zustellung des Strafbeschlusses an das Organ wird die Zustellung mit Wirkung sowohl für den Geschäftsführer persönlich als auch für die Gesellschaft bewirkt.

Aus der materiellen untrennbaren Einheit der Handlungspflicht sowohl der Gesellschaft als auch des für sie handelnden Organs ergeben sich für die Rechtskraft des Strafbeschlusses folgende Konsequenzen:

Undenkbar ist, dass bei kumulativer Rekurserhebung divergente Rekursentscheidungen erfolgen könnten. Wenn der Geschäftsführer säumig ist, ist es auch die Gesellschaft, für die er als Organ zu handeln gehabt hätte. Daraus folgt, dass die Entscheidung des Firmenbuchgerichts wie bei einheitlichen Streitgenossen nach der ZPO (§ 14 ZPO) sowohl die Gesellschaft als auch das Organ erfasst (vgl zur Bindungswirkung eines Strafurteils gegen den alleinigen Komplementär einer KG auch für die Gesellschaft 7 Ob 253/00g = SZ 73/200), ein unterschiedliches Ergebnis also keinesfalls eintreten kann. Dies gilt auch für den Fall, dass der Rekurs gegen den Strafbeschluss vom Geschäftsführer allein erhoben wird. Im Regelfall werden die Rekurse der Geschäftsführer ohnehin nicht ausdrücklich „nur im eigenen Namen" erhoben, sodass zwanglos auch von einer Rekurserhebung namens der Gesellschaft ausgegangen werden kann. Die Rechtskraft der Entscheidung erstreckt sich jedoch auch im gegenteiligen Fall auf die Gesellschaft, weil sich dies - wie ausgeführt - schon aus der materiellrechtlich untrennbaren Einheit der Handlungspflicht der Gesellschaft und des für sie handelnden und allein haftenden Organs ergibt. Wie bei einheitlichen Streitgenossen erstreckt sich die Wirkung der Prozesshandlung (der Rekurserhebung) durch den Geschäftsführer auf die zweite materielle Partei des Zwangsstrafenverfahrens, auch wenn - was einzuräumen ist - diese Konsequenz aus dem Kopf und Spruch der Entscheidung, wie sie in der Praxis üblicherweise formuliert werden, nicht klar hervorgeht, wenn nämlich nur das Organ als Adressat der Strafe angeführt wird. Entgegen G. Kodek/G. Nowotny ist daraus jedoch nicht abzuleiten, dass im Zwangsstrafenverfahren über die Vorlagepflicht der Gesellschaft nicht bindend abgesprochen werde und dass die Frage nur eine Vorfrage darstelle. Mit dem Strafbeschluss wird vielmehr aus den dargelegten Gründen (Einheit im materiellen und formellen Sinn) über die Säumigkeit der Gesellschaft und ihres Organs kumulativ und als Hauptfrage entschieden. Es ist daher abschließend festzustellen, dass im Zwangsstrafenverfahren nach § 283 HGB zur Durchsetzung der Offenlegungspflicht nach den §§ 277 ff HGB auch die Kapitalgesellschaft neben ihrem Organ Parteistellung im Sinn des § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG (neu) hat und damit rekursberechtigt ist.

Zur Frage der Bindungswirkung des Strafbeschlusses im Fall eines Geschäftsführerwechsels braucht hier mangels entsprechenden Sachverhalts nicht Stellung genommen werden.

4. Auch wenn das Rekursgericht aus den dargelegten Gründen den Rekurs der Gesellschaft zu Unrecht zurückgewiesen hat, ist der Beschluss nicht zur sachlichen Erledigung des Rechtsmittels durch die 2. Instanz aufzuheben. Das Rekursgericht hat meritorisch über den Rekurs der Geschäftsführer entschieden, der - wie ausgeführt - mit Wirkung auch für die Gesellschaft erhoben wurde. Damit wurde auch der Rekurs der Gesellschaft einer sachlichen Erledigung zugeführt. In einem solchen Fall kann der Oberste Gerichtshof im Außerstreitverfahren selbst in der Sache entscheiden (4 Ob 218/98g = SZ 71/158; 2 Ob 182/99z; 6 Ob 70/03t; RIS-Justiz RS0007051). Diese Rechtsprechung kann auch im Geltungsbereich des Außerstreitgesetzes BGBl I 2003/111 jedenfalls insoweit aufrecht erhalten werden, als eine Verletzung des rechtlichen Gehörs - wie im vorliegenden Fall - nicht zu befürchten ist.

II. In der Sache selbst hat das Rekursgericht die gesetzliche Regelung über die Bekanntmachung der Zwangsstrafenverhängung zutreffend als eindeutig beurteilt (§ 71 Abs 3 AußStrG). An der Verfassungsmäßigkeit der die Bekanntmachung regelnden Vorschriften (§ 10 Abs 1 und § 283 Abs 2 HGB) besteht kein Zweifel. Schon das Rekursgericht hat zutreffend auf die ausreichende Bestimmbarkeit dieser Vorschriften im Sinn des Art 18 Abs 1 B-VG hingewiesen. Die § 117 Abs 2 ZPO idF BGBl I 112/2003 und § 173a KO zugrunde liegende Überlegung, die Verfahrenskosten der Beteiligten durch Entfall der (weiteren) Veröffentlichung im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" zu reduzieren, ist nicht ohne weiteres auf die Veröffentlichung nach § 283 Abs 2 iVm § 10 Abs 1 HGB zu übertragen. Die Bekanntmachung der wiederholten Verhängung der Zwangsstrafe zur Erzwingung der Offenlegung dient nämlich der Klarstellung gegenüber dem durch die Offenlegungsvorschriften geschützten Dritten (Vertragspartnern und Gläubigern der Gesellschaft), dass die Gesellschaft trotz (mehrmaliger) Aufforderung und Androhung von Zwangsstrafen ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht nachgekommen ist. Die durch die Bekanntmachung sowohl in der Ediktsdatei als auch im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" erreichte (erweiterte) Publizität steht mit den Zielen der Vorlagepflicht und ihrer Durchsetzung (Schutz der Rechte von Gläubigern und Vertragspartnern der Gesellschaft) in Einklang. Hätte der Gesetzgeber auch in diesem Zusammenhang eine Verringerung der Verfahrenskosten der offenlegungspflichtigen Gesellschaft angestrebt, so hätte er anlässlich der Änderung des § 117 Abs 2 ZPO eine entsprechende Änderung der Bekanntmachungsvorschriften auch im HGB vorgenommen. Ihr Unterbleiben lässt erkennen, dass der Gesetzgeber in diesen Fällen eine Erleichterung für die offenlegungspflichtigen Gesellschaften nicht vorsehen wollte.

Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

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