OGH 6Ob116/15z

OGH6Ob116/15z29.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. G. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Thomas R*****, vertreten durch Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Andreas L*****, vertreten durch die Rechtsanwälte Gruber Partnerschaft KG in Wien, wegen 41.008 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 5. Mai 2015, GZ 16 R 57/15t‑12, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0060OB00116.15Z.0629.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Der Kläger wurde am 12. Juli 2007 beim Einsturz des Innenturms eines Krans schwer verletzt. Der Kläger schloss sich dem gegen sechs mutmaßliche Schädiger, darunter der Beklagte, geführten Strafverfahren als Privatbeteiligter an.

Mit dem erstinstanzlichen Urteil in diesem Strafverfahren vom 11. Oktober 2012 wurde ua der Beklagte wegen fahrlässiger Körperverletzung für schuldig befunden und der Kläger mit seinen Ansprüchen zur Gänze auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Am 15. Jänner 2013 wurde der Privatbeteiligtenvertreter und nunmehrige Klagevertreter vom Ausgang des Strafverfahrens verständigt. Der Kläger erhob gegen die Verweisung auf den Zivilrechtsweg keine Berufung gemäß § 366 Abs 3 StPO.

Am 6. Dezember 2013 fand über Berufung der Verurteilten die mündliche Berufungsverhandlung statt, von der der Privatbeteiligte und sein Vertreter nicht verständigt und dazu auch nicht geladen wurden. Mit Urteil vom selben Tag wurden die Schuldsprüche bestätigt, das Strafmaß allerdings herabgesetzt.

Am 27. Mai 2014 wurden sowohl das Ersturteil als auch das Berufungsurteil im Strafverfahren dem Klagevertreter zugestellt.

Am 30. September 2014 brachte der Kläger wegen seiner Ansprüche aus dem Unfall die Klage gegen den Beklagten ein, der Verjährung wegen nicht gehöriger Fortsetzung des Verfahrens einwandte.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung ab, weil sich der Kläger nicht vom Fortgang des Strafverfahrens im Berufungsverfahren in Kenntnis gesetzt habe und somit (für die Frage der gehörigen Fortsetzung) nicht auf das Zustelldatum des Berufungsurteils im Strafverfahren am 27. Mai 2014, sondern auf die Verkündung des Berufungsurteils am 6. Dezember 2013 abzustellen sei. Die relevante Untätigkeit des Klägers betrage daher mehr als neun Monate, was im Sinn der einschlägigen Rechtsprechung keine gehörige Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 1497 ABGB darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen den Revisionsausführungen ist die Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis zutreffend und nur in der Begründung ergänzungsbedürftig: Der Zeitpunkt, zu dem ein Privatbeteiligtenzuspruch aussichtslos wird, ist spätestens mit der Beendigung des Strafverfahrens anzunehmen (RIS‑Justiz RS0034539). Wird der Privatbeteiligte schon früher auf den Zivilrechtsweg verwiesen und erhebt er ‑ wie hier ‑ dagegen kein Rechtsmittel, ist eine erfolgversprechende Anspruchsdurchsetzung im Strafverfahren ausgeschlossen (RIS‑Justiz RS0034528; 1 Ob 652/85 mwN). Eine Berufung des Angeklagten gegen den Ausspruch über die Schuld und Strafe kann zu keiner Abänderung des Ausspruchs über die Privatbeteiligtenansprüche führen; eine solche Abänderung kann nur der Privatbeteiligte selbst erwirken (§ 366 Abs 3 StPO).

Der Privatbeteiligte hat die Berufung gegen die Verweisung auf den Zivilrechtsweg gemäß § 366 Abs 3 StPO binnen drei Tagen nach Urteilsverkündung (auch wenn er bei dieser nicht anwesend war [RIS‑Justiz RS0099963]) anzumelden (14 Os 97/14t; § 294 Abs 1 iVm § 284 Abs 1 StPO). Damit ist weder das Datum der Verkündung des Berufungsurteils (6. Dezember 2013) noch das Datum der Zustellung der Urteile (27. Mai 2014) maßgeblicher Zeitpunkt, sondern die Verkündung des Urteils, mit dem der Kläger auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurde. Diese erfolgte am 11. Oktober 2012, einem Donnerstag. Die dreitägige Frist für die Anmeldung der Berufung endete daher am Montag, dem 15. Oktober 2012. Seit dem 16. Oktober 2012 musste der Kläger wissen, dass er seine Ansprüche im Zivilrechtsweg durchsetzen muss. Die Säumnis des Klägers beträgt daher nicht nur neun Monate, sondern fast zwei Jahre. Diese Untätigkeit hat der mit dem Beweis für das Vorliegen beachtlicher Rechtfertigungsgründe belastete Kläger (RIS‑Justiz RS0034805) nicht (auch nicht in der Revision) gerechtfertigt, weshalb von einer gehörigen Fortsetzung keine Rede sein kann und die Revision zurückzuweisen war.

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