OGH 6Ob100/24k

OGH6Ob100/24k18.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P* S*, geboren am *, vertreten durch Hon.‑Prof. Dr. Bernhard Fink und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei D* GmbH, FN *, vertreten durch Mag. Michaela Hämmerle und Mag. Andreas Hämmerle, Rechtsanwälte in Rottenmann, wegen 36.000 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Teil- und Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 27. März 2024, GZ 4 R 4/24a‑31, womit das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 27. November 2023, GZ 28 Cg 31/22z‑26, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00100.24K.0618.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Unternehmens-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.639,40 EUR (darin 439,90 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

[2] Das Berufungsgericht sprach aus, dass das auf Zahlung des Honorars für dieTätigkeit des Klägers als Alleingeschäftsführer der Beklagten gerichtete Klagebegehren – mit Ausnahme des rechtskräftig abgewiesenen Teils des Zinsenbegehrens – dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es war der Ansicht, mit der Bestellung des Klägers zum Alleingeschäftsführer der Beklagten sei von der Beklagten ein konkludentes Angebot zum Abschluss eines „Anstellungsvertrags“ abgegeben worden, welches durch Aufnahme der Geschäftsführertätigkeit durch den Kläger angenommen worden sei. Eine in der Folge in Form eines Insichgeschäfts konkludent vereinbarte Unentgeltlichkeit der Tätigkeit des Klägers habe nicht vorgelegen, weil ein konkludentes Insichgeschäft nicht möglich sei. Daher erübrige sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus den festgestellten Umständen darauf geschlossen werden könnte, dass der Kläger seine Tätigkeit in jedem Fall unentgeltlich erbringen und auch nicht rückwirkend verrechnen habe wollen. Dem Kläger gebühre für seine Geschäftsführertätigkeit ein angemessenes Entgelt.

[3] Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision zur Frage für zulässig, ob ein konkludentes Insichgeschäft rechtlich möglich sei. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts könnte der Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofs widersprechen, weil nach der Entscheidung 9 ObA 15/08h und dem Rechtssatz RS0019680 die Möglichkeit eines konkludenten Insichgeschäfts gegeben zu sein scheine. Die hier vorliegende Rechtssache ermögliche eine (weitergehende) dogmatische Auseinandersetzung mit dieser Frage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung. Letzteres gelte auch für die Frage, ob mit der Bestellung zum Geschäftsführer, sofern nicht ausdrücklich Unentgeltlichkeit oder Ehrenamtlichkeit vereinbart werde, ein konkludentes Angebot zum Abschluss eines „Anstellungsvertrags“ abgegeben werde, welches durch Aufnahme der Tätigkeit durch den Geschäftsführer angenommen werde.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die von der Beklagten gegen das Berufungsurteil erhobene Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig:

[5] 1. Selbst wenn das Berufungsgericht die Revision mit konkretisierter Begründung zutreffend für zulässig erklärt, genügt es zwar, wenn der Revisionswerber dieser Begründung beitritt. Er muss aber zur maßgeblichen Rechtsfrage inhaltlich Ausführungen erstatten, sich also konkret mit der Entscheidung des Berufungsgerichts auseinandersetzen (6 Ob 113/20s). Diesen Voraussetzungen entspricht die Revision der Beklagten nicht, in der sie insoweit lediglich auf die Zulassungsbegründung des Berufungsgerichts verweist, auf die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfragen aber nicht eingeht.Selbst wenn daher das Berufungsgericht zu Recht ausgesprochen haben sollte, dass die Revision zulässig sei, wäre diese nur dann nicht zurückzuweisen, wenn sie eine andere erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO enthielte (vgl 9 Ob 14/23h [ErwGr II.1.]; RS0102059). Das ist jedoch nicht der Fall.

[6] 2. Die Revision setzt sich nicht mit der Rechtsansicht des Berufungsgerichts auseinander, insbesondere nicht mit dessen Beurteilung, ein konkludentes Insichgeschäft sei nicht möglich.

[7] Mit ihrer bloßen Darlegung einzelner Sachverhaltselemente und der Behauptung, aufgrund dieses Verhaltens des Klägers ließe sich die schlüssig (zur Einzelfallbezogenheit der Beurteilung der Konkludenz von Willenserklärungen vgl 4 Ob 214/23h; RS0081754 [T5, T6]) vereinbarte Unentgeltlichkeit der Geschäftsführertätigkeit im Zuge eines Insichgeschäfts ableiten, vermag die Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

[8] 3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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