Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragstellerin sowie die übrigen Verfahrensbeteiligten sind Wohnungseigentümer der Liegenschaft ***** in *****. Der Antragsgegner ist ebenfalls Mit- und Wohnungseigentümer dieser Liegenschaft, die er im Jahr 1999 verwaltete.
Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag vom 21. 12. 2000 beantragte die Antragstellerin, dem Antragsgegner eine ordnungsgemäße, vollständige und richtige Hausverwaltungsabrechnung für das Jahr 1999 aufzutragen. Die Abrechnung entspreche nicht den gesetzlichen Kriterien der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit, sie liefere keine ausreichende Informationen über die Erfüllung der Verwaltungsaufgaben. Es fehle an einer Gegenüberstellung der Akontibeträge mit den tatsächlichen Zahlungseingängen, sonstigen Vorschreibungen sowie darauf geleisteten Zahlungen, dem steuerpflichtigen Umsatz, der ziffernmäßigen Ausweisung der Restschuld des Hypothekardarlehens zum Stichtag der Rechnungslegung und dem jeweiligen Restschuldanteil der Miteigentümer an der Hypothekarschuld. Weiters fehle es an einer Aufschlüsselung von Beträgen nach Brutto- und Nettosummen sowie an Belegbezeichnungen mit Nummern. Es würden Belege bzw Rechnungen fehlen, auch ein Kassabuch, es gebe nicht nachvollziehbare Barauslagenbelege und würden Verwaltungsspesen und Ausgaben für die Verwaltung doppelt verzeichnet.
Auch sei eine Offenlegung aller Kontobewegungen auf dem Konto der Wohnungseigentümergemeinschaft geboten. Bestritten wurden diverse Abhebungen und Zahlungen. Einen der Wohnungseigentümergemeinschaft gutgeschriebenen Vorsteuerbetrag habe der Antragsgegner nicht weitergeleitet. Darüber hinaus habe der Antragsgegner neben dem Verwaltungspauschale zusätzliche Kosten für die Verwaltung in Rechnung gestellt, wozu er nicht berechtigt sei.
Mit einem eigenen Sachantrag vom 9. Mai 2001 begehrten die Fünft- und Sechstverfahrensbeteiligten als Antragsteller im Verfahren 9 Msch 13/01i des Bezirksgerichts Favoriten ebenfalls, dem Antragsgegner als Verwalter der bezeichneten Liegenschaft für den Abrechnungszeitraum 1. 1. 1999 bis 31. 12. 1999 die Legung einer ordentlichen und richtigen Abrechnung aufzutragen.
In diesem Verfahren trug das Erstgericht mit Sachbeschluss vom 15. 5. 2002 dem Antragsgegner die Legung einer ordentlichen und richtigen Abrechnung für das Jahr 1999 auf, wobei es im Spruch ausführte, welche Abrechnungspositionen zu entfallen hätten und wie die Abrechnung über den Reparaturfonds ordnungsgemäß zu erstellen sei. Das gegenständliche Verfahren hingegen wurde mit Beschluss vom 6. 8. 2002 bis zur rechtskräftigen Beendigung des Parallelverfahrens unterbrochen.
Im Parallelverfahren wurde zu 5 Ob 167/03z vom Obersten Gerichtshof am 23. 3. 2004 der erstgerichtliche Sachbeschluss 9 Msch 13/01i-15 wiederhergestellt.
Daraufhin setzte das Erstgericht das gegenständliche Verfahren fort und entschied mit Sachbeschluss vom 13. 9. 2004 über den verfahrenseinleitenden Antrag dahin, dass auch hier dem Antragsgegner die Legung einer ordentlichen und richtigen Abrechnung für die Abrechnungsperiode 1. Jänner 1999 bis 31. Dezember 1999 aufgetragen werde, wobei die Form dahin präzisiert wurde, dass sie im Ergebnis der Beilage ./B 1 des Sachverständigengutachtens des Komm.Rat Peter F***** (ON 41) zu entsprechen habe. Weiters wurde dem Antragsgegner aufgetragen, für die bezeichnete Abrechnungsperiode die einzelnen Konten der Beilage ./G des Sachverständigengutachtens ON 41 hinsichtlich ihrer Einnahme- und Ausgabeposten detailliert anzugeben, aufzuschlüsseln und auszuweisen, wofür und an wen Zahlungen geleistet wurden und vom wem und wofür Geld eingenommen wurde. Die einzelnen Rechtsgeschäfte seien durch Anführung der Vertragspartner und der Leistungen zu individualisieren. Die Belege seien zu bezeichnen. Die Darlehenstilgungen und der zum Stichtag noch aushaftende Restdarlehensbetrag, der Betrag der Rücklage und ihrer Zinserträgnisse sei ziffernmäßig auszuweisen. Weiters wurde dem Antragsgegner aufgetragen, der Antragstellerin Einsicht in alle Belege zu gewähren. Dies alles binnen einer Frist von einem Monat unter Androhung einer Geldstrafe von EUR 1.500.
In seiner Begründung führte das Erstgericht zum Einwand des Antragsgegners, es liege entschiedene Sache vor, aus, dass das gegenständliche Verfahren früher eingeleitet worden sei als das Parallelverfahren und andere und umfangreichere Einwendungen gegen die Richtigkeit der Verwalterabrechnung erhoben worden seien. Damit greife der Beschluss auch nicht in die Rechtskraft des zu 9 Msch 13/01i ergangenen Sachbeschlusses ein. Die dort gerügten Unrichtigkeiten seien in den Spruch des gegenständlichen Sachbeschlusses nicht mehr aufgenommen worden.
Einem gegen diesen Sachbeschluss erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob den erstgerichtlichen Sachbeschluss und das erstgerichtliche Verfahren als nichtig auf und wies den Sachantrag der Antragstellerin zurück. Die Kosten des Verfahrens wurden gegenseitig aufgehoben.
In rechtlicher Hinsicht begründete das Rekursgericht seine Entscheidung damit, dass seit Rechtskraft der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 23. 4. 2004, 5 Ob 167/03z, entschiedene Sache vorliege. Es komme nicht darauf an, dass die Antragstellerin im gegenständlichen Verfahren andere Tatsachen vorgetragen habe, die die Unvollständigkeit und Unrichtigkeit der Verwalterabrechnung des Jahres 1999 aufgezeigt hätten. Derselbe Streitgegenstand liege nach der Rechtsprechung dann vor, wenn sowohl der Entscheidungsantrag als auch die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen ident seien. Streitanhängigkeit und Rechtskraft seien nur dort ausgeschlossen, wo die Identität der rechtserzeugenden Tatsachen nur eine teilweise sei. Das treffe nach der Rechtsprechung aber nur auf Tatsachen zu, die im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt noch nicht vorhanden und keiner Erledigung zugänglich gewesen seien (5 Ob 240/00f). Die Präklusionswirkung der Rechtskraft schließe daher nicht nur die neuerliche Entscheidung über das gleiche Begehren aufgrund der gleichen Sachlage aus, sondern auch die Geltendmachung desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen, die bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses vorhanden gewesen seien und der verfahrensmäßigen Erledigung zugänglich gewesen wären, aber infolge Verletzung einer prozessualen Diligenzpflicht der Parteien nicht zum Gegenstand des Vorprozesses gemacht wurden. Der neuerlichen Entscheidung über denselben Anspruch stehe daher das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegen (5 Ob 42/00p). Das Rekursgericht sprach aus, dass sich ein Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes und die Zulässigkeit eines weiteren Rechtszugs aufgrund der gebotenen Analogie zu § 519 Abs 1 Z 1 ZPO erübrige.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses. Der dazu gestellte Eventualantrag ist im Wesentlichen auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichtet. Die Revisionsrekursbeantwortung des Antragsgegners wurde als verspätet zurückgewiesen (5 Ob 185/05z).
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist in sinngemäßer Anwendung des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt. Dem oben dargestellten Sachverhalt ist noch hinzuzufügen, dass der erkennende Senat im Verfahren 5 Ob 167/03z mit Beschluss vom 8. 7. 2003 dem Rekursgericht aufgetragen hat, die rekursgerichtliche Entscheidung sowie den Revisionsrekurs sämtlichen Mit- und Wohnungseigentümern zuzustellen. Zur Begründung wurde ausgeführt (s. wobl 2003/162):
Dass es sich beim Anspruch auf Durchsetzung der Pflichten eines Verwalters (hier der Abrechnungsverpflichtung) um Individualansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer handelt, heißt nur, dass nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern der einzelne Wohnungseigentümer zur Antragstellung legitimiert ist. Aus der Bestimmung des § 52 Abs 2 Z 2 WEG ergibt sich, dass im Abrechnungsverfahren allen Wohnungseigentümern Parteistellung zukommt, was bedeutet, dass auch die Entscheidungen allen Wohnungseigentümern zuzustellen sind. Ansonsten könnte sich die Rechtskraft einer Entscheidung nicht auf alle erstrecken. Im Weiteren wurde ausgeführt, dass in den Kopf der rekursgerichtlichen Entscheidung sämtliche Mit- und Wohnungseigentümer aufzunehmen seien, damit bei einem Hausanschlag den übrigen Wohnungseigentümern ihre Verfahrensstellung deutlich werde. Dennoch hat sich die nunmehrige Antragstellerin, die im erstinstanzlichen Verfahren als Partei beigezogen worden war, weder an diesem noch am Revisionsrekursverfahren beteiligt und etwa darauf hingewiesen, dass ihre Einwendungen gegen die Richtigkeit der Verwaltungsabrechnung des Jahres 1999 bisher nicht berücksichtigt worden wären.
Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:
Wohl trifft es zu, dass nach der herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandstheorie derselbe Streitgegenstand nur dann vorliegt, wenn sowohl der Entscheidungsantrag (Sachantrag) als auch die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen ident sind (SZ 41/113; SZ 59/14; RS0039347; RS0039473). Das ist hier nicht der Fall, weil die Antragstellerin teilweise andere und weitergehende Gründe für die Unrichtigkeit der Verwaltungsabrechnung geltend gemacht hat. Nun sind Streitanhängigkeit und Rechtskraft grundsätzlich dort ausgeschlossen, wo die Identität der rechtserzeugenden Tatsachen nur eine teilweise ist, also beim weiteren Anspruch zusätzliche rechtserzeugende Tatsachen behauptet werden (2 Ob 7/00v). Das trifft allerdings nur auf solche Tatsachen zu, die im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt noch nicht vorhanden und keiner verfahrensmäßigen Erledigung zugänglich waren (Fasching III 719; 5 Ob 240/00f; 5 Ob 42/00p mwN). Die Präklusionswirkung der Rechtskraft schließt also nicht nur die neuerliche Entscheidung desselben Begehrens aufgrund der gleichen Sachlage aus, sie schließt auch die Geltendmachung desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Erwägungen aus, die bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses vorhanden und der verfahrensmäßigen Erledigung zugänglich waren, aber infolge Verletzung der prozessualen Diligenzpflicht der Parteien, also der ihnen auferlegten Behauptungs- und Beweispflicht, nicht zum Gegenstand des Vorprozesses wurden (vgl Fasching aaO). Weil der Antragstellerin im Verfahren 9 Msch 13/01i, das mit Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 23. 3. 2004, 5 Ob 167/03z beendet wurde, zutreffenderweise - wie noch auszuführen sein wird - Parteistellung eingeräumt worden war, hätte sie die Möglichkeit und auch prozessuale Verpflichtung gehabt, jene Tatsachen vorzutragen, die nach ihrem Rechtsstandpunkt eine ordnungsgemäße und richtige Abrechnung hinderten.
Richtigerweise hätte eine Verbindung der beiden Sachanträge zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung erfolgen müssen, nicht aber eine Unterbrechung des gegenständlichen Verfahrens. Entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerberin hat der Oberste Gerichtshof in 5 Ob 72/93 = WoBl 1993/138 ausgesprochen, dass allen Wohnungseigentümern im Außerstreitverfahren mit dem WE-Verwalter über die zu legende Vorausschau Parteistellung zukommt. Ein Bezug auf zweitinstanzliche Rechtsprechung, wonach im Rechnungslegungsverfahren mit den Verwaltern nicht allen Mit- und Wohnungseigentümern Parteistellung zukäme (MietSlg 47.525; 43.399; 41.503; 40.680, 38.682, 37.661, 35.664 ua), findet sich in dieser Entscheidung nicht. Insofern missversteht die Rechtsmittelwerberin die von Prader in WEG 2002 E 165 zu § 52 vorgenommene Zitierung.
Der erkennende Senat hält an der in der Entscheidung vom 8. 7. 2003, 5 Ob 167/03z, geäußerten Ansicht fest: Wenn es sich auch beim Anspruch auf Durchsetzung der Pflichten eines Verwalters, hier der Abrechnungsverpflichtung, um Individualansprüche jedes einzelnen Miteigentümers handelt, heißt das nur, dass jeder einzelne Wohnungseigentümer zur Antragstellung legitimiert ist. Aus der Bestimmung des § 52 Abs 2 Z 2 WEG 2002 ergibt sich aber, dass allen Wohnungseigentümern in Verfahren, Parteistellung zukommt, wenn ihre Interessen durch die Entscheidung über den Antrag unmittelbar berührt werden können. Das trifft auch auf ein Verfahren zur Durchsetzung der Pflicht des Verwalters zu, eine richtige Abrechnung zu legen. Wird die Abrechnung nicht gehörig gelegt, die Einsicht in die Belege nicht gewährt oder werden die verlangten Kopien oder Ausdrucke der Belege trotz Kostenerlags nicht angefertigt, so ist der Verwalter auf Antrag eines Wohnungseigentümers vom Gericht unter Androhung einer Geldstrafe dazu zu verhalten (§ 34 Abs 3 WEG 2002). Damit ist nach Ansicht des erkennenden Senats ausreichend klargestellt, dass zwar jeder einzelne Wohnungseigentümer legitimiert ist, einen Auftrag des Gerichts zu erwirken, dass aber mit Rechtskraft einer solchen gerichtlichen Entscheidung abschließend über die Verletzung der Verwalterpflicht und das den Wohnungseigentümern zukommende Recht, eine gesetzesgemäße Abrechnung zu erhalten, abgesprochen ist. Um zu verhindern, dass beispielsweise für die konkrete Liegenschaft 83 einzelne Abrechnungsverfahren geführt werden, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen könnten, bedarf es der Anwendung der Bestimmung des § 52 Abs 2 Z 2 WEG 2002 und damit der Einräumung der Parteistellung für alle Wohnungseigentümer. Die Einräumung des rechtlichen Gehörs für alle vom Verfahren über die Erzwingung der Rechnungslegung betroffenen Wohnungseigentümer entspricht dann aber nicht nur einer Verpflichtung des Gerichts, sondern bewirkt auch gleichzeitig die oben angesprochene Obliegenheit der Verfahrensbeteiligten, ihre Interessen im Verfahren entsprechend wahrzunehmen.
Die Antragstellerin, der im erstinstanzlichen Verfahren zu 9 Msch 13/01i des Bezirksgerichtes Favoriten Parteistellung eingeräumt worden war, hätte daher dort die im gegenständlichen verfahrenseinleitenden Antrag bezeichneten Tatsachen vorzutragen oder zumindest auf ihren eigenen Antrag zu verweisen.
Seit der Rechtskraft des gerichtlichen Auftrags zur Legung einer ordentlichen und richtigen Abrechnung für das Abrechnungsjahr 1999 ist die Geltendmachung weiterer Gründe der Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Abrechnung präkludiert (vgl 5 Ob 42/00p; 5 Ob 240/00f) Es kommt daher nicht darauf an, ob die Antragstellerin ein Verfahren zur Erzwingung einer gesetzmäßigen Abrechnung früher eingeleitet hat.
Zu Recht hat daher das Rekursgericht den erstinstanzlichen Sachbeschluss, mit dem dem Verwalter neuerlich die Legung einer vollständigen und richtigen Rechnung aufgetragen wurde, wegen entschiedener Sache als nichtig aufgehoben.
Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen. Die Revisionsrekursbeantwortung des Antragsgegners wurde bereits mit Beschluss vom 30. August 2005 zurückgewiesen (5 Ob 185/05z). Diesbezüglich wurde keine Wiedereinsetzung bewilligt. Deshalb sind dafür auch keine Barauslagen zuzuerkennen.
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