Spruch:
Die Revision der klagenden Parteien wird zurückgewiesen.
Der Revision der beklagten Parteien Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten der Revision der beklagten Parteien und der Revisionsbeantwortung der klagenden Parteien sind weitere Verfahrenskosten.
Die klagenden Parteien sind schuldig, den beklagten Parteien die mit 1.005,70 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 167,62 EUR USt und 1,80 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Kläger sind die Miteigentümer der Liegenschaft EZ 320 Grundbuch ***** bestehend aus dem Grundstück Nr 1186/3.
Die Beklagten sind je zur Hälfte Miteigentümer der benachbarten Liegenschaft EZ 46 Grundbuch ***** bestehend aus den Grundstücken Nr 1186/1 und 1186/7, wobei das Grundstück Nr 1186/7 im Zuge des Verfahrens veräußert wurde.
Im Verfahren 1 Cg 106/03k des Landesgerichts Salzburg wurden die Beklagten schuldig erkannt, es zu unterlassen, jene Teile der Grundstücke 1186/1 und 1186/7 der EZ 46 zu verbauen, die zwischen der südöstlichen Grenze des Grundstücks Nr 1186/3 der EZ 320 und dem etwa parallel zur genannten Grundstücksgrenze in etwa 30 m Entfernung am südöstlichen Rand des Grundstücks Nr 1186/1 verlaufenden Weg liegen. Diesem Urteil lag zugrunde, dass die Beklagten beim Kauf der Liegenschaft EZ 46 am 24. 7. 1997 von der den Eigentümern der Liegenschaft EZ 320 eingeräumten Dienstbarkeit des Bauverbots (Dienstbarkeit der Aussicht gemäß § 476 Z 11 ABGB) auf dem Grundstück Nr 1186/1 wussten. Diese vertragliche, nicht verbücherte Grunddienstbarkeit sei den Erwerbern des dienenden Grundstücks gegenüber wirksam, weil sie beim Erwerb davon Kenntnis gehabt hätten.
Mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 10. 4. 2006, GZ 1 Cg 257/04t-23, wurde den Beklagten die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens 1 Cg 106/03k bewilligt.
Im wiederaufgenommenen Verfahren steht folgender Sachverhalt fest:
Mit Kaufvertrag vom 12. 11. 1963 verkaufte Maria G***** an Karl D*****, den zwischenzeitig verstorbenen Ehegatten der Erstklägerin, das Grundstück Nr 1186/3 im Ausmaß von 991 m2 aus dem Gutsbestand ihrer Liegenschaft EZ 20 *****.
Gemäß Punkt 5 dieses Vertrags räumte die Verkäuferin für sich und ihre Rechtsnachfolger im Besitz des Grundstücks Nr 1186/1 ihrer Liegenschaft EZ 20 dem Käufer Karl D***** ein Vorkaufsrecht im Sinn der Bestimmungen des ABGB an jenem Teil des Grundstücks Nr 1186/1 ein, welcher im Süden an das Kaufgrundstück angrenzt, und zwar bis zur Grenze des Wiesengrundstücks Nr 1187/1. Die Einräumung einer sogenannten Aussichtsdienstbarkeit zugunsten des Käufers erfolgte in diesem Vertrag nicht.
Die Vertragsparteien hatten jedoch schon im Jahr 1962 hinsichtlich eines Teils des späteren Kaufgegenstands (Grundstück Nr 1186/3) im Ausmaß von 600 m2 einen Kaufvertrag abgeschlossen, in dem Maria G***** dem Käufer Karl D***** und der Erstklägerin ein auf ihre Lebenszeit „garantiertes" Vorkaufsrecht betreffend das „südlich vorgelagerte Gelände" einräumte und die vertragliche Verpflichtung übernahm, die „Sicht auf den See sowie Fuschl" niemals zu verbauen.
Die Erstklägerin wurde aufgrund eines Kaufvertrags vom 8. 7. 1967 Miteigentümerin des Grundstücks Nr 1186/3.
Mit schriftlichem Kaufvertrag vom 8. 5. 1970 verkaufte Maria G***** aus dem Gutsbestand ihrer Liegenschaft EZ 20 an die Erstklägerin und ihren Gatten Karl D***** weitere Grundparzellen, darunter auch Flächenanteile des Grundstücks Nr 1186/1 im Ausmaß von 47 m2 und 241 m2. In diesem Kaufvertrag verpflichtete sich Maria G***** für sich und ihre Rechtsnachfolger im Besitz des Grundstücks Nr 1186/1 gegenüber der Erstklägerin und Karl D***** sowie deren Rechtsnachfolgern im Besitz der Liegenschaft EZ 320 Grundbuch *****, den in der Vermessungsurkunde des DI Heinz Witte vom 9. 5. 1969, GZ 906/69 eingezeichneten Flächenanteil des (ihr verbliebenen) Grundstücks Nr 1186/1 ohne Zustimmung der Berechtigten nicht zu verbauen. Das in diesem Kaufvertrag eingeräumte Dienstbarkeitsrecht des Bauverbots erstreckt sich räumlich auf einen 10 m breiten an die südöstliche Grenze des Grundstücks Nr 1186/3 angrenzenden Grundstreifen der nunmehrigen Grundparzelle 1186/7 (früher 1186/1).
Eine grundbücherliche Einverleibung dieser Dienstbarkeit unterblieb, obwohl im Vertrag eine Aufsandungserklärung abgegeben worden war.
Mit Kaufvertrag vom 24. 7. 1997 verkaufte Maria G***** aus dem Gutsbestand ihrer Liegenschaft EZ 20 an die Beklagten unter anderem das Grundstück 1186/1 (Baufläche im Ausmaß von 2.535 m2), ohne den Käufern die von ihr im Kaufvertrag mit den Klägern bzw deren Rechtsvorgängern übernommene Dienstbarkeit vertraglich zu überbinden.
Zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt erlangte der Erstbeklagte Kenntnis von dem den Eigentümern der Liegenschaft EZ 320 eingeräumten Dienstbarkeitsrecht des Bauverbots auf dem Grundstück Nr 1186/1. Ob auch die Zweitbeklagte diese Kenntnis erlangte, steht nicht fest. Vom tatsächlichen Umfang des Bauverbots hatten die Beklagten jedenfalls keine Kenntnis. Das Erstgericht stellte noch fest, dass der Erstbeklagte im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags in Kenntnis des Bauverbots war, nicht jedoch dessen Umfang kannte.
Von den Beklagten wurde das Grundstück Nr 1186/1 der EZ 46 in die Grundstücke Nr 1186/1 und Nr 1186/7 geteilt. Die Beklagten haben im Jahr 2003 damit begonnen, das Grundstück Nr 1186/7 zu bebauen.
Auch im wiederaufgenommenen Verfahren begehren die Kläger wie bisher von den Beklagten die Unterlassung der Bebauung wie im Verfahren 1 Cg 106/03k. Begründet wird das Unterlassungsbegehren damit, dass die im Kaufvertrag aus 1970 der Erstklägerin und dem Rechtsvorgänger der Zweit- und Drittkläger eingeräumte Dienstbarkeit des Bauverbots zwar nie verbüchert worden, den Beklagten aber bei Erwerb ihrer Liegenschaft bekannt gewesen sei.
Für den Fall der Abweisung des Hauptbegehrens erhoben die Kläger ein Eventualbegehren dahin, die Beklagten schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, einen 10 m breiten Streifen entlang der südöstlichen Grenze des Grundstücks Nr 1186/3 der EZ 320 zu bebauen.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und brachten vor, die Liegenschaft mangels Einverleibung der Dienstbarkeit gutgläubig lastenfrei und daher auch ohne das in Frage stehende Bauverbot erworben zu haben. Sie bestritten das Ausmaß des von den Klägern behaupteten Bauverbots und brachten vor, auch vom Ausmaß eines Bauverbots keine Kenntnis gehabt zu haben. Andernfalls hätte der Erstbeklagte vom Abschluss eines Kaufvertrags Abstand genommen.
Die Beklagten beantragten laut Schriftsatz vom 19. 12. 2006 (ON 35) unter anderem die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der neuropsychologischen Diagnostik betreffend den Erstbeklagten zum Beweis dafür, dass dessen Erinnerungsfähigkeit hinsichtlich des Langzeitgedächtnisses beeinträchtigt ist.
Dieses Beweismittel sei für die rechtliche Beurteilung insofern maßgeblich, als es für die Frage der Gutgläubigkeit ausschließlich auf den Kenntnisstand zum Zeitpunkt des Liegenschaftserwerbs ankomme. Im bisherigen Beweisverfahren habe die Zeugin R***** nur angegeben, dass sie dem Erstbeklagten bereits Jahre vor seinem Liegenschaftserwerb Mitteilung vom Bauverbot gemacht habe. Selbst wenn das Gericht diesen Umstand seinen Feststellungen weiterhin zugrunde legen sollte, sei es für die rechtliche Beurteilung von Bedeutung, ob der Erstbeklagte aufgrund bestehender Erinnerungsschwäche im Langzeitgedächtnis eine solche Information zum Zeitpunkt des Liegenschaftserwerbs überhaupt noch hatte.
In der letzten mündlichen Streitverhandlung vom 16. 10. 2007 brachten die Beklagten noch ergänzend vor: Selbst wenn die Zeugin R***** gegenüber dem Erstbeklagten Jahre vor dem Erwerb der Liegenschaft erwähnt haben sollte, dass auf dieser Liegenschaft ein Bauverbot bestehe, wäre dies noch kein Beweis dafür, dass der Erstkläger dies zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Jahr 1997 noch in Erinnerung hatte. Es könne als gerichtsnotorisch gelten, dass Mitteilungen, selbst wenn sie dem Empfänger zum Zeitpunkt ihrer Äußerung wichtig seien, im Verlauf der Zeit in Vergessenheit gerieten. Das gelte umso mehr für Mitteilungen, an denen der Empfänger kein Interesse habe. Die behauptete Mitteilung vom bestehenden Bauverbot sei nach Aussage der betreffenden Zeugin Jahre vor dem Abschluss des Kaufvertrags erfolgt, in einem Zeitpunkt, in dem der Erstbeklagte keine Kaufabsichten hatte. Es hätten daher für ihn keine Rechts- und Sorgfaltspflichten bestanden, eine solche beiläufige Information über Jahre hinweg in Erinnerung zu behalten. Der Erstbeklagte leide an einer Beeinträchtigung des Langzeitgedächtnisses.
Neuerlich beantragten die Beklagten die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der neuropsychologischen Diagnostik und legten ein entsprechendes Gutachten vom 26. 9. 2002 vor. Das Erstgericht hat das in dieser Verhandlung ergänzend vorgebrachte Tatsachen- und Beweisanbot wegen Verschleppungsabsicht zurückgewiesen.
Das Erstgericht wies das Hauptbegehren ab und gab dem Eventualbegehren statt, wonach die Beklagten schuldig seien, es zu unterlassen, einen bestimmten, 10 m breiten Grundstreifen des Grundstücks Nr 1186/7 der EZ 46 zu verbauen.
Ausgehend von den oben wiedergegebenen Feststellungen erachtete das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht wie folgt:
Nach ständiger Rechtsprechung sei eine vertragliche, bücherlich nicht einverleibte Grunddienstbarkeit dem Erwerber des dienenden Grundstücks gegenüber wirksam, wenn er hievon beim Erwerb Kenntnis hatte. Dadurch werde das Eintragungsprinzip nach herrschender Ansicht durchbrochen.
Nach den getroffenen Feststellungen könnten sich die Beklagten nicht auf den Grundbuchsstand berufen, sie hätten allerdings die Dienstbarkeit nur im tatsächlichen Umfang gegen sich gelten zu lassen. Dass die Zweitbeklagte keine Kenntnis vom Bauverbot gehabt habe, sei irrelevant, weil die Tatsachenkenntnis bzw Schlechtgläubigkeit jedes einzelnen Miteigentümers schade. Der mit der Klage geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei auch nicht verjährt. Bei Servituten, die ein Unterlassen zum Gegenstand hätten, beginne die Verjährung erst dann, wenn auf dem dienenden Grundstück der Verpflichtung zuwider gehandelt werde.
Einer dagegen erhobenen Berufung aller Streitteile gab das Berufungsgericht nicht Folge. Es verneinte das Vorliegen einer von den Beklagten behaupteten Mangelhaftigkeit des Verfahrens, das durch die Zurückweisung des Tatsachen- und Beweisvorbringens der Beklagten in der mündlichen Streitverhandlung vom 16. 10. 2007 bewirkt worden wäre. Überwiegend habe es sich dabei um Umstände gehandelt, die ohnedies schon vorher vorgetragen worden seien. Bei einzelnen Zeugenaussagen sei es ausschließlich darum gegangen, die Glaubwürdigkeit einer bestimmten Zeugin in Frage zu stellen. Dem komme allenfalls im Rahmen der Erledigung der Beweisrüge Bedeutung zu. In weiten Strecken sei auch die Relevanz des behaupteten Mangels nicht dargetan worden. Was die Unterlassung der Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens zum Nachweis der Beeinträchtigung des Erinnerungsvermögens des Erstbeklagten betreffe, führte das Berufungsgericht zusammengefasst aus:
Nach der Rechtsprechung müsse der gute Glaube des Erwerbers bis zum Zeitpunkt des Ansuchens um Verbücherung bestehen. Gutgläubig sei ein Erwerber aber nur dann, wenn er ohne jedes Verschulden, also auch nicht fahrlässig handle. Dabei bestimme sich der Umfang der Sorgfaltspflicht nach der Verkehrsübung, also nach einem objektiven Maßstab. Auf subjektive Umstände, wie etwa eine alters- oder krankheitsbedingte Vergesslichkeit des Liegenschaftserwerbers könne es nicht ankommen. Wer also Hinweise auf außerbücherliche Rechte habe, sei nicht mehr gutgläubig und werde es auch dann nicht, wenn er sich zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses und der Verbücherung aus subjektiven Gründen nicht mehr an diese Hinweise auf außerbücherliche Rechte erinnern könne. Es komme aus diesen rechtlichen Erwägungen nicht darauf an, ob der Erstbeklagte die ihm seinerzeit gemachte Mitteilung vom Bestehen eines Bauverbots vergessen habe. Es liege also in der Unterlassung der Einholung eines entsprechenden Gutachtens, wie von den Beklagten beantragt, kein Verfahrensmangel.
Hinsichtlich der neuerlichen Einvernahme der Zeugin R***** ging das Berufungsgericht davon aus, dass nach dem Inhalt des Protokolls auf ihre neuerliche Einvernahme verzichtet worden sei (§ 281a ZPO).
Dass die Aussage des Zeugen B***** nur verlesen worden sei, hätte nach herrschender Ansicht bereits im erstinstanzlichen Verfahren gerügt werden müssen.
Es lägen daher die behaupteten Verfahrensmängel insgesamt nicht vor.
In ausführlicher Auseinandersetzung mit der Beweisrüge der Kläger und der Beklagten teilte das Berufungsgericht die Erwägungen des Erstgerichts im Rahmen der Beweiswürdigung. Erkennbar hat das Berufungsgericht allerdings die Feststellung, der Erstbeklagte habe im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses (noch) von der Belastung durch das Bauverbot gewusst, nicht zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und die entsprechende Beweisrüge nicht eindeutig erledigt.
Bei Behandlung der Rechtsrüge der Beklagten führte das Berufungsgericht aus, die Feststellung des Erstgerichts, dass der Erstbeklagte beim Erwerbsvorgang in Kenntnis des Bauverbots gewesen sei, sei nicht die Folge einer (wie behauptet unrichtigen) Anwendung von Beweislastregeln, sondern Beweisergebnis.
Die Frage, welche Erkenntnisse der Erstbeklagte bei entsprechenden Nachforschungen erlangt hätte, stelle sich nicht. Die Gutgläubigkeit gehe schon dadurch verloren, dass der Erwerber der Liegenschaft keinerlei Nachforschungen anstellte. Dass es auf die Kenntnis des Umfangs des Bauverbots für die Frage der Gutgläubigkeit nicht ankomme, sei bereits geklärt (5 Ob 141/04b).
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob bei nachgewiesener Kenntnis eines Liegenschaftserwerbers von nicht verbücherten Servitutsrechten ein subjektiver Umstand, konkret das Vergessen dieser Information zum rechtlich relevanten Zeitpunkt, die Gutgläubigkeit wiederherstelle und dementsprechend eine Erkundigungspflicht des Erwerbers nicht (mehr) bestehe.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen aller Streitteile.
Die klagenden Parteien bekämpfen das angefochtene Urteil wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung im Kostenpunkt mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne einer Stattgebung des Hauptbegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagten Parteien bekämpfen das bezeichnete Urteil wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Sowohl die Kläger als auch die Beklagten beantragen jeweils, der Revision des Gegners nicht Folge zu geben, in eventu sie zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Kläger ist unzulässig. Die Revision der Beklagten hingegen im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.
Zur Revision der Kläger:
Ihre Ausführungen beschränken sich auf eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung hinsichtlich der Feststellungen über das Ausmaß der Bauverbotsfläche. Überdies wird eine unzureichende Behandlung der Beweisrüge durch das Berufungsgericht geltend gemacht.
Eine mangelhafte oder unzureichende Beweiswürdigung kann aber im Revisionsverfahren nicht angefochten werden (vgl RIS-Justiz RS0043371 ua).
Hat sich das Berufungsgericht mit den Berufungsgründen befasst und ist es seiner Pflicht, die Beweiswürdigung des Erstgerichts zu überprüfen, nachgekommen, kann - unabhängig davon, ob dabei auf jedes einzelne Argument des Beschwerdeführers eingegangen wurde - von einem Mangel des Berufungsverfahrens keine Rede sein (vgl RIS-Justiz RS0042189 ua). Die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Beweisrüge ist mängelfrei, wenn es sich mit dieser befasst hat, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt hat (vgl RIS-Justiz RS0043150; RS0043162 ua).
Soweit sich in der Revision ansatzweise eine Rechtsrüge findet, geht diese nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, weil ein Umfang der Servitutsfläche, wie von den Klägern mit diesen Ausführungen angestrebt, nicht festgestellt wurde.
Soweit die Kläger die Entscheidung des Berufungsgerichts über den Kostenrekurs bekämpfen, ist das Rechtsmittel gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO absolut unzulässig (vgl RIS-Justiz RS0044233).
Die Beklagten haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Zur Revision der Beklagten:
Unter Umgehung des Verbots, einen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens, dessen Vorliegen schon das Berufungsgericht verneint hat, an den Obersten Gerichtshof heranzutragen (vgl nur RIS-Justiz RS0106371 ua), kommen die Revisionswerber auf ihre Berufungsausführungen zurück. Die unterlassene neuerliche Einvernehmung des Zeugen B***** wäre abstrakt geeignet gewesen, die Glaubwürdigkeit der Zeugin R***** in Frage zu stellen.
Dazu ist mit dem Berufungsgericht nur noch auf die ständige höchstgerichtliche Rechtsprechung hinzuweisen, dass es der freien Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen unterliegt, ob zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit vernommener Zeugen oder Parteien ein Kontrollbeweis erforderlich ist (vgl RIS-Justiz RS0040246). Die Unterlassung von Kontrollbeweisen rechtfertigt den Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens daher nicht (vgl RIS-Justiz RS0043406).
Soweit allerdings die Mängelrüge die Nichteinholung des beantragten Sachverständigengutachtens über die eingeschränkte Erinnerungsfähigkeit des Erstbeklagten betrifft, ist sie aufzugreifen, weil sie das Berufungsgericht aus rechtlichen Erwägungen unerledigt gelassen hat, die der erkennende Senat nicht teilt:
Gemäß § 481 ABGB kann das dingliche Recht der Dienstbarkeit an Gegenständen, die in den öffentlichen Büchern eingetragen sind, grundsätzlich nur durch die Eintragung in diese erworben werden. Gerade bei Dienstbarkeiten ist dieser Eintragungsgrundsatz jedoch mehrfach durchbrochen, etwa durch die Möglichkeit eines außerbücherlichen Erwerbs kraft Ersitzung (Näheres bei Kiendl-Wendner in Schwimann3, Rz 4 zu § 481 ABGB). Den daraus resultierenden Konflikt mit dem Rechtsschein des Grundbuchsstands hat der Gesetzgeber so gelöst, dass das durch Ersitzung (oder auf andere Weise außerbücherlich) erworbene Recht demjenigen nicht zum Nachteil gereicht, der die belastete Liegenschaft im Vertrauen auf die Vollständigkeit des Grundbuchs noch vor der Einverleibung der Dienstbarkeit erworben hat (§ 1500 ABGB).
Damit stellt sich die Frage nach der Schutzwürdigkeit des Vertrauens in die Vollständigkeit des Grundbuchs. Die Judikatur versagt diesen Vertrauensschutz dann, wenn die Belastung der erworbenen Liegenschaft mit einer Dienstbarkeit offenkundig oder dem Erwerber bekannt ist (Kiendl-Wendner aaO, Rz 4 zu § 481 ABGB mwN).
Im gegenständlichen Verfahren geht es allein darum, ob den Beklagten die Schutzwürdigkeit wegen Kenntnis der Dienstbarkeit zu versagen ist. Für eine Offenkundigkeit der strittigen Aussichtsservitut haben sich nämlich keinerlei Anhaltspunkte ergeben. Es bedarf daher auch keiner Auseinandersetzung mit jenen Lehrmeinungen, die der Judikatur eine Überbewertung der Offenkundigkeit einer Dienstbarkeit bis hin zur Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes vorwerfen (Näheres bei Kiendl-Wendner aaO, Rz 10 zu § 481 ABGB). Einig sind sich nämlich Judikatur und Lehre darin, dass der Erwerber einer nach dem Grundbuchsstand unbelasteten Liegenschaft den Schutz des Vertrauens in die Vollständigkeit des Grundbuchs jedenfalls dann nicht in Anspruch nehmen kann, wenn er deren tatsächliche Belastung mit einer dinglichen Dienstbarkeit kennt (Kiendl-Wendner aaO, Rz 10 zu § 481 ABGB mwN). Ein solcher Erwerber hat eine vom Voreigentümer einem Dritten vertraglich eingeräumte Dienstbarkeit auch dann gegen sich gelten zu lassen, wenn dieses Recht (noch) nicht ins Grundbuch eingetragen wurde (vgl Kiendl-Wendner aaO Rz 4 und Rz 10 zu § 481 ABGB mwN; Apathy, Die publizianische Klage, 55 f; 1 Ob 259/02y = SZ 2002/169; 2 Ob 125/04p; 10 Ob 33/04g; 5 Ob 273/07v ua).
Maßgeblich kann dabei nur die positive Kenntnis beim Erwerb der Liegenschaft sein, sei es beim Abschluss des Erwerbsgeschäfts oder bei Überreichung des Verbücherungsantrags (5 Ob 273/07v mwN). Die Beweislast hiefür trifft den angeblich Dienstbarkeitsberechtigten (Kiendl-Wendner aaO, Rz 6 zu § 481 ABGB; 5 Ob 273/07v ua).
Das Berufungsgericht hat unter Verwendung von Judikaturzitaten, die den Begriff und die Rechtsfolgen der Offenkundigkeit einer Dienstbarkeit behandeln, zum Verlust des Vertrauensschutzes wegen positiver Kenntnis der nicht verbücherten Dienstbarkeit jedoch nichts aussagen, die Rechtsansicht vertreten, eine einmal - Jahre vor dem Erwerbsvorgang - erlangte Kenntnis vom Bestehen der Dienstbarkeit schade dem Erwerber in gleicher Weise wie die - wenn auch nur fahrlässige - Verletzung einer durch Zweifelsfragen ausgelösten Erkundigungspflicht. Auf subjektive Momente beim Erwerber, etwa auf ein mögliches Vergessen oder Verdrängen der Kenntnis wegen Gedächtnisstörungen, durch Zeitablauf oder sonstige Umstände komme es gar nicht an, weshalb auch hiezu angebotene Beweise (konkret ein Sachverständigengutachten) nicht aufzunehmen seien.
Das trifft jedoch nach dem Gesagten nicht zu. Das Berufungsgericht wird sich daher mit der Frage zu befassen haben, ob die Abweisung des erwähnten Beweisantrags der Beklagten wegen der vom Erstgericht angenommenen Verspätung (§ 179 ZPO) zutreffend erfolgte oder wegen fehlender inhaltlicher Eignung gerechtfertigt war.
Sollte das Berufungsverfahren im Ergebnis zu einer Verneinung der behaupteten Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens gelangen, wird es demnach die Beweisrüge zur Feststellung über die Kenntnis des Erstbeklagten von der strittigen Dienstbarkeit im Erwerbszeitpunkt zu erledigen haben. Dass die feststehende Kenntnis des Erstbeklagten ausreichen würde, um beiden Beklagten den Schutz des Vertrauens auf die Vollständigkeit des Grundbuchsstands zu versagen, wurde bereits vom Berufungsgericht zutreffend erkannt (Kiendl-Wendner aaO, Rz 5 zu § 481 ABGB mwN).
Jedenfalls erweist sich die Rechtssache als nicht entscheidungsreif, was eine Aufhebung und Zurückverweisung an die zweite Instanz unumgänglich machte.
Die Kostenentscheidungen gründen sich einerseits auf § 52 ZPO, andererseits auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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