OGH 5Ob549/85

OGH5Ob549/859.9.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Hofmann, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Monika M***, geschiedene A***,

Hausfrau, Bregenz, Achsiedlungsstraße 21, vertreten durch Dr. Ernst Stolz, Rechtsanwalt in Bregenz, wider den Antragsgegner Dietmar A***, Kraftfahrer, Bludenz, Austraße 57 a, vertreten durch Dr. Guntram Lins, Rechtsanwalt in Bludenz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse (§§ 81 ff EheG) infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 8. März 1985, GZ. 1 a R 83/85-33, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bludenz vom 14. Dezember 1984, GZ. F 22/80-28, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er unter Einbeziehung seines unangefochten gebliebenen sowie seines bestätigten Teils zu lauten hat:

a) Der Antragstellerin werden zwei Stühle, ein Bettzeugschrank, eine Waschmaschine und eine Bügelmaschine ins Alleineigentum übertragen;

b) Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin binnen 3 Monaten den Betrag von 70.000 S zu zahlen;

c) Das Mehrbegehren der Antragstellerin von 130.000 S wird abgewiesen.

Die Kosten aller drei Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung

Die von den Parteien am 16. Mai 1968 geschlossene Ehe wurde mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 19. Oktober 1979 aus beiderseitigem Verschulden rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe stammen die Kinder Jürgen, geboren 1969, Carmen, geboren 1970, und Rene, geboren 1974.

Am 16. Juli 1980 begehrte die Antragstellerin die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse in der Weise, daß 1. zwei Stühle, ein Bettzeugschrank, eine Waschmaschine und eine Bügelmaschine in ihr Alleineigentum übertragen werden und

2. dem Antragsgegner eine Ausgleichszahlung an sie von 300.000 S auferlegt wird.

Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Antrages. Mit Beschluß vom 28. April 1982, ON 8, hat das Erstgericht der Antragstellerin die begehrten Fahrnisse ins Alleineigentum übertragen und dem Antragsgegner unter Abweisung des Mehrbegehrens eine Ausgleichszahlung an die Antragstellerin in der Höhe von 200.000 S auferlegt.

Während die Abweisung des Mehrbegehrens unangefochten blieb, hob das Rekursgericht den stattgebenden Teil der erstgerichtlichen Entscheidung infolge Rekurses des Antragsgegners zur Verfahrensergänzung auf (ON 11).

Im zweiten Rechtsgang hat das Erstgericht der Antragstellerin die begehrten Fahrnisse neuerlich ins Alleineigentum übertragen, deren Antrag auf Zuerkennung einer Ausgleichszahlung aber zur Gänze abgewiesen.

Das von beiden Parteien angerufene Rekursgericht hat nunmehr die Übertragung der Fahrnisse ins Alleineigentum der Antragstellerin bestätigt und dem Antragsgegner unter Abweisung des noch offenen Mehrbegehrens eine binnen 3 Monaten zu leistende Ausgleichszahlung von 100.000 S auferlegt. Er hat ferner ausgesprochen, daß der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. Gegen die Übertragung der Fahrnisse ins Alleineigentum der Antragstellerin sowie gegen die Auferlegung einer Ausgleichszahlung von 100.000 S richtet sich der auf den Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der gänzlichen Antragsabweisung abzuändern.

Die Antragstellerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.

Auszugehen ist von folgendem Sachverhalt:

Die Antragstellerin zog im Dezember 1979 aus der Ehewohnung (Neubau = EZ 2524 KG Bludenz = Klarenbrunnstraße 102 a) aus. Dabei nahm sie verschiedene Inventargegenstände im Wert von rund 15.000 S, nämlich einen Fernsehapparat, Geschirr und eine Kaffeemaschine, ohne Widerspruch des Antragsgegners mit. Der Antragsgegner erklärte, daß er ihr insbesondere noch einen Bettzeugschrank, zwei Stühle, die Waschmaschine und eine Bügelmaschine überlasse (Wert dieser Gegenstände: 7.500 S).

Am 14. Dezember 1979 bestätigte die Antragstellerin, für "Inventar + Auto - Hälfteanteil" 120.000 S erhalten zu haben (Beilage 1). Das dem Antragsgegner verbliebene Inventar (eheliches Gebrauchsvermögen) hat einen Wert von 150.000 S. Der PKW, der im April 1979 angeschafft worden war (Kaufpreis: 142.000 S), wurde mit 50.000 S (Hälftewert) der Vereinbarung zugrundegelegt. Während der Ehe erbte der Antragsgegner einen Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 1379 KG Bludenz (Klarenbrunnstraße 102 = Altbau; Elternhaus). Die andere Hälfte kaufte er von Dagmar W***, geborene L*** (Enkelin seines Vaters) um 240.000 S mit ehelichen Ersparnissen. Die Liegenschaft ging lastenfrei in sein Eigentum über. Der Altbau wurde mit einem Gesamtaufwand von 120.000 S renoviert. Hierauf wurden 50.000 S an Eigenmitteln und 70.000 S an Versicherungsleistungen aufgewendet. Die Liegenschaft wurde mit Verbindlichkeiten, die sowohl den Altbau als auch den Neubau betrafen, belastet. Nachdem die auf dem Altbau sichergestellten Verbindlichkeiten auf den Neubau (EZ 2524 KG Bludenz) übertragen worden waren, veräußerte der Antragsgegner den Altbau am 13. März 1979 um 690.000 S an Johann G***.

Den Baugrund EZ 2524 KG Bludenz erhielt der Antragsgegner von seiner Mutter durch Teilung und Schenkung. Darauf wurde im Jahre 1979 ein Wohnhaus errichtet, das den Parteien als Ehewohnung diente (Neubau). Mit Kaufvertrag vom 30. Juni 1980 verkaufte der Antragsgegner diese Liegenschaft um 1,360.000 S. Damals betrug der Grundstückswert 304.560 S. Das Wohnhaus hatte damals einen Verkehrswert (arithmetisches Mittel aus Sachzeitwert und Ertragswert) von 1,867.559,64 S. Insgesamt betrug daher der Verkehrswert rund 2,172.000 S.

Auf dieser Liegenschaft lasteten Schulden in der Höhe von 1,561.410 S, die bis zur Höhe des Kaufpreises von den Käufern übernommen wurden. Der Antragsgegner war gezwungen, die Liegenschaft zu verkaufen, da er die Zinsenbelastung und die Annuitäten nicht mehr tragen konnte. Außer den bücherlich sichergestellten Verbindlichkeiten mußte der Antragsgegner noch folgende Schulden abdecken:

Kaufpreis an Dagmar W***, geb. L*** 240.000 S

BTV 39.000 S

Autofina 25.000 S

Raiba (für Zahlung an Antragstellerin auf-

grund der Vereinbarung vom 14. 12. 1979) 120.000 S

Mahnungen 8.000 S

432.000 S.

Darüberhinaus hat der Antragsgegner noch insgesamt weitere Schulden von 68.930,30 S (darunter 2.400 S zur Kontoabdeckung) zahlen müssen.

Die Antragstellerin hat während der aufrechten Ehe den Haushalt geführt und die Pflege und Erziehung der Kinder übernommen. Sie hat zeitweise als Bedienerin gearbeitet und rund 6.000 S monatlich netto verdient. Mit ihrem Einkommen wurden zur Hälfte die Bauarbeiter (für die Errichtung des Neubaues) bezahlt; die andere Hälfte wurde als Wirtschaftsgeld verwendet. Außerdem hat die Antragstellerin durch Näharbeiten zu den Haushaltskosten beigetragen.

Im Jahre 1980 verdiente der Antragsgegner monatlich netto rund 10.000 S. Er hatte Unterhaltspflichten in Höhe von monatlich 5.600 S für seine ehelichen Kinder und von 850 S für ein uneheliches Kind. Das Erstgericht unterzog diesen Sachverhalt nachstehender rechtlichen Beurteilung:

Beide Parteien hätten zum ehelichen Gebrauchsvermögen und zu den ehelichen Ersparnissen etwa je zur Hälfte beigetragen. Eine Aufteilung der Fahrnisse sei nur teilweise außergerichtlich erfolgt. Da die Antragstellerin, in deren Pflege und Erziehung sich die ehelichen Kinder befänden, die begehrten Fahrnisse dringend benötige, seien ihr diese ins Alleineigentum zu übertragen gewesen. Mit der vom Antragsgegner für die Fahrnisse bereits geleisteten Ausgleichszahlung von 120.000 S und den von der Antragstellerin bereits erhaltenen sowie den nunmehr in deren Alleineigentum übertragenen Gegenständen werde etwa ein Äquivalent zu den dann noch dem Antragsgegner verbleibenden Fahrnissen geschaffen. Hinsichtlich des Altbaues sei nur die Hälfte des Verkaufserlöses, nämlich ein Betrag von 345.000 S, in die Aufteilung einzubeziehen, da der Antragsgegner die andere Hälfte geerbt habe. Auch der Grundstückswert des Neubaues von 304.560 S sei nicht Gegenstand der Aufteilung, weil die Liegenschaft dem Antragsgegner von dessen Mutter geschenkt worden sei. Der Antragsgegner habe zwar nicht den Verkehrswert der Liegenschaft erzielen können, ein Zuwarten mit dem Verkauf, bis ein höherer Kaufpreis hätte erzielt werden können, sei ihm aber wegen der drückenden Schuldenlast nicht zumutbar gewesen. Von einer die Antragstellerin absichtlich oder zumindest gewollt benachteiligenden Vermögensverringerung im Sinne des § 91 Abs. 1 EheG könne nicht gesprochen werden, zumal im Verfahren Anhaltspunkte dafür, daß in absehbarer Zeit ein besserer Kaufpreis hätte erzielt werden können, nicht hervorgekommen seien. Maßgebend sei daher der Verkaufspreis abzüglich des Wertes des Grundstückes. Der Aufteilung seien daher Aktiven von 1,400.440 S, nämlich der halbe Verkaufserlös für den Altbau in der Höhe von 345.000 S und der um den Liegenschaftwert (304.560 S) verminderte Verkaufserlös für den Neubau (1,360.000 S) in der Höhe von 1,055.440 S, sowie Passiven von 2,062.340,30 S, nämlich an sichergestellten Forderungen 1,561.410 S, an nicht sichergestellten Forderungen 432.000 S und an weiteren Schulden 68.930,30 S, zugrundezulegen. Da die Passiven die Aktiven überstiegen, könne der Antragstellerin die beantragte Ausgleichszahlung nicht zuerkannt werden.

Das Rekursgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus:

1. Zur Zuteilung der Einrichtungsgegenstände:

Der Ansicht des Antragsgegners, durch die Zahlung des Betrages von 120.000 S für "Inventar + Auto - Hälfteanteil" sei die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens (der Hausratsgegenstände) abschließend erledigt worden, könne nicht gefolgt werden. In der Tagsatzung vom 16. Oktober 1980 habe der Antragsgegner selbst vorgebracht, daß die Antragstellerin - offenbar ohne seinen Widerspruch - ungeachtet der für die Inventargegenstände erhaltenen Ablöse Fahrnisse wie Geschirr, Kaffeemaschine, Fernsehapparat sowie die komplette Kinderzimmereinrichtung mitgenommen habe. Weiters habe der Antragsgegner der Antragstellerin zugesagt, daß sie auch die Waschmaschine bekomme. In diesem Zusammenhang sei auch von anderen Gegenständen die Rede gewesen. Da somit hinsichtlich der geltend gemachten Gegenstände eine verbindliche Vereinbarung zwischen den Parteien nicht vorliege, sei hierüber im Außerstreitverfahren zu entscheiden gewesen. Bei der nach Billigkeit (§ 83 Abs. 1 EheG) vorzunehmenden Aufteilung sei einerseits darauf Bedacht zu nehmen, daß beide Ehegatten etwa gleichteilig zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und auch der ehelichen Ersparnisse beigetragen hätten und andererseits die Antragstellerin die strittigen Gegenstände für die Führung des Haushaltes benötige, in der sich auch die beiden ehelichen Kinder befänden.

2. Zur Ausgleichszahlung:

Der Aufteilung unterlägen nicht Sachen, die unter anderem ein Ehegatte von Todes wegen erworben oder die ihm ein Dritter geschenkt habe (§ 82 Z 1 EheG). Es unterliege daher der Verkaufserlös aus der Liegenschaft EZ 1379 KG Bludenz (Althaus) nur zur Hälfte der Aufteilung. Den Baugrund für den Neubau (EZ 2524 KG Bludenz) habe der Antragsgegner durch Schenkung und Teilung erhalten, das darauf errichtete Wohnhaus habe als Ehewohnung gedient. Während die Antragstellerin zum Erwerb der Liegenschaft keinen Beitrag geleistet habe, sei das Wohnhaus (Neubau) gemeinsam geschaffen worden; das diesbezügliche Vermögen (Wert des Neubaues abzüglich Grundwert) unterliege daher der Aufteilung.

Im allgemeinen komme eine Ausgleichszahlung nur dann in Betracht, wenn die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse zu einem für einen Ehegatten unbilligen Ergebnis geführt habe. Abgesehen davon, daß eine Realteilung aufgrund des Verkaufes der Liegenschaft nicht mehr möglich sei, könne auch bloß die Entscheidung des Gerichtes über die Leistung einer Ausgleichszahlung begehrt werden (JBl. 1981, 599). Ob die Antragstellerin einen Anspruch auf Ausgleichszahlung habe, hänge im wesentlichen davon ab, ob der tatsächliche Verkaufserlös oder der Verkehrswert zugrunde gelegt werde. Für den Regelfall sei davon auszugehen, daß alle jene Wertanlagen dem Aufteilungsverfahren unterlägen, die bis zum Stichtag der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eheliche Ersparnisse angeschafft worden seien. Wertsteigerungen, die danach ohne besonderes Zutun eines Ehegatten erfolgt seien, kämen beiden Parteien zugute. Es sei daher - von Ausnahmen abgesehen - der gemeine Wert zum Zeitpunkt der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse maßgebend (JBl. 1983, 648).

Im gegenständlichen Fall komme dem Zeitpunkt des Verkaufs der Liegenschaft EZ 2524 KG Bludenz besondere Bedeutung zu. Der Antragsgegner sei nämlich damals (im Jahre 1980) nicht in der Lage gewesen, die auflaufenden Zinsen und Annuitäten zu tragen; er habe daher - wie unbekämpft festgestellt wurde - die Liegenschaft damals verkaufen müssen. Hätter er einen über dem Verkehrswert liegenden Verkaufserlös erzielt, so würde der über den Verkehrswert hinausgehende Mehrbetrag allein dem Antragsgegner zukommen. Andererseits sei im allgemeinen dann, wenn unter dem Verkehrswert verkauft werde, der gemeine Wert der Liegenschaft zugrundezulegen, zumal es sich hiebei um eine Vermögensverringerung handle und der andere Ehegatte für solche Benachteiligungen einen Ausgleich erhalten solle (JBl. 1981, 429; JBl. 1983, 648). Der Antragsgegner habe sich vor dem Verkauf der Liegenschaft um 1,360.000 S weder um den Verkehrswert gekümmert noch versucht, die Liegenschaft zu einem höheren Preis zu verkaufen. Er habe das erste Angebot der Eheleute S*** angenommen und sich nicht über weitere Interessenten informiert, weil ihm "alles egal" gewesen sei, wobei er auch in Kauf genommen habe, daß dadurch die Antragstellerin vermögensrechtlich verkürzt werde. Im übrigen habe der Antragsgegner selbst angegeben, ihm sei klar gewesen, daß der Neubau einen den erzielten Verkaufspreis übersteigenden Wert habe.

Auch wenn nach der Ehescheidung nicht mehr von Lebensverhältnissen der "Ehegatten" im Sinne des § 91 Abs. 1 EheG gesprochen werden könne, komme jedenfalls den Lebensverhältnissen der geschiedenen Ehegatten eine gewisse Bedeutung zu. Ebenso spiele es eine Rolle, ob beim Verkauf der Liegenschaft unter dem Verkehrswert die Sorgfalt gegenüber eigenen Interessen verletzt worden sei. Ob der Antragsgegner bei entsprechendem Bemühen, das ihm zumutbar gewesen sei, den Verkehrswert als Verkaufserlös hätte erzielen können, sei nicht feststellbar. Richtig sei, daß dem Antragsgegner nicht zumutbar gewesen sei, über einen längeren Zeitraum hinweg entsprechende Verkaufsaktivitäten zu setzen, da dadurch die Schuldenlast nur noch immer drückender geworden wäre. Er hätte sich allerdings zumindest bemühen müssen, den Verkehrswert zu erfahren und einen Käufer zu finden, der bereit ist, diesen Verkehrswert zu zahlen; hiefür wäre nur eine dem Antragsgegner auch zumutbare Frist erforderlich gewesen. Das Unterlassen dieser Verpflichtung habe der Antragsgegner zu vertreten. Zumindest hätte der Antragsgegner sich vor dem Verkauf der Liegenschaft um 1,360.000 S mit der Antragstellerin in Verbindung setzen müssen. Hätte sie ihre Zustimmung zu diesem Preis erteilt, dann wäre der tatsächliche Verkaufspreis maßgebend. Der Antragsteller hätte auch im eigenen Interesse bemüht sein müssen, die Liegenschaft zum Verkehrswert zu verkaufen, da die Schulden den tatsächlichen Verkaufserlös überstiegen hätten. Es sei daher der Verkehrswert zum Zeitpunkt des Verkaufes der Liegenschaft (1980) zugrundezulegen. Hiebei sei zu berücksichtigen, daß die Vermögensauseinandersetzung nicht streng rechnerisch nach dem Wert des aufzuteilenden Vermögens, sondern nach Billigkeit vorzunehmen sei. Durch die Aufteilung sollten die Folgen der Scheidung in wirtschaftlicher Hinsicht in einer für beide Ehegatten möglichst ausgeglichenen Weise geregelt werden (JBl. 1981, 429). Bei der Ermittlung des Ausgleichsbetrages sei im übrigen darauf Bedacht zu nehmen, daß jeder Ehegatte - so wie ein Anerbe - wohl bestehen könne (EvBl. 1981/71). Würden vom Verkehrswert des Neubaues (abzüglich des Grundwertes) in Höhe von 1,867.560 S die auf der Liegenschaft sichergestellten Schulden von 1,360.000 S und die weiteren mit dem Lebensaufwand zusammenhängenden, aus der Liegenschaft nicht sichergestellten Schulden von 312.000 S in Abzug

gebracht - hinsichtlich der angeführten weiteren Schulden sei der Betrag von 120.000 S (Raiba für Zahlung an Antragstellerin aufgrund der Vereinbarung vom 14. Dezember 1979) nicht zu berücksichtigen -, so ergebe sich ein Betrag von 195.560 S. Bei Hinzuzählung des halben Kaufpreises für das Althaus in der Höhe von 345.000 S ergebe sich ein Betrag von540.560 S. Bedacht zu nehmen sei allerdings darauf, daß der Kaufpreis für den Altbau von 240.000 S zur Gänze den halben Verkaufserlös für den Altbau belaste. Schließlich seien noch die festgestellten Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit den Verkäufen und Investitionen in Abzug zu bringen (68.930,30 S - Kontoabdeckung in der Höhe von 2.400 S). Angesichts aller festgestellten Umstände sowie der bereits erfolgten Aufteilung laut Bestätigung vom 14. Dezember 1979 erscheine eine Ausgleichszahlung in der Höhe von 100.000 S der Billigkeit entsprechend gerechtfertigt. Insbesondere sei auf die schlechte finanzielle Lage des Antragsgegners Rücksicht zu nehmen.

Zu den Revisionsrekursausführungen des Antragsgegners ist wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zur Zuteilung der Einrichtungsgegenstände:

Der Antragsgegner hält seinen Standpunkt aufrecht, eine richtige Auslegung der Urkunde Beilage 1 über die Vereinbarung vom 14. Dezember 1979 müsse zu dem Ergebnis führen, daß die Antragstellerin keinen Anspruch mehr auf die Zuteilung weiteren Inventars habe, weil ihr Anspruch auf das Inventar durch die Ausgleichszahlung von 120.000 S zur Gänze abgefunden worden sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Vorinstanzen die in Rede stehende Vereinbarung nicht allein aufgrund der Urkunde Beilage 1, sondern auch unter Heranziehung der übrigen Beweisergebnisse ausgelegt haben. Das von ihnen dabei erzielte Ergebnis, die Ausgleichszahlung von 120.000 S stelle nicht die Abfindung des Anspruches der Antragstellerin auf die Hälfte des gesamten Inventars dar, gehört daher dem in dritter Instanz nicht mehr überprüfbaren Tatsachenbereich an. Inwiefern die von den Vorinstanzen vorgenommene Zuteilung der von der Antragstellerin begehrten Einrichtungsgegenstände nicht der Billigkeit entsprechen sollte, wird vom Antragsgegner nicht dargetan.

2. Zur Ausgleichszahlung:

Hat ein Ehegatte ohne ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung des anderen Ehegatten frühestens zwei Jahre vor Einbringung der Klage auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe oder, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft vor Einbringung der Klage aufgehoben worden ist, frühestens zwei Jahre vor dieser Aufhebung eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse in einer Weise verringert, die der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten während der ehelichen Lebensgemeinschaft widerspricht, so ist gemäß § 91 Abs. 1 EheG der Wert des Fehlenden in die Aufteilung einzubeziehen. Im Bericht des Justizausschusses zu dieser Gesetzesstelle wird u.a. ausgeführt (916 BlgNR 14. GP 18 f):

Ziel dieser Regelung ist es, einen billigen Vermögensausgleich zwischen den Ehegatten auch dann herbeizuführen, wenn ein Ehegatte einseitig das der Aufteilung unterliegende Vermögen verringert hat. Die Regelung bezieht sich auf Vermögensverringerungen zwischen dem Beginn des Laufes der Frist und dem Zeitpunkt der Aufteilung selbst. Die Vermögensverringerung kann auf vielfältige Weise geschehen. In Betracht kommt etwa eine besonders aufwendige Lebenshaltung auf Kosten der ehelichen Ersparnisse oder die Anschaffung von teuren Gegenständen des persönlichen Gebrauches aus den ehelichen Ersparnissen durch einen Ehegatten. Überhaupt wird durch die Regelung jede einseitige Verfügung eines Ehegatten erfaßt, durch die eheliches Gebrauchsvermögen dem gemeinsamen Gebrauch entzogen wird oder die ehelichen Ersparnisse verringert werden. Nicht jede Vermögensverringerung der angeführten Art innerhalb des beschriebenen Zeitraumes ist freilich schon als eine Benachteiligung des anderen Ehegatten zu berücksichtigen. Zwei weitere Voraussetzungen müssen hinzutreten: Die Vermögensverringerung muß die Folge einer aufwendigeren als der bisherigen Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten sein, und der benachteiligte Ehegatte darf der Vermögensverringerung weder ausdrücklich noch stillschweigend zugestimmt haben. Unbeachtlich für die Aufteilung sind somit Vermögensverringerungen, die im Einklang mit der bisherigen Lebensgestaltung der Ehegatten gestanden haben; auf eine Zustimmung des anderen Ehegatten kommt es dabei nicht an. Nicht berücksichtigt werden auch Vermögensverringerungen, die über die bisherige Lebenshaltung der Ehegatten hinausgehen, denen aber der andere Teil - ausdrücklich oder stillschweigend - zugestimmt hat. Die Rechtsfolge einer Vermögensverringerung im eben umschriebenen Sinn ist, daß der Wert des Fehlenden auf Antrag des benachteiligten Ehegatten in die Aufteilung einzubeziehen ist. Es ist also so vorzugehen, als ob dem anderen Ehegatten der Vermögenswert, um den er die Aufteilungsmasse verringert hat, bei der Aufteilung zugekommen wäre. Aus den Worten "Wert des Fehlenden" folgt, daß es sich dabei um den - gemeinen - Wert handelt, den der Vermögensgegenstand im Zeitpunkt der Aufteilung - in diesem Zeitpunkt fehlt er ja - hätte.

Nach der dem Bericht des Justizausschusses folgenden Rechtsprechung ist § 91 Abs. 1 EheG auch auf Vermögensverringerungen nach der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft oder nach der Ehescheidung anzuwenden (EFSlg. 41.415; SZ 55/192 = JBl. 1983, 648 = EFSlg. 41.414/6 = MietSlg. 34.606;

EFSlg. 43.795 = MietSlg. 35.692; 1 Ob 551/85, 1 Ob 522/86, 3 Ob 513/86 u.a.); unter dem Wert des Fehlenden ist der gemeine Wert zu verstehen, den der fehlende Vermögensgegenstand im Zeitpunkt der Aufteilung hätte (JBl. 1981, 429 = MietSlg. 32.563; SZ 55/192), es ist so vorzugehen, als ob dem Ehegatten der Vermögenswert, um den er die Aufteilungsmasse verringert hat, bei der Aufteilung zugekommen wäre (1 Ob 551/85). Zu 1 Ob 551/85 wurde auch ausgesprochen, daß nur solche (von dem einen - geschiedenen - Ehegatten ohne ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung des anderen herbeigeführte) Vermögensverringerungen während des von der Bestimmung des § 91 Abs. 1 EheG getroffenen Zeitraumes die Aufteilungsmasse verringern, die im Einklang mit der bisherigen Lebensgestaltung der Ehegatten stehen, d.h., die nach den Umständen vermutlich auch bei aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft nicht anders vorgenommen worden wären; während der kritischen Zeit unvermeidbare Aufwendungen sollen die Aufteilungsmasse gleichfalls schmälern; § 91 Abs. 1 EheG sanktioniert Vermögensverringerungen, die mit Rücksicht auf die Gestaltung der Lebensverhältnisse während der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft bedenklich erscheinen und den Verdacht nahelegen, der eine - geschiedene - Ehegatte habe sie nur in der Absicht getätigt, den anderen bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse zu benachteiligen. Eine tatsächliche Verschleuderungs- oder Benachteiligungsabsicht ist jedoch nicht erforderlich (Pichler in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 91 EheG mit weiteren Nachweisen, wonach sogar ein Verschulden nicht vorzuliegen braucht).

Nach den Feststellungen hat der Antragsgegner den Neubau während des von der Bestimmung des § 91 Abs. 1 EheG getroffenen Zeitraumes ohne ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung der Antragstellerin erheblich unter dessen Verkehrswert veräußert und dadurch das eheliche Gebrauchsvermögen verringert. Dies ist in einer Art und Weise geschehen (Annahme des ersten Kaufanbotes, ohne vorher sich um den Verkehrswert zu kümmern und den Versuch zu unternehmen, einen besseren Käufer zu finden), die der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Parteien während des Bestehens ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft (die durch das Bemühen gekennzeichnet war, sich durch eine entsprechende Lebensführung ein Vermögen zu schaffen) widersprochen hat; nach den Umständen des vorliegenden Falles hätte der Antragsgegner bei aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft vermutlich anders gehandelt, selbst wenn man nicht außer Acht läßt, daß ein Einfamilienhaus unter Umständen nicht ohne weiteres zum ermittelten Verkehrswert verkäuflich ist. Das Rekursgericht hat zutreffend hervorgehoben, daß vom Antragsgegner ungeachtet seiner bedrängten finanziellen Lage und ohne Überschreitung des Rahmens des ihm Zumutbaren im Interesse der Antragstellerin zu verlangen war, daß er sich intensiver um die Erzielung eines höheren nach Möglichkeit den Verkehrswert erreichenden Kaufpreises bemüht. Da er das unterlassen und - obgleich dies im Hinblick auf die Zielsetzung des § 91 Abs. 1 EheG, den einen (geschiedenen) Ehegatten vor Benachteiligungen durch einseitige Dispositionen des anderen zu bewahren, sowie angesichts des erheblichen Unterschiedes zwischen dem Verkehrswert und dem erzielten Verkaufserlös seine Sache gewesen wäre - auch nicht dargetan hat, daß er selbst bei dem ihm zumutbaren größeren Einsatz keinen höheren Kaufpreis hätte erzielen können, die Verringerung des Vermögens durch das Verkaufen des Neubaues unter seinem Verkehrswert somit unvermeidlich war, hat das Rekursgericht mit Recht den Verkehrswert des Neubaues gemäß § 91 Abs. 1 EheG in die Aufteilung einbezogen.

Der Oberste Gerichtshof tritt grundsätzlich auch den Billigkeitserwägungen bei, die das Rekursgericht bei Ausmessung der Ausgleichszahlung und der Einbeziehung des Verkehrswertes des Neubaues in die Aufteilung angestellt hat. Der dem Rekursgericht bei der Berücksichtigung der auf der Liegenschaft EZ 2524 KG Bludenz (Neubau) bücherlich sichergestellten Schulden zu Ungunsten des Antragsgegners unterlaufene Fehler - nach den Feststellungen war diese Liegenschaft nicht nur mit den von den Käufern übernommenen Schulden in der Höhe des Kaufpreises von 1,360.000 S, sondern mit 1,561.410 S belastet - wird dadurch wettgemacht, daß es zu Ungunsten der Antragstellerin den Kaufpreis für den Hälfteanteil am Altbau in der Höhe von 240.000 S zweimal in Anschlag brachte, nämlich einmal in der Summe von 312.000 S (die sich aus dem Betrag von 432.000 S an bücherlich nicht sichergestellten Verbindlichkeiten abzüglich des Betrages von 120.000 S [Raiba für Zahlung an Antragstellerin aufgrund der Vereinbarung vom 14. Dezember 1979] ergibt) und einmal durch Abzug vom halben Verkaufserlös für den Altbau von 345.000 S. Der Umstand, daß bei intensiveren Bemühungen des Antragsgegners um die Erzielung eines besseren Kaufpreises höhere Schuldzinsen und Spesen (etwa Inseratenkosten, Mäklerprovision) aufgelaufen wären, sowie die mißliche finanzielle Lage des Antragsgegners veranlassen den Obersten Gerichtshof jedoch, die von der Antragstellerin begehrte Ausgleichszahlung, die bereits vom Rekursgericht nicht in der vollen, sich rein rechnerisch ergebenden Höhe ausgemessen worden war, noch weiter, und zwar auf 70.000 S, herabzusetzen. Es war daher dem Revisionsrekurs teilweise Folge zu geben und spruchgemäß zu beschließen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten aller drei Instanzen beruht auf § 234 AußStrG.

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