European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0050OB00005.19Z.0731.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit 377,50 EUR bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 62,92 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die Antragstellerin ist Vermieterin, die Antragsgegnerin ist Mieterin eines Hauses, das zur sogenannten *****siedlung gehört. Die *****siedlung wurde in den Jahren 1930 bis 1932 von der „G*****“ errichtet und besteht aus 70 Einfamilienhäusern, die von namhaften Architekten als Prototypen für den modernen Einfamilienhausbau entworfen worden waren. Im Jahr 1938 ging die *****siedlung von der „G*****“ in das Eigentum der Stadt Wien über.
Die „G*****“ wurde im Jahr 1921 als gemeinwirtschaftliche Siedlungs- und Baustoffanstalt gegründet und war auch im Zeitpunkt der Errichtung der *****siedlung (noch) in der Rechtsform einer gemeinschaftlichen Anstalt im Sinn des Gesetzes vom 29. Juli 1919, StGBl Nr 389/1919 tätig. Dieses Gesetz sollte Bund, Ländern und Gemeinden die Möglichkeit eröffnen, bestehende privatwirtschaftliche oder öffentliche Unternehmungen ins Eigentum oder die Verwaltung der gemeinwirtschaftlichen Anstalten zu übertragen oder neue Unternehmungen in dieser Form zu errichten. Die G***** wurde zu gleichen Anteilen von der Republik Österreich, der Gemeinde Wien und dem Österreichischen Verband für Siedlungs- und Kleingartenwesen gegründet, der wiederum aus diversen Genossenschaften und Vereinen der Siedlungsbewegung bestand. Bei ihrer Gründung hatte sie vornehmlich die Aufgabe, Genossenschaften und Siedlervereinen billiges Baumaterial und günstige Darlehen zur Verfügung zu stellen. Ab Mitte der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts begann die G***** mit eigener Wohnbautätigkeit, vorwiegend mit der Errichtung von Ein- und Mehrfamilienhäusern. Nach Inkrafttreten des WGG 1940 wurde die G***** auf dessen Basis als gemeinnützige Bauvereinigung anerkannt.
Die Antragstellerin beantragte die Bewilligung der Einhebung eines erhöhten Hauptmietzinses gemäß §§ 18, 18a, 18b und 19 MRG. Die Kosten der an dem Mietobjekt durchzuführenden Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten würden in den zu erwartenden Hauptmietzinseinnahmen der nächsten Jahre keine Deckung finden und es würden auch sämtliche sonstigen Voraussetzungen für die Erhöhung des Hauptmietzinses gemäß §§ 18 f MRG vorliegen.
Die Antragsgegnerin bestritt und beantragte die Abweisung des Antrags. Auf das Mietverhältnis sei nicht das MRG, sondern das WGG anzuwenden. Die *****siedlung sei von der G***** und damit von einer gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft im eigenen Namen errichtet worden. Das Eigentum an den nicht schon vorher verkauften Häusern sei erst 1938 von der G***** auf die Gemeinde Wien übergegangen. Aus den Übergangsbestimmungen des § 39 Abs 1 WGG ergebe sich, dass Bauvereinigungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des WGG auf Grund der Bestimmungen des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen vom 29. 2. 1940, und der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen vom 23. 7. 1940, als gemeinnützige Wohnungsunternehmen anerkannt gewesen seien, als gemeinnützig anerkannte Bauvereinigungen gelten. Auf solche Bauvereinigungen seien die Bestimmungen des WGG (mit Ausnahme der in § 6 Abs 1 WGG enthaltenen Regelung) anzuwenden. Aus § 39 Abs 8 WGG ergebe sich ebenso, dass auf Verträge im Sinn des § 13 Abs 1 WGG, betreffend Baulichkeiten, die vor dem Inkrafttreten der Bestimmungen des WGG erstmals bezogen worden seien oder für die die baubehördliche Benützungsbewilligung vor diesem Zeitpunkt erteilt worden sei, die meisten Bestimmungen des WGG anzuwenden seien.
Die Antragstellerin bestritt und stellte den Zwischenantrag auf Feststellung, dass auf das Bestandverhältnis die wohnzivilrechtlichen Bestimmungen des MRG, nicht jedoch des WGG zur Anwendung gelangten. Das WGG komme gemäß dessen § 20 nur dann zur Anwendung, wenn das Mietobjekt von einer Bauvereinigung im eigenen Namen errichtet worden sei. Dies korrespondiere mit § 1 Abs 3 MRG, wonach für Mietgegenstände in Gebäuden, die von einer gemeinnützigen Bauvereinigung im eigenen Namen errichtet worden seien, die Bestimmungen des MRG nur nach Maßgabe des § 20 WGG gelten. Diese Bestimmung setze voraus, dass die Errichtung durch eine Bauvereinigung, die als gemeinnützig im Sinn des § 1 WGG anerkannt worden sei, erfolgt sei. Die Bauvereinigung müsse dabei zum Zeitpunkt der Errichtung eine gemeinnützige Bauvereinigung im Sinn des WGG gewesen sein. Auf dem Gebiet des heutigen Österreich (damals Teil des Deutschen Reiches) sei die Wohnungsgemeinnützigkeit erstmals mit der Verordnung zur Einführung von Vorschriften über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen in der Ostmark und im Reichsgau Sudetenland vom 15. 4. 1940 eingeführt worden. Die *****siedlung sei jedoch in den Jahren 1930 bis 1932 errichtet worden. Zu diesem Zeitpunkt habe es in Österreich noch gar kein Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz gegeben und noch keine gemeinnützige Bauvereinigung im Sinn des WGG geben können. Auch der Übergang des Eigentums an den Häusern der *****siedlung von der G***** auf die Gemeinde Wien im Jahr 1938 sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die G***** noch keine gemeinnützige Bauvereinigung sein habe können. Der Verweis der Antragsgegnerin auf das Übergangsrecht in § 39 WGG führe zu keiner anderen Bewertung. Insbesondere die Übergangsvorschrift des § 39 Abs 8 WGG leite nur jene Baulichkeiten ins neue Recht über, deren Bestandverträge bereits dem WGG 1940 unterlegen seien. Die *****siedlung sei daher von einem Unternehmen errichtet worden, das zum Zeitpunkt der Errichtung keine gemeinnützige Bauvereinigung gewesen sei. Die *****siedlung sei außerdem noch bevor dieses Unternehmen gemeinnützig geworden sei, in das Eigentum der Stadt Wien übergegangen. Kein einziges Bestandverhältnis in der *****siedlung sei daher im Anwendungsbereich des WGG 1940 oder des WGG abgeschlossen worden, sodass auf das Mietverhältnis die wohnzivilrechtlichen Bestimmungen des MRG und nicht jene des WGG anzuwenden seien.
Das Erstgericht stellte mit Zwischensachbeschluss fest, dass auf das Bestandverhältnis zwischen den Streitteilen die wohnzivilrechtlichen Bestimmungen des MRG, nicht jedoch jene des WGG zur Anwendung gelangten. Auf dem Gebiet des heutigen Österreichs (damals Teil des Deutschen Reiches) sei die Wohnungsgemeinnützigkeit erstmals mit der Verordnung zur Einführung von Vorschriften über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen in der Ostmark und im Reichsgau Sudetenland vom 15. 4. 1940 eingeführt worden. Zum Zeitpunkt der Errichtung der *****siedlung in den Jahren 1930 bis 1932 und auch zum Zeitpunkt des Übergangs in das Eigentum der Gemeinde Wien im Jahr 1938 habe es daher noch kein Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht und sohin auch keine gemeinnützige Bauvereinigung gegeben. Das Mietobjekt sei daher nicht von einer gemeinnützigen Bauvereinigung im eigenen Namen errichtet worden. Der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 3 MRG für Mietgegenstände in Gebäuden, die von einer gemeinnützigen Bauvereinigung im eigenen Namen errichtet worden seien und für die die Bestimmungen des MRG nur nach Maßgabe des § 20 WGG gelten, greife daher nicht. Auf das Bestandverhältnis seien daher die Bestimmungen des MRG anzuwenden. § 39 Abs 1 WGG halte zwar fest, dass Bauvereinigungen, die im Zeitpunkt des Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes auf Grund der Bestimmungen der Gesetze über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen vom 29. 2. 1940, und der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungwesen vom 23. 7. 1940, als gemeinnützige Wohnungsunternehmen anerkannt seien, weiterhin als gemeinnützig anerkannte Bauvereinigungen gelten. Die *****siedlung sei jedoch zuvor errichtet worden und in das Eigentum der Stadt Wien übergegangen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge. § 1 Abs 3 MRG stelle auf den Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes ab. Habe eine gemeinnützige Bauvereinigung die Baulichkeit „im eigenen Namen“ neu errichtet, so sei das WGG auf sämtliche in der Folge abgeschlossenen Nutzungsverträge anzuwenden, auch wenn die Baulichkeit nicht mehr im Eigentum der gemeinnützigen Bauvereinigung stehe. Einzige Ausnahme sei die Begründung von Wohnungseigentum, die hier nicht in Rede stehe. Die Übergangsbestimmung des § 39 Abs 1 WGG stelle auf eine Anerkennung der Bauvereinigung aufgrund der Bestimmungen des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen vom 29. 2. 1940, und die Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen vom 23. 7. 1940, als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen ab. Dies könne nicht dahin verstanden werden, dass auch über den zeitlichen Anwendungsbereich der genannten deutschen Bestimmungen von 1940 hinaus, Unternehmen weit zurückreichend bereits als gemeinnützige Bauvereinigungen im Sinn des WGG bzw des § 1 Abs 3 MRG zu behandeln seien. Mit dem Gesetz über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen vom 29. 2. 1940 sei ein im Wesentlichen seit 26. 3. 1934 in Deutschland bestehendes Gesetz über die Beaufsichtigung und Anerkennung gemeinnütziger Wohnungsunternehmen geändert und als Gesetz über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (WGG 1940) erstmals auf dem heutigen Staatsgebiet der Republik Österreich eingeführt worden. Wenn im § 39 Abs 1 WGG auf die Anerkennung aufgrund der Bestimmungen dieses Gesetzes Bezug genommen werde, so müsse mitberücksichtigt werden, dass dort ein Anerkennungsverfahren vorgesehen gewesen sei und § 18 Abs 3 WGG 1940 bestimme, dass die Anerkennung als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen nicht rückwirkend sondern, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes angeordnet worden sei, im Zweifel erst vom Tage an gelten sollte, an dem die Entscheidung von der Behörde getroffen worden sei. Im Zeitpunkt der Errichtung der *****siedlung von 1930 bis 1932 sei die G***** in der Rechtsform einer gemeinschaftlichen Anstalt im Sinn des Gesetzes vom 29. 7. 1919, StGBl Nr 389/1919 tätig gewesen. Sie sei daher zwar ein Vorläufer späterer gemeinnütziger Bauvereinigungen, doch keine gemeinnützige Bauvereinigung im Sinn des § 1 Abs 3 MRG iVm § 39 Abs 1 WGG iVm den Bestimmungen des WGG 1940.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob eine Anerkennung als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen aufgrund des WGG 1940 wegen der Übergangsbestimmung des § 39 Abs 1 WGG die zeitlich unbeschränkte Einordnung eines solchen Unternehmens als gemeinnützige Bauvereinigung iSd § 1 Abs 3 MRG rechtfertige.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin. Als Revisionsrekursgrund macht sie die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt, die Entscheidung des Rekursgerichts dahin abzuändern, dass der Antrag der Antragstellerin abgewiesen werde. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Die Antragstellerin beantragte in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
1.1. Für Mietgegenstände in Gebäuden, die von einer gemeinnützigen Bauvereinigung im eigenen Namen errichtet worden sind, gelten die Bestimmungen des MRG (nur) nach Maßgabe des § 20 WGG (§ 1 Abs 3 MRG).
1.2. § 20 WGG regelt dieAnwendung mietrechtlicher Bestimmungen für die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung oder eines Geschäftsraums aus dem Titel eines Miet- oder sonstigen Nutzungsvertrags in einer Baulichkeit, die von einer Bauvereinigung im eigenen Namen errichtet worden ist oder auf die die Voraussetzungen des § 20a WGG zutreffen. Nach § 20 Abs 1 Z 3 WGG sind die Bestimmungen der §§ 13 bis 22 und § 39 Abs 8 bis 13, 18, 19, 21 und 24 bis 27 WGG weiterhin sinngemäß anzuwenden, wenn nach der Errichtung der Baulichkeit a) das Eigentum (Baurecht) an einen Erwerber übergeht, der keine gemeinnützige Bauvereinigung ist oder b) die Bauvereinigung die Gemeinnützigkeit verliert (vgl Arthold,Einmal WGG – Immer WGG?, wobl 2019, 49 [50]).
2.1. Nach der Übergangsbestimmung des § 39 Abs 1 WGG gelten Bauvereinigungen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des WGG auf Grund der Bestimmungen des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen vom 29. Februar 1940 [WGG 1940], deutsches RGBl. I S. 438, und der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen vom 23. 7. 1940 [WGGDV], deutsches RGBl. I S. 1012, als gemeinnützige Wohnungsunternehmen anerkannt sind, unter Wahrung ihres örtlichen Geschäftsbereichs als auf Grund des WGG als gemeinnützig anerkannte Bauvereinigungen. Auf solche Bauvereinigungen finden die Bestimmungen des WGG mit Ausnahme der in § 6 Abs 1 WGG enthaltenen Regelung über die Mindestanzahl der Genossenschafter Anwendung.
2.2. Nach § 39 Abs 8 WGG gelten die Bestimmungen des WGG auf Verträge im Sinn des § 13 Abs 1 WGG, welche Baulichkeiten betreffen, die vor dem Inkrafttreten der Bestimmungen des WGG erstmalig bezogen wurden oder für die die baubehördliche Benützungsbewilligung vor diesem Zeitpunkt erteilt wurde, soweit in den folgenden Ziffern und Absätzen nicht anderes bestimmt wird; insoweit in den folgenden Ziffern 1–4 und in den Abs 9 bis 12 bestimmt wird, dass die Bestimmungen des WGG nicht gelten, sind § 7 Abs 2 des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen und § 11 Abs 3 erster bis dritter Satz der Verordnung zur Durchführung dieses Gesetzes weiter anzuwenden. Es ist daher für alle, auch neu abzuschließende Verträge betreffend Baulichkeiten, die vor Inkrafttreten des WGG bezogen worden sind, grundsätzlich das (neue) WGG anzuwenden. Im Hinblick auf die Angemessenheit von Preisvereinbarungen gelten allerdings nicht § 14 Abs 1 Z 1, 2 und 8 WGG und nicht § 16 Abs 1 WGG über die Verhältnismäßigkeit nach Nutzflächen, sondern mit dem § 7 Abs 2 WGG 1940 sowie § 11 Abs 3 Satz 1 bis 3d WGGDV weiterhin „altes Recht“ (Sommer, Was gilt für die Vermietung vor Inkrafttreten des WGG [1940] gemeinnützig errichteter Baulichkeiten? wobl 2018, 319).
3.1. Die Antragsgegnerin sieht in diesen Übergangsbestimmungen einen Beleg dafür, dass das WGG auch dann zu gelten habe, wenn das Gebäude von einer erst danach als solche anerkannten gemeinnützigen Bauvereinigung im eigenem Namen errichtet worden sei. Ebenso wenig wie es darauf ankomme, ob ein Gebäude zum Zeitpunkt des Abschlusses des Nutzungsvertrags noch im Eigentum der Bauvereinigung stehe, komme es darauf an, ob die gemeinnützige Bauvereinigung bereits im Zeitpunkt der Errichtung als solche anerkannt gewesen sei.
3.2. Die Vorinstanzen folgten hingegen dem gegenteiligen Standpunkt der Antragstellerin, wonach das Mietobjekt nicht dem wohnzivilrechtlichen Regime des WGG unterliege, weil das die Baulichkeit errichtende Unternehmen zum Zeitpunkt der Errichtung und der Übertragung des Eigentums an die Stadt Wien (noch) keine gemeinnützige Bauvereinigung im Sinn des § 1 Abs 3 MRG iVm § 39 Abs 1 WGG und den Bestimmungen des WGG 1940 gewesen sei (und gar nicht sein habe können).
3.3. Sommer (wobl 2018, 319 [320 f]) beantwortet die Frage, welches wohnzivilrechtliche Regime bei Vermietung einer Baulichkeit zur Anwendung gelangt, die vor dem Inkrafttreten des WGG 1940 errichtet wurde, insofern differenzierter, als er „alte“, also vor dem Inkrafttreten des WGG 1940 tätige gemeinnützige Wohnungsunternehmen den gemeinnützigen Bauvereinigungen im Sinn des WGG 1940 gleichstellt. Die wohnzivilrechtliche Übergangsregelung des § 39 Abs 8 WGG habe im WGG 1940 für schon zuvor errichtete (bezogene) Baulichkeiten keine Parallele. Für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des WGG 1940 bereits bestehende Mietverhältnisse von gemeinnützigen Wohnungsunternehmen in alten, schon vor dem WGG 1940 errichteten Baulichkeiten habe es genügt, wenn den schon bisher maßgeblichen, gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorschriften entsprochen worden sei. Eine Angleichung an das neue Recht oder gar eine Auflösung der Rechtsverhältnisse sei nicht als erforderlich und zweckmäßig angesehen worden. Alle „alten“ gemeinnützigen Bauvereinigungen, die sich vor Inkrafttreten des WGG 1940 entweder als gemeinnützig bezeichnet gehabt hätten oder von den Behörden als gemeinnützig behandelt worden seien, seien aber gemäß § 31 WGG 1940 angehalten gewesen, eine Anerkennung (binnen Frist) nach den neuen öffentlich-rechtlichen Regeln zu beantragen. Es sei daher davon auszugehen, dass für bereits vor dem WGG 1940 in Österreich gemeinnützig errichtete Baulichkeiten grundsätzlich und jedenfalls bei Vermietung durch ein gemeinnütziges Wohnungsunternehmen zu allen Zeiten entweder alte oder neue, jedenfalls aber wohnungsgemeinnützigkeitsrechtliche Preis- und Entgeltvorschriften zur Anwendung gelangten und gemäß § 39 Abs 8 WGG auch noch gelangen.
4.1. Im hier zu beurteilenden Fall sind diese im Verfahren aufgeworfenen Fragen allerdings für die Entscheidung nicht ausschlaggebend. Selbst wenn die die Baulichkeit in der Rechtsform einer gemeinschaftlichen Anstalt errichtende G***** zufolge ihrer nachträglichen Anerkennung und/oder als „altes“ gemeinnütziges Wohnungsunternehmen als gemeinnützige Bauvereinigung im Sinn des § 1 Abs 3 MRG und des § 20 WGG iVm § 39 Abs 1 WGG und den Bestimmungen des WGG 1940 zu qualifizieren wäre, käme die Anwendung der wohnzivilrechtlichen Bestimmungen des WGG nicht in Betracht. Die Baulichkeit steht nämlich seit 1938 nicht mehr in deren Eigentum.
4.2. Bis zum Inkrafttreten des § 1 Abs 3 MRG und des § 20 WGG idF 2. WÄG (BGBl Nr 68/1991) am 1. 3. 1991 galten die mietrechtlichen Bestimmungen des WGG nur für solche Baulichkeiten, die (a) von einer gemeinnützigen Bauvereinigung im eigenen Namen errichtet worden sind und (b) im Eigentum einer gemeinnützigen Bau- oder Verwaltungsvereinigung stehen (Arthold, wobl 2019, 49 [50]; Sommer, wobl 2018, 319 [321]). § 1 Abs 3 MRG idF vor dem 2. WÄG beschränkte die Anwendbarkeit des WGG demnach auf von einer gemeinnützigen Bauvereinigung errichtete und in deren Eigentum stehende Objekte (Prader, Der begünstigte Dritte im WGG unter Beachtung allfälliger Umgehungskonstruktionen, Zak 2019, 187 [189 f]). Die mietrechtlichen Bestimmungen des WGG kamen also nur dann zur Anwendung, wenn eine Baulichkeit von einer gemeinnützigen Bauvereinigung im eigenen Namen errichtet wurde und in deren Eigentum stand. Es mussten beide Tatbestandsmerkmale vorliegen, damit das WGG anzuwenden war. Dies hatte zur Folge, dass jede Veräußerung einer von einer gemeinnützigen Bauvereinigung errichteten Baulichkeit an einen nicht gemeinnützigen Bauträger dazu führte, dass die Bestimmungen des MRG und nicht mehr jene des WGG anzuwenden waren (Arthold, wobl 2019, 49 [50] unter Hinweis auf Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 1 MRG Rz 44).
4.3. Mit dem 2. WÄG sollte das wohnzivilrechtliche Verhältnis WGG zum MRG neu, deutlicher und abschließend geregelt werden. Dabei erfolgte eine Art Paradigmenwechsel. Entgegen dem bisherigen Recht sieht § 20 Abs 1 Z 3 WGG seither (ua) auch für den Fall, dass eine gemeinnützige Bauvereinigung die von ihr im eigenen Namen errichtete und vermietete Baulichkeit später an nicht gemeinnützige Dritte veräußert, ausdrücklich eine Weitergeltung der zivilrechtlichen Bestimmungen des WGG vor (Sommer,wobl 2018, 319 [321]; Prader, Zak 2019, 187 [189 f]).
4.4. Gemäß dessen Art V traten das 2. WÄG und damit die Änderungen des § 1 Abs 3 MRG und des § 20 WGG mit 1. 3. 1991 in Kraft. Eine spezielle Übergangsbestimmung für die seit dem 2. WÄG in § 20 WGG angeordnete Weitergeltung der zivilrechtlichen Bestimmungen des WGG für den Fall, dass eine gemeinnützige Bauvereinigung die von ihr im eigenen Namen errichtete und vermietete Baulichkeit später an nicht gemeinnützige Dritte veräußert, existiert nicht.
4.5. Prader (Zak 2019, 187 [189 f]; vgl auch Prader, WGG3.12 § 20 Anm 4) vertritt die Auffassung, dass vor dem 1. 3. 1991 nachträglich an Mieter/Dritte veräußerte Objekte weiterhin nach § 1 Abs 3 MRG idF vor 2. WÄG zu beurteilen sind. Bei der Beantwortung der Frage des wohnzivilrechtlichen Schicksals solcher Objekte könnte man zwar geneigt sein, aufgrund der Regenschirmklausel des Art V Z 1 2. WÄG die Anwendbarkeit neuen Rechts auch dann zu bejahen, wenn die nachträgliche Veräußerung an Mieter/Dritte vor Inkrafttreten des 2. WÄG erfolgt sei. Dazu sei aber zu bedenken, dass es sich insoweit um einen abschließend vor Inkrafttreten der Neuregelung verwirklichten Sachverhalt handle und insoweit auch keine ausdrückliche Rückwirkungsanordnung enthalten sei, die aber Grundvoraussetzung für ein Abweichen von § 5 ABGB wäre. Daher gelange bei nachträglicher Veräußerung an Mieter/Dritte vor dem 2. WÄG das WGG nicht „weiter“ zur Anwendung, sondern richte sich das weitere Schicksal solcher Objekte weiterhin nach § 1 Abs 3 MRG idF vor dem 2. WÄG.
Zu diesem Ergebnis kommt auch Sommer (wobl 2018, 319 [321]), wenngleich – wie Prader (aaO) anmerkt – nicht unter Berufung auf intertemporale Grundsätze, sondern mit einer Argumentation e contrario. Aus dem mit dem 2. WÄG vorgenommenen Paradigmenwechsel sei im Umkehrschluss grundsätzlich abzuleiten, dass auf Baulichkeiten, die zwar von einem gemeinnützigen Wohnungsunternehmen – auch schon vor dem Inkrafttreten des WGG (1940) – im eigenen Namen neu errichtet und nach wohnungsgemeinnützigkeitsrechtlichen Regeln vermietet, aber später, vor Inkrafttreten des 2. WÄG mit 1. 3. 1991 an einen nicht gemeinnützigen Vermieter verkauft worden seien, jedenfalls nicht WGG, sondern in allen Belangen MRG anzuwenden sei.
Auch Arthold (wobl 2019, 49 [53]) betont, dass die Beschränkungen des § 20 WGG nur für Kauftransaktionen nach Inkrafttreten des 2. WÄG gelten; für all jene, die bereits vor dem 1. 3. 1991 abgeschlossen worden seien, komme der Grundsatz „Einmal WGG – Immer WGG“ nicht zur Anwendung.
4.6. Der erkennende Senat teilt die Rechtsansicht der genannten Autoren. Zufolge Art V Abs 2 des 2. WÄG gelten die Rechtsänderungen zwar auch für Miet- und sonstige Nutzungsverträge, die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes abgeschlossen worden sind. Dies drückt aber – wie § 43 Abs 1 MRG und ähnliche Bestimmungen in MRG‑Novellen – nichts anderes als den allgemeinen Grundsatz aus, dass bei Dauerrechtsverhältnissen im Fall einer Gesetzesänderung mangels abweichender Übergangsregelung der in den zeitlichen Geltungsbereich reichende Teil des Dauertatbestands nach dem neuen Gesetz zu beurteilen ist; eine Rückwirkung auf Sachverhalte, die sich – wie hier die Übertragung des Eigentums – abschließend vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung verwirklicht haben, ist im Zweifel nicht anzunehmen (vgl 5 Ob 78/00g, 5 Ob 40/99i, 5 Ob 67/93; RS0008695; RS0008694).
5.1. Die Vorinstanzen haben die Anwendbarkeit der wohnzivilrechtlichen Bestimmungen des WGG daher jedenfalls zu Recht verneint. Der Revisionsrekurs ist somit nicht berechtigt.
5.2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Nach Billigkeit hat die zur Gänze unterlegene Antragsgegnerin der Antragstellerin die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen. Diese ist allerdings entgegen dem Kostenverzeichnis der Antragstellervertreterin (nur) auf Basis der Bemessungsgrundlage von 1.500 EUR zu honorieren (§ 10 Z 3 lit a lit bb RATG).
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