OGH 5Ob51/99g

OGH5Ob51/99g9.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Waltraut V*****, vertreten durch Dr. Reinhard Steger, Rechtsanwalt in St. Johann im Pongau, wegen Eintragungen in der EZ *****, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 2. Dezember 1998, GZ 22 R 458/98a-5, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gastein vom 7. Oktober 1998, TZ 1033/98-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist Eigentümerin von 999/28841 Anteilen an der Liegenschaft EZ *****, verbunden mit Wohnungseigentum an W 1.5/11 und Garage 18.

Mit rechtskräftigem Beschluß des Bezirksgerichtes Gastein vom 20. 5. 1998, Msch 3/73-6, sind auf Antrag der nunmehrigen Antragstellerin die Nutzwerte der Wohnungen und sonstigen selbständigen Räumlichkeiten dieser Liegenschaft neu festgesetzt worden. Es ging dabei im wesentlichen um die Beseitigung des Fehlers, daß im Zuge der ursprünglichen Nutzwertfestsetzung auch für die Hausbesorgerwohnung ein Nutzwert festgesetzt und an dieser Wohnung Wohnungseigentum begründet worden war.

Unter Vorlage des zitierten Beschlusses sowie des Nutzwertgutachtens des Sachverständigen Erich H***** vom 18. 3. 1997 begehrt jetzt die Antragstellerin die Verbücherung der sich aus der Neufestsetzung der Nutzwerte ergebenden Anteilsänderungen.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Für die Übertragung der Hausbesorgerwohnung in das Allgemeineigentum sei nämlich die Aufhebung des bestehenden Wohnungseigentums und die Neubegründung von Wohnungseigentum (§ 2 Abs 2 WEG) erforderlich. Es sei vertraglich festzuhalten, wieviele Anteile an der Hausbesorgerwohnung an jeden anderen Wohnungseigentümer übertragen werden. Eine solche Vereinbarung lasse sich durch die dem Erstgericht vorgelegten Urkunden nicht ersetzen. Zudem habe die Antragstellerin die Zustimmung der Buchberechtigten zur Aufhebung und Neufestsetzung des Wohnungseigentums nicht urkundlich nachgewiesen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Gemäß § 1 Abs 4 WEG idgF könne an Teilen der Liegenschaft, die der allgemeinen Benützung dienen oder deren Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung entgegensteht, wie besonders eine Hausbesorgerwohnung oder gemeinsame Wärmeversorgungsanlage, Wohnungseigentum nicht bestehen. Dies entspreche auch der Judikatur zu § 1 Abs 3 WEG aF. Die Hausbesorgerwohnung stehe daher im schlichten Miteigentum der Liegenschaftsmiteigentümer (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 3, 9 zu § 1 WEG; WoBl 1992/20). In die Nutzwertfestsetzung sei daher die Hausbesorgerwohnung nicht einzubeziehen (5 Ob 156/98x).

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes seien Verstöße gegen § 1 Abs 4 WEG idgF (bzw § 1 Abs 3 WEG aF) und darauf aufbauende bücherliche Eintragungen mit Nichtigkeit bedroht (WoBl 1992/20; MietSlg 43.373/29). Wenn auch die Neufestsetzung des Nutzwertes grundsätzlich eine nachträgliche Änderung des Sachverhaltes voraussetze, erachte die Rechtsprechung eine Korrektur der Nutzwerte als zulässig, wenn gegen zwingende Grundsätze der Parifizierung verstoßen wurde, etwa durch die Einbeziehung allgemeiner Teile der Liegenschaft in die Nutzwertberechnung (WoBl 1993/119; WoBl 1997/122). Eine solche Korrektur der Nutzwerte sei durch den dem Grundbuchsgericht vorgelegten Beschluß des Erstgerichtes vom 20. 5. 1998, Msch 3/73-6, vorgenommen worden.

Die Antragstellerin strebe nunmehr eine Änderung der Eigentumsverhältnisse insoweit an, als auf der Grundlage des Neuparifizierungsbeschlusses eine Übertragung der Hausbesorgerwohnung in das schlichte Miteigentum der Liegenschaftseigentümer erfolgen soll. Eine Änderung der Eigentumsverhältnisse könne jedoch, sehe man von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen eines originären Eigentumserwerbs ab, nur durch eine Einverleibung im Grundbuch (§§ 425, 431 ABGB) aufgrund eines gültigen Titels (§ 424 ABGB iVm § 26 Abs 2 GBG) erfolgen. Es entspreche der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß die Nutzwertfestsetzung keinen zivilrechtlichen "Ersatztitel" schaffen kann (5 Ob 2298/96v unter Bezugnahme auf Call in WoBl 1993, 174). Die Festsetzung oder Änderung der Nutzwerte führe daher nicht ohne weiteres zu einer entsprechenden Angleichung der mit Wohnungseigentumsobjekten verbundenen Miteigentumsanteile. Die sogenannten "Mindestanteile", also jene ideellen Miteigentumsanteile, auf denen Wohnungseigentum an bestimmten Objekten einverleibt ist, sollen zwar in ihrer Größenbezeichnung den jeweiligen Anteil der Nutzwerte der mit ihnen verbundenen Objekte am Gesamtnutzwert der selbständigen Wohnungen und sonstigen selbständig nutzbaren Räumlichkeiten der Liegenschaft wiedergeben, doch trete durch die Nutzwertfestsetzung selbst keine Änderung der Miteigentumsanteile ein. Ein sich aus der (Neu-)Festsetzung der Nutzwerte ergebender Übertragungs- bzw Ausgleichsanspruch müsse daher erforderlichenfalls im Rechtsweg durchgesetzt und letztlich noch verbüchert werden (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 1 zu § 3 WEG; Call in WoBl 1993, 174 f; Illedits, Das Wohnungseigentum, 8 f; Feil, Grundbuchsgesetz3, 536; 5 Ob 2298/96v).

Eintragungsgrundlage könne demnach nicht allein der Beschluß des Erstgerichtes vom 20. 5. 1998, Msch 3/73-6, sein, mit dem der mit dem Wohnungseigentumsobjekt B-LNR 10 (bisherige Hausbesorgerwohnung) verbundene Mindestanteil derart aufgelöst wurde, daß er allen übrigen Mindestanteilen verhältnismäßig zugeschlagen wurde. Vielmehr werde dem Grundbuchsgericht gemäß § 26 GBG, wonach Einverleibungen nur aufgrund von Urkunden bewilligt werden können, die einen gültigen Rechtsgrund enthalten, auch ein Eigentumserwerbstitel vorzulegen sein (vgl Call in WoBl 1992, 23; Call in WoBl 1993, 120; Illedits, aaO, 8 f).

Die von der Antragstellerin für ihren Rechtsstandpunkt reklamierte Entscheidung WoBl 1993/120 beziehe sich auf den Fall der Teilung eines Wohnungseigentumsobjektes in mehrere selbständige Einheiten und stehe der Rechtsansicht des Rekurssenates nicht entgegen. Wenn der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung als Eintragungsgrundlage entweder eine verbücherungsfähige, die Einigung aller Miteigentümer zum Ausdruck bringende Urkunde oder einen Beschluß des Außerstreitrichters forderte, so beziehe sich dies auf einen nach § 26 Abs 1 Z 2 WEG zu behandelnden Fall (betreffend die Duldung oder Unterlassung von Änderungen einschließlich der Entschädigung eines hiedurch beeinträchtigten Wohnungseigentümers). Daß mit der Vorlage eines Beschlusses des Außerstreitrichters gemäß § 26 Abs 1 Z 1 WEG (Festsetzung oder Neufestsetzung des Nutzwertes) das Auslangen gefunden werden könnte, gehe aus der genannten Entscheidung nicht hervor.

Die vom Erstgericht außerdem noch geforderte Zustimmung der Buchberechtigten sei allerdings nicht notwendig. Da der fragliche Mindestanteil B-LNR 10 nicht belastet sei, erfolge durch die beabsichtigte Änderung keine Schmälerung der Rechte anderer Buchberechtigter.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß eine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage der Bereinigung des Grundbuches im Falle einer dem Gesetz widersprechenden Begründung von Wohnungseigentum an der Hausbesorgerwohnung und der damit verbundenen Änderung der Miteigentumsanteile der übrigen Wohnungseigentümer fehle.

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs beharrt die Antragstellerin auf ihrem Rechtsstandpunkt, daß für die Verbücherung der Anteilsänderungen, die sich aus einer Neufestsetzung der Nutzwerte ergeben, die Vorlage des neuen Nutzwertfestsetzungsbeschlusses genüge. Die zu 5 Ob 24/93 ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (WoBl 1993/120), wonach Bestandsänderungen aufgrund eines urkundlichen Nachweises der Zustimmung aller Miteigentümer oder aufgrund des die fehlende Zustimmung ersetzenden Beschlusses des Außerstreitrichters gemäß § 26 Abs 1 Z 2 WEG verbüchert werden können, liege durchaus auf dieser Linie. Es gehe im konkreten Fall auch gar nicht um eine Disposition über Eigentumsrechte. Die ex tunc wahrzunehmende Nichtigkeit der Begründung von Wohnungseigentum an einer Hausbesorgerwohnung führe dazu, daß alle sich auf das Wohnungseigentum beziehenden Eintragungen wegfielen. Es sei daher aufgrund des Beschlusses über die Neufestsetzung der Nutzwerte erstmals Wohnungseigentum zu begründen. Warum es dazu der Vorlage zusätzlicher Vertragsurkunden respektive im streitigen Rechtsweg erwirkter Urteile bedürfe, sei nicht einzusehen.

Der Revisionsrekursantrag geht dahin, in Abänderung des angefochtenen zweitinstanzlichen Beschlusses die begehrten Grundbuchseintragungen zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Da der erkennende Senat die Rechtsansicht des Rekursgerichtes teilt und auch dessen Argumentation als überzeugend erachtet, kann in Ausnützung der durch § 126 Abs 3 GBG gewährten Begründungserleichterung mit kurzen zusätzlichen Bemerkungen das Auslangen gefunden werden (SZ 70/4; RPflSlgG 2573; 5 Ob 9/99f).

Schon in den mit der Problematik einer dem § 1 Abs 3 WEG aF widersprechenden Begründung von Wohnungseigentum an einer Hausbesorgerwohnung befaßten Entscheidungen MietSlg 38/53 und WoBl 1992, 20/20 wurde zum Ausdruck gebracht, daß die zur Bereinigung dieses rechtswidrigen Zustands erfolgte Neufestsetzung der Nutzwerte keine Änderung der Miteigentumsverhältnisse bewirkt, sondern nur Grundlage der in § 4 Abs 2 WEG angesprochenen Übertragung von Miteigentumsanteilen zur Erreichung des jeweils erforderlichen Mindestanteils ist. Call hat in diesem Zusammenhang nachdrücklich auf die Notwendigkeit eines eigenen Titels (etwa eines neu abgeschlossenen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages) für die Berichtigung der Miteigentumsanteile im Grundbuch hingewiesen (Anm zu WoBl 1992, 22/20). In der ebenfalls schon vom Rekursgericht zitierten

Entscheidung 5 Ob 2298/96v (immolex 1997, 59/32 = EWr II/19, 12 = NZ

1998, 111 = WoBl 1998, 281/176 = MietSlg 48/37) wurde zur selben

Rechtsfrage, wenn auch aus anderem Anlaß, noch klargestellt, daß die selbst rechtsgrundabhängige Festsetzung oder Änderung der Nutzwerte keinen eigenen Titel für Bestandsänderungen bildet und daher nicht ohne weiteres zu einer dem Nutzwertfestsetzungsbeschluß entsprechenden Angleichung der mit Wohnungseigentumsobjekten verbundenen Miteigentumsanteile führt. Die Änderung der Eigentumsverhältnisse bedürfe vielmehr einer Einverleibung im Grundbuch (§§ 425, 431 ABGB), die wiederum nur aufgrund eines gültigen Titels (§ 424 ABGB iVm § 26 Abs 2 GBG) erfolgen könne. Der sich aus der Neufestsetzung der Nutzwerte ergebende Übertragungsbeziehungsweise Ausgleichsanspruch müsse notfalls im Rechtsweg durchgesetzt werden.

Zutreffend hat daraus das Rekursgericht den Schluß gezogen, daß ein Beschluß, mit dem eine dem § 1 Abs 3 WEG aF (jetzt § 1 Abs 4 WEG) widersprechende Nutzwertfestsetzung korrigiert wurde, den für die bücherliche Einverleibung geänderter (Mit-)Eigentumsverhältnisse erforderlichen Titel nicht zu ersetzen vermag. Daß § 12 Abs 3 WEG bei einer Neufestsetzung der Nutzwerte nach § 3 Abs 2 Z 1 WEG die Berichtigung der Mindestanteile in sinngemäßer Anwendung des § 136 Abs 1 GBG ermöglicht, ändert daran nichts, weil ein solcher Fall (Änderung der festgesetzten Nutzwerte durch bewilligungspflichtige Bauvorgänge vor Vollendung der Bauführung) nicht vorliegt.

Aus der Entscheidung WoBl 1993, 173/120 läßt sich, wie ebenfalls schon das Rekursgericht darlegte, für den gegenteiligen Rechtsstandpunkt nicht gewinnen, weil ein Beschluß des Außerstreitrichters, mit dem eine Bestandsänderung gemäß § 13 Abs 2, § 26 Abs 1 Z 2 genehmigt wurde, mit einem Nutzwertfestsetzungsbeschluß nach § 3 Abs 2, § 26 Abs 1 Z 1 WEG nicht zu vergleichen ist. Die einvernehmliche Bestandsänderung und dementsprechend auch ein die privatrechtliche Einigung der Miteigentümer substituierender Beschluß des Außerstreitrichters ist, wenn sich dadurch die Notwendigkeit einer Änderung der Nutzwerte ergibt, ein die Änderung der Miteigentumsanteile rechtfertigender Titel, die (Neu-)Festsetzung der Nutzwerte jedoch nicht.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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