OGH 5Ob51/91

OGH5Ob51/9118.2.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Karin D*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr. Karl Friedrich Strobl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die Antragsgegnerin Ö***** SIEDLUNGS***** gemeinnützige registrierte Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Michael Wonisch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen § 19 Abs 2 und § 18 Abs 1 Z 3 WEG infolge der Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 21. Februar 1991, GZ 22 R 649/90-221, womit der (Sach-)Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 10. September 1990, GZ 17 Msch 2/88-217, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird, soweit er sich gegen die rekursgerichtlichen Kostenentscheidungen richtet, zurückgewiesen.

Im übrigen wird beiden Revisionsrekursen nicht Folge gegeben. Die Anträge auf Zuspruch von Kosten des Revisionsrekursverfahrens werden abgewiesen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist auf Grund des Kaufvertrages vom 4.8.1978 Miteigentümerin zu 865/130922 Anteilen an der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches S*****, womit Wohnungseigentum an der Wohnung Nr.54 im Haus I und an der Garage Nr.40 verbunden ist (bei ON 200 erliegender Grundbuchsauszug; B-LNR 217).

Die Antragsgegnerin ist Miteigentümerin dieser Liegenschaft zu 792/130922 Anteilen (B-LNR 250), 5.844/130922 Anteilen (B-LNR 252) und 1252/130922 Anteilen (B-LNR 253) - wobei mit allen Anteilen Wohnungseigentum verbunden ist - und Verwalterin dieser Liegenschaft. Die zum Anteil B-LNR 250 gehörende Wohnung Nr.84 im Haus II wird als Hausbesorgerwohnung verwendet.

Die Antragstellerin begehrte (ON 1)

a) die Entscheidung darüber, ob der von der Verwalterin hinsichtlich dieser Liegenschaft festgesetzte Verteilungsschlüssel dem Verhältnis der Miteigentumsanteile oder auf Grund einer hievon abweichenden Vereinbarung der Mehrheit der Miteigentümer dem Verhältnis der Nutzungsmöglichkeit entspricht,

b) die (anschließende) Neufestsetzung des Verteilungsschlüssels und

c) die Abberufung der Antragsgegnerin als Verwalterin.

Die Antragstellerin begründete ihr Begehren unter anderem wie folgt:

Die Antragsgegnerin habe in gesetzwidriger Weise an der für die Unterbringung des Hausbesorgers vorgesehenen Wohnung für sich Wohnungseigentum begründet. Die Miteigentümer hätten der Antragsgegnerin für diese Wohnung Miete zu bezahlen. Bei der Aufteilung der Aufwendungen für die Liegenschaft lasse die Antragsgegnerin ihr Miteigentum an dieser Wohnung außer Betracht, sodaß sie von der Antragstellerin statt 0,6606 % der Aufwendungen tatsächlich 0,6640 % begehre. Eine Vereinbarung über einen vom Gesetz abweichenden Aufteilungsschlüssel liege nicht vor. Das von der Antragsgegnerin gebrauchte Argument, die Miteigentümer hätten sich verpflichtet, ihr die auf die Hausbesorgerwohnung entfallenden Betriebskosten zu ersetzen, verfange nicht, weil eine solche Verpflichtung jedenfalls nicht für die Beiträge zur Rücklage bestehe.

Da sich die Antragsgegnerin durch die gesetzwidrige Abrechnung der Aufwendungen ungerechtfertigt Vorteile verschafft habe, sei ihre Abberufung als Verwalterin wegen grober Vernachlässigung ihrer Pflichten angezeigt (ON 1).

Den unter TZ 2286/75 des Bezirksgerichtes Salzburg erliegenden Wohnungseigentumsvertrag habe die Antragstellerin nicht unterschrieben, so daß aus dessen Inhalt gegen sie nichts abgeleitet werden könne; überdies liege keine Vereinbarung mit allen Miteigentümern vor (ON 207).

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung dieser Anträge und führte unter anderem aus (ON 75):

§ 16 des unter TZ 2286/75 des Bezirksgerichtes Salzburg erliegenden Wohnungseigentumsvertrages sehe als Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und allen anderen Wohnungseigentümern die Verwendung der im Wohnungseigentum der Antragsgegnerin stehenden Wohnung Nr.84 im Haus II zur Unterbringung eines Hausbesorgers sowie die Verrechnung der Kosten hiefür in der Weise vor, daß die auf diese Wohnung entfallenden Betriebskosten sowie die Kosten eines angemessenen, ortsüblichen Benützungsentgeltes als Bestandteil des Hausbesorgerentgeltes mit den Betriebskosten auf die einzelnen Miteigentümer aufgeteilt werden. Rechnerisch ergebe sich dasselbe Ergebnis, wenn die Aufteilung der Kosten der Hausbesorgerwohnung so erfolgt, daß der Aufteilungsschlüssel ohne Berücksichtigung der Hausbesorgerwohnung ermittelt wird (ON 75).

Die im ersten Rechtsgang ergangene abweisende Entscheidung (ON 190) wurde vom Rekursgericht als nichtig aufgehoben (ON 194):

Durch die Verletzung von Zustellvorschriften sei nicht allen Wohnungseigentümern Gelegenheit zur Teilnahme am Verfahren zu einem solchen Zeitpunkt gegeben worden, zu dem sie zulässigerweise noch Sachvorbringen hätten erstatten können. Da sich "der Antrag gegen mehr als sechs Miteigentümer richte", könne gemäß § 26 Abs 2 Z 7 WEG die Zustellung an die Miteigentümer durch den in § 25 Abs 2 Z 6 WEG näher geregelten Anschlag, verbunden mit einer individuellen Zustellung an einen dieser Miteigentümer, vorgenommen werden.

Im zweiten Rechtsgang bestimmte das Erstgericht die Antragsgegnerin zum Zustellempfänger gemäß § 26 Abs 2 Z 7 WEG (ON 195) und ließ diesen Beschluß der Antragstellerin, der Antragsgegnerin und durch den genannten Anschlag zustellen.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang

1.) den "Antrag gemäß § 19 Abs 2 WEG" zurück und

2.) den "Antrag gemäß § 18 Abs 1 Z 3 WEG" ab.

Nach § 26 Abs 1 Z 5 WEG könne das Außerstreitgericht über Antrag prüfen, ob 1.) eine geschlossene Vereinbarung zulässig sei, 2.) der Verteilungsschlüssel für Anlagen nach § 19 Abs 1 Z 1 WEG auf Grund des Verhältnisses der Miteigentumsanteile oder einer hievon abweichenden Vereinbarung der Mehrheit der Miteigentümer dem Verhältnis der Nutzungsmöglichkeit entspreche. Keiner dieser Fälle liege vor. Der erstgenannte Fall scheide aus, weil die Antragstellerin selbst vorbringe, daß eine derartige Vereinbarung nicht gültig abgeschlossen worden sei. Der zweite Fall sei nicht gegeben, weil es sich bei der Hausbesorgerwohnung nicht um eine Anlage im Sinne des § 19 Abs 1 Z 1 WEG handle.

Im festgestellten Verhalten der Antragsgegnerin als Verwalterin - Auslegung einer vorerst nicht völlig geklärten Rechtslage zu ihren Gunsten - stelle keine grobe Vernachlässigung ihrer Pflichten im Sinne des § 18 Abs 1 Z 3 Fall 2 WEG dar.

Diese Entscheidung wurde nur dem Vertreter der Antragstellerin einerseits sowie dem Vertreter der Antragsgegnerin und eines Teiles der Miteigentümer andererseits zugestellt (AS 475).

Das Rekursgericht hat

1.) aus Anlaß des Rekurses der Antragstellerin gegen Punkt 1.) des erstgerichtlichen Beschlusses das über den "Antrag nach § 19 Abs 2 WEG" durchgeführte Verfahren wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges als nichtig aufgehoben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen streitigen Verfahrens darüber aufgetragen; es sprach auch über die Kosten des Verfahrens I. und II. Instanz ab;

2.) dem Rekurs der Antragstellerin gegen Punkt 2.) des erstgerichtlichen Beschlusses (= Sachbeschluß) Folge gegeben, diesen Sachbeschluß und das vorangegangene Verfahren ab einschließlich ON 195 betreffend den Antrag gemäß § 18 Abs 1 Z 3 WEG als nichtig aufgehoben, dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen und eine Kostenentscheidung getroffen.

Das Rekursgericht sprach zu Pkt. 1.) aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und daß in beiden Fällen der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

a) Zu Punkt 1.) = Antrag gemäß § 19 Abs 2 WEG:

Der Wortlaut des von der Antragstellerin gewählten Entscheidungsantrages ziele auf eine Entscheidung nach § 19 Abs 2 Z 2 WEG ab. Eine Hausbesorgerwohnung stelle aber keine Anlage nach § 19 Abs 1 Z 1 WEG dar, so daß kein Fall des § 19 Abs 2 Z 2 WEG vorliege und somit auch keine Entscheidung des Außerstreitrichters begehrt werden könne. Desgleichen sei dafür eine gerichtliche Festsetzung eines den unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten entsprechenden Verteilungsschlüssels nach billigem Ermessen nicht möglich. Inhaltlich führe die Antragstellerin unter anderem auch aus, daß die von der Antragsgegnerin behauptete, vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel abweichende Vereinbarung sowohl mangels Einhaltung der Schriftform als auch mangels Vereinbarung mit der Antragstellerin selbst unwirksam sei. Die Beantwortung der Frage, ob ein Vertrag zwischen den Miteigentümern oder durch Mehrheitsbeschluß der Miteigentümer gültig zustande gekommen ist, müsse auf dem streitigen Rechtsweg erfolgen. Bei der Auslegung des § 26 Abs 1 Z 5 WEG iVm § 19 Abs 2 Z 1 WEG sei - schon zur Vermeidung unsachlicher Differenzierungen - die Abgrenzung zwischen streitigem und außerstreitigem Verfahren anhand der für das schlichte Miteigentum entwickelten Abgrenzungskriterien vorzunehmen. Demnach gehöre die Rechtsdurchsetzung und die Abwehr von Rechtswidrigkeiten zwischen Miteigentümern in das streitige Verfahren, während für die rechtsgestaltende Mitwirkung des Gerichtes bei der Willensbildung der Miteigentümergemeinschaft das außerstreitige Verfahren bestimmt sei. Ziehe man diese Abgrenzungskriterien zur Auslegung des § 19 Abs 2 Z 1 WEG heran, so ergebe sich, daß die Verweisung der Entscheidung darüber, ob eine geschlossene Vereinbarung zulässig sei, in das außerstreitige Verfahren nicht bedeute, daß über jedes Hindernis das einem wirksamen (= gültigen) Zustandekommen einer Vereinbarung entgegenstehe, im außerstreitigen Verfahren abzusprechen sei. "Zulässig" sei vielmehr mit "erlaubt" gleichzusetzen. Über das gültige Zustandekommen der Vereinbarung sei demnach im streitigen Rechtsweg abzusprechen.

Überdies gehöre die Entscheidung über den gegen den Verwalter gerichteten Anspruch, die Verrechnung von Aufwendungen im Sinne des § 19 WEG auf eine andere als die tatsächlich vorgenommene Weise durchzuführen, nicht zu den in § 26 Abs 1 Z 4 WEG angeführten Angelegenheiten. Diese Gesetzesbestimmung regle jedoch abschließend die Fälle, in denen der Verwalter von den Wohnungseigentümern im außerstreitigen Verfahren in Anspruch genommen werden könne.

Die unrichtige Bezeichnung eines Schriftsatzes als "Antrag" im außerstreitigen Verfahren statt als "Klage" im Sinne des § 226 ZPO und die unrichtige Bezeichnung der Parteien als "Antragsteller" bzw. "Antragsgegner" statt als "Kläger" bzw. "Beklagter" sei unerheblich. Nach Aufhebung des außerstreitigen Verfahrens als nichtig sei daher der Schriftsatz nicht zurückzuweisen, sondern über ihn vom Erstgericht das gesetzmäßige streitige Verfahren - nach Durchführung der erforderlichen Verbesserungen - einzuleiten.

Der Bewertungsausspruch beruhe auf § 26 Abs 2 WEG, § 37 Abs 3 Z 16 MRG, § 526 Abs 3 und § 500 Abs 2 Z 1 und Abs 3 ZPO.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei wegen der grundsätzlichen Frage der Zulässigkeit eines Antrages nach § 19 Abs 2 WEG gegen den Hausverwalter im Außerstreitverfahren zulässig.

b) Zu Punkt 2.) = Antrag gemäß § 18 Abs 1 Z 3 WEG:

Gemäß § 26 Abs 2 Z 3 und 4 WEG hätten im Verfahren über einen Antrag eines Miteigentümers auf Abberufung des Verwalters alle Miteigentümer - jeweils nach dem Grundbuchsstand - und der Hausverwalter Parteistellung.

Gemäß § 26 Abs 2 WEG gälten in den in Abs 1 genannten Verfahren die allgemeinen Bestimmungen des außerstreitigen Verfahrens mit den Besonderheiten des § 37 Abs 3 Z 6 und 8 bis 21 sowie Abs 4 MRG und den im § 26 Abs 2 WEG angeführten Besonderheiten. Demgemäß sei bei der Auswahl eines Zustellempfängers für die individuelle Zustellung nach § 26 Abs 2 Z 7 WEG auch § 37 Abs 3 Z 6 MRG zu beachten, wonach für namentlich bestimmte Personen, deren Interessen nicht offenbar widerstreiten, ein gemeinsamer Zustellungsbevollmächtigter bestellt werden könne. In dem Verfahren über die Abberufung eines Hausverwalters widerstreite aber offenbar das Interesse der Antragsgegnerin als Verwalterin mit den Interessen der Miteigentümer, weshalb das Rekursgericht die Auffassung vertrete, daß die Bestellung der Antragsgegnerin zur Zustellempfängerin (ON 195) und die in der Folge an sie im Sinne des § 26 Abs 2 Z 7 WEG vorgenommenen Zustellungen rechtswidrig seien. Dies hätte zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Miteigentümer (§ 477 Abs 1 Z 4 ZPO) geführt.

Angesichts der Gestaltung des Verfahrens genüge es nicht, daß das Erstgericht alle Miteigentümer von dem das Verfahren einleitenden Antrag und von bestimmten mündlichen Verhandlungen verständige. Das Erstgericht hätte vielmehr wegen der Ergänzung des Parteienvorbringens und der Beweisaufnahme in weiteren Tagsatzungen allen Wohnungseigentümern durch ordnungsgemäße Ladung zumindest zu der der Entscheidung unmittelbar vorangehenden Verhandlungstagsatzung die Möglichkeit zum Erscheinen oder durch die Mitteilung der Verhandlungsergebnisse in geeigneter Form die Möglichkeit der schriftlichen Stellungnahme hiezu geben müssen. Da dies nicht geschehen sei - bezüglich der letzten Verhandlungstagsatzung vom 23.2.1990 sei der Anschlag in allen Stiegenhäusern unterblieben - sei auch aus diesem Grund der angefochtene Beschluß und das vorangegangene erstinstanzliche Verfahren nichtig.

Im Falle der Aufhebung eines Sachbeschlusses - um einen solchen handle es sich bei Punkt 2. der erstgerichtlichen Entscheidung - habe wegen der Nichtanwendbarkeit des § 528 Abs 2 Z 1 und 2 ZPO ein Bewertungsausspruch zu unterbleiben.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zumindest zur Frage der analogen Anwendbarkeit des § 37 Abs 3 Z 6 MRG im Rahmen der Bestellung eines Zustellempfängers nach § 26 Abs 2 Z 7 WEG keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes bestehe.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes richten sich die Revisionsrekurse

a) der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die Unzulässigkeit der von der Antragsgegnerin behaupteten Vereinbarung über die Aufteilung der Aufwendungen ausgesprochen und die Antragsgegnerin als Verwalterin enthoben werde;

b) der Antragsgegnerin mit dem Begehren, den Antrag der Antragstellerin nach § 19 Abs 2 WEG zurück-, allenfalls abzuweisen und ihren auf § 18 Abs 1 Z 3 WEG gestützten Antrag ab-, allenfalls zurückzuweisen, jedenfalls der Antragstellerin den Ersatz der Verfahrenskosten aller Instanzen aufzuerlegen. Hilfsweise stellte die Antragsgegnerin einen Aufhebungsantrag.

Die Antragstellerin beantragt, dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin keine Folge zu geben.

Die Revisionsrekurse sind in der Sache selbst nicht berechtigt; der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin im Kostenpunkt ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

a) Zum Antrag nach § 19 Abs 2 WEG:

Die Antragstellerin macht in ihrem - für die Beurteilung der zulässigen Verfahrensart ausschließlich maßgebenden (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 37 MRG Rz 3; SZ 55/184) - Antrag (samt Begründung) geltend, daß die Antragsgegnerin als Verwalterin der Liegenschaft ohne Vorliegen einer Vereinbarung eines vom Gesetz abweichenden Verteilungsschlüssels der Antragstellerin einen unrichtig errechneten Anteil an den Aufwendungen vorschreibe, weil sie nicht vom Verhältnis aller Miteigentumsanteile ausgehe. Es handelt sich demnach um einen Streit zwischen der Antragstellerin und dem Verwalter über eine nicht in § 26 Abs 1 Z 4 WEG angeführte Angelegenheit. Die Aufzählung in dieser Gesetzesstelle ist ihrem eindeutigen Wortlaut nach taxativ. Rechtssachen, die nicht ausdrücklich oder doch unzweifelhaft schlüssig in das Verfahren außer Streitsachen verwiesen sind (SZ 54/129, SZ 55/184 ua), gehören auf den streitigen Rechtsweg. Die den Kreis der Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter, die im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machen sind, abschließende Regelung des § 26 Abs 1 Z 4 WEG schließt daher die Zulässigkeit des Verfahrens außer Streitsachen für den Anspruch eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter auf Einhaltung eines bestimmten, die Aufteilung der Aufwendungen betreffenden Aufteilungsmodus aus.

Dies führt aber nach der Rechtsprechung im allgemeinen nicht - wie das Rekursgericht zutreffend ausführte - zur Zurückweisung des Antrages, sondern - gegebenenfalls nach Verbesserung des das Verfahren einleitenden Schriftsatzes entsprechend den Erfordernissen der ZPO - zur Behandlung als Klage im streitigen Verfahren (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 37 MRG Rz 6 mwN, insbesondere SZ 54/129).

Der rekursgerichtliche Beschluß war daher, soweit er sich auf die für die Entscheidung über den Antrag nach § 19 Abs 2 WEG zulässige Verfahrensart bezieht, zu bestätigen.

Soweit im Rekurs die Antragsgegnerin die rekursgerichtliche Kostenentscheidung selbständig bekämpft, war der Rekurs gemäß § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG - dieser Teil des erstgerichtlichen Beschlusses war verfahrensrechtlicher Natur - und § 528 Abs 2 Z 3 ZPO als unzulässig zurückzuweisen.

b) Zum Begehren nach § 18 Abs 1 Z 3 WEG:

Im Verfahren über den Antrag eines Miteigentümers auf Abberufung des Verwalters kommt sowohl allen Miteigentümern (§ 26 Abs 2 Z 3 WEG) - durch die Abberufung des Verwalters werden die Interessen aller Miteigentümer berührt - als auch dem Verwalter Parteistellung zu (§ 26 Abs 2 Z 4 WEG). Dies bedeutet, daß in einem solchen von einem Miteigentümer (hier: Antragstellerin) notwendigerweise jedenfalls gegen den Verwalter

(= Antragsgegnerin) eingeleiteten Verfahren den (anderen) Miteigentümern Parteistellung zukommt. Sie sind also - unabhängig von ihrer Bezeichnung als Antragsgegner in dem das Verfahren einleitenden Schriftsatz oder später - dem Verfahren als Partei beizuziehen, nicht bloß davon zu verständigen (WoBl. 1988, 115 (117) /68). Ihnen ist also Gelegenheit zur vollen Teilnahme am Verfahren zu geben (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 37 MRG Rz 52). Die Ladung der anderen Miteigentümer zu den der Entscheidung unmittelbar vorangehenden Tagsatzungen vom 20.7.1989 (ON 206), 9.8.1989 (ON 210) und 23.2.1990 (ON 216), in denen ergänzendes Parteienvorbringen erstattet und eine Beweisaufnahme durchgeführt wurde, unterblieb. Auch die Entscheidung der ersten Instanz - wie später die der zweiten Instanz - wurde ihnen nicht zugestellt.

Wie das Rekursgericht zutreffend darlegte, hätte das Erstgericht wegen der Ergänzungen des Parteienvorbringens und der Beweisaufnahmen in den genannten Verhandlungstagsatzungen allen Miteigentümern durch ordnungsgemäße Ladung (§ 26 Abs 2 Z 7 WEG) zumindest zu der der Entscheidung unmittelbar vorangehenden Verhandlungstagsatzung die Möglichkeit zum Erscheinen oder durch die Mitteilung der Verhandlungsergebnisse in geeigneter Form die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme hiezu geben müssen. Da im Rechtsmittelverfahren nach § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 bis 18 MRG das Neuerungsverbot gilt, muß den Parteien noch in erster Instanz die Gelegenheit zu einem Sachvorbringen und Beweisanträgen gegeben werden (WoBl 1989, 21/8). Der diesbezügliche erstgerichtliche Sachbeschluß wurde daher vom Rekursgericht zutreffend als nichtig aufgehoben.

Es ist zwar richtig, daß eine durch Nichtbeiziehung einer Partei verursachte Nichtigkeit dadurch geheilt wird, daß die nicht beigezogene Partei den ihr zugestellten Sachbeschluß unangefochten läßt (WoBl 1990, 165/84). Da aber in diesem Verfahren eine solche Zustellung unterblieb, konnte die Heilung der Nichtigkeit auf diesem Wege nicht erfolgen und kann wegen der bereits erfolgten Aufhebung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses auch nicht mehr nachträglich bewirkt werden.

Nicht gebilligt wird vom Obersten Gerichtshof allerdings die vom Rekursgericht vertretene Rechtsmeinung, die Zustellung nach § 26 Abs 2 Z 7 WEG hätte nicht in der Form erfolgen dürfen, daß neben dem Anschlag nach § 26 Abs 2 Z 6 WEG die individuelle Zustellung bloß an die Antragsgegnerin als eine der Mit- und Wohnungseigentümer erfolgte. Zunächst ist festzuhalten, daß die Antragsgegnerin nicht nur als Verwalterin Parteistellung hat, sondern auch als Miteigentümerin mehrerer Wohnungseigentumsobjekte, und zwar nicht nur der als Hausbesorgerwohnung verwendeten. Die in § 26 Abs 2 Z 7 WEG vorgesehene vereinfachte Zustellmöglichkeit ist etwas anderes als die in § 37 Abs 3 Z 6 MRG vorgesehene Möglichkeit, für namentlich bestimmte Parteien, deren Interessen nicht offenbar widerstreiten, von Amts wegen einen gemeinsamen Zustellbevollmächtigten unter sinngemäßer Anwendung des § 97 ZPO zu bestellen.

Geht man davon aus, daß möglicherweise alle anderen Miteigentümer der Liegenschaft als die Antragstellerin als Antragsgegner zu behandeln sind, so soll durch den in § 26 ABs 2 Z 7 WEG geregelten Zustellvorgang auf vom Gesetzgeber für ausreichend angesehene Weise sichergestellt werden, daß die von der Antragstellerin verschiedenen Miteigentümer vom Verfahren Kenntnis und Gelegenheit zur Teilnahme an demselben erhalten. Dem wird Genüge getan, wenn wenigstens ein von der Antragstellerin verschiedener Miteigentümer individuell bezeichnet wird und darüber hinaus noch durch den Anschlag im Haus auch allen anderen Miteigentümern die MÖglichkeit zur Kenntnisnahme eröffnet wird. Es obwaltet daher kein Hindernis, den von der Antragstellerin selbst bezeichneten Antragsgegner durch das Gericht für die individuelle Zustellung zu bestimmen. Die Richtigkeit dieser Ansicht folgt auch daraus, daß es der Antragstellerin freistünde, schon im Antrag sämtliche Miteigentümer und den Verwalter als Antragsgegner zu bezeichnen, in welchem Fall es auch dem Gericht freistünde, jeden anderen Miteigentümer - unabhängig von der Personalunion mit dem Verwalter - für die individuelle Zustellung zu bestimmen. In der hier zu beurteilenden Sache kommt noch dazu, daß eine große Anzahl der anderen Miteigentümer dem Vertreter der Antragsgegnerin Vollmacht erteilte und durch ihn Erklärungen abgeben ließ. Selbst wenn man die Ansicht des Rekursgerichtes teilte, daß der Verwalter, wenngleich er selbst Miteigentümer ist, nicht für die individuelle Zustellung im Sinne des § 26 Abs 2 Z 7 WEG bestimmt werden dürfte, wäre daher tatsächlich eine gültige individuelle Zustellung an einen anderen Miteigentümer erfolgt.

Entsprechend der Parteistellung aller Miteigentümer neben dem Verwalter wären daher auch alle Miteigentümer als Antragsgegner im Kopf der Entscheidung anzuführen. Zwar kommt die Parteistellung den jeweiligen Eigentümern entsprechend ihrer grundbücherlichen Eintragung zu (MietSlg. 40.683/19), doch erfordert dies nicht eine ständige Aktualisierung der Anführung der Parteien im Kopf der Entscheidung, wenn durch die Beachtung der in § 26 Abs 2 Z 6 und 7 WEG vorgesehenen Zustellvorschriften eine Einbeziehung der jeweiligen materiellrechtlich als Partei anzusehenden Personen gewährleistet ist. Auf die Miteigentümer im Zeitpunkt der Entscheidung erstreckt sich dann auch die Rechtskraft der rechtsgestaltenden gerichtlichen Entscheidung. Eine richtige und vollständige Anführung aller Miteigentümer, bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung, würde schon daran scheitern, daß die Namen der Miteigentümer zu diesem Zeitpunkt nicht mit Sicherheit festgestellt werden können, sei es zB, weil der Grundbuchsauszug kaum gleichzeitig mit der Entscheidung aktualisiert vorliegen kann, andererseits aber auch deswegen, weil zu diesem Zeitpunkt gegebene offene Grundbuchsanträge im Falle ihrer Bewilligung den Rechtserwerb rückwirkend auf den nach den grundbuchsrechtlichen Vorschriften maßgebenden Zeitpunkt (Einlangen des Antrages beim Grundbuchsgericht) bewirken (5 Ob 95/90). Dies wird das Erstgericht bei Fassung einer neuen Entscheidung über den auf § 18 Abs 1 Z 3 WEG gestützten Antrag zu beachten haben. Bei der vom Obersten Gerichtshof getroffenen bloß verfahrensrechtlichen Entscheidung konnte dies aus Zweckmäßigkeitsgründen unterbleiben.

Hinsichtlich der Entscheidung über den Revisionsrekurs im Kostenpunkt wird auf die Ausführungen zum Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen Punkt 1.) des rekursgerichtlichen Beschlusses verwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 19 MRG. Verzeichnet wurden nur Kosten rechtsfreundlicher Vertretung, deren Ersatz nur dann erfolgen könnte, wenn sie mutwillig durch die Stellung nicht gerechtfertigter Anträge verursacht wären. Davon kann keine Rede sein.

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