European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2007:0050OB00045.07I.0403.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die gefährdete Partei hat die Kosten des Revisionsrekursverfahrens vorläufig selbst zu tragen.
Begründung:
Die gefährdete Partei, im Folgenden Kläger genannt, verpachtete am 5. 4. 1994 die Liegenschaft EZ 1234 Grundbuch ***** mit dem darauf befindlichen Gebäude K***** in ***** samt dem dort etablierten Diskothekenbereich im Erdgeschoss und der darüber liegenden Wohnung im ersten Stock an Eva B***** und Martin B*****. Das Bestandverhältnis begann am 1. 5. 1994 und wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Im Bestandvertrag verpflichteten sich die Pächter zur Leistung einer Barkaution von S 1 Mio als Sicherheitsleistung für allfällige Forderungen des Klägers aus dem Pachtverhältnis. Die Barkaution wurde von den Pächtern bezahlt.
Vereinbart war zwischen den Parteien des Pachtvertrages, dass zur Sicherstellung der Rückforderung der Bankgarantie der Kläger als Verpächter den Pächtern eine Bankgarantie bis zum Höchstbetrag von S 1 Mio mit einer auf die Dauer des Bestandvertrages geltenden Laufzeit zu erstellen hatte.
Im Auftrag des Klägers erstellte die V***** AG (im Folgenden V***** K***** genannt) am 11. 4. 1994 unwiderruflich eine Bankgarantie bis zum Höchstbetrag von S 1 Mio mit einer auf die Dauer des Bestandvertrags geltenden Laufzeit. Das Schreiben der V***** K***** an die Pächter hat folgenden Inhalt:
Bankgarantie Nr 676
„Sehr geehrte Frau B*****, sehr geehrter Herr B*****.
Wir haben davon Kenntnis, dass Sie gemäß Bestandvertrag vom 5. 4. 1994 die darin näher beschriebenen Räumlichkeiten ... von ***** .... gepachtet haben.
Gemäß Punkt XIII des Bestandvertrages hat der Bestandnehmer bei Übergabe des Bestandgegenstands beim Bestandgeber eine Kaution in Höhe von S 1 Mio als Sicherheitsleistung zu erlegen, wobei Sie zusätzlich zum bestehenden Bestandvertrag als Sicherstellung für die erlegte Kaution eine Bankgarantie mit einer auf die Dauer des Bestandvertrages geltenden Laufzeit verlangen.
Dies vorausgeschickt übernehmen wir hiemit Auftrags unseren Kunden, ***** .... unwiderruflich die Garantie bis zum Höchstbetrag von S 1 Mio mit einer auf die Dauer des Bestandvertrages geltenden Laufzeit.
Die Laufzeit der Garantie ist auf die Dauer des Bestandverhältnisses ausgerichtet und beginnt mit Eingang des Kautionsbetrages auf das Konto des Bestandgebers bei der V***** AG. Die Laufzeit der Garantie ist auf die Dauer des Bestandverhältnisses ausgerichtet.
Sollte ein durch Sie irrtümlich, vorsorglich oder widerrechtlich in Anspruch genommener Betrag frei werden, sind Sie verpflichtet, diesen ausschließlich an unser Institut zurückzuzahlen. Weiters ersuchen wir um Kenntnisnahme, da uns seitens der Auftraggeberin sämtliche Bereicherungs- und Schadenersatzansprüche, die ihr im Fall einer von Ihnen ungerechtfertigt vorgenommenen Inanspruchnahme der Garantie gegen Sie entgegenstehen, abgetreten wurden.
Ansprüche aus der gegenständlichen Garantie können nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung zu Gunsten Dritter abgetreten, verpfändet bzw vinkuliert werden.
Nach Ablauf der Laufzeit bzw nach Beendigung des Bestandvertrags nehmen wir diese Garantie ohne weitere Verständigung aus Evidenz, womit auch gleichzeitig jede Zahlungsverpflichtung unsererseits aus der Garantie erlischt."
Mit Generalabtretung vom 30. 5. 1994 haben Eva B***** und ihr Ehegatte die Bankgarantie vom 11. 4. 1994 mit Zustimmung der V***** K***** an die Gegnerin der gefährdeten Partei (in der Folge Beklagte genannt) abgetreten. Dies für die gesamte Laufzeit des Bestandvertrags.
Mit Schreiben vom 4. 8. 1998 nahm die Beklagte Bezug auf jenes Schreiben der V***** K*****, in dem der Abtretung aller Rechte aus der Bankgarantie zu Gunsten der Beklagten zugestimmt worden war und ersuchte die V***** K*****, sie von einem allfälligen vorzeitigen Ablauf des Bestandvertrags bzw der Garantie zu informieren. Die Beklagte hatte Kenntnis davon, dass die Laufzeit der Garantie an die Dauer des Bestandvertrags gebunden war. Die V***** K***** erklärte daraufhin der Beklagten, sie von einem vorzeitigen Ablauf des Bestandvertrags bzw der Bankgarantie in Hinkunft zu verständigen.
Im Dezember 1998 trat anstelle der bisherigen Pächterin Eva B***** ihr Sohn Thomas J***** mit Zustimmung des Klägers in den Bestandvertrag vom 5. 4. 1994 mit allen Rechten und Pflichten ein. Es wurde mit dem Kläger vereinbart, dass die erliegende Kaution für den neuen Pächter bestehen bleiben sollte. Die Abtretung der Bankgarantie an die Beklagte blieb unverändert aufrecht. Ebenso das Bestandverhältnis.
Im August 2006 stellte die Beklagte einen den bisherigen Pächtern gewährten Kredit mit sofortiger Wirkung fällig.
Mit Schreiben vom 12. 9. 2006 rief die Beklagte bei der V***** K***** die Bankgarantie Nr 676 vom 11. 4. 1994 über EUR 72.672,83 mit folgendem Wortlaut ab:
„Wir teilen Ihnen mit, dass wir das Kreditkonto Nr 3065448‑2201 lautend auf ***** fällig stellen mussten und haftet dieses Konto per heutigem Datum mit einem Saldo in Höhe von EUR 80.280,80 gänzlich aus.
Wir kommen zurück auf Ihre Bankgarantie mit der Nr 676 vom 11. 4. 1994 und rufen diese Garantie auf Grund der Abtretungserklärung vom 30. 5. 1994 sowie auf Grund ihres Schreibens vom 5. 5. 1994 und auf Grund ihres Schreibens vom 10. 8. 1998 ab.
Wir ersuchen Sie, den Betrag von EUR 72.672,83 auf das Konto Nr 3065448‑2201 lautend auf ***** zur Anweisung zu bringen und erlauben uns dafür als Termin den 20. 9. 2006 in Vormerkung zu nehmen".
Angeschlossen war diesem Schreiben die ursprüngliche Bankgarantie vom 11. 4. 1994 in Kopie.
Von diesem Abruf der Bankgarantie verständigt, forderte der Kläger am 19. 9. 2006 die Beklagte auf, die Einforderung der Bankgarantie zu widerrufen. Unstrittigerweise hat die Beklagte einen solchen Widerruf nicht erklärt.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger, die Beklagte zum Widerruf der Bankgarantie und zur Unterlassung der Einziehung des Garantiebetrags vor Beendigung des Bestandvertrags zu verpflichten.
Als anspruchsbegründend wurde vorgebracht, dass die von der V***** K***** über Auftrag des Klägers erstellte Bankgarantie dazu dienen sollte, die Pächter, die dem Kläger S 1 Mio an Barkaution für die Dauer des Pachtverhältnisses übergeben mussten, gegen allfällige künftige wirtschaftliche Schwierigkeiten des Klägers nach Beendigung des Bestandverhältnisses abzusichern. Vereinbarungsgemäß - im Verhältnis des Klägers zu den Pächtern - sollten letztere nach Beendigung des Bestandverhältnisses die Kautionssumme wieder refundiert erhalten.
Dementsprechend habe die V***** K***** über Auftrag des Klägers unwiderruflich eine Bankgarantie zu einem Höchstbetrag von S 1 Mio mit einer auf die Dauer des Bestandvertrages geltenden Laufzeit übernommen.
Mit Zustimmung der Garantin V***** K***** hätten die Begünstigten (Pächter) ihre Rechte aus dieser Bankgarantie für die gesamte Laufzeit des Bestandvertrags der Beklagten abgetreten. Dabei habe die V***** K***** der Beklagten bestätigt, sie vom Ende des Bestandverhältnisses zu verständigen.
In die Bestandrechte der bisherigen Pächter sei am 11. 4. 1994 deren Sohn mit allen Rechten und Pflichten eingetreten. Vereinbart worden sei dabei, dass die Übernahme der erledigten Kaution direkt erfolgen solle, sodass sich für den Kläger am bestehenden Zustand nichts ändere. Unverändert sei auch die Abtretung der Rechte aus der Bankgarantie an die Beklagte aufrecht geblieben. Das Bestandverhältnis sei nach wie vor aufrecht. Sollte das Bestandverhältnis enden, stünde Thomas J*****, dem neuen Pächter, gegenüber dem Kläger der Anspruch auf Rückersatz des Kautionsbetrags zu (unter Abzug allfällig zu Recht bestehender Beendigungsansprüche). Dieser Rückersatzanspruch sei durch die Bankgarantie besichert.
Völlig überraschend für den Kläger habe die Beklagte zur Abdeckung einer Kreditverbindlichkeit der Pächter die Garantie abgerufen. Dies sei unzulässig, weil das Bestandrecht nach wie vor aufrecht bestehe und der Kläger berechtigt sei, den Kautionsbetrag weiter einzubehalten. Deshalb sei die Beklagte aufgefordert worden, den Abruf der Bankgarantie zu widerrufen, was diese jedoch verweigere.
Der Abruf der Bankgarantie sei rechtsmissbräuchlich, weil erst bei Beendigung des Bestandverhältnisses die Forderung aus der Bankgarantie entstehen könne und erst dann erfolgreich eingezogen werden könne. Die Beklagte sei jedenfalls nicht dazu berechtigt, die Bankgarantie vor Beendigung des Bestandverhältnisses für eine Kreditverbindlichkeit der Pächter in Anspruch zu nehmen.
Gleichzeitig begehrte der Kläger die Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Form eines Drittverbots, wonach der V***** AG die Ausfolgung des Betrags von EUR 72.672,83 aus der von ihr übernommenen Bankgarantie an die Beklagte verboten werden solle.
Aus einer rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme einer Bankgarantie stehe dem Auftraggeber ein Unterlassungsanspruch zu. Der Antragsgegnerin sei jedenfalls aus dem Schreiben vom 4. 8. 1998 bekannt, dass die Laufzeit der Bankgarantie an die Dauer des Bestandvertrags gebunden sei. Die Bankgarantie sei nach der der Beklagten bekannten Vereinbarung somit nicht abrufungsreif. Vielmehr stehe dem Kläger das Recht zu, den Kautionsbetrag weiter einzubehalten.
Mit der Auszahlung der Garantiesumme würde der Kläger mit dem Garantiebetrag belastet. Es liege daher eine offenkundige Gefährdung im Sinn des § 381 Z 1 EO vor.
Das Erstgericht erließ die begehrte Einstweilige Verfügung in Form des Drittverbots an die V***** K***** ohne Anhörung der Beklagten.
Ausgehend vom oben wiedergegebenen bescheinigten Sachverhalt erkannte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht:
Die von der V***** K***** übernommene Bankgarantie Nr 676 diene der Besicherung des Rückforderungsanspruchs der Pächter für den Fall der Beendigung des Bestandverhältnisses und sei auf die Dauer des Bestandverhältnisses ausgerichtet. Davon habe die Beklagte ausdrücklich Kenntnis erhalten, worauf sie selbst auch im Schreiben vom 4. 8. 1998 hingewiesen habe. Überdies habe sie ersucht, von einem allfälligen vorzeitigen Ablauf des Bestandverhältnisses und damit der Garantie verständigt zu werden. Auf Grund einer Generalabtretung sei zwar die Beklagte im gegenständlichen Fall die aus der Bankgarantie Begünstigte, die Abrufung der Garantie sei jedoch rechtsmissbräuchlich erfolgt. Bei einem liquiden und eindeutigen Nachweis des Nichteintrittsfalls sei der Garant berechtigt, die Zahlung zu verweigern. Voraussetzung für einen solchen Rechtsmissbrauch sei, dass zwischen den vom Abrufenden verfolgten und den beeinträchtigten Interessen des Garanten ein krasses Missverhältnis bestehe. Der Begünstigte sei dann nicht schutzwürdig, wenn er eine Leistung in Anspruch nehme, obwohl schon eindeutig feststehe, dass er keinen derartigen Anspruch habe und das Erhaltene sofort wieder herausgeben müsse (9 Ob 265/99g).
Im vorliegenden Fall hätte die Beklagte daher die Bankgarantie vor Beendigung des Bestandverhältnisses nicht abrufen dürfen. Eindeutig sei der Beklagten bekannt gewesen, dass die Garantie für die Dauer des Bestandverhältnisses als Sicherheit dienen sollte. Wenn sie also eine Abrufung zu dem Zweck vornehme, mit der Auszahlung des Garantiebetrags eine eigene Forderung gegen die Pächter abzudecken, was auf Grund ihres Schreibens vom 12. 9. 2006 (Garantieanforderung) evident erwiesen sei, so trete die Verfolgung dieses Interesses in den Hintergrund. Im Vordergrund stehe die Besicherung des Rückforderungsanspruchs für den Fall der Beendigung des Bestandverhältnisses. Bei Beendigung des Bestandverhältnisses müsse die Kaution dem Kläger zur Befriedigung allfälliger Forderungen dienen. Diesem Zweck würde der Abruf der Bankgarantie vor Beendigung des Bestandverhältnisses jedenfalls zuwiderlaufen.
Nach mündlicher Verhandlung wies das Erstgericht den von der Beklagten gegen die Einstweilige Verfügung erhobenen Widerspruch ab. Die Entscheidung wurde bisher nicht ausgefertigt.
Einem gegen die Einstweilige Verfügung erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.
Weil die einstweilige Verfügung ohne Anhörung der Beklagten erlassen worden sei, sei auf deren Ausführungen über den Zusammenhang der Garantie mit einem Kredit infolge des im Rekursverfahrens herrschenden Neuerungsverbots nicht einzugehen.
Nach ihrem klaren Wortlaut habe die Garantie zur Sicherung des Anspruchs der Bestandnehmer gegen den Kläger als Bestandgeber auf Rückzahlung der von ihnen erlegten Barkaution nach Beendigung des Bestandverhältnisses gedient. Nach dem maßgeblichen Sachverhalt sollte nach dem Bestandnehmerwechsel die hinsichtlich der Kaution getroffene Vereinbarung unverändert bleiben und die Bankgarantie weiterhin zur Sicherung des Rückzahlunganspruchs aufrecht bleiben. Der Bestandvertrag sei nach wie vor aufrecht, die Kaution habe daher nach wie vor die Ansprüche des Klägers, die sich aus der Auflösung des Bestandverhältnisses ergäben, zu sichern. Die Garantin habe sich verpflichtet, die Beklagte von einer Auflösung des Bestandverhältnisses in Kenntnis zu setzen. Doch sei eine solche Auflösung des Bestandverhältnisses bisher nicht erfolgt. Aus der Abruferklärung der Beklagten selbst ergebe sich, dass sie die Bankgarantie zur Abdeckung eines notleidenden Kredits der Bestandnehmer abgerufen habe. Damit liege ein liquider Nachweis des Rechtsmissbrauchs durch die Beklagte vor. Dass der Wortlaut der Garantieerklärung über den zu sichernden Anspruch undeutlich gewesen wäre, sei nicht behauptet worden. Entgegen dem Wortlaut habe die Beklagte die Bankgarantie aber nicht wegen Beendigung des Bestandverhältnisses und Entstehens eines entsprechenden Rückforderungsanspruchs abgerufen, sondern ausschließlich deshalb, weil ihre Kreditnehmer ihr gegenüber bestehende Verbindlichkeiten nicht erfüllt hätten. Für diesen notleidend gewordenen Kredit sei aber die Bankgarantie unzweifelhaft nicht gegeben worden. Die Beklagte hätte in keiner Weise davon ausgehen können, dass der Rückzahlungsanspruch gegen den Verpächter hinsichtlich einer unverbrauchten Kaution bereits verwirklicht wäre und sie daher als Sicherungsgläubiger berechtigt wäre, den den Bestandnehmern zustehenden Anspruch aus der Bankgarantie geltend zu machen. Angesichts dieser Sachlage könne nur von einer rechtsmissbräuchlichen Abberufung der Bankgarantie ausgegangen werden. Der Klägerin stehe als Garantieauftraggeberin daher gegen die Beklagte als Begünstigte der Anspruch auf Widerruf des Abrufs der Bankgarantie durch Einstweilige Verfügung mittels Zahlungsverbots an den Garanten zu (RIS‑Justiz RS0005092).
Die von der Beklagten im Rekurs zitierte E SZ 73/10 sei insofern nicht einschlägig, als dort Bereicherungsansprüche des Garantieauftraggebers gegen den Zessionar verneint worden seien. Solche Ansprüche seien aber nicht verfahrensgegenständlich, weil die Zahlung offensichtlich noch nicht geflossen sei. Daher bilde nur ein Begehren auf Widerruf des Abrufs der Bankgarantie den Gegenstand des Verfahrens.
Das einzige dem Kläger zur Verfügung stehende Sicherungsmittel sei, ein Drittverbot an die Garantin im Wege einer Einstweiligen Verfügung zu erwirken. Dabei gehe es nicht um die Sicherung von Geldforderungen, sondern die Sicherung des Anspruchs auf Widerruf einer bereits erfolgten missbräuchlichen Abrufung einer Bandgarantie. Unter den Voraussetzungen des § 381 EO sei eine solche einstweilige Verfügung zu erlassen. Eine konkrete Anspruchsgefährdung im Sinn des § 381 Z 1 EO sei nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung diesfalls offenkundig (RIS‑Justiz RS0107385).
Zu Recht habe daher das Erstgericht die begehrte Einstweilige Verfügung erlassen.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 20.000,‑- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Rekursgericht habe sich bei seiner Entscheidung im Rahmen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Sicherung des Widerrufs des Abrufs einer Bankgarantie gehalten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Abweisung des Provisiorialantrags.
Der Kläger hat dazu eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet und beantragt den Revisionsrekurs der Beklagten zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliegt, ob nach Abtretung der Rechte aus einer Bankgarantie ein Anspruch des Garantiebestellers auf Unterlassung rechtsmissbräuchlichen Abrufs einer Bankgarantie gegen den Zessionar der Rechte aus der Bankgarantie besteht.
Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.
Die Begründung des angefochtenen Beschlusses lässt Fragen der Abtretung der Rechte aus einer Bankgarantie unbeachtet, indem sie mit jener Rechtsprechung argumentiert, die dreipersonale, ursprüngliche Garantieverhältnisse betrifft. Sie vermag daher die getroffene Verfügung nicht ausreichend zu rechtfertigen.
Der Oberste Gerichtshof hat in den Entscheidungen 4 Ob 348/99a = SZ 73/10 und 6 Ob 253/03d einen Bereicherungsrückgriff des Garantieauftraggebers aus einer unberechtigt abgerufenen und ausbezahlten Garantie gegen den Zessionar im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, dass dann, wenn dem Zessionar nur die Rechte aus der Garantie, nicht aber zugleich auch die Rechte aus dem Grundverhältnis abgetreten wurden, eben gerade keine konkrete Leistungsbeziehung zwischen dem Garantieauftraggeber und dem Zessionar besteht. Eine Vermögensverschiebung (aus einer unberechtigt in Anspruch genommenen Garantie) sei daher im Verhältnis zwischen Garanten und Zessionar erfolgt. Der Garantieauftraggeber habe daher den ihm zustehenden bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch nach unberechtigter Inanspruchnahme der Garantie auch dann gegenüber dem Begünstigten geltend zu machen, wenn dieser nur seine Rechte aus der Garantie, nicht aber zugleich auch seine Rechte aus dem Grundverhältnis abgetreten habe und die Garantie vom Zessionar abgerufen wurde (vgl SZ 73/10).
Den maßgeblichen Feststellungen im Provisorialverfahren lässt sich trotz Verwendung des Begriffs „Generalabtretung vom 30. 5. 1994" nicht mit der erfoderlichen Deutlichkeit entnehmen, dass von den Pächtern (zur Sicherung ihrer Kreditverbindlichkeit ) der Beklagten auch ihre Rechte aus dem Grundverhältnis abgetreten worden wären. Immer ist nur von einer „Abtretung der Bankgarantie" die Rede. Sollte sich im Hauptverfahren anderes ergeben, wird die rechtliche Beurteilung des Streitfalls entsprechend anzupassen sein.
Für den vorliegenden Fall bedeutet das zunächst einmal, dass sich der Kläger zur Begründung seines - durch Einstweilige Verfügung zu sichernden - Widerrufs- und Unterlassunganspruchs der Beklagten gegenüber nicht eindeutig auf ein Vertragsverhältnis zu berufen vermag (vgl SZ 73/10; 6 Ob 253/03d; Koziol in ÖBA 1986, 486 [490], dort allerdings im Fall einer Rückgarantie).
Besteht aber zwischen dem Kläger und der Beklagten kein Vertragsverhältnis (vgl SZ 73/10; 6 Ob 253/03d) und bestehen - anders als im Fall einer indirekten Garantie zwischen Erst- und Zweitbank - auch keine Schutzwirkungen zu Gunsten des Klägers als Garantieauftraggeber (vgl Avancini/Iro/Koziol Bankvertragsrecht II Rz 3/142), können Unterlassungsansprüche des Garantieauftraggebers gegen den Zessionar nur darauf gestützt werden, dass diesem ein deliktisches Verhalten im Sinn des § 1295 Abs 2 ABGB bei missbräuchlicher Inanspruchnahme der Garantie vorzuwerfen ist. Ein Unterlassungs‑ und Widerrufsbegehren (dasselbe hat für das Begehren auf Erlassung eines Drittverbots zu gelten) könnte nur auf einen Anspruch auf Unterlassung sittenwidriger Schädigung gestützt werden (vgl Koziol aaO; ÖBA 1986, 490; Canaris Bankvertragsrecht4 Rz 1138; Avancini/Iro/Koziol aaO Rz 3/100 f).
Diese Ansicht vertritt auch P. Bydlinski (in ÖBA 1989, 821 zu 8 Ob 583/88 [= ÖBA 1989/168]):
Hat der Zedent der Garantierechte bereits von seinem Schuldner aus dem Kaufvertrag Zahlung erhalten, darf daneben nicht auch noch die Garantie in Anspruch genommen werden. Der Begünstigte darf eben nicht zweimal kassieren, ebenso wenig Zedent und Zessionar je einmal. Von der anderen Seite her gesehen müsste ansonsten der Schuldner zweimal zahlen. Er hätte nämlich auch den Aufwandersatzanspruch des von ihm beauftragten Garanten zu befriedigen. Ein Zessionar der bloßen Garantierechte hat in solchen Fällen das Erhaltene also ohne Zweifel wieder herauszugeben. Stünde hingegen die Befriedigung des Gläubigers aus dem Grundverhältnis, also des Zedenten der Gestaltungsrechte einmal zweifelsfrei fest - wurde also etwa der Kaufpreis nachweislich bereits vom Zedenten kassiert -, so könnte sogar dem an sich abstrakten Anspruch des Garantiebegünstigten von vornherein der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen gehalten werden. Auch aus einer abstrakten Sicherungsverpflichtung soll niemand etwas fordern können, was ihm materiell evident nicht zusteht. Dieser Einwand sollte im Zweifel auch dann gewährt werden, wenn sich ein Zessionar der „nackten" Garantierechte in keiner Weise darum kümmert, ob die Verpflichtung im Grundverhältnis bereits getilgt wurde und eine solche Tilgung tatsächlich schon erfolgt ist. Jedenfalls aber dann, wenn der Garant eine solche Zahlung nachweisen kann.
Auf die hier zu beurteilende Fallkonstellation angewendet, ergibt sich daraus Folgendes:
Die Beklagte als Zessionarin der „nackten" Garantierechte hat sich nicht nur nicht darum gekümmert, ob die Verpflichtung aus dem Grundverhältnis überhaupt entstanden war, sondern sogar die Garantie ausdrücklich zum Zweck der Bewirkung einer ihr selbst gegen den Zedenten (Pächter) zustehenden Kapitalforderung in Anspruch genommen. Damit ist der Tatbestand des § 1295 Abs 2 ABGB erfüllt. Für eine vorsätzliche Schädigungshandlung in diesem Sinn reicht bedingter Vorsatz hin (3 Ob 556/92 = ecolex 1994, 162); RIS‑Justiz RS0025920 [T1; T3; T5 = SZ 2002/25; T9]). Der Beklagten ist die bewusste Durchsetzung ihres eigenen Rechtsstandpunkts unter bewusster Übergehung des Umstands, dass ihre Inanspruchnahme der Garantie jedenfalls nichts mit dem Grundverhältnis zu tun hatte, vorzuwerfen. Dass in diesem Sinn das Verhalten der Beklagten als rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme der Bankgarantie zu werten ist, weil sie sogar ausdrücklich zu einem anderen Sicherungszweck als dem im Kausalverhältnis begründeten abgerufen wurde, ist damit zu bejahen (vgl Koziol aaO Rz 3/101 insb FN 305 bis 311 [304]).
Selbst wenn dem Kläger kein bereicherungsrechtlicher Rückgriff gegen die Beklagte im Fall der Zahlung der Garantiesumme zustünde (RIS‑Justiz RS0113129), weil eine derartige Rückabwicklung im ursprünglichen Vertragsverhältnis stattzufinden hätte, ist er als Garantieauftraggeber dennoch berechtigt, einen solchen unmittelbar bevorstehenden, unberechtigten Vermögenseingriff zu verhindern (zum Eingriff in fremde Forderungsrechte: RIS‑Justiz RS0022852; auch ohne besondere Schädigungsabsicht: RIS‑Justiz RS0025920, insb T2).
Unter der hier gegebenen Voraussetzung, dass der Nichteintritt des Garantiefalls liquide und eindeutig nachgewiesen ist, besteht daher der Anspruch des Garantieauftraggebers auch gegen den als Zessionar der Rechte aus der Bankgarantie Begünstigten, den Widerruf des Abrufs der Bankgarantie durch einstweilige Verfügung (Zahlungsverbot an den Garanten), zu sichern (RIS‑Justiz RS0005092; RS0107385). Eine konkrete Anspruchsgefährdung im Sinn des § 381 Z 1 EO ist in einem solchen Fall offenkundig (RIS‑Justiz RS0107385).
Damit erweist sich der Revisionsrekurs der Beklagten als unberechtigt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 50 ZPO iVm § 393 Abs 1 EO.
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