OGH 4Ob348/99a

OGH4Ob348/99a18.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Wilhelm Schuster, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei R***** reg. Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Lattenmayer, Luks & Enzinger, Rechtsanwälte in Wien, wegen 1,250.000 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 24. September 1999, GZ 3 R 95/99h-72, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 11. Jänner 1999, GZ 12 Cg 196/94g-67, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung - unter Berücksichtigung des nicht angefochtenen Teils - nunmehr insgesamt zu lauten hat:

"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 1,250.000 S samt 5 % Zinsen seit 24. 6. 1994 und 20% USt aus den Zinsen zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 219.346,20 S (darin 36.507,70 S USt und 300 S Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 148.691,50 S (darin 9.315,25 S USt und 92.800 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin und die b*****ges.m.b.H. (in der Folge: bitMAP) haben am 17. 6. 1992 einen Kooperationsvertrag mit auszugsweise folgendem Inhalt abgeschlossen:

"1.) Vertragsgegenstand

bitMAP Standardprogramm (digitaler Stadtplan) Wien und alle nachfolgenden Standardprogramme und sämtliche modifizierte Programm-Versionen für Österreich gemäß Anlage 1.

2.) Vertriebsrecht

bitMAP überträgt B***** für die Dauer und zu den Bedingungen dieses Vertrages das Recht, bitMAP-Standardprogramme nicht exklusiv und die modifizierten Programm-Versionen gemäß Anlage 1 exklusiv zu vertreiben.

4.) Abnahmeplanung

B***** garantiert für die vereinbarte Grundlaufzeit gemäß Ziffer 15 ein Umsatzvolumen von ÖS 1.250.000,--, unter der Voraussetzung, daß bis zum Inkrafttreten des Vertrages gemäß Ziffer 15 eine modifizierte Standard-Version beim Interessenten Kitzbühel bzw. eine Alternative realisiert und abgenommen ist. Diese Garantie kann gegebenenfalls in Form einer Bankgarantie auf Kosten von bitMAP erfolgen.

Gegen diese Bankgarantie werden alle jene Zahlungseingänge aufgerechnet, die entsprechend dem betreffenden B*****-Kundenkreis gemäß Ziffer 9 zuzuordnen sind.

9.) Auftragsabwicklung

B***** benennt bitMAP seine Vertriebspartner.

bitMAP liefert und fakturiert unter Berücksichtigung des von B***** bekanntgegebenen Rabattes an den Besteller.

ZDS/B*****-Vertragspartner bestellen direkt bei bitMAP.

B***** erhält eine Kopie jeder Bestellung von modifizierten Touristik-Versionen sowie von Bestellungen der Standard-Versionen, sofern diese durch B***** gemäß Ziffer 3 erfolgt sind. (...)

15.) Vertragsdauer und Wirksamkeit

Dieser Vertrag wird mit Zeichnung von B***** und bitMAP gültig.

Er bleibt für einen Zeitraum von zwei Jahren ab Gültigkeit des Vertrages in Kraft, wenn er nicht zuvor automatisch durch Stellung eines Antrages auf Eröffnung des Konkurs- oder Ausgleichsverfahrens über das Vermögen eines Vertragspartners oder zuvor nach den nachfolgenden Bestimmungen gekündigt wird. Der Vertrag verlängert sich automatisch um ein Jahr, wenn die Straßenkarte Österreich, samt allen Landeshauptstädten, nicht mit Stichtag 30. 6. 1993 oder die modifizierte Touristik-Version nicht bis zum 30. 10. 1992 fertiggestellt wird."

Die Klägerin erteilte der C***** (in der Folge: Garantin) am 26. 6. 1992 den Auftrag, eine Bankgarantie gegenüber der bitMAP in der Höhe von 1,250.000 S, gültig vom 2. 7. 1992 bis 17. 7. 1994 zu übernehmen. Diese auftragsgemäß hinausgelegte Garantie Nr. 175.583 vom 2. 7. 1992 hat folgenden Wortlaut:

"Wir haben zur Kenntnis genommen, daß Sie am 17. 6. 1992 mit unserem Kunden, der Firma B***** AG, (...) einen Kooperationsvertrag betreffend bitMAP-Standardprogramm (digitaler Stadtplan) Wien und alle nachfolgenden Standardprogramme und sämtliche modifizierte Programmversionen für Österreich gemäß Anlage 1 zu diesem Vertrag abgeschlossen haben. Weiters haben wir zur Kenntnis genommen, daß die Firma B***** AG für die vereinbarte Grundlaufzeit ein Umsatzvolumen in der Höhe von S 1,250.000,-- garantiert hat, wenn bis zum Inkrafttreten des Vertrages gemäß Ziffer 15 eine modifizierte Standard-Version beim Interessenten Kitzbühel bzw. eine Alternative realisiert und abgenommen worden ist. In diesem Zusammenhang ist Ihnen von der Firma B***** AG zur Sicherstellung des vorgenannten Umsatzvolumens gemäß Punkt 4. des Vertrages eine gleich hohe Bankgarantie beizubringen.

Dies vorausgeschickt, übernehmen wir hiermit über Ersuchen der B***** AG, Wien, Ihnen gegenüber diese Garantie bis zum Betrag von S 1,250.000,--, indem wir uns verpflichten, den uns namhaft gemachten Betrag, höchstens jedoch S 1,250.000,--, ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses innerhalb von drei Geschäftstagen nach Erhalt Ihrer schriftlichen Aufforderung, in der uns bekanntgegeben wird, daß die Firma B***** AG das Umsatzvolumen gemäß Punkt 4. des Kooperationsvertrages vom 17. 6. 1992 in Höhe des von Ihnen unter dieser Garantie angeforderten Betrages nicht erreicht hat, auf das uns von Ihnen bezeichnete Bankkonto zu überweisen.

Eine Inanspruchnahme dieser Garantie kann vereinbarungsgemäß nicht vor dem 17. 6. 1994 erfolgen. Diese Garantie erlischt durch Rückstellung dieses Schreibens an uns, spätestens jedoch am 17. Juli 1994."

Mit Zessionsvertrag vom 13. 7. 1992 trat die bitMAP der Beklagten ihre Forderung gegenüber der Garantin auf Grund der Garantie Nr. 175.583 vom 2. 7. 1992 zur Sicherstellung und Rückzahlung aller Forderungen, die der Beklagten aus einem Kreditvertrag betreffend einen Kredit über 2,200.000 S gegenüber der bitMAP entstanden sind bzw. noch entstehen werden, bis zu einem Betrag von 1,250.000 S ab. Die Garantin wurde von der Zession verständigt und informierte darüber ihrerseits die Klägerin. Während des anhängigen Verfahrens rief die Beklagte die Bankgarantie in voller Höhe ab, worauf ihr die Garantin 1,250.000 S am 21. 6. 1994 überwies. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 14. 9. 1994 zu 6 S 225/94 wurde über das Vermögen der bitMAP das Konkursverfahren eröffnet; der Konkurs wurde mangels Kostendeckung am 14. 1. 1997 aufgehoben und die Firma gem § 2 AmtsLG gelöscht (FN 88565v HG Wien).

Die Klägerin begehrt zuletzt die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von 1,250.000 S sA. Die im Vertrag genannte Bedingung für die Wirksamkeit der Umsatzgarantie sei nicht eingetreten; bitMAP habe beim Interessenten Kitzbühel weder eine modizifierte Standard-Version noch eine Alternative realisiert, die abgenommen worden sei. Die Inanspruchnahme der Bankgarantie sei rechtsmissbräuchlich erfolgt und habe nur den Zweck gehabt, der Klägerin zu schaden. Die Beklagte sei als Hausbank der bitMAP von Anfang an über alle Einzelheiten, insbesondere auch über die in Form einer Bankgarantie zu übernehmende bedingte Umsatzgarantie, bestens informiert gewesen. Auch sei es die Beklagte gewesen, die die Sicherung der bedingten Umsatzgarantie durch Bankgarantie gefordert habe. Es sei ihr bekannt gewesen, dass das abgesicherte Valutaverhältnis rechtlich nicht existent gewesen sei. An die Beklagte seien nicht nur die Rechte aus der Bankgarantie, sondern auch die Rechte aus dem zugrundeliegenden bedingten Valutaverhältnis abgetreten worden, da die losgelöste Abtretung der "nackten" Garantierechte im konkreten Fall jedenfalls nicht möglich gewesen sei. Eine Abtretung der "nackten" Rechte aus der Bankgarantie wäre angesichts der im Zeitpunkt des Zessionsvertrags bestehenden schlechten Vermögenssituation der bitMAP mit erheblichen Nachteilen sowohl für die Klägerin als auch für die Garantin verbunden gewesen. Die Klägerin habe der bitMAP auf Grund des Kooperationsvertrags während dessen Laufzeit einen Umsatz in Höhe von 688.093,44 S verschafft; nach dem Kooperationsvertrag seien diese Zahlungseingänge gegen die Bankgarantie aufzurechnen. 199.872,62 S seien auf das von der Beklagten geführte Konto der bitMAP überwiesen worden. Die Klägerin sei nach Auszahlung der Garantiesumme von der Garantin mit einem Betrag von 1,250.000 S als Aufwandersatz belastet worden. Der Klägerin stehe in analoger Anwendung der §§ 1431 ff ABGB ein Anspruch auf Rückzahlung der ausbezahlten Garantiesumme zu, weil die mit der Bankgarantie abgesicherte Forderung nicht bestanden habe. Seien die Rechte aus der Bankgarantie vom ursprünglich Garantiebegünstigten einem Dritten zediert worden, stehe der Rückabwicklungsanspruch dem Garantieauftraggeber gegenüber dem Zessionar zu.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die Umsatzgarantie sei infolge Eintritts der Bedingung wirksam vereinbart worden. Die Software für die modifizierte Standardversion sei von bitMAP um die 38. Kalenderwoche vereinbarungsgemäß der CEO Computer + SoftwaregesmbH übergeben worden. Der garantierte Umsatz habe nur aus Verschulden der Klägerin nicht erzielt werden können. Die Beklagte habe keinerlei Kenntnis von der Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und bitMAP gehabt. Da durch die Zahlung an die Beklagte eine Leistung der Klägerin an bitMAP erbracht worden sei, seien allenfalls berechtigte Rückabwicklungsansprüche gegen bitMAP zu richten. Die Beklagte habe die Garantie nicht rechtsmissbräuchlich in Anspruch genommen. Die von der Klägerin genannten Umsätze seien nicht auf die Bankgarantie in Anrechnung zu bringen: Gemäß Punkt 4 des Kooperationsvertrages seien nämlich nur solche Zahlungseingänge anrechenbar, die gemäß Ziffer 9 zuzuordnen seien; die vorgelegten Rechnungen fielen nicht unter solche Umsätze.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 1,250.000 S samt 5 % Zinsen seit 24. 6. 1994 und wies ein Zinsenmehrbegehren ab. Neben den eingangs wiedergegebenen Feststellungen stellte es weiters fest, dass der Tourismusverband Kitzbühel anlässlich einer Präsentation der Software am 3. 6. 1992 deren Erwerb ablehnte, weil das Programm keinerlei Verbesserung oder Modifizierung gegenüber der früheren Standardversion bot. Trotz intensiver Bemühungen gelang es bitMAP nicht, eine funktionierende Modifizierung des Standardprogramms zu erstellen; es kam auch zu keiner Abnahme eines solchen Programms durch die Klägerin. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, in der Garantie sei ausdrücklich Bezug auf das zugrundeliegende Rechtsverhältnis genommen worden, weshalb eine enge Akzessorieät zwischen der Garantie einerseits und der zu besichernden Umsatzgarantie andererseits bestanden habe. Zwar erscheine die Textierung in sich widersprüchlich, wenn einerseits bereits von einem wirksamen Vertragsabschluss, andererseits aber davon die Rede sei, dass die Umsatzgarantie nur dann wirksam werde, wenn bis zum "Inkrafttreten" des Vertrags eine modifizierte Standardversion oder eine Alternative realisiert und abgenommen worden sei. Diesbezüglich wäre eine Aufklärung und konkrete Nachfrage gegenüber den Beteiligten notwendig gewesen, doch habe diese Widersprüchlichkeit auch für die letztlich begünstigte Beklagte bestanden. Da die Ansprüche aus der Garantie an die Beklagte abgetreten worden seien, wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen, sich zu vergewissern, ob nun eine Umsatzgarantie wirksam geworden sei oder nicht. Andererseits sei es für die Beklagte als Hausbank der bitMAP durchaus überprüfbar gewesen, inwieweit von der bitMAP erzielte Umsätze auf die allfällig wirksam gewordene Umsatzgarantie anrechenbar gewesen wären. Die enge Verknüpfung der Garantie mit den tatsächlichen Rechtsgeschäften zwischen bitMAP und der Klägerin sei der Beklagten von allem Anfang an durchaus bewusst gewesen, und es sei ihr auch klar gewesen, dass die eingeräumte Garantie keinesfalls eine völlig abstrakte, jederzeit geltend zu machende Sicherheit bedeute. Die Umsatzgarantie sei nicht als Zusage eines bestimmten zu zahlenden Betrags zu beurteilen, sondern könne erst dann als Geldeswert angesehen werden, wenn im Laufe der Vertragszeit weniger als die garantierten Umsätze erzielt worden seien. Der Begünstigte hätte demnach unter Auflistung der zu berücksichtigenden Umsätze nur ein Anrecht gehabt, den Differenzbetrag einzufordern. Dies bedeute, dass erst mit Vertragsablauf feststehe, ob dem Begünstigten überhaupt ein Anspruch erwachse. Die Garantie sei daher nur als ein "bedingtes Zahlungsversprechen" anzusehen. Da nun aber die Umsatzgarantie niemals wirksam geworden sei, könne auch die besichernde Garantie keinerlei Rechtswirkungen zeigen. Die aus der Garantie begünstigte Beklagte habe demnach zu Unrecht vorerst die Herausgabe der Garantie verweigert, später darüberhinaus zu Unrecht den Garantiebetrag zur Einziehung gebracht. Sollte keinerlei Akzessorietät bestehen, sei die Beklagte keineswegs berechtigt gewesen, den vollen Garantiebetrag zum Einzug zu bringen, weil diesfalls die von der Klägerin erzielten Umsätze auf die Garantiesumme anzurechnen wären.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage der passiven Klagelegitimation eines Zessionars von Garantieansprüchen im Fall der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung einer Zahlung nach ungerechtfertigtem Abruf einer Bankgarantie zulässig sei. Die Garantin habe sich zur Zahlung ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses verpflichtet; es liege deshalb eine abstrakte Garantieerklärung vor. Rückforderungsansprüche nach ungerechtfertigter Inanspruchnahme der Bankgarantie stünden der Klägerin als Garantieauftraggeberin unter dem Gesichtspunkt der Rückabwicklung einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen analog § 1431 ABGB zu. Im Fall der (grundsätzlich zulässigen) Zession der Ansprüche (nur) aus dem Garantievertrag habe diese Rückabwicklung gegenüber der Zessionarin als forderungsberechtigter und auch bereicherter Leistungsempfängerin zu erfolgen. Die Umsatzgarantie der Klägerin sei an die Bedingung geknüpft gewesen, dass das Programm durch einen Kunden abgenommen worden sei. Mangels Eintritts dieser Bedingung sei die Garantie zu Unrecht in Anspruch genommen worden. Die Beklagte sei daher als Bereicherte zur Rückzahlung verpflichtet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Die Beklagte vertritt den Standpunkt, die passive Klagelegitimation im Bereicherungsprozess nach Vorgängen, an denen mehr als zwei Personen beteiligt seien, lasse sich nur aus der mit der Leistung verbundenen Zweckbestimmung, die wiederum für das Leistungsverhältnis entscheidend sei, ableiten. Danach könne die Klägerin ausschließlich bitMAP als ihre Vertragspartnerin in Anspruch nehmen, habe doch die Garantin (aus der zur Beurteilung maßgeblichen Sicht des Zahlungsempfängers) mit ihrer Zahlung ihr Zahlungsversprechen an die bitMAP erfüllt. Hingegen habe die Garantin gegenüber der Beklagten als Zessionarin kein abstraktes Zahlungsversprechen abgegeben. Für eine "Kondiktion im Dreieck" wie bei der Anweisung sprächen auch Gesichtspunkte der Risikoverteilung und des Vertrauensschutzes. Die Klägerin habe ausschließlich das Vertragsrisiko ihres Vertragspartners zu tragen; diese Einschätzung dürfe nicht im Umweg über das Bereicherungsrecht durch Auswechslung des Rückzahlungsschuldners korrigiert werden. Es bestehe kein Grund, die Rechtsstellung des Garantieauftraggebers durch eine ohne seine Mitwirkung erfolgte Sicherungszession zu verbessern. Auch bei der Kondiktion solle jeder nur das Insolvenzrisiko für jene Personen tragen, die er sich selbst als Partner im Kausalverhältnis ausgesucht habe. Eine Abtretung von Garantieansprüchen sei im übrigen nur dann zulässig, wenn gleichzeitig auch die Ansprüche aus dem Kausalverhältnis abgetreten würden; damit scheide hier ein Kondiktionsanspruch gegenüber dem Zessionar jedenfalls aus. Darüber hinaus komme der nach Vertragsschluss zwischen der Klägerin und bitMAP erfolgten - freiwilligen - Übermittlung der Bankgarantie der Erklärungswert zu, dass auf den Eintritt der in Punkt 4. des Kooperationsvertrags vorgesehenen aufschiebenden Bedingung verzichtet werde. Letzlich bewirke die Insolvenz der bitMAP, dass der Rückforderungsanspruch nur mehr in Höhe der Konkursquote zustehe, weil andernfalls die Klägerin gegenüber anderen Konkursgläubigern unzulässig bessergestellt wäre. Der erkennende Senat hat dazu erwogen:

Nach einhelliger Auffassung ist - sofern nicht ein Zessionsverbot vereinbart worden ist - der mit der Inanspruchnahme der Garantie entstehende Zahlungsanspruch des Begünstigten abtretbar, weil es sich um einen gewöhnlichen, auf Geldleistung gerichteten Anspruch handelt. Eine derartige Zession ist nicht erst nach der Inanspruchnahme zulässig, vielmehr kann auch die künftig durch die Inanspruchnahme entstehende Forderung abgetreten werden (Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht II Rz 3/107 mwN; Lindinger, Aktuelle Rechtsprechung zur Bankgarantie, WBl 1992, 137 ff, 146).

Strittig ist hingegen, ob der Begünstigte sein (Gestaltungs)Recht, die Garantie in Anspruch zu nehmen, unabhängig von der Zustimmung des Garanten übertragen kann. Der Oberste Gerichtshof bejaht die Abtretbarkeit jedenfalls dann, wenn der Inhalt des Rechts durch die Abtretung keine Änderung zum Nachteil des Garanten erfährt (SZ 60/266

= ÖBA 1988, 390 [P. Bydlinski]; ÖBA 1989, 818 [P. Bydlinsky] = WBl

1989, 132; ÖBA 1997, 826 = RdW 1997, 391 = ecolex 1997, 496). Er kann

sich dabei aber nur auf eine Mindermeinung in der Lehre stützen (Nachweise bei Koziol aaO Rz 3/108 FN 338). P. Bydlinski (Die Übertragung der Rechte aus einer Bankgarantie, ZBB 1989, 153) und ihm folgend Ertl (in Rummel, ABGB**2 § 1393 Rz 1) vertreten wegen des bestehenden besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Garanten, Garantieauftraggeber und Begünstigtem eine Abtretbarkeit nur im Einverständnis der zu schützenden Personen und nur gemeinsam mit dem Zahlungsanspruch und der zugrundeliegenden gesicherten Forderung aus dem Grundgeschäft. Die wohl überwiegende Auffassung verneint hingegen die freie Übertragbarkeit des Rechts auf Inanspruchnahme ohne Zustimmung des Garanten (Nachweise bei Koziol aaO Rz 3/108 FN 340; ebenso Lindinger aaO und Canaris, Bankvertragsrecht I3 Rz 1149).

Dieser in Lehre und Rechtsprechung kontroversiell beantworteten Frage muss hier jedoch nicht näher nachgegangen werden.

Entscheidungswesentlich ist nämlich beim vorliegenden Sachverhalt weder, unter welchen Voraussetzungen die Abtretung von Rechten des Begünstigten aus dem Garantievertrag zulässig war, noch ob die Garantin zur Auszahlung des von der Beklagten als Zessionarin abgerufenen Garantiebetrags verpflichtet war, sondern allein die Frage, gegen wen der Auftraggeber seine bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsansprüche nach unberechtigter Inanspruchnahme der Garantie zu richten hat.

Nach neuerer Rechtsprechung und überwiegender Ansicht der Lehre ist bei bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung, wenn die betroffene Forderung zediert wurde, grundsätzlich der Zessionar und nicht der Zedent vom Zessus in Anspruch zu nehmen (SZ 43/73; SZ 52/174 = JBl 1981, 98 [zust. Kantner]; SZ 53/1; JBl 1984, 677 = RdW 1984, 276; WBl 1987, 123; dazu Hanel in WBl 1987, 118; ÖBA 1988, 1225 [Avancini]; 7 Ob 18/95; vgl die Zusammenfassung des Meinungsstands bei Koziol/Welser I10 430 f und Karollus, Bereicherungsausgleich bei Zahlung an den Zessionar - Die Rechtsprechung des BGH als Vorbild? in JBl 1994, 573 ff). Dieser - insbesondere von Karollus in seiner ausführlichen Arbeit mit guten Argumenten gegenüber der deutschen Rsp verteidigte - Grundsatz, dass der Zessus nur beim Zessionar kondizieren kann, kann aber nach Meinung des erkennenden Senats wegen einer dort vorliegenden unterschiedlichen Interessenlage nicht ohne weiteres auf den Bereicherungsausgleich im Fall einer von einem Zessionar des Begünstigten zu Unrecht abgerufenen Bankgarantie übertragen werden.

Eine Zession bewirkt einen Wechsel in der Person des Gläubigers; der nachfolgende Leistungsaustausch erfolgt sodann zwischen Zessionar und Zessus. Es ist daher grundsätzlich folgerichtig, auch den Bereicherungsausgleich jenem Personenverhältnis zuzuordnen, in dem der Leistungsaustausch tatsächlich erfolgt ist.

Bei der Bankgarantie wird jedoch über die Beziehungsebene des Leistungs-(Valuta-)verhältnisses in der Absicht, dessen Erfüllung abzusichern, eine davon weitgehend unabhängige weitere Beziehungsebene des Garantieverhältnisses gelegt, ohne dass personelle Identität der Beteiligten in beiden Beziehungsebenen bestünde: Im Valutaverhältnis stehen einander Garantieauftraggeber und Begünstigter, im Garantieverhältnis Garant und Begünstigter gegenüber. Tritt nun der Begünstigte (nur) seine Rechte aus dem Garantieverhältnis ab, fehlt dem Zessionar - anders als bei einer gewöhnlichen Zession - regelmäßig der Einblick in das Geschehen im Leistungsverhältnis, an dem er nie beteiligt war. Ein Bereicherungsausgleich nach gewöhnlicher Zession kann daher einem Bereicherungsausgleich nach Zession von Rechten aus einer Bankgarantie nicht ohne weiteres gleichgehalten werden.

Steht dem aus einer Bankgarantie Begünstigten in Wahrheit kein Anspruch auf die durch die Garantie gesicherte Leistung zu, so kann nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs grundsätzlich nur der Auftraggeber - in analoger Anwendung des § 1431 ABGB - Bereicherungsansprüche gegen den Empfänger geltend machen (SZ 69/178; JBl 1999, 250 = EvBl 1999/96 = ÖBA 1999, 555 = ecolex 1999, 319 [Wilhelm]; 1 Ob 208/99s; Koziol aaO Rz 3/160 mwN in FN 503). Koziol (aaO Rz 3/107) zeigt auf, dass die abstrakte Garantie den Zweck habe, dem Begünstigten Zahlung zu verschaffen, selbst wenn die materielle Berechtigung noch strittig sei; die Auszahlung erfolge somit nur unter der Bedingung der Rückzahlung, falls sich die mangelnde Berechtigung herausstelle. Dem Begünstigten werde daher ein Vertrauen entgegengebracht, das jenem bei der Vorleistung oder der Kreditierung entspreche. Diese besondere Vertrauenssituation verlange, dass trotz erfolgter Zession des Zahlungsanspruchs der Bereicherungsanspruch des Garantieauftraggebers weiterhin gegen den ursprünglich Begünstigten (und zugleich Zedenten) gerichtet werden können müsse (so schon beim Bereicherungsausgleich nach Zession allgemein Canaris aaO 834 ff; für die Garantie ihm folgend P. Bydlinski, Die Übertragung der Rechte aus einer Bankgarantie, ZBB 1989, 161). Der erkennende Senat tritt dieser Auffassung bei.

Der Garantieauftraggeber vertraut darauf, dass der Begünstigte (zugleich sein Vertragspartner im zugrundeliegenden Valutaverhältnis) seine Rechte aus der für ihn eröffneten Garantie nur geltend macht, wenn er sich für materiell berechtigt hält; er tut dies in Kenntnis der Möglichkeit eines ihm gegen den Begünstigten allenfalls offenstehenden Bereicherungsrückgriffs und verlässt sich auf den beim Begünstigten - seiner Einschätzung nach - dafür vorhandenen Haftungsfonds. Diese von einer der Vertragsparteien angestellte Risikoeinschätzung würde eine nicht gerechtfertigte Veränderung erfahren, wollte man im Fall einer Zession der Rechte des Begünstigten den Garantieauftraggeber zur Geltendmachung seiner Rückforderungsansprüche aus einer unberechtigt abgerufenen und ausgezahlten Garantie an den Zessionar verweisen, dessen Person ihm erstmals mit der Abtretungsanzeige bekannt geworden ist und über dessen Vermögenslage er keinerlei Informationen besitzt. In diesem Sinne fordert Canaris (aaO 860 f) beim Bereicherungsausgleich ganz allgemein, dass die Parteien an der einmal geschaffenen Risikoverteilung festzuhalten seien, weil deren Zurechenbarkeit durch die Fehlerhaftigkeit der Kausalverhältnisse nicht berührt werde und weil daher kein Anlass bestehe, die Abwälzung des Risikos auf den Dritten (hier: den Zessionar) durch die Zulassung des Durchgriffs zu ermöglichen. Auch entspreche es dem Gedanken des Verkehrs- und Vertrauensschutzes und insbesondere der Wertung des Abstraktionsprinzips besser, die Auswirkungen der Fehlerhaftigkeit von Kausalverhältnissen auf die daran Beteiligten zu beschränken und dadurch gleichermaßen diesen ihre Einwendungen und Gegenrechte gegen den Partner zu erhalten und den Dritten vor der Beeinträchtigung seiner Rechtsstellung zu bewahren.

Der erkennende Senat stimmt diesen Überlegungen bei der hier vorliegenden Sachlage zu, wobei es aber für die Richtigkeit der angestellten Überlegungen keinen Unterschied machen kann, ob die Rechtsstellung des klagenden Garantieauftraggebers durch die Zession im konkreten Einzelfall verschlechtert oder - wie hier: infolge unbedenklicher Bonität des Zessionars, während der Zedent infolge Insolvenz untergegangen ist - verbessert worden ist.

Der Zessionar hat - wie schon ausgeführt - im Regelfall keinen Einblick in das Valutaverhältnis, um die Berechtigung der Inanspruchnahme der Garantie beurteilen zu können; als Beklagter eines Bereicherungsprozesses würden ihm auch kaum ausreichend Informationen darüber zur Verfügung stehen, ob der Begünstigte seine im Valutaverhältnis geschuldete Leistung vollständig und mängelfrei erbracht hat oder nicht. Auch wäre es nicht interessengerecht, könnte der ursprünglich Begünstigte und Zedent den sonst gegen ihn zu verfolgenden Bereicherungsanspruch durch einfache Zession unterlaufen, zugleich aber trotz mangelhafter Erfüllung im Grundverhältnis Vorteile als Folge der Garantie (hier etwa: einen ihm vom Zessionar nach Sicherstellungszession eingeräumten Kredit) lukrieren.

Wenn die Klägerin demgegenüber den Standpunkt vertritt, die Beklagte sei als Leistungsempfängerin auch Rückabwicklungsschuldnerin, ist ihr entgegenzuhalten, dass bei der hier erfolgten Zession der "nackten" Rechte aus der Bankgarantie ohne gleichzeitige Abtretung der Rechte aus dem Grundverhältnis eben gerade keine konkrete Leistungsbeziehung zwischen ihr als Garantieauftraggeberin (und Vertragspartnerin im Valutaverhältnis) und der Beklagten als Zessionarin besteht; die Vermögensverschiebung ist vielmehr im Verhältnis zwischen Garantin und Zessionarin erfolgt.

Der erkennende Senat gelangt daher zum Ergebnis, dass der Garantieauftraggeber den ihm zustehenden bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch nach unberechtigter Inanspruchnahme der Garantie auch dann gegenüber dem Begünstigten geltend zu machen hat, wenn dieser nur seine Rechte aus der Garantie, aber nicht zugleich auch seine Rechte aus dem Grundverhältnis abgetreten hat und die Garantie vom Zessionar abgerufen worden ist. Schon aus diesem Grund war der Revision Folge zu geben und die Urteile der Vorinstanzen im Sinne eine Klageabweisung abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 2 erster Fall ZPO, im Rechtsmittelverfahren auf § 41 Abs 1 ZPO iVm § 50 Abs 1 ZPO.

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