OGH 5Ob296/99m

OGH5Ob296/99m30.5.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Gerald G*****, vertreten durch Dr. Ulrike Bauer, Rechtsanwältin in Wien, wider die Antragsgegnerin 1. Monika S*****, vertreten durch Dr. Herbert Mayer, Rechtsanwalt in Wien, 2. Rudolf S*****, wegen § 37 Abs 1 Z 8 iVm § 16 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 27. April 1999, GZ 22 R 18/99y-39, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Korneuburg vom 1. Dezember 1998, GZ 5 Msch 14/96p-34, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Sachbeschluss wird aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung

Der Antragsteller, der am 1. 9. 1994 mit der Erstantragsgegnerin als Mehrheitseigentümerin des Hauses ***** in ***** einen Hauptmietvertrag abgeschlossen hatte, begehrte am 22. 8. 1996 in einem gegen diese gerichteten Antrag die Feststellung der Unwirksamkeit der getroffenen Hauptmietzinsvereinbarung infolge schlechten Ausstattungszustandes der Wohnung im Zeitpunkt der Vermietung.

Übereinstimmend brachten beide Parteien vor, dass die Erstantragsgegnerin Eigentümerin des Hauses ***** in***** sei. Nach Verlesung eines Grundbuchsauszugs in der mündlichen Verhandlung vom 8. 10. 1996 ergab sich, dass neben der Erstantragsgegnerin als Mehrheitseigentümerin Rudolf S***** Minderheitseigentümer der Liegenschaft ist. Mit diesem Umstand konfrontiert, brachte der rechtsfreundlich vertretene Antragsteller vor, dass die Erstantragsgegnerin als Mehrheitseigentümerin den Minderheitseigentümer bei Verwaltungsgeschäften insbesondere bei Abschluss von Hauptmietverträgen, vertrete. Dies gestand die Antragsgegnerin als richtig zu.

Dem Protokoll ist nicht zu entnehmen, dass eine Erörterung dieses Umstandes stattgefunden hätte.

In der Folge wies das Erstgericht den auf § 37 Abs 1 Z 8 MRG gestützten Antrag auf Überprüfung des Hauptmietzinses ab, weil ein solcher nur gegen alle Miteigentümer eines Hauses als Vermieter gerichtet werden könne. Ein Antrag gegen den Minderheitseigentümer könne infolge Verstreichens der Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG nicht mehr nachgeholt werden (erstgerichtliche Entscheidung vom 1. 12. 1998).

Einem dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Es teilte die Ansicht des Erstgerichtes, dass in einem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG die Passivlegitimation notwendigerweise allen Miteigentümern gemeinsam zukomme. Nach Verlesung des Grundbuchsauszuges sei keine zweifelhafte oder unklare Sachlage vorgelegen, die eine Erörterungspflicht mit sich gebracht hätte. Nach dem Vorbringen der Antragstellerin, die Erstantragsgegnerin habe bei Mietvertragsabschluss auch den Minderheitseigentümer vertreten, habe kein Zweifel an dessen Mitvermieterposition bestanden. Eine amtswegige Beiziehung des Minderheitseigentümers im Verfahren nach § 37 MRG sei nicht in Betracht gekommen, da die Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG hinsichtlich des Minderheitseigentümers bereits verstrichen gewesen sei.

Das Rekursgericht unterließ eine Bewertung des Streitgegenstandes, erklärte jedoch den ordentlichen Revisionsrekurs aus den oben genannten Gründen für zulässig.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinn seines Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Zunächst entspricht es ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung, dass ein Antrag nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG nur gegen alle Miteigentümer eines Hauses als Vermieter gerichtet werden darf, weil der Antragsinhalt gegen alle diese Personen notwendigerweise ein und derselbe sein muss (5 Ob 321/99p; 5 Ob 2164/96p; RS0083777 ua). Auch ohne ausdrückliche Vorschrift des § 37 MRG sind als weitere Parteien jene Personen beizuziehen, die durch die Entscheidung unmittelbar berührt werden, denen gegenüber also eine Bindungswirkung eintritt. Dazu gehört ua die Beiziehung sämtlicher Miteigentümer (MietSlg 46.452). Die Beiziehung weiterer Parteien hat jedenfalls so zu erfolgen, dass diese noch Gelegenheit zu Sachvorbringen und Beweisanträgen haben. Wird diese Vorschrift verletzt, ist das Verfahren nichtig. Ebenso führt der Ausschluss des rechtlichen Gehörs im Rekursverfahren zu dessen Nichtigkeit (WoBl 1992/1 = MietSlg 43.312). Nur dann, wenn eine Person, die nicht Vermieter ist, bei der Schlichtungsstelle wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG in Anspruch genommen worden ist, kann nicht erst im Verfahren vor Gericht der Antragsgegner durch den tatsächlichen Vermieter ersetzt werden, weil damit eine Änderung des vor der Schlichtungsstelle geltend gemachten Anspruchs verbunden wäre (5 Ob 178/99h; 5 Ob 137/97a; 5 Ob 49/95).

Diese Situation liegt hier jedoch aus folgenden Gründen nicht vor:

Zum einen war dem erstgerichtlichen Verfahren kein Verfahren vor der Schlichtungsstelle vorgeschaltet, weil am Sitz des angerufenen Gerichtes keine Schlichtungsstelle existiert. Zum zweiten hat der Antragsteller durch Bezeichnung der Mehrheitseigentümerin als Eigentümerin der Liegenschaft und Vermieterin zum Ausdruck gebracht, dass er den Antrag gegen den tatsächlichen Vermieter richten wollte und dies auch durch die in der mündlichen Verhandlung vom 18. 10. 1996, als die Existenz eines weiteren Minderheitseigentümers bekannt wurde, dadurch deutlich gemacht, dass er ausführte, dieser sei von der Erstantragsgegnerin bei Mietvertragsabschluss vertreten worden. Damit war allen Beteiligten klar und insofern nicht mehr aufklärungsbedürftig, dass das Verfahren vom Antragsteller auch gegen den Zweitantragsgegner gerichtet war. Ab diesem Zeitpunkt - die Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG war damals im Übrigen noch nicht abgelaufen - hätte das Erstgericht den Zweitantragsgegner von Amts wegen dem Verfahren beiziehen müssen, um die Begründung einer Nichtigkeit zu vermeiden. Dies ist jedoch nicht geschehen. Dass im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch das Erstgericht die Präklusionsfrist formell abgelaufen wäre, ist nicht bedeutend. Geht man nämlich davon aus, dass der Antrag sich von Anfang an gegen die Vermieter des Antragstellers richtete, stellt sich die Frage des Ablaufs der Präklusionsfrist gegenüber dem Zweitantragsgegner nicht. In Frage steht nur die unterlassene Beiziehung dieser Verfahrenspartei.

Die vom Rekursgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage ist daher insofern zu beantworten, als dann, wenn ein verfahrenseinleitender Antrag nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG im Sinn des § 235 Abs 5 ZPO auf diejenigen Personen richtigzustellen ist, gegen die sich nach dem Inhalt des Antrags in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise der Antrag richtete, die Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG bereits durch die Antragstellung gewahrt ist. Spätestens seit der mündlichen Verhandlung vom 18. 10. 1996 und dem dort erstatteten übereinstimmenden Parteivorbringen war in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise klar, dass der Antragsteller sein Begehren gegen sämtliche Vermieter des Hauses richtete. Einer ausdrücklichen Erklärung bedurfte es im außerstreitigen Verfahren nach § 37 MRG infolge der amtswegigen Pflicht zur Beiziehung der Verfahrensparteien nicht.

Dem Rekursgericht ist daher bei Verneinung der "Mangelhaftigkeit" des erstinstanzlichen Verfahrens eine unrichtige rechtliche Beurteilung unterlaufen, die die Aufhebung seiner Entscheidung zur Folge hatte.

Spruchgemäß war daher mit einer Aufhebung vorzugehen.

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